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Das Rudel

Summary:

Was am Fuße des Carrock zwischen Omega Bilbo und einem Rudel Zwergen-Alphas und Betas passiert ist, sollte ungeahnte Auswirkungen haben...
Diese Geschichte beginnt nach der Schlacht der Fünf Heere.

Notes:

Das hier hat als Plot-Bunny begonnen, sich zum One-Shot entwickelt und ist mittlerweile 90.000 Wörter lang geworden...ihr seid gewarnt, viel Spaß

Chapter 1: Kapitel 1

Chapter Text

Kapitel 1

Das Zelt, in dem Bilbo lag, wurde allmählich in Schatten getaucht. Bilbo wusste, dass das ein Zeichen dafür war, dass er aufhören sollte, doch er konnte sich nicht dazu durchringen von Thorins Seite zu weichen. Nicht jetzt, da die Atemzüge des Königs unter dem Berge, zum ersten Mal seit dem Kampf, den die Geschichtenerzähler schon jetzt „die Schlacht der fünf Heere“ nannten, nicht mehr rasselten.

Wahrscheinlich würde es nicht mehr lange dauern bis Oin ihn mit sanfter Gewalt dazu brachte seinen Posten an Thorin Seite aufzugeben, doch Bilbo war klar, dass auch dem alten Heiler bewusst war, dass er dadurch nur erreichte, dass Bilbo sich ins Zelt der beiden Prinzen stahl und dort den ausweglosen Kampf fortsetzte, den er führte seit er vom Schlachtfeld zurückgekehrt war.

Ein weiterer Atemzug, ein weiterer Sieg soweit es Bilbo betraf. Er konnte sich schon nicht mehr erinnern, wie es gewesen war nicht ständig all seine Energie darauf zu verwenden drei der Personen, die ihm am wichtigsten auf der Welt waren, daran zu hindern den Halt in eben dieser Welt zu verlieren.

Es verlangte Bilbo einiges ab diesen Kampf weiterzuführen und eine seiner größten Sorgen im Moment war es, dass er vor lauter Erschöpfung einschlafen und zu spät wieder erwachen könnte. Zu spät. Und wenn das nicht ein Hohn war. Bilbo hatte das Gefühl, dass „zu spät kommen“, das Einzige war, was er im Moment noch zu Stande brachte.

Er war zu spät gewesen, um Thorin vor sich selbst zu retten als das Goldfieber des Drachenhortes von ihm Besitz ergriffen hatte, und das obwohl Bilbo beinahe sofort gespürt hatte, dass etwas mit seinem Anführer ganz und gar nicht in Ordnung war. Er hatte nur nicht begriffen was es war. Nicht bis Balin es ihm praktisch vorgekaut hatte und da war es schon zu spät gewesen.

Thorin war unerreichbar gewesen in seiner Gier nach dem Arkenstein. So nah und gleichzeitig so unerreichbar fern. Das war jetzt anders. Thorin war hier, keine Handbreit von Bilbo entfernt. Sein Herz schlug unter Bilbos Handfläche und doch wusste Bilbo, dass er nie weiter entfernt gewesen war.

Bilbo schickte eine weitere Welle von Energie in den gebrochenen Zwergenkönig, dessen zahlreiche Wunden inzwischen von Oin versorgt worden waren und der nun nicht mehr wie etwas aussah, dass ins Hinterzimmer eines Metzgers gehörte, sondern eher einer undurchdringlichen Anzahl von Leinenbinden ähnelte, die jemand vage in der Form eines Zwerges auf der Pritsche angeordnet hatte, die ihm als Lager diente.

Es gab kaum eine freie Stelle zwischen all den Bandagen und doch hatte Bilbo genug Raum gefunden, um den Körperkontakt herzustellen, den er brauchte um sein waghalsiges Vorhaben auch weiterhin in die Tat umzusetzen.

Gandalf hatte nur einen Blick auf ihn geworfen, den Kopf geschüttelt und ihn aus traurigen, grauen Augen angesehen. Ganz so als wüsste er nicht wie er dem Hobbit klar machen sollte, dass sein Vorhaben von vorne herein zum Scheitern verurteil war.

Doch Bilbo war nicht umsonst der Sohn von Belladonna Tuk, deren Sturheit legendär war. Er hatte mindestens einen solchen Dickkopf, wie der König, um dessen Leben er kämpfte und genau darum würde er auch nicht aufgeben.

Thorin mochte seinen Frieden mit ihm geschlossen haben bevor ihn die Ohnmacht überwältigt hatte, doch Bilbo war weit davon entfernt, den Zwerg einfach so gehen zu lassen, nicht solange er noch Kraft in sich hatte, nicht solange es noch den Hauch einer Chance gab und mochte der auch noch so schwach sein.

Bilbo hatte zum ersten Mal seit dem Tod seiner Eltern wieder eine Familie, für die es sich zu kämpfen lohnte und er wollte verdammt sein, wenn er nicht absolut alles versuchen würde, um diese Familie zu beschützen.

Der Gedanke an die tapferen Zwerge mit denen er so viele Abenteuer überstanden hatte, trieb ihm fast die Tränen in die Augen. Seit der Schlacht hatte er nur eine Handvoll von ihnen zu Gesicht bekommen, doch eines war klar, auch wenn er sie weiterhin als Familie betrachten mochte: das beruhte nicht auf Gegenseitigkeit.

Bilbo hatte so sehr gehofft, dass seine Zwerge begreifen würden, dass er nur versucht hatte den Frieden zu wahren, dass er gehofft hatte all das Blut und die Tränen zu vermeiden, die nun seine Realität zeichneten, doch wie es schien, war der allgemeine Konsens weiterhin, dass er nur deswegen noch nicht wegen Hochverrats angeklagt worden war, weil Thorin weiterhin bewusstlos war und Dain zwar den Großteil, der anfallenden Regierungsgeschäfte mit Hilfe von Balin bewältigte, aber nicht so anmaßend sein wollte die Rabenkrone für sich zu beanspruchen, solange Thorin und seine Erben noch warm waren.

Bilbo schluchzte beinahe hysterisch als er an die unverhohlene Abneigung in den Augen des rothaarigen Zwergs dachte, den nur Oins Drohungen aus dem Zelt des Königs heraushielten, dass sein Patient vor allen Dingen Ruhe brauchte.

Bilbo schmiegte sich näher an Thorin Seite und versuchte den nagenden Hunger in seinem Magen zu ignorieren, der ihn daran erinnerte, dass er seit dem Frühstück nichts mehr zu sich genommen hatte und auch wenn er sich in all der Zeit mit den Zwergen an die Abwesenheit der meisten seiner Mahlzeiten gewöhnt hatte, sein Körper setzte gerade andere Prioritäten.

„Hier, Junge.“ Bilbo blinzelte und fragte sich benommen wann er die Augen lange genug geschlossen hatte um zu verpassen, dass er nicht länger allein mit Thorin war, doch die Schale voll heißen Eintopfs, die Oin ihm unter die Nase hielt reichte aus um diesen Gedanken in den Hintergrund zu drängen.

„Danke“, murmelte er und nahm die Schale entgegen. Seine Hände waren kalt und zitterten leicht, was der Zwergenheiler mit einem Stirnrunzeln quittierte, bevor er sich an die Arbeit machte Thorins Wunden unter die Lupe zu nehmen. Zu Beginn hatte er versucht Bilbo fortzuschicken, wann immer er sich um Thorin kümmerte, doch inzwischen waren sie zu einer Art unausgesprochener Übereinkunft gekommen, die es Bilbo erlaubte zu bleiben, solange er nicht im Weg war.

Bilbo löffelte seinen Eintopf und beobachtete dabei Oins Gesichtsausdruck, doch der alte Heiler gab selten etwas preis. Nach einer Weile wechselte Oin auf Bilbos Seite der Pritsche und der Hobbit ließ sich widerstrebend vertreiben. Sobald er den Körperkontakt verlor, wurde das Zittern in seinen Gliedern um so vieles stärker, doch wie jedes Mal in den letzten Tagen sagte Oin nichts dazu und Bilbo war dankbar dafür.

„Wie geht es Fili und Kili?“, fragte er leise, nachdem er den letzten Bissen seines Abendbrotes geschluckt und die Schale beiseitegestellt hatte. Oin gab nur ein Grunzen von sich, was der der Hobbit dahingehend interpretierte, dass es keine Verbesserung gegeben hatte. Allerdings auch keine Verschlechterung und das gab ihm zumindest genug Hoffnung, um mit einer gemurmelten Versicherung bald zurück zu sein, aus dem Zelt zu schlüpfen und sich auf den Weg zu den beiden Prinzen zu begeben.

Fili sah von allen drei Durins am besten aus, seine Verletzungen weniger offensichtlich, doch die Stichwunde in seiner Seite, die Schienen an seinen Beinen und der dicke Verband um seinen Kopf zeichneten ihn dennoch als schwer verwundet aus. Bilbo strich mit den Fingerspitzen über seine Stirn und atmete auf. Der Prinz war noch da, wenn auch mindestens so weit entfernt wie sein Onkel.

Bilbo umrundete die Pritsche und wiederholte dieselbe Geste bei Kili, der seinem Onkel auch in diesem Zustand so sehr nachzueifern schien wie es nur möglich war. Kili sah nach seinem Kampf mit Bolg aus als hätte er den Weg zu den Hallen seiner Vorväter bereits hinter sich, doch der sture Funke des Lebenswillens, den Bilbo inzwischen als Charakterzug seiner Zwerge ansah, hielt auch ihn weiterhin fest unter den Lebenden.

Bilbo schüttelte einmal mehr den Kopf darüber, dass irgendjemand darauf bestand die Prinzen in getrennten Betten zu halten und machte sich daran erst Kilis linke, dann Filis rechte Hand aus den Deckenbergen zu befreien und dafür zu sorgen, dass die beiden sich berührten.

Sofort atmete Kili leichter als die Hand seines Bruders in seiner lag und Filis Mundwinkel zuckten, fast als wollte ein Lächeln sich auf seinem Gesicht breit machen. Bilbo summte leise und ließ sich dann neben Kili nieder, eine Hand über seinem Herzen, wie er es zuvor bei Thorin getan hatte.

Das bisschen Kraft, das ihm sein karges Abendessen verliehen hatte, floss von seinen Fingern in Kilis Körper und der junge Prinz bekam ein klein wenig Farbe in die Wangen, bevor der Effekt verschwand. Bilbo war sich sicher, dass das daran lag, dass Kili seine Kraft mit Fili teilte und während Bilbo wahrscheinlich in der Lage gewesen wäre einen der drei Durins zurück ins Leben und zu Bewusstsein zu zerren, wenn er sich denn auf einen allein beschränkt hätte, überstiegen alle drei bei weitem seine Fähigkeiten und alles was ihm blieb, war darauf zu vertrauen, dass die Selbstheilungskräfte seiner Zwerge ausreichen würden um ihre Körper zu heilen, wenn es ihm nur gelang sie lange genug im Diesseits zu halten.

Wie Bilbo das anstellte war kein Geheimnis, zumindest soweit es ihn betraf. Jeder Hobbit hätte gewusst, was er tat auch wenn die meisten nicht verstanden hätten, weshalb er seine Kraft an drei Zwerge verschwendete.

Wieder streichelte er sacht über Kilis Stirn und versuchte nicht daran zu denken, was passieren würde, wenn er versagte, allerdings war es schwierig seine Gedanken unter Kontrolle zu halten und so wanderte Bilbos Verstand immer wieder ins Land der Tagträume ab, ohne dass er so recht sagen konnte wie viel Zeit er tatsächlich an der Seite der beiden Prinzen verbracht hatte.

„Hier bist du. Der Rat verlangt nach dir, Bilbo.“ Bilbo schreckte auf und sah gerade noch wie Ori das Zelt wieder verließ. Der junge Schreiber war einer der wenigen Zwerge, die noch mit Bilbo sprachen, doch da seine beiden Brüder so oft es ging dafür sorgten, dass er keine Gelegenheit dazu bekam, konnte Bilbo nicht sagen, ob Ori ihm nun verziehen hatte, oder nicht.

Erst nach einigen Sekunden sickerte die Bedeutung von Oris Worten zu ihm durch und Bilbo erschauderte. Er hatte keinerlei Vorstellung was der Rat, was die inoffizielle Bezeichnung für die regelmäßigen Treffen von Bard, Thranduil, Dain und Gandalf war, zu denen nach Bilbos Wissen auch diverse Berater eingeladen wurden, von ihm wollen könnte, doch er war zu realistisch um mit etwas Gutem zu rechnen.

Bilbo verließ das Zelt der beiden Prinzen nur äußerst widerstrebend. Er wünschte sich so sehr mehr tun zu können, doch auch wenn er wusste, dass er nur ein klein wenig geholfen hatte, kam er sich nicht ganz so unnütz vor.

Er folgte Ori in die zunehmend kühler werdende Nacht hinaus, vorbei an mehreren Lagerfeuern und einem Haufen Zwerge, deren Blicke er im Rücken spüren konnte, hin zu einem Zelt, das nur Thranduil selbst gehören konnte.

Bilbo rümpfte die Nase. Seine Zwerge mochten eigenartige Vorstellungen von Komfort haben, doch das hier ging eher in Richtung geschmacklos. Samt und Seide hatten nach Bilbos dafürhalten kaum etwas auf einem Schlachtfeld verloren. Ebenso wenig wie Brokat und Spitze und doch konnte er all diese Stoffe sehen noch bevor die Zeltklappe hochgeschlagen wurde.

Ori bedeutete ihm das Zelt zu betreten und verschwand dann, für einen Zwerg ebenso ungewöhnlich leise, wie er zuvor erschienen war. Bilbo nickte den beiden Wachen vor dem Zelt zu und atmete einmal tief durch, bevor er es betrat.

Kaum war die Zeltklappe hinter ihm zugefallen, stellte Bilbo fest, dass es im Inneren des Elbenzeltes um einiges wärmer war als draußen. In der Mitte des Zeltes stand ein Tisch um den mehr, oder weniger regelmäßig, eine Handvoll Stühle angeordnet waren.
Thranduil selbst stand halb im Schatten und hatte in Bilbos Augen mindestens so viel Talent wie Thorin darin sich gekonnt in Szene zu setzen. Das flackernde Licht der Fackeln malte seltsame Schatten auf Thranduils hohe Wangenknochen, doch im Gegensatz zu Thorin weckte der schlanke Elb in Bilbo nicht im Mindesten das Bedürfnis hinter die majestätische Fassade blicken zu wollen.

Bard saß am Tisch, versunken in eine Reihe von Papieren, Balin an seiner Seite. Gandalf war im Moment nicht zu sehen, doch Bilbo zweifelte nicht daran, dass der Zauberer irgendwo auf einen dramatischen Auftritt lauerte. Bilbo hatte schon immer das Gefühl gehabt, dass Gandalf sich zum großen Teil darauf verließ geheimnisvoll genug zu wirken, dass niemals jemand bezweifelte, dass er großes im Sinn hatte.

Bilbo räusperte sich als ihn nach mehreren Minuten noch immer niemand zur Kenntnis genommen hatte. Balin schaute kurz auf, warf ihm einen undeutbaren Blick zu und widmete sich dann wieder Bard und seinem Papierkram. Bard selbst lächelte Bilbo zerstreut zu. Zumindest der Anführer der Menschen schien Bilbo nicht für einen Verräter, oder Schlimmeres, zu halten, doch es war Thranduils Blick, der sich an Bilbo heftete, wie der einer Schlange an eine Maus, die sich unvorsichtiger Weise aus ihrem Versteck gewagt hatte.

Bevor der Elb jedoch den Mund aufmachen konnte, gesellte sich Dain zu der Versammlung und Bilbo machte ihm schleunigst Platz. So sehr er auch seinen eigenen Zwergen vertrauen mochte, bei Dain Eisenfuß grenzte sein gesunder Respekt, in mehr als einer Hinsicht, an blanke Furcht. Der rothaarige Zwerg warf ihm einen wenig geneigten Blick zu und setzte sich dann Balin gegenüber an den Tisch.

„Gibt es einen Grund, dass der hier ist?“ Bilbo zuckte zusammen. Er mochte es nicht besonders als Halbling beschimpft zu werden, doch behandelt zu werden als wäre er nicht da, war ihm noch um einiges unangenehmer.

„Er wurde gerufen“, antwortete zu Bilbos Erstaunen Thranduil und gesellte sich nun anmutig ebenfalls zu der Gruppe am Tisch.

„Weswegen?“, fauchte Dain, woraufhin der große Elbenkönig nur eine seiner schmalen Brauen hob und sich nicht zu einer Antwort herabließ.

„Bilbo ist hier, auf meinen Wunsch“, meldete sich nun Gandalf zu Wort von dem Bilbo geschworen hätte, dass er sich aus reiner Luft materialisiert hatte, der aber vermutlich doch das Zelt wie jeder andere durch die Zeltklappe betreten hatte. Dain schnaubte, während Bilbo seinen zutiefst fragenden Blick auf den grauen Zauberer richtete.

„Und wie üblich beugen wir alle uns den Wünschen von Tharkûn“, ächzte Dain. Bilbo konnte nur zu deutlich spüren, dass der Lord der Eisenberge nicht viel für den wandernden Zauberer übrighatte, doch nach Gandalfs Kommentar, bei Dains Anblick vor der Schlacht, zu schließen, beruhte das durchaus auf Gegenseitigkeit.

Bilbo wünschte sich sehnlichst unsichtbar zu sein, statt hier zwischen die Fronten zu geraten, doch er bezweifelte stark, dass es ihm gelingen würde seinen Ring überzustreifen und zu verschwinden, ohne dass es zumindest einem der Anwesenden auffallen würde.

„Bilbo, mein Junge, ich habe dich hergerufen um deine Meinung zu Thorins Zustand zu hören.“ Mit einem Mal herrschte Schweigen im Zelt und Bilbo schluckte hörbar. Alle Augen waren auf ihn gerichtet und obwohl ihm klar war, dass Oin aller Wahrscheinlichkeit nach täglich berichtete wie es um das Wohl des Königs unter dem Berge stand, fühlte er sich doch reichlich unwohl dabei von Gandalf derartig festgenagelt zu werden.

„Was sollte der Halbling schon über meinen Vetter zu sagen haben, was wir uns hier nicht alle schon erschlossen haben“, fuhr Dain wieder einmal dazwischen, bevor Bilbo seine Gedanken geordnet hatte. Ein Anflug von Wut machte sich in ihm breit. Was, in der Tat? Er verbrachte schließlich nur jeden seiner wachen Momente an Thorins Seite. Aber vermutliche wusste Dain das nicht. Vielleicht war es auch besser so.

„Lasst den Hobbit sprechen“, meldete sich Thranduil zu Wort und zog damit Dains hasserfüllten Blick von Bilbo auf sich. Bilbo war sich nicht sicher, ob Thranduil sich der Beleidigung, die dem Wort Halbling innewohnte, bewusst war, oder nicht, doch nichts desto trotz war er dankbar dafür zumindest von einem der Anwesenden mit der korrekten Bezeichnung angesprochen zu werden.

„Ich bin sicher Oin könnte euch mehr berichten als ich“, begann Bilbo mit einem leichten Zittern in der Stimme, doch Thranduil schüttelte den Kopf.

„Oin mag ein Heiler sein, doch der Zustand dieses Zwerges liegt weit jenseits seiner Fähigkeiten.“ Bilbo schluckte. Wenn schon ein großer Elbenherrscher wie Thranduil der Meinung war, dass Thorin nicht zu retten war, was konnte dann er, Bilbo Beutlin aus dem Auenland, schon ausrichten. Was, in der Tat? Bilbo richtete sich auf.

„Solange Thorin noch atmet, gibt es auch Hoffnung“, schnauzte er und war im selben Moment von sich selbst entsetzt, in dem die Worte seinen Mund verließen, Thranduils Mundwinkel jedoch zuckten, während Dain etwas in Khuzdul murmelte, das Balin dazu brachte die Brauen zusammenzuziehen und in Bilbo die leise Hoffnung weckte, dass zumindest der königliche Berater sich noch nicht mit dem Gedanken angefreundet hatte, dass sein König bald nicht mehr unter den Lebenden weilen würde.

„Auch auf die Gefahr hin unwissend zu wirken, aber ich stimme Lord Dain zu“, meldete sich Bard zu Wort, der bisher schweigend gelauscht hatte: „welche Einsicht kann der Hobbit uns geben, die die Heiler uns nicht längst gebracht haben, und man möge mir verzeihen, aber es klingt von Tag zu Tag mehr danach als wäre der König unter dem Berg dazu verdammt seinen Thron zu verlassen noch bevor er ihn überhaupt erklommen hat.“

Das wiederum hatte einiges Geschrei von Dains Seiten zu Folge, was beinahe zu einem Handgemenge führte, woraufhin Gandalf es für sinnvoll erachtete die versammelten Anführer wie Schulkinder zur Ordnung zu rufen, woraufhin wiederum Dain wutschnaubend das Zelt verließ, Balin ihm kopfschüttelnd folgte und Bard seufzend das Gesicht in den Händen vergrub.

Bilbo schluckte und beobachtete die Szene vor seinen Augen mit milder Bestürzung. Doch wie es schien, würde dieses Treffen, ohne die Anwesenheit der Zwerge weitergeführt werden, zumindest sah es so aus, bis auch Bard sich erhob, etwas in Gandalfs Richtung murmelte, was den Zauberer wiederrum dazu brachte aufgebracht in seinen Bart zu grummeln und aus dem Zelt zu stürmen, so dass Bilbo sich mit einem Mal allein in Thranduils Gesellschaft befand. Ein Umstand dem er nur zu gerne entflohen wäre.

„Warte.“ Bilbo hielt mitten in der Bewegung inne und richtete seinen Blick auf den Elbenherrscher, der ihn seinerseits musterte als sei er ein unwahrscheinlich interessantes Insekt. „Hier.“ Bilbo blinzelte Thranduils ausgestreckte Hand an, als hätte er noch nie im Leben eine gesehen, dann machte er unsicher einen Schritt auf den Elben zu.

Thranduil gab leise Laute von sich, als ob er ein scheues Pferd zu sich locken wollte bis Bilbo nahe genug gekommen war, dass der Elb ihn mit einem Schritt erreichen konnte. Was er prompt tat und Bilbo ein hohes Quieken entlockte, das der Hobbit bis zum Ende seiner Tage bestreiten würde. Dennoch konnte er nicht umhin festzustellen, dass er gerade von Thranduil, dem König des Düsterwaldes, aufgehoben wurde als wäre er ein verirrtes Kind auf dem Marktplatz und um die Sache noch entwürdigender zu machen, fand er sich unvermittelt auf Thranduils Schoß wieder, als sei er ein besonders flauschiges Hündchen. Er verschränkte die Arme und funkelte den Elben wütend an.

„Ich muss doch sehr bitten“, beschwerte er sich, obwohl er gleichzeitig spüren konnte was der Körperkontakt, selbst mit jemand so fremden wie Thranduil innerhalb weniger Herzschläge in ihm bewirkte. Die Energie des Elben war anders als die seiner Zwerge doch Thranduil war nicht weniger dominant als Thorin und die Flut, die über Bilbo hereinbrach, wäre zu jedem anderen Zeitpunkt überwältigend gewesen, doch im Moment, da der Hobbit sich so ausgelaugt fühlte wie noch nie in seinem Leben, kostete es ihn alle Kraft, die er noch aufbringen konnte, sich nicht an Thranduils Brust zu schmiegen und zu schnurren wie eine Katze auf dem Kachelofen.

Ein Gedanke der ihn zutiefst entsetzte, ging er doch gegen alles was er in seinem Kopf und Herzen wusste und wollte, doch sein Körper hatte offensichtlich andere Prioritäten und wenig Verständnis dafür, dass Bilbo lieber weiter jeden Kontakt mit jemandem, der nicht zu seinem Rudel gehörte vermieden hätte statt sich an einer Quelle der Kraft zu laben, die so nah und auch noch aus freien Stücken zu ihm gekommen war.

„Also doch.“ Bilbo erstarrte, sobald jedoch Thranduils Hand den Weg in seine Haare fand, konnte er nicht anders als sich wieder im Griff des Alphas zu entspannen. Dennoch suchte er beinahe panisch nach einem Weg sich der Situation zu entziehen.

„Hier.“ Bilbo erstarrte erneut. Thranduils Finger schwebten nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt und er war gezwungen ein wenig zu schielen um sehen zu können, was der Elb ihm anbot, auch wenn seine Nase ihm bereits gesagt hatte, dass der süße Duft nur zu einer Beere gehören konnte und tatsächlich hielt Thranduil ihm eine der kleinen roten Früchte hin, die Bilbo als Himbeere identifizierte.

Die Röte schoss ihm ins Gesicht als Bilbo klar wurde, dass Thranduil erwartete, dass Bilbo ihm wortwörtlich aus der Hand essen würde. Das kam nicht in Frage, auch wenn alles in ihm sich danach sehnte dem fremden Alpha zu erlauben sich um ihn zu kümmern, das ging Bilbo dann doch zu weit. Viel zu weit. Er nahm Thranduil die Beere ab und steckte sie sich mit einem gemurmelten Dank selbst in den Mund. Etwas, das vielleicht ein amüsiertes Schnauben war, kam aus Thranduils Mund.

„Ich weiß Loyalität zu schätzen, aber ich weiß auch wohin sie führen kann.“ Bilbo hielt kurz inne und versuchte aus den kryptischen Worten des Elbenkönigs schlau zu werden, der wieder begonnen hatte mit seinen Haaren zu spielen. Die waren inzwischen für einen respektablen Hobbit viel zu lang geworden, doch keiner der Zwerge hatte zulassen wollen, dass Bilbo ihnen mit einer Schere zu Leibe rückte. Ori hatte praktisch zu weinen begonnen, als Bilbo das erste Mal davon angefangen hatte, also hatte Bilbo sich in sein Schicksal gefügt und seinen Locken erlaubt an seinem Kragen vorbei zu wuchern wie wildes Gestrüpp.

„Eichenschild weiß gar nicht was für einen Schatz er da von sich gestoßen hat.“ Wieder verkrampfte sich alles in Bilbo, es gab viele Dinge, die er nicht hören wollte, und das was zwischen ihm und Thorin auf der Mauer passiert war, gehörte ohne Zweifel an die Spitze der Liste.

„Was für ein Schatz?“, zwang er sich dennoch zu fragen. Ein weiteres Schnauben.

„Auch wenn ich nicht riechen kann was du bist, so kann ich es doch erraten“, kam eine weitere typische Elbenantwort von Thranduil, die in Bilbo einmal mehr den Wunsch weckte sich die Haare zu raufen.

„Ich weiß was es einem Omega antun kann sich so sehr um andere zu kümmern, dass er sich selbst verliert.“ Bilbo sah auf. In den dunkelblauen Augen des Elbenkönigs stand ein Schmerz so alt und tief, dass Bilbo instinktiv davor zurückscheute.

Er kannte diesen Schmerz allerdings um einiges frischer und auch deutlich zerstörerischer, das war derselbe Ausdruck, der in den Augen von Belladonna Tuk gestanden hatte, als sie erfahren hatte, dass Bungo nicht zurückkommen würde. Sie war nicht mehr lange Belladonna Tuk gewesen.

„Wer?“, fragte Bilbo bevor er sich davon abhalten konnte, und Thranduils Blick, der in weit entfernte Zeiten geblickt hatte, kehrte zu ihm zurück.

„Jemand, den ich niemals hätte verlieren dürfen. Jemand, der sich selbst über mich hätte stellen sollen. Jemand, dem ich versprochen habe, dass sich die Tragödie nicht wiederholt. Iss.“ Die Schale mit den restlichen Himbeeren erschien auf Bilbos Schoß und beinahe schon automatisch kam er der Aufforderung nach.

„Dein Rudel sollte sich besser um dich kümmern. Eichenschild und seine Schwestersöhne mögen im Moment außer Gefecht gesetzt sein, doch es war ein Dutzend Zwerge in meinen Verließen. Wenigstens einer davon sollte genug Verstand haben um ihren Omega am Leben zu erhalten.“ Bilbo stockte für einen Moment bevor er weiter aß.

„Ich weiß nicht wovon ihr redet.“ Thranduil schnaubte. Bilbo wusste, dass er ihn nicht mehr länger täuschen würde. Auch wenn er den typischen Geruch nicht zu verströmen schien, den Elben und wahrscheinlich auch Zwerge bei ihren Omegas gewohnt waren, so ließen sich einige Tatsachen doch nicht verbergen.

Bilbo war sich ziemlich sicher gewesen, dass Thorin nicht für einen Moment gezögert hätte Gandalf Rat zu ignorieren und den Hobbit in Beutelsend zurückzulassen, wenn er auch nur vermutet hätte, dass Bilbo irgendetwas anderes war als ein besonders mickriger Beta. Woher dieses Wissen kam, wollte er lieber nicht zu genau beleuchten, und auch dass er schon nach nur fünf Minuten in der Gesellschaft des mürrischen Zwergenalphas nicht anders konnte als ein Teil seines Rudels sein zu wollen, ließ er lieber im Dunklen.

Allerdings konnte er nicht völlig ignorieren, dass einem Haufen Zwerge gelungen war, was seine Hobbitverwandtschaft seit dem Tod seiner Eltern vergebens versucht hatte, nämlich seine Neugier zu wecken, sich auf andere einzulassen. Hatte er zuvor daran festgehalten, dass er alleine besser dran war und selbst die hartnäckigsten Versuche ihn zu verkuppeln ignoriert, so waren die Zwerge, die alles andere als höflich bei ihm eingefallen waren, doch so verführerisch anders gewesen, dass er ihnen Hals über Kopf nachgerannt war.

Das wiederrum hatte bedeutet, dass er zum ersten Mal in seinem Leben aktiv hatte verbergen müssen was er war. Sicher auch in Hobbingen hätte man es begrüßt, wenn der Erbe von Beutelsend nicht gar so offensichtlich ein Omega gewesen wäre, doch Bilbos Mutter hatte immer darauf bestanden, dass er sich selbst treu blieb, wusste sie doch selbst nur allzu gut wie die Dinge laufen konnten, wenn man verleugnete was man im tiefsten Inneren seines Herzens doch wusste.

Bilbo riss sich zusammen und versuchte den Faden wiederzufinden, den er offensichtlich verloren hatte. Immerhin hatte er mechanisch weiter Himbeeren gefuttert, womit Thranduil hoffentlich entgangen war, dass Bilbo ihn seit kurzem ignorierte. Der Hobbit schluckte.

„Aber mal angenommen ich wüsste wovon ihr redet, wie kommt ihr auf die Idee, dass die Zwerge mein Rudel sind?“ Wieder ein Schnauben und diesmal ein Becher mit warmer Milch, der die Beeren ablöste. Bilbo schnupperte daran und nahm einen Schuck. Er konnte nicht genau sagen von welchem Tier die Milch stammte doch sie war um einiges gehaltvoller als er es gewöhnt war.

„Du versucht Eichenschild zu heilen. Du hältst ihn hier. Ich habe es gespürt als ich selbst meine Künste an ihm versucht habe.“ Bilbo schluckte einen Kommentar herunter. Er war nicht sicher womit genau Balin den Elbenkönig bestochen hatte, damit der einen Blick auf Thorin und die Prinzen warf, doch er hatte es getan und verkündet, dass er kein Heiler sei und bezweifelte, dass selbst Lord Elrond noch in der Lage wäre viel auszurichten.

„Alle drei hätten längst gehen müssen und doch sind sie noch hier. Du hältst sie fest und du wirst mit ihnen gehen, wenn die Kraft dich verlässt.“ Bilbo biss die Zähne zusammen. Er wollte das nicht hören, auch wenn ihm der Gedanke selbst schon gekommen war. Es steckte inzwischen so viel von seiner Energie in Thorin, Fili und Kili, dass er nicht sicher war, dass er sie zurückholen konnte, wenn das schlimmste eintrat.

„Was mich zu der wirklich interessanten Tatsache bringt, dass ein einzelner Omega nicht in der Lage sein dürfte gleich drei seiner Rudelmitglieder zu halten.“ Bilbo erstarrte. Das war ein Schritt zu weit und er würde nicht gestatten, dass Thranduil dieses Geheimnis lüftete bevor er den Mut zusammengekratzt hatte es seinen Zwergen selbst mitzuteilen.

Wieder versuchte Bilbo sich der Situation zu entziehen und wieder hinderten ihn Thranduils langfingrige Hände daran seinen ungewollten Sitzplatz zu verlassen. Auch wenn er sich ein wenig wie ein schmollendes Kind vorkam, das Gefahr lief ohne Nachtisch ins Bett geschickt zu werden, der Drang dem Elbenkönig gegen das Schienbein zu treten, ließ sich nur deswegen bezwingen, weil Bilbo in seiner jetzigen Position nicht in der Lage war dieses Manöver auszuführen.

Einen Moment später jedoch überschritt Thranduil endgültig jede Grenze, die Bilbo sich gesetzt hatte. Eine Hand hatte sich auf Bilbos Bauch verirrt und der Hobbit sah mit einem Mal rot. Er hatte diesen Ausdruck nie wirklich nachvollziehen können, doch jetzt begann sein Blickfeld an den Rändern tatsächlich einen roten Stich zu bekommen.

Mit gebleckten Zähnen und wild um sich schlagend, kam Bilbo auf dem Boden auf und war nur Sekunden später so weit von Thranduil entfernt, wie es das Zelt erlaubte. Hätte er sein Schwert bei sich gehabt, er war nicht sicher, ob er nicht versucht hätte es dem Elben in die Brust zu rammen, so jedoch stand er halb nach vorne gebeugt, weiterhin die Zähne auf eine Art zeigend, die eher zu einem Wolf gepasst hätte, da und versuchte über das Rauschen in seinen Ohren zu verstehen, was der Elb von sich gab. Thranduil war in die Knie gegangen und redete auf den Hobbit ein wie auf eine aufgebrachte Katze, doch keines seiner Worte drang durch den roten Nebel in Bilbos Kopf.

„Was ist denn hier los?“, meldete sich eine weitere Stimme zu Wort, dieses Mal eine, die es trotz des Nebels schaffte zu Bilbo durchzudringen. Auch wenn er im Moment nicht sagen konnte, zu wem diese Stimme gehörte so schrie doch alles in ihm, dass sie Sicherheit und Schutz versprach und im Moment war Bilbo mehr als nur ein wenig geneigt seinen Instinkten zu folgen.

„Bilbo?“ Noch eine Stimme, sicherer sogar als die davor. Bilbo gab einen Laut von sich, der irgendwo zwischen einem Jaulen und einer Antwort war, dann legte sich eine Hand auf seine Schulter. Bilbo zuckte zusammen, noch immer nicht in der Lage den Blick von Thranduil abzuwenden, der in seinem Kopf inzwischen ganz klar als Bedrohung registriert wurde, doch das Rauschen in seinen Ohren ließ allmählich nach. Wieder legte sich die Hand auf seine Schulter, während sich zeitgleich eine Gestalt zwischen ihn und Thranduil schob. Bilbo blinzelte dann erkannte er die sanften braunen Augen in denen nichts als Sorge geschrieben stand.

„Bofur?“, murmelte er nur halb verständlich.

„Der einzig wahre“, erwiderte der Zwerg und Bilbo rang sich ein gequältes Lächeln ab. „Alles in Ordnung?“ Bilbos gute Erziehung verlangte von ihm, dass er „ja“ sagte, dass er so tat als sei tatsächlich alles im Reinen, er wollte Bofur versichern, dass er sich keine Sorgen um ihn zu machen brauchte, er wollte niemandem zur Last fallen, doch der Teil von ihm, der seit drei Tagen um Thorin kämpfte, hatte kein Interesse mehr daran sich länger zurückzuhalten.

Bilbo schüttelte den Kopf und spürte wie ihm die Tränen in die Augen traten, ob aus Wut oder Hilflosigkeit konnte er beim besten Willen nicht sagen, doch er fühlte sich ausgelaugt und überfordert und wünschte sich gerade so weit weg wie er nur konnte.

„Das wird schon,“ hörte er Bofur sagen, während der ihn in eine unbeholfene Umarmung schloss und Bilbo konnte nicht länger mit den Tränen kämpfen. Immerhin gelang es ihm jedoch die erstickten Schluchzer so leise wie möglich zu halten, während er sich an Bofur klammerte, als würde gerade die Welt untergehen, was sie auch jeden Moment würde. Bilbo rechnete fest damit, dass der Zwerg ihn von sich schieben würde, einen Scherz machen und ihm auf die Schulter klopfte, bevor er möglichst schnell das Weite suchte, doch Bilbo war es egal.

Auch dass Balin, der noch immer mit dem Rücken zu Bilbo stand und offensichtlich versuchte aus Thranduil herauszubekommen, was den Hobbit so aufgebracht hatte, seinen Ausbruch mitbekam, scherrte ihn nicht im Geringsten. Die Anwesenheit des Elbenkönigs selbst schon eher, doch damit würde er sich beschäftigen, sobald Bofur ihn losließ. Was er nicht tat.

Die Umarmung, in der der Zwerg ihn hielt, war beinahe schon schmerzhaft, doch Bilbo konnte sich nicht erinnern wann er sich zuletzt so geborgen gefühlt hatte. Bofur murmelte unbedeutende Worte in seinen Bart. Oder vielleicht war es auch Khuzdul, Bilbo konnte es nicht sagen, doch ihn kümmerte gerade auch nur, dass der Zwerg ihn nicht allein ließ, dass er nach drei Tagen in Gesellschaft dreier Sterbender nun endlich wieder jemanden hatte, der ihn hielt. Jemand, den nicht er halten musste. Was seine Gedanken zurück auf Kurs brachte.

„Kili? Fili?“, seine Stimme klang erstickt, er wusste, dass seine Augen rot gerändert waren und seine Nase fühlte sich an, wie zuletzt in der Seestadt, doch er konnte wieder halbwegs denken. Bofur tauschte einen Blick mit Balin, dann nickte er und führte den Hobbit ohne ein Wort aus dem Zelt, zurück woher er gekommen war. Dabei passte er seine längeren Schritte beinahe schon instinktiv Bilbos kürzeren an und hielt nicht einmal inne, den Hobbit noch immer in seinem Arm, während er sich durch die Zeltreihen schlängelte, egal wie viele Zwerge, Menschen und Elben ihm auch fragende Blicke zuwarfen.

Bilbo nahm die meisten von ihnen ohnehin nicht war und hielt nur deswegen mit Bofur Schritt, weil seine Füße ihn auch von selbst zurück zu Fili, Kili und Thorin getragen hätten, völlig egal von welchem Punkt des Lagers aus er gestartet war.
„Danke“, murmelte er, als sich die Zeltklappe hinter ihm und Bofur schloss, Gloin stand vor dem Zelt Wache und zum ersten Mal sein Ori ihn gerufen hatte, entspannte sich Bilbo.

Mit der Entspannung kam die Müdigkeit, gegen die Bilbo nun schon seit Tagen ankämpfte, doch zum wiederholten Male drängte er sie zurück und ließ sich auf Filis Bettkante nieder. Eine Hand auf der Wange des Prinzen, sagte ihm, dass er zu lange fort gewesen war, doch als er anfing, wie so oft in den letzten Tagen, seine verbliebenen Energiereserven mit Thorins Erben zu teilen, stellte er erstaunt fest, dass die Welle, die er zu Fili schicken konnte, um einiges stärker war als zuvor, beinahe so stark wie sie gewesen war, als er dieses aussichtslose Unterfangen begonnen hatte.

„Bilbo?“ Bofurs Hand hatte sich wieder auf Bilbos Schulter gelegt, diesmal jedoch weniger zur emotionalen Unterstützung als vielmehr als Vorsorge falls der Hobbit plötzlich in Ohnmacht fallen sollte. Der jedoch schüttelte nur den Kopf, rappelte sich auf und wechselte von Filis Bett zu Kilis.

Der jüngere der beiden Prinzen sah im Moment um einiges fahler aus als sein Bruder, doch als Bilbo seine Hand auf Kilis Schläfe drückte, kehrte die Farbe zurück in die Wangen des Prinzen. Gleichzeitig jedoch schien sie aus Bilbos zu verschwinden. Bofur sah mit großen Augen zu, doch er unterbrach den Hobbit nicht, bis Bilbo von selbst in sich zusammensackte.

Nur Bofurs schnelle Reflexe hielten ihn davon ab allzu genau Bekanntschaft mit dem Boden zu machen, doch Kilis beinahe verständliches Murmeln, das in ein lautes Schnarchen überging, war die Sache allemal wert. Zum zweiten Mal in kürzester Zeit standen Bilbo die Tränen in den Augen, diesmal jedoch aus einem ganz anderen Grund. Er hatte keine Ahnung woher diese ungeahnte Kraftreserve gekommen war, doch solange sie ihm reichte um seine drei Patienten zu retten, war es ihm auch gleichgültig.

„Hoppla, Bilbo, was war das denn?“, fragte Bofur und hob den Hobbit kurzerhand auf seine Arme bevor er ihn wieder auf Filis Bettkante bugsierte, auf der ein wenig mehr Platz war als auf Kilis, der die Angewohnheit hatte sich zum Schlafen in alle vier Himmelsrichtungen auszustrecken. Der Hobbit wusste beim besten Willen nicht wo er anfangen sollte, also zuckte er nur die Achseln und fragte sich im Stillen, ob Bofur es ihm wohl noch einmal gestatten würde sich, so wie zuvor in Thranduils Zelt, an ihn zu schmiegen, doch die Frage wollte es einfach nicht über seine Lippen schaffen.

„Du solltest dich ausruhen.“ Bilbo schüttelte entschieden den Kopf und suchte bereits wieder nach einer Stelle, an der er Hautkontakt mit Fili herstellen konnte, ohne seine vielen Wunden zu beeinträchtigen, doch Bofurs Arme hielten ihn davon ab. Wieder fand Bilbo sich an den freundlichen Zwerg gedrückt und wieder konnte er nicht anders als die Umarmung zu erwidern.

„Es nützt niemandem, wenn du dich verausgabst, Bilbo. Schlaf ein paar Stunden, iss was“, der Zwerg rümpfte die Nase. „Denk über ein Bad nach.“ Gegen seinen Willen musste Bilbo lachen. Kurz und abgehakt aber dennoch.

„Ich kann bleiben, wenn das hilft?“, bot Bofur an und Bilbo war sich nicht ganz sicher, ob er damit meinte an der Seite der beiden Prinzen zu wachen, oder tatsächlich an Bilbos Seite zu bleiben, doch dieses Rätsel löste sich einen Moment später, als Bofur ihn erneut auf den Arm nahm, Bilbos entrüstetes Quietschen mit einem Lachen abtat und das Zelt verließ.

Gloin warf ihnen einen abschätzigen Blick hinterher, doch er sagte nichts. Bilbo war für einen Moment verwirrt wohin Bofur ihn entführte, doch er erkannte die Zeltreihe, in der seine Zwerge Unterschlupf gefunden hatten einen Moment später. Diese Zelte standen nur ein klein wenig abseits von den Pfaden, die er für gewöhnlich wählte, um von Thorin zu den Prinzen zu gelangen, da alle drei weiterhin in unmittelbarer Nähe der Zwergenheiler gehalten wurden und gleichzeitig so weit von sämtlichen Elben entfernt wie gerade noch höflich war.

Bilbo kämpfte gegen den Schlaf und mit seinen Nerven als Bofur sie beide durch die Zeltklappe manövrierte und den Hobbit dann vorsichtig auf einem Stapel Decken niederließ, die auf einer, wie es aussah, unbenutzten Pritsche lagen. Bilbo runzelte die Stirn.
„Was denn, nur weil du uns seit der Schlacht aus dem Weg gehst, heißt das nicht, dass du keinen Schlafplatz mehr hast.“ Bilbo klappte der Unterkiefer herunter, während Bofur seinem Bruder einen Klaps versetzte der daraufhin, woher auch immer, ein Päckchen Kram herbeizauberte, dessen Geschmack Bilbo zwar nicht leiden konnte, von dem er aber aus Erfahrung wusste, dass es gegen den nagenden Hunger in seinem Bauch helfen würde. Mehr vermutlich als Thranduils Himbeeren.

Er zitterte leicht in der kühlen Abendluft ohne Bofurs Wärme an seiner Seite und als hätte er seine Gedanken gehört, war der Zwerg wieder da, legte einen Arm um Bilbos Schultern und hüllte ihn damit gleichzeitig in seinen Mantel.

„Danke“, murmelte Bilbo und rutschte ein wenig näher an Bofur heran.

„Nichts zu danken, Bilbo“, erwiderte er. Sobald Bilbo seine Mahlzeit verzehrt hatte, zog Bofur ihn ein wenig mehr an sich heran und summte leise, während Bilbo langsam aber sicher den Kampf gegen seine Augenlider verlor. Er merkte nicht mehr wie Bofur ihn sanft neben sich auf die Pritsche zog und Bifur, den der Hobbit noch nicht einmal bemerkt hatte, eine der Decken über die beiden breitete.

Chapter 2: Kapitel 2

Chapter Text

Kapitel 2

Nach einer Weile waren Bilbos Atemzüge so regelmäßig geworden, wie es nur tiefer Schlaf zuwege brachte und Bofur atmete auf. Dass er seit der Schlacht weder Haut noch Haar von ihrem Hobbit gesehen hatte und nur aus Berichten von Gloin, Balin und Dwalin überhaupt wusste, dass es dem Hobbit gut ging, machte ihm zu schaffen.

Sicher, nachdem was auf der Mauer vor den Toren Erebors passiert war, konnte Bofur verstehen, wenn der Hobbit ein für alle Mal die Nase voll von Zwergen hatte und zurück in seine gemütliche Hobbithöhle flüchten wollte, doch er hatte gehofft, dass zumindest ihre Freundschaft Thorins Absturz in die Goldsucht überleben würde. Als Bilbo sich dann geweigert hatte das Zelt der Prinzen zu verlassen, hatte Bofur schweren Herzens angenommen, dass Bilbo tatsächlich nichts mehr mit ihm und den anderen Zwergen zu tun haben wollte.

Doch die Ereignisse des heutigen Tages, vor allem im Zusammenhang mit den wenigen Sätzen, die er von dem Gespräch zwischen Balin und Thranduil mitbekommen hatte, gab es da vielleicht mehr zu ergründen als er ursprünglich angenommen hatte. Jetzt jedoch war er einfach nur froh den Hobbit dazu gebracht zu haben sich auszuruhen, wenn er diese Ruhe in Bofurs Armen fand, dann um so besser.

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Bilbo erwachte in wohliger Wärme. Zufrieden kuschelte er sich tiefer in seine Decken und überlegte ernsthaft das Frühstück ausfallen zu lassen, als sein Kissen ein rumpelndes Lachen von sich gab. Bilbos Augen flogen auf und er erkannte mit einem Mal, dass er seine Nase mitnichten in einem Kissen vergraben hatte, sondern vielmehr in Bofurs Brust.

Seine Wangen flammten vor Verlegenheit rot auf, doch Bofurs Finger in seinem Haar hielten ihn davon ab zurückzuspringen und Entschuldigungen zu murmeln. So wünschte er sich nur, der Boden möge sich unter ihm auftun, während er sich gleichzeitig ein wenig schuldig fühlte, weil er sich in Bofurs Armen gar so sicher fühlte.

„Gut geschlafen?“ Bilbo nickte und schloss die Augen wieder. Wenn Bofur keinen Grund sah ihre Umarmung zu beenden, wieso sollte Bilbo sich dann zurückziehen? Er atmete den Duft des Zwerges ein, und musste amüsiert feststellen, dass er nicht der Einzige war, der ein Bad mehr als nötig hatte, und dennoch störte es ihn bei Bofur aus irgendeinem Grund nicht. Sein Magen meldete sich zu Wort und wieder ertönte dieses leise Lachen, das Bilbo in seiner jetzigen Position in all seinen Knochen vibrieren spürte.
„Zeit um aufzustehen.“ Bofurs Finger spielten noch immer mit seinen Haaren. Bilbo nickte dennoch und löste sich mit Mühe aus Bofurs Umarmung, wo er doch kaum etwas lieber getan hätte als genau da zu bleiben wo er war. Etwas nagte in seinem Hinterkopf, doch er konnte sich gerade nicht darauf konzentrieren.

Er zitterte etwas in der kühlen Morgenluft, doch noch bevor er sich auf die Suche nach seinem Umhang machen konnte, hatte Bofur ihn ihm schon um die Schultern gelegt. Wieder fühlte Bilbo Wärme in seine Wangen steigen, doch er bedankte sich artig und folgte Bofur aus dem Zelt.

Ihr Weg führte sie zu einer der vielen Kochstellen, die es überall im Lager gab. An dieser jedoch rührte Bombur höchstselbst im Topf und Bilbo war mehr als dankbar für die Schale mit Haferschleim, die der Zwerg ihm reichte. Ein dicker Klecks Honig leuchtete obendrauf, von dem Bilbo keine Ahnung hatte woher er stammte, der aber deutlich machte, dass der Zwerg sich gemerkt hatte, wie süß Bilbos Geschmack, vor allem am frühen Morgen, war.

Bilbo und Bofur ließen sich neben Bifur und Gloin nieder, die beide auf einer grob gezimmerten Bank saßen, die schwer danach aussah als sei sie auf einigen lädierten Helmen aufgebockt worden. Bifur grunzte etwas in Khuzdul, was Bofur ein weiteres Lachen entlockte. Auch Gloin grinste für einen Moment, dann wandte er sich an Bilbo.

„Mein Bruder hat nach dir gesucht, wie es aussieht ist Kili heute Nacht für einige Zeit ansprechbar gewesen.“ Bilbo ließ beinahe den Löffel fallen und war schon auf den Beinen, bevor er den Entschluss dazu gefällt hatte.

„Nicht so voreilig.“ Diesmal schlang sich Bofurs Arm um seine Hüften und zog ihn sanft zurück auf die Bank. Sein Frühstück wurde zurück in seine Hände gedrückt, doch Bilbo war aus einem anderen Grund erstarrt. Bofurs Fingerspitzen lagen ziemlich genau da, wo Thranduils Hand gewesen war als er gestern komplett die Beherrschung über seine Instinkte verloren hatte, doch es passierte nichts. Kein plötzlicher Wutanfall, keine Furcht vor dem Unbekannten. Es war einfach nur Bofur und seine Berührung hier genauso willkommen wie zuvor.

„Bilbo?“ Der Hobbit riss sich aus seinen Gedanken und schluckte mechanisch den Löffel Haferschleim, der eine angenehme Wärme in seinen Magen brachte.

„Wie geht es Kili?“ Seine Stimme war mehr als nur ein wenig wackelig. Gloin zuckte die Schultern, doch sein Blick war voller Mitgefühl.

„Mein Bruder hielt es schon für ein Wunder, dass er überhaupt wach geworden ist. Alles weitere werden wir sehen. Iss dein Frühstück, dann können wir die Prinzen besuchen. Aber Bofur hat Recht. Die beiden würden nicht wollen, dass du dich so sehr überanstrengst.“

Ein Kloß bildete sich in Bilbos Hals. Er hatte Gloin selten so lange am Stück reden hören und wenn doch dann hatte er von seiner Frau und seinem Sohn geschwärmt. Er nickte und aß weiter. Wobei er ein klein wenig näher an Bofur heranrutschte, der noch immer keine Anstalten machte Bilbo aus seiner Umarmung zu entlassen. Vielleicht fühlte er die Nähe des Hobbits genauso gerne wie Bilbo selbst es mochte berührt zu werden, doch egal warum, Bilbo war dankbar dafür.

Nachdem sie ihr Frühstück beendet hatten, brachte Gloin Bilbo wie versprochen zu Kili. Bofur jedoch wurde von seinem Cousin am Schlafittchen gepackt und zurückgehalten, während eine wahre Flut von antikem Khuzdul auf ihn niederging.

„Wie geht es Thorin?“, fragte Bilbo nachdem die Stille, die ihn umgab unerträglich geworden war. Gloin warf einen Blick über die Schulter.

„Unverändert.“ Bilbo seufzte es wäre auch zu schön gewesen mehr als ein Wunder gleichzeitig zu bekommen. Das Zelt der Prinzen lag näher und er legte eine Hand an jede ihrer Wangen bevor er Gloin bat ihn zu Thorin zu bringen.

Dori, der heute vor dem Zelt der Prinzen saß, warf dem anderen Zwerg einen fragenden Blick zu, woraufhin Gloin nickte und eine Hand zwischen Bilbos Schulterblätter legte, um ihn aus diesem Zelt und in das seines Königs zu bringen. Bilbo erstarrte für einen Moment, doch dann folgte er dem Zwerg, ohne Widersprüche.

Gloins Hand fühlte sich anders an als Bofurs mehr wie ein stetiger Strom statt eines tosenden Wildbaches, doch nicht minder wohlmeinend und beruhigend.

Dwalin stand, wie üblich, Wache vor Thorins Zelt und Bilbo konnte nicht anders als sich erneut zu verspannen. Er und Dwalin hatten ihre Beziehung definitiv auf dem falschen Fuß begonnen und noch immer fühlte er sich von dem großen Krieger eher eingeschüchtert als beschützt. Dennoch ließ Dwalin sie mit einem Nicken passieren.

Oin war an Thorins Seite und wechselte einmal mehr die Verbände des ohnmächtigen Monarchen, doch bei seinem Anblick konnte auch Gloins Hand Bilbo nicht mehr daran hindern zu ihm zu eilen und seine Finger auf Thorins Haut zu pressen.

Die Welle der Energie war mindestens so hoch wie die, die Bilbo gestern Abend Fili geschickt hatte, wenn nicht sogar ein wenig höher und wie am Abend zuvor konnte man praktisch sehen wie die Farbe in Thorins Wangen zurückkehrte, während sie aus Bilbos wich. Ein Fluch von Oin riss Bilbo aus seiner Konzentration und einen Moment später fand er sich in Gloins Armen wieder, der ihn von Thorins Seite gezogen hatte und fest an sich drückte.

„Junge, ich wusste ja, dass du leichtsinnig bist, aber das hier geht zu weit“, knurrte Oin und legte ihm eine Hand auf die Stirn ganz so als würde er nach Anzeichen für Fieber suchen.

Oins Gemurmel war nicht wirklich beruhigend, während er weiterhin an Bilbo herumzupfte, doch Gloins Hand auf seiner Schulter gab dem Hobbit Sicherheit. Auch damit hätte er nicht gerechnet, Er stand Gloin nicht nahe. Er hatte sich vielleicht eine Handvoll von Malen mit dem rothaarigen Zwerg unterhalten, doch nichts, was dieses Gefühl der Sicherheit rechtfertigte. Oin kam zum Ende und kniete sich vor Bilbo hin.

„Hör Mal zu, Bilbo. Ich habe lange genug zugesehen. Und ich habe es um Thorins Willen und um der Prinzen Willen nicht beachtet. Aber das hört jetzt auf. Ich habe keinerlei Bedürfnis, dich hier neben Thorin auf dem Krankenlager zu haben, und genau das wird passieren, wenn du weiterhin so ohne nachzudenken handelst. Ich weiß wie schwer es ist, wenn man nicht helfen kann. Ich weiß wie es einen zerreißt eine Pause zu machen und sich um sich selbst kümmern. Und ja, wenn man es tut, können Leute sterben, aber wenn man sich selbst missachtet, wenn man seine Kraft bis zum letzten ausschöpft und dann immer noch weiter geht, bricht man zusammen und dann sterben erst recht Leute, weil kein Heiler mehr da ist, der helfen könnte. Verstehst du was ich sage?“

Bilbo hatte den Kopf zwischen die Schultern zurückgezogen und machte sich unbewusst so klein wie möglich um der Tirade des schwerhörigen Heilers zu entgehen. Oin stieß einen Seufzer aus und Bilbo kniff die Augen zu. Er wollte die Enttäuschung in Oins Augen nicht sehen, er wollte nicht wissen wie wütend der alte Heiler wirklich war. Stattdessen wartete er, bis der Sturm vorbeigehen möge um dann in typischer Hobbitmanier den Schaden zu begutachten.

Oin schloss ihn in die Arme. Bilbo gab ein schrilles Quieken von sich, was Gloin wiederum ein grollendes Lachen entlockte, doch dann spürte Bilbo Oins Hände auf seinen Armen, spürte das Kitzeln von Oins Bart an seinem Hals und die Flut von beruhigenden Lauten, die der Heiler von sich gab, während er sich leicht mit Bilbo vor und zurückwiegte als sei er ein verängstigtes Kind.

Die Anspannung ließ nach. Bilbo wusste zwar nicht womit er diese heftige Reaktion ausgelöst hatte, obwohl er davon ausging, dass es etwas mit seiner Sturheit was Thorin anging zu tun hatte, doch das hier war nett. Er vergrub den Kopf an der Schulter des Zwerges und atmete tief durch. Oin streichelte ihm über den Kopf und schnauzte dann seinen Bruder auf Khuzdul an. Der antwortete mäßig begeistert, strich Bilbo zum Abschied übers Haar und verließ dann das Zelt. Draußen konnte Bilbo ihn einige Worte mit Dwalin wechseln hören.

„Ist schon gut, Junge. Wenn du dich nicht um dich selbst kümmerst, müssen wir das eben übernehmen.“ Mit diesen Worten beförderte Oin Bilbo auf die leere Pritsche neben Thorin, die Gloin und Dwalin herbeigeschafft haben mussten, während Bilbo in Oins Armen gedöst hatte. Bilbo wollte schon protestieren als Oin ihm einen Becher heißen Tee in die Hand drückte und sich dann abwandte, um sich einmal mehr Thorins zahllosen Wunden zu widmen.

„Und wehe du versuchst dich davonzuschleichen um deinen Firlefanz mit den Prinzen zu treiben. Ich schwöre dir, ich werde jemanden abstellen, der auf dir sitzen bleibt, bis du wieder Farbe in den Wangen hast.“ Bilbo zog hastig die Füße zurück aufs Bett und fragte sich, während er an seinem Tee nippte, ob Oin wohl Augen im Hinterkopf hatte, oder doch eher Gedanken lesen konnte, denn tatsächlich hatte er mit dem Gedanken gespielt sich davonzuschleichen und einmal mehr mit Kili und Fili zu arbeiten.

Der Tee war noch zu heiß um ihn trinken zu können, ohne sich die Zunge zu verbrühen, also wärmte Bilbo sich zunächst einmal die Hände und sah Oin bei der Arbeit zu.

„Wird er wieder gesund?“, fragte er leise, selbst erstaunt, dass er die Frage nach all diesen Tagen doch endlich laut gestellt hatte. Das letzte Mal hatte er von Oin gehört, wie es um den König unter dem Berge stand, nachdem der sich bei ihm entschuldigt hatte und alles was der gute Heiler damals von sich gegeben hatte, war ein Kopfschütteln gewesen. Diesmal hielt Oin inne.

„Ay, Junge. Dank dir. Und glaub ja nicht, dass ich nicht aus dir herauskriegen werde, was du da für Thorin tust, sobald ich dir den Rücken kehre und ich würde ja sagen, weiter so, wenn ich nicht auch sehen würde wie sehr du selber leidest, wann immer es ihm auch nur ein klein wenig besser geht.“

Bilbo biss sich auf die Lippe. Er hatte eine ungefähre Vorstellung davon, wieso er in der Lage war Thorin und den Prinzen seine Energie zu leihen, doch er wollte lieber nicht darüber nachdenken wie die Zwerge auf die Vorstellung reagieren mochten, dass er sie als sein Rudel betrachtete.

Soweit er wusste bildeten Zwerge keine Rudel, hatten keine Verbindungen von Paarungsbändern abgesehen und selbst die schienen selten zu sein. Gloin war verheiratet und Bilbo konnte sowohl seine Frau als auch seinen Sohn vage am Rande seines Bewusstseins aufstöbern, wenn er sich wirklich Mühe gab, doch solange er die beiden nicht kennen gelernt und selbst Verbindungen zu ihnen aufgebaut hatte, würde er nicht sagen können, ob das Band zwischen Gefährten in Zwergen ebenso stark war wie in Hobbits.

Er nippte wieder an seinem Tee und schwieg. Er wollte Oin nichts vorenthalten, doch er hatte auch kein Bedürfnis ihm die Wahrheit zu sagen, wenn das dazu führen konnte, dass er nicht länger hier sein durfte um Thorin und den Prinzen zu helfen.

Oin grummelte noch eine Weile vor sich hin, doch Bilbo hörte ihm nicht mehr so genau zu. Seine Aufmerksamkeit war von Thorin gefesselt worden, der sich unter seinen Laken zum ersten Mal seit Tagen bewegte und dadurch eher so aussah als würde er tief schlafen, als ohnmächtig dazuliegen.

„Bilbo?“ Die Teetasse fiel klirrend zu Boden als Bilbo sich hastig aus seiner Decke befreite und an die Seite des Zwergenkönigs eilte, der suchend den Kopf hin und her warf.

„Ich bin hier“, gab er erstickt von sich und fühlte wie ihm einmal mehr die Tränen kamen. Er packte Thorins Hand und drückte sie gegen seine Wange. Fast war er versucht einen Kuss darauf zu hauchen, doch zumindest ein Teil von ihm hatte nicht vergessen, dass Oin sich im Zelt befand.

„Bilbo?“ wieder dieses heisere Flüstern, das Bilbo einen Schauer über den Rücken jagte.

„Nicht sprechen. Schon deine Kräfte“, wies er sanft an und hielt sich nur mit Mühe davon ab Thorin eine Haarsträhne aus der Stirn zu streichen.

„Thorin?“ Dwalin war im Zelteingang aufgetaucht.

„Ay. Lass mich mal“, bestätigte Oin, woraufhin Dwalin den Kopf wieder aus dem Zelt zog und vermutlich auf seinen Wachposten zurückkehrte.

„Trink das hier, Junge. Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“ Thorin gab ein Husten von sich, das Bilbo erst nach einigen Momenten als Lachen identifizierte. Er selbst hatte inzwischen vor lauter Erleichterung stumm zu weinen angefangen. Ein Umstand, der ihn mehr als verwirrte, neigte er doch im Normalfall nicht zu übermäßigen Tränen.

„Bilbo?“, fragte Thorin ein drittes Mal, diesmal mit etwas weniger rauer Stimme. Oin schnaubte.

„Neben dir, so, wie zu jeder verdammten Stunde, die er nicht bei deinen Schwestersöhnen ist, oder ihn irgendjemand an ein Bett fesselt, damit er für ein paar Minuten Ruhe gibt.“ Die Röte schoss Bilbo in die Wangen als Oin ihm einen schrägen Blick zukommen ließ. Er konnte nicht behaupten, dass ihn einer der Zwerge ans Bett gefesselt hätte, doch der Umstand, dass diese Vorstellung nicht unbedingt Unbehagen, sondern eher schuldbewusste Neugier in ihm auslöste, passte so gar nicht zu dem Hobbit, als den Bilbo sich selbst kannte.

Thorin hatte eine Augenbraue hochgezogen und nun endlich den Hobbit an seiner Seite registriert. Seine Finger schlossen sich in dem Moment um Bilbos Hand, als der verlegen die Hand zurückziehen wollte. Der Zwergenkönig sah aus als wollte er etwas sagen, schien es sich dann jedoch anders zu überlegen und betrachtete Bilbo nur nachdenklich, während sein Daumen geistesabwesend über Bilbos Handrücken strich.

„Ist das so?“, fragte er leise und Bilbo nickte, obwohl er nicht sicher war, ob die Frage für ihn bestimmt war. Der Anflug eines Lächelns spielte um Thorins Mundwinkel, als er sich wiederum in seine Kissen zurücklehnte. Einen Moment später war er wieder eingeschlafen. Bilbo stieß den Atem, den er angehalten hatte, aus und betrachtete noch für eine Weile Thorins Profil.

„Das ist ein gutes Zeichen. Jetzt ab mit dir und sieh nach den Prinzen, aber wehe ich bekomme heute noch einmal zu hören, dass du dich überanstrengt hast, dann sorge ich persönlich dafür, dass du die nächsten zehn Tage im Bett bleibst.“

Bilbo schenkte Oin ein Lächeln und kam auf die Beine. Seine Füße waren ein wenig eingeschlafen, weil er doch recht unbequem an Thorins Seite gekauert hatte, doch das Gefühl von Nadelstichen verging so schnell wie es gekommen war.

Als Bilbo das Zelt verließ, hielt ihn eine große Hand davon ab weiterzugehen. Bilbo blickte auf und fand sich Auge in Auge mit Dwalin wieder. Er schluckte.

„Thorin?“, fragte der Krieger nur und Bilbo entspannte sich, er lächelte sogar ein wenig.

„Er ist aufgewacht. Oin sagt, es ist ein gutes Zeichen.“ Dwalin nickte und Bilbo konnte beinahe sehen wie ihm ein Stein vom Herzen fiel.

„Das ist gut“, murmelte er und klopfte Bilbo auf die Schulter, was den Hobbit ins Straucheln brachte. „Tschuldigung“, nuschelte er dann und hielt Bilbo an beiden Schultern fest bis der sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte.

„Keine Ursache“, erwiderte Bilbo nur und fühlte sich zum ersten Mal seit er den Arkenstein gefunden hatte in Dwalins Nähe sicher. Der nickte ihm zu und ging wieder in Hab acht Stellung, während er seinen Blick über das geschäftige Treiben des Zeltlagers schweifen ließ. Bilbo nahm an, dass das bedeutete, dass er nicht länger gebraucht wurde und machte sich einmal mehr auf den Weg zum Zelt der Prinzen.

Er war noch nicht weit gekommen, als sich jemand bei ihm unterhackte, woraufhin Bilbo so sehr zusammenzuckte, dass seine Sohlen für einen Moment den Kontakt zum Boden verloren. Ein gackerndes Lachen erschallte und Bilbo schlug mit der flachen Hand auf den Arm ein, der sich um seinen gewickelt hatte.

„Lass das, Nori, mich hätte fast der Schlag getroffen.“ Der rothaarige Zwerg ließ nur ein weiteres Lachen von sich hören und tätschelte Bilbos Hand beinahe schon mitleidig. „Wenn das ein Schlag gewesen sein soll, musst du noch viel üben, mein lieber Meisterdieb. Selbst ein Kiesel schlägt härter zu als du.“

Bilbo schnaubte und zupfte seine Kleidung zurecht, während er Arm in Arm mit Nori weiterschlenderte. Eine ganze Reihe von Zwergen warf ihnen merkwürdige Blicke zu, doch Bilbo war mittlerweile so daran gewöhnt schief angeguckt zu werden, dass er es ignorieren konnte, ohne darüber nachdenken zu müssen.

„Was führt dich des Weges?“, fragte er stattdessen Nori, der sich daraufhin an die Brust griff und den Hobbit übertrieben schockiert musterte, ganz so als würde diese Frage ihm körperliche Schmerzen bereiten.

„Womit habe ich das verdient?“, fragte er und stieß einen theatralischen Seufzer aus, der Bilbo ein Schnauben entlockte. „Da kümmere ich mich aufopferungsvoll um meinen liebsten Hobbit.“

„Ich bin der einzige Hobbit, den du kennst“, fügte Bilbo hinzu und Nori schenkte ihm ein Zwinkern.

„Und kaum lasse ich ihm mal ein, zwei Tage Luft zum Atmen.“

„Was bedeutet, dass du mir aus dem Weg gegangen bist.“

„Ganz und gar nicht“, stellte Nori empört fest. „Ich bin Dori aus dem Weg gegangen.“ Wieder schnaubte Bilbo. „Und schon glaubst du, ich hätte dich im Stich gelassen und würde mich nicht länger danach verzehren romantisch durch die Landschaft zu spazieren.“ An dieser Stelle konnte Bilbo nicht mehr an sich halten und kicherte los. Nori sah sehr zufrieden mit sich aus und inzwischen warfen die Zwerge ihnen nicht nur Blicke zu, sie machten einen weiten Bogen um die beiden.

Chapter 3: Kapitel 3

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Kapitel 3

Nori zog den kichernden Hobbit weiter, auch wenn Bilbo inzwischen eher ein wenig hysterisch klang. Nori wusste selbst nicht was ihn dazu getrieben hatte den Hobbit aufzuziehen, er wusste nur, dass er den Ausdruck auf Bilbos Gesicht nicht mochte, der sich dort in den letzten Tagen häuslich niedergelassen hatte. Niedergeschlagen und allein. Ungefähr derselbe Ausdruck, den der Hobbit getragen hatte, als Thorin auf der Mauer auf ihn losgegangen war, so als sei etwas in ihm zerbrochen von dem er nicht einmal bemerkt hatte, dass es da war.

Nori hatte sich darauf verlassen, dass der Rest der Gruppe schon richtig damit lag, dass Bilbo Zeit und Abstand brauchte, um sich wieder an die Gegenwart der Zwerge zu gewöhnen. Kein Zwerg, der so behandelt worden war wie Bilbo, und wäre die Entschuldigung desjenigen, der sein Vertrauen gebrochen hatte, auch noch so ernst gemeint, würde je wieder zu dem Verhältnis zurückkehren, das zuvor geherrscht hatte.

Hobbits jedoch waren aus anderem Stein gehauen. Bilbo schien jedem einzelnen von ihnen verziehen zu haben, mit nicht mehr als einem reuigen Wort und einem Klaps auf die Schulter, ganz so als sei in Wirklichkeit er derjenige, der sich Sorgen darüber gemacht hatte, ob ihm verziehen werden würde, oder nicht.

Was wiederum für Nori auf den ersten Blick nicht den geringsten Sinn ergeben hatte, schließlich hatten sie ihren Hobbit im Stich gelassen und nicht anders herum, doch dann hatte er sich die Zeit genommen ernsthaft darüber nachzudenken und war zu dem Schluss gekommen, dass es durchaus denkbar war, dass Bilbo sich die Schuld für die Schlacht der fünf Heere gab.

Auch nach dem Zwischenfall mit den Trollen, hatte Bilbo so getan, als wäre die Misere, in der sie gelandet waren, in irgendeiner Form, seine Schuld, vermutlich unwissentlich bestärkt durch Thorins Angewohnheit allem und jedem die Schuld für das zu geben, was gerade so um ihn herum schiefging.

Was den Zwergenkönig aber im Allgemeinen nicht davon abhielt, besagte Missstände eigenhändig wieder in Ordnung zu bringen. Deswegen hatte Nori beschlossen den Rat seiner beiden Brüder in den Wind zu schlagen und Bilbo wieder so zu behandeln, wie er es seit den Ereignissen am Fuße des Carrocks getan hatte, und wie es schien war der Hobbit alles andere als abgeneigt.

Seit Nori sich an seine Seite gemogelt hatte, klebte Bilbo förmlich an ihm und der Dieb konnte nicht anders als diesen Umstand zu genießen. Er war nicht unbedingt der Typ zu dem andere Zwerge Nähe suchten und auch wenn er seine Brüder gerne um sich hatte, so ging ihm Dori doch viel zu oft fürchterlich auf die Nerven, während er bei Ori nur selten dazukam den großen Bruder-Modus abzuschalten, in den er verfiel, sobald der junge Schreiber ihm irgendetwas erzählte, das seine Nackenhaare zu Berge stehen ließ.

Bilbo dagegen war einfach eine fröhliche Persönlichkeit an seiner Seite und wie Bofur stets für einen Scherz zu haben. Normalerweise zumindest, im Moment war er eher aufgewühlt und ständig den Tränen nahe.

Als sie schließlich das Zelt der beiden Prinzen erreichte, nickte Nori seinem Bruder, der wieder einmal vor dem Zelt saß und wie es aussah zerrissene Kleidung reparierte, zu und duckte sich schnell nach drinnen, bevor Dori ihm zum sicher tausendsten Mal erklären konnte, dass er sich ausruhen sollte.

Sicher seine Knochen würden ihm die Ruhe danken, doch es gab wichtigeres und noch nie hatte ihn eine Verletzung davon abgehalten eher früher als später wieder das zu tun wozu er gerade Lust hatte.

Die beiden Prinzen sahen ziemlich lädiert aus, doch nach den wenigen Berichten, die er Oin hatte abschwatzen können, als er selbst noch den kundigen Händen der Heiler ausgeliefert war, hätte er sich ihren Zustand noch um einiges schlechter vorgestellt.
Bilbo eilte sofort erst zu Fili, dann zu Kili und legte jedem der Prinzen eine Hand an die Wange. Nori verschränkte die Arme und beobachtete stumm, wie der Hobbit sich seufzend zwischen den beiden Prinzen niederließ, von jedem eine Hand unter den Laken hervorkramte und beide miteinander verschränkte, bevor er sich über die Hände in seinem Schoß beugte und still wurde.

Noris geflochtene Augenbrauen schossen in die Höhe und nur seine schnellen Reflexe und die Angewohnheit auf seinen Instinkt zu vertrauen, gestatteten es ihm schnell genug an Bilbos Seite zu knien um den schwankenden Hobbit davon abzuhalten mit dem Gesicht voraus den Zeltboden kennen zu lernen.

„Ho, was war das denn bitte?“, stieß er hervor und zog den Hobbit, ohne viel Federlesen auf seinen Schoß. Bilbo fühlte sich leichter an als bei der letzten Gelegenheit zu der Nori ihn so berührt hatte. Er runzelte die Stirn, das war nicht gut. Sicher sie alle hatten in letzter Zeit mit mageren Rationen vorliebnehmen müssen, doch der Hobbit sollte auf keinen Fall weiter an Gewicht verlieren, schon in der Seestadt war Oin deswegen beunruhigt gewesen.

„Bilbo?“, hackte Nori nach, doch der Hobbit schüttelte nur stur den Kopf und versuchte erneut nach den verschränkten Händen der beiden Prinzen zu greifen. Nori zog ihn außer Reichweite und zwang den Hobbit ihm ins Gesicht zu sehen.

„Bilbo, was tust du da?“, fragte er und bohrte seinen Blick regelrecht in den des Hobbits, der wand sich hin und her, doch Nori wusste, dass die Wahrheit früher, oder später aus ihm herausbrechen würde. Auch wenn Bilbo es nicht wahrhaben wollte, er war ein wahnsinnig schlechter Lügner. Etwas das Nori an anderen durchaus zu schätzen wusste, war er selbst doch viel zu gut darin, die Wahrheit zu seinem Vorteil zu biegen, so gut, dass er manchmal selbst vergaß welche Version der Wahrheit nun die war, die auch seine Brüder als echt anerkennen würden.

„Ich kann helfen“, nuschelte Bilbo schließlich und Noris Augenbrauen schossen noch ein wenig weiter nach oben. Das warf nun wirklich mehr Fragen auf, als es beantwortete.

„Oin wird froh sein das zu hören.“ Bilbo zuckte zusammen. Nori schenkte ihm ein freudloses Lächeln. Er hatte sich schon gedacht, dass der alte Heiler alles andere als begeistert davon war, dass Bilbo seine eigene Gesundheit hintenanstellte.

„Oin sagt, ich soll mich ausruhen.“ Nori zog eine Augenbraue hoch und legte seinen Kopf auf Bilbos Scheitel ab. Der Hobbit schnaubte, weil er offenbar eine Mundvoll Bart eingeatmet hatte, doch er erwiderte die Umarmung ohne zu zögern.

„Dann solltest du vielleicht auf seinen Rat hören. Ich weiß es klingt verrückt, aber Oin weiß in der Regel wovon er spricht. Und er macht seine Drohungen wahr.“ Bilbo zuckte erneut zusammen, dann schien der Kampfgeist aus ihm zu weichen.

„Versprich mir, dass du mich weckst, falls etwas passiert?“, fragte er und Nori nickte bevor er es sich mit dem Hobbit zwischen den beiden Pritschen bequem machte. Er konnte nicht behaupten, dass er besonders gerne auf dem Boden eines Zeltes hockte und sei es noch so komfortabel, doch für Bilbo konnte er dieses kleine Opfer durchaus bringen, schließlich war das hier auch bei Weitem nicht der unbequemste Ort an dem er sich je zur Ruhe gebettet hatte.

Bilbo fiel schon nach wenigen Minuten in einen tiefen Schlaf, der Nori ziemlich beunruhigte, wusste er doch von Bofur, dass der Hobbit erst in der vergangenen Nacht viele Stunden lang geschlafen und dann nichts Anstrengenderes getan hatte als Thorin und die Prinzen zu besuchen. Nori stellte sich auf eine unbestimmte Wartezeit ein und spitze die Ohren, man konnte ja nie wissen, wer vor einem Zelt wie diesem Dinge von sich gab, die für ihn interessant sein könnten.

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Zum zweiten Mal innerhalb kürzester Zeit nickte Bilbo in den armen eines Zwerges ein. Eine Tatsache, die ihn schon unter normalen Umständen die Nase hätte rümpfen lassen, doch jetzt gerade kam er sich ein wenig wie ein kleines Kind vor, dass ohne den Schutz seiner Mutter keine Ruhe finden konnte.

Er konnte jedoch nicht bestreiten, dass Nori mehr als bequem war. Bilbo wusste nicht sicher, wie lange er gedöst hatte, während er dem gleichmäßigen Herzschlag des Zwerges lauschte, doch er war sofort hellwach, als er jemanden das Zelt betreten hörte. Der laute Fluch, der demjenigen folgte sagte ihm, dass es sich einmal mehr um Oin handelte, der sich mehr und mehr zur Plage seiner Existenz entwickelte.

„Was hat er getan?“, knurrte der Zwergenheiler. Bilbo spürte wie Nori die Schultern zuckte und ihm sanft über den Rücken strich, bis er sich wieder entspannt an ihn lehnte und das Gesicht in seinem Bart versteckte. Auch wenn er am Anfang nicht viel für die Gesichtsbehaarung seiner Zwerge übriggehabt hatte, so hatte er sich doch inzwischen daran gewöhnt und konnte den Bärten sogar einen gewissen Charme abgewinnen.

„Die Prinzen sehen besser aus.“

„Wieso klingst du als sei das etwas Schlechtes?“, fragte Nori und Bilbo spürte wie seine Ohrspitzen heiß wurden.

„Weil ich Bilbo ausdrücklich untersagt hatte, seine Energie an die beiden zu verschwenden, er braucht sie selbst mehr als jeder andere hier. Glaubt der Junge denn wirklich, dass diese beiden es ihm danken werden, wenn er sich selbst zu Grunde richtet?“ Bilbo war nahe dran zu protestieren, war aber neugieriger, wie Nori auf die Situation reagieren würde.

„Ich denke, dass Bilbo seine Grenzen kennt“, erwiderte der und ein Schwall von Dankbarkeit rollte durch Bilbos Körper. Oin schnaubte.

„Unter normalen Umständen vielleicht. Und selbst da wäre ich mir nicht so sicher. Mir scheint eher das Bilbo die Dinge hier so nimmt, wie sie kommen und keine Ahnung hat, was er damit bei sich selbst anrichten könnte, aber lassen wir das mal außen vor. Wieso glaubst du, dass ein Omega in anderen Umständen für gewöhnlich von jeder Verletzung ferngehalten wird, heh? Weil sie vielleicht ihre eigenen Grenzen kennen, aber es geht eben nicht nur um sie.“

Nori schwieg. Bilbo hielt den Atem an. Seine Gedanken hatten die Notbremse gezogen in seinem Kopf herrschte nur noch weißes Rauschen, abgesehen von einem einzigen Gedanken: Woher wusste Oin davon? Bilbo war schon seit Wochen klar gewesen, dass sich etwas in ihm verändert hatte. Zunächst war er nicht auf die richtige Spur gekommen, doch nachdem er Thorin in den tiefsten Verließen des Elbenkönigs wiedergefunden hatte und alles in ihm danach geschrien hatte sich dem Alpha an den Hals zu werfen und nie wieder loszulassen, hatte er einen neuen Verdacht bekommen. Einen den er zwar bisher nicht bestätigen konnte, doch einer der sich zunehmend erhärtete.

„Andere Umstände?“, fragte Nori tonlos und Bilbo verkrampfte sich in seinen Armen. Sofort murmelte der Zwerg sanft in seine Ohren, streichelte seinen Rücken und wiegte ihn vor und zurück. „Alles ist gut. Du bist in Sicherheit. Tief atmen.“ Bilbo versuchte es, doch allen schon der Gedanke, dass seine Zwerge sich gegen ihn stellen könnten, dass sie in ihm etwas Widernatürliches sehen würden, oder ihn sogar verjagten, brachte die Panik in ihm zum Überlaufen.

„Bilbo beruhig dich. Du tust dem Baby nicht gut.“ Bilbo riss den Kopf hoch und traf auf Noris Blick. Der Zwerg sah alles andere als angewidert aus. Viel eher hatte sich eine Art freudige Verwunderung über seine Züge gelegt. Er streichelte Bilbos Wange und lehnte sich dann vor um seine Stirn gegen Bilbos zu drücken. Bilbo spürte wie seine wachsende Panik Verwirrung Platz machte.

„Bist du nicht wütend?“, fragte er kleinlaut. Nori gab einen ungläubigen Laut von sich und zog Bilbo dann wieder so eng in seine Arme, dass der Hobbit Mühe hatte tief durchzuatmen, doch gleichzeitig fühlte er sich so geborgen wie schon lange nicht mehr.

„Wütend? Bilbo, Kinder sind der größte Schatz für jeden Zwerg. Das kannst du mir glauben. Und diese beiden hier wären nicht beeindruckt, wenn du einen solchen Schatz für sie aufs Spiel setzt. Ich übrigens auch nicht.“ Bilbo war den Tränen nahe, dennoch hielt Nori ihn weiter fest und murmelte in sein Haar.

„Dann darf ich es behalten?“, fragte Bilbo leise und mit einem Mal hielt Nori ganz still.

„Bitte sag mir, dass ich mich verhört habe?“, knurrte er und hielt Bilbo weiterhin so fest umklammert, dass der Hobbit sich sicher war, dass er aus eigener Kraft nicht aus der Umarmung ausbrechen könnte.

Bilbo zog den Kopf ein und versteckte sich mehr, oder weniger in Noris Umarmung. Der Zwerg wechselte über seinen Kopf hinweg einen Blick mit Oin, den Bilbo verpasste. Er erwartete immer noch einen Tobsuchtsanfall, oder Ähnliches. Irgendeine Reaktion die ihm aus Hobbingen vertraut war, wo ein Fall wie der seine, durch das Oberhaupt der Familie so schnell und diskret wie möglich gelöst wurde, was entweder bedeutete, dass innerhalb kürzester Zeit eine Hochzeit auf die Beine gestellt wurde, oder sich das „Problem“ auf die eine, oder andere Art erledigte.

Er wagte es durch gesenkte Lider zu Nori auf zu blinzeln, der inzwischen in Khuzdul vor sich hinmurmelte und immer wieder Küsse auf Bilbos Scheitel presste, etwas, das der Hobbit nicht wirklich nachvollziehen konnte, jedoch zu sehr genoss um das Verhalten zu unterbinden.

„Natürlich wirst du das Kleine Behalten, Bilbo, selbst wenn Thorin sich quer stellt, was er nicht wird, du hast uns alle hinter dir, also hör auf dir unnötig Sorgen zu machen und fang an auf dich zu achten, du isst für zwei, also tu das auch.“ Oins ruppige Stimme war Balsam für Bilbos Seele, doch er konnte sich dennoch nicht vorstellen, dass der König unter dem Berg von seinem Zustand begeistert sein würde. Auf der anderen Seite hatten ihn seine Zwerge im Laufe ihrer Reise so oft überrascht, dass er schon fast damit rechnete, dass sie sich anders verhalten würden, als er das von seinen eigenen Leuten gewohnt war.

„Oin hat recht. Der Braten in diesem Ofen gehört zu uns, also pass gut auf ihn auf, oder du kriegst es mit mir zu tun.“ Nori zwinkerte ihm zu und Bilbo entspannte sich trotz der Drohung und schmiegte sich wieder enger an den Zwerg.

„Falls das ein Traum ist, lasst mich bitte einfach weiterschlafen“, murmelte er nur um Sekunden später vor Erschöpfung erneut einzudösen. Oin und Nori wechselten einen weiteren Blick, der ganze Bände sprach, während Bilbo nichts ahnend vor sich hinschlummerte.

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Als Fili erwachte wusste er im ersten Moment nicht wo er sich befand. Er spürte nur, dass ihm absolut alles wehtat und er sich nur mit Mühe bewegen konnte. Seine Augenlider schienen bleischwer zu sein, doch er schaffte es, nach einer ganzen Weile, sie zu öffnen und verständnislos nach oben zu blinzeln.

Über ihm erstreckte sich die Decke eines Zeltes. Das half ihm so gar nicht weiter. Das letzte woran er sich erinnern konnte, war, dass er sich auf dem Schlachtfeld von Kili hatte trennen lassen und danach einfach alles schief gegangen war. Kili. Der Gedanke an seinen Bruder versetzte ihn in helle Panik, doch der Versuch sich aufzurichten schickte nur eine Welle von Höllenqualen durch ihn hindurch und ließ ihn ein Wimmern von sich geben, das er bis zum jüngsten Tage leugnen würde.

„Halt still, Junge. Alles ist gut. Du bist in Sicherheit. Dein Bruder lebt, genau wie Thorin und der Rest von uns. Hab ich nicht gesagt du sollst still halten?“ Fili blinzelte erneut und versuchte Oin scharf zu stellen, dessen Genörgel er sofort erkannte. Der alte Heiler beugte sich über ihn und begann auf ihm herumzudrücken, Fili verzog das Gesicht, fand aber nicht genug Spucke um zu einer Antwort anzusetzen, sein Hals fühlte sich ausgedörrt an, so als hätte er viel zu lange geschlafen.

„Hier trink das.“ Als hätte er seine Gedanken gehört, hielt ihm Oin einen Becher unter die Nase, während er ihn stützte, so dass die süße Flüssigkeit zumindest zum Großteil in seiner Kehle und nicht in seinem Bart landete.

„Danke“, krächzte Fili. Oin schüttelte nur den Kopf und machte sich wieder an seine Arbeit. „Kili?“, krächzte Fili nach einem Moment, was dem Heiler ein unwilliges Schnauben entlockte.

„Im Bett neben dir.“ Fili drehte, unter enormen Anstrengungen, den Kopf. Und tatsächlich da war Kili unter ebenso vielen Decken begraben, leise vor sich hin schnarchend. Filis Herz wurde leichter. Solange es seinem Bruder gut ging, würde er alles überstehen. Sein Blick wanderte ein wenig weiter und er gab einen undefinierbaren Laut von sich, als er Bilbo und Nori erkannte, die zwischen den beiden Pritschen am Boden saßen. Nori gegen Kilis Lager gelehnt mit geschlossenen Augen und Bilbo auf seinem Schoß zusammengerollt wie ein junger Hund, das Gesicht in Noris Brust vergraben.

„Bilbo?“, fragte Fili und Nori öffnete die Augen, hob eine Augenbraue und murmelte: „Lass ihn schlafen. Er hat in den letzten Tagen viel durchgemacht. Nicht zuletzt um dir und deinem Bruder zu helfen, dabei sollte er selbst Ruhe geben. Also wehe du weckst ihn auf.“

Fili runzelte die Stirn und drehte den Kopf zurück um Oin einen ebenso fragenden Blick zuzuwerfen.

„Bilbo ist gesund, keine Sorge. Er hat alles was er hat gegeben, um euch am Leben zu halten. Nori hat Recht. Er braucht Ruhe. Und du ebenfalls. Wobei eine Schale Suppe auch nicht schaden könnte. Oin steckte kurz den Kopf aus dem Zelt und brüllte zweifellos Anweisungen an wen auch immer, der ihm zuhören mochte. Fili verzog das Gesicht er fühlte sich noch immer wie in Watte gepackt und Suppe gehörte schon unter normalen Umständen nicht zu seinen Lieblingsspeisen.

„Bleib wach, wenn du kannst, wenn nicht schlaf weiter. Dein Körper braucht Zeit und Ruhe. Und wehe du versuchst auch nur aus diesem Bett aufzustehen, dann werde ich persönlich dafür sorgen, dass dein nächstes Lager nicht halb so bequem sein wird.“

Fili musste beinahe lächeln. Wie oft hatte er schon gehört wie Oin diese Drohungen Thorin oder Dwalin gegenüber ausgestoßen hatte und jedes Mal hatten selbst die gefürchtetsten Krieger vor dem alten Heiler den Kopf eingezogen und sich an seine Anweisungen gehalten. Hauptsächlich, weil wirklich jedem klar war, dass er seine Drohungen, ohne mit der Wimper zu zucken, in die Tat umsetzen würde.

„Wo ist Thorin?“, fragte Fili und bekam zur Antwort einmal mehr den honigsüßen Becher an die Lippen gehalten. Er schluckte dankbar und wartete geduldiger als er sich fühlte.

„Er lebt, war gestern kurz wach, so wie du gerade, von daher denke ich er wird schon wieder.“

„Unkraut vergeht nicht“, meldete sich Bilbo müde zu Wort und Fili stellte fest, dass Lachen seinen Rippen nicht guttat.

Chapter 4: Kapitel 4

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Kapitel 4

Bilbo konnte sein Grinsen nicht unter Kontrolle halten. Fili sah zwar immer noch aus als wäre er frontal mit einem Warg zusammengestoßen, was vielleicht auch passiert war, wer wusste das schon so genau, doch den Prinzen Lächeln zu sehen, machte all die Sorgen wett, die Bibo quälten, seit er vom Schlachtfeld gehumpelt war nur um zu erfahren, dass beide Prinzen und Thorin um ihr Leben kämpften, und das in einen ganz anderen Sinn als noch wenige Stunden zuvor.

Fili blieb noch einige Minuten lang bei Bewusstsein, bevor er wieder einschlief. Bilbo hatte nicht viel gesagt, hauptsächlich hatte er gestrahlt und sich kein Stück vom Fleck bewegt, was hieß, dass er noch immer auf Noris Schoß saß. Der Zwerg bewegte die Beine und Bilbo wurde plötzlich mit flammenden Wangen bewusst, wo er sich befand.

„Entschuldige“, quietschte er und sprang auf. Nori gab ein Grunzen von sich und rieb sich die eingeschlafenen Beine, doch gleichzeitig warf er Bilbo ein schiefes Grinsen zu.

„Nichts zu entschuldigen. Wann hat man schon mal die Gelegenheit mit seinem persönlichen Hobbit Heizkissen zu kuscheln?“ Bilbo errötete noch mehr. Er wusste beim besten Willen nicht was er darauf sagen sollte.

„Hier, iss.“, knurrte Oin und drückte ihm die Suppenschale in die Hand, die Fili vielleicht zu einem Drittel geleert hatte. Bilbo seufzte, bedankte sich und fing an zu essen. Es war seltsam wie seine Zwerge plötzlich darauf bestanden ihn mit Essen zu bewerfen und er konnte es noch nicht mal darauf schieben, dass sie wussten, dass er um des Babys Willen mehr Nahrung brauchte, nein Bofur und Bombur hatten schon damit angefangen bevor sein Geheimnis ans Licht gekommen war. Apropos.

„Ich sollte es den anderen sagen, oder?“, fragte Bibo und legte vage eine Hand auf seinen Bauch. Nori zog eine Augenbraue hoch und legte den Kopf schief.

„Normalerweise würde ich sagen, alles zu seiner Zeit, aber das hier geht nicht nur uns etwas an.“ Bilbo seufzte und schielte zu Oin hinüber. Der schnaubte.

„Sieh mich nicht so an, ich werde es nicht herumposaunen, aber ich werd‘s auch nicht geheim halten. Das ist ein Grund zum Feiern nicht zum Versteckspielen.“ Bilbo ließ den Kopf hängen.

„Im Auenland wäre es das“, flüsterte er dann und hatte sofort die Aufmerksamkeit sämtlicher Zwerge im Zelt.

„Wie meinst du das?“, fragte Nori, obwohl er klang als wollte er die Antwort gar nicht hören. Bilbo zitterte leicht und der rothaarige Zwerg streckte ihm einladend die Arme entgegen. Eine Einladung, der Bilbo nur zu gerne nachkam. Er machte es sich einmal mehr mit Nori bequem und schmiegte sein Gesicht in dessen weichen Bart. Noris Finger strichen durch sein Haar und Bilbo beruhigte sich. Er war weit weg von zu Hause. Die Regeln nach denen er in Hobbingen gelebt hatte, galten hier draußen nichts. Er war sicher.

„Im Auenland dürfte niemand wissen, dass ich mich habe hinreißen lassen. Und selbst wenn das passiert wäre, dürfte niemand erfahren, dass es Konsequenzen hatte.“ Seine Finger strichen über seinen Bauch. „Es gibt keine Bastardkinder im Auenland. Das heißt, natürlich gibt es sie, aber niemand spricht darüber. Ich bin ziemlich sicher, dass meine Cousine Lobelia auf diese Art an ihren Ehemann gekommen ist, aber wir stehen uns nicht mehr nahe genug, als dass sie mir so etwas anvertrauen würde.“ Nori und Oin waren beide ganz still geworden.

„Was willst du damit sagen?“, fragte Nori leise. Bilbo schluckte.

„Wenn wir im Auenland wären, würde mein Großvater jetzt schon planen an wen er mich verheiraten kann und zwar möglichst schnell und möglichst unauffällig. Wahrscheinlich an irgendjemanden, der den Mund halten würde und das Baby als seins anerkennt, auch wenn jeder genau wüsste, dass es nicht seins sein kann. Oder.“ Bilbo schauderte. Er wollte nicht an das oder denken. Wollte sich nicht daran erinnern welche Horrorgeschichten er hinter vorgehaltener Hand erzählt bekommen hatte als langsam klar zu werden schien, dass er ein wenig mehr vom Feenblut der Tuks geerbt hatte als streng genommen respektabel war, doch damals hatte er es nicht glauben wollen.

Er hatte viele Geschichten nicht für bare Münze genommen bevor seine Mutter sie ihm nicht bestätigt hatte. Zwar die Geschichte von Belladonna Tuk und Bungo Beutlin war zwar im Nachhinein so romantisch, wie man es sich nur vorstellen konnte, doch Bella war mehr als einmal mit den Gepflogenheiten des Auenlandes aneinandergeraten, bis sie zumindest in den Augen ihrer Nachbarn ihr Heil in Heim und Herd gefunden hatte.

„Gut, dass wir dich da rausgeholt haben“, meldete sich eine Stimme zu Wort, die Bilbo nicht erwartet hatte. Er zuckte zusammen und blickte auf. Dwalin stand mit verschränkten Armen im Zelteingang und musterte Bilbo mit einem Blick, den der Hobbit nicht recht deuten konnte.

„Und nur um das klarzustellen, kein Zwerg der seine Axt würdig ist, würde jemals etwas tun um einem Omega zu schaden, erst recht keinem in guter Hoffnung.“ Bilbo starrte den großen Krieger nur wortlos an. Der seufzte und kam auf ihn zu. Bilbo zog den Kopf ein und war kurz davor davonzulaufen, als Dwalin sich vor ihm hinkniete.

Selbst so war der Zwerg noch größer als Bilbo, doch um einiges mehr auf Augenhöhe. Bilbo konnte Noris Finger an seiner Hüfte spüren, doch seine Aufmerksamkeit war von Dwalin gefesselt. Der schien weiterhin in seinem Blick nach etwas zu suchen auch wenn Bilbo nicht sagen konnte wonach.

„Du bist bei uns sicher, Bilbo Beutlin. Niemand wird dir, oder dem Kleinen, schaden. Und wenn es doch jemand versuchen sollte, kriegt er es zuerst mit mir zu tun, einverstanden?“ Bilbo konnte nicht recht begreifen, was er da hörte, doch Dwalin klang so ernsthaft und aufrichtig, dass er nicht anders konnte als zu nicken.

Ein Lächeln zeichnete sich auf dem Gesicht des Kriegers ab und kleine Lachfältchen erschienen rund um seine Augen. Nori seufzte hinter Bilbos Rücken, doch irgendwie klang es dieses Mal weniger genervt, sondern vielmehr sehnsüchtig.

„Was wolltest du hier eigentlich?“, ließ sich Oin vernehmen und Dwalins Gesicht wurde wieder zu der grimmigen Maske, die Bilbo vertraut war.

„Thorin ist wach und will den Hobbit sprechen“, erwiderte er und Bilbo schluckte bevor er dem Zwerg gestattete ihm auf die Füße zu helfen.

Eigentlich hatte Bilbo vorgehabt Dwalins Hand sofort wieder loszulassen, doch der Zwerg hatte offenbar andere Vorstellungen. Er zog nicht nur Bilbo, sondern auch Nori auf die Füße und in einer Art stummen Absprache, an die sich Bilbo, trotz allem was er schon mit den Zwergen erlebt hatte, nicht gewöhnen konnte, nahmen die beiden ihn in die Mitte, wobei Dwalins Arm sich um Bilbos Schultern legte, ohne dabei jedoch seine Hand loszulassen, während sich Noris Arm um Bilbos Hüften schlang.

Der Hobbit wusste nicht recht wie ihm geschah, nur dass ihm die Röte ins Gesicht stieg, sobald die beiden ihn aus dem Zelt bugsierten. Nie im Leben hätte er sich in Hobbingen in solcher Gesellschaft sehen lassen und erst recht nicht eng umschlungen mit jemandem, der ganz gewiss nicht seinen Ring am Finger trug. Nicht einmal mit seiner Mutter war er mehr Hand in Hand aus dem Haus gegangen, nachdem Belladonna sicher war, dass er sie im Getümmel des Markttages auch so wiederfinden würde.

Jetzt jedoch marschierte Bilbo zwischen Dwalin und Nori eingekeilt zum Zelt des Königs unter dem Berge und die Blicke, die er dafür erntete, waren auch nicht unfreundlicher, als die die er schon seit der Schlacht der fünf Heere auf sich ruhen spürte. Die meisten Zwerge wirkten unter ihren stoischen Mienen eher neugierig, während die wenigen Elben, die noch da waren, wie üblich, unlesbar und die Menschen, die zu Bart gehörten, freundlich, oder miesepetrig dreinsahen.

Sie erreichten Thorins Zelt, ohne Zwischenfälle, dafür gabelten sie unterwegs allerdings Ori auf, der einen Blick auf das Trio warf, genauso rot anlief wie Bilbo sich fühlte und ihnen dann händeringend folgte, wobei Nori anfing sich über seine Schulter hinweg mit seinem Bruder zu unterhalten, hin und wieder unterbrochen von einem Kommentar aus Dwalins Richtung.

Bilbo konnte dem Gespräch allerdings einmal mehr, aufgrund der Sprachbarriere, nicht folgen und wünschte sich wieder einmal, dass es ihm gestattet wäre Khuzdul zu lernen, doch die Wahrscheinlichkeit dafür lag in etwa so niedrig wie die Hoffnung, dass Thorin sich noch daran erinnern würde, dass er Bilbo längst alles verziehen hatte, was den Arkenstein betraf.

Trotz Bilbos abschweifenden Gedanken hielten Nori und Dwalin ihn auf Kurs. Das Zelt des Königs wurde dieses Mal wie es aussah von Balin bewacht, der seinem Bruder einen undeutbaren Blick zukommen ließ, bevor er den dreien bedeutete das Zelt zu betreten, Ori aber nach dem Geräusch zu schließen, das der junge Schreiber von sich gab, an seinem Schal zurückhielt.

Bilbo hatte nur noch Augen für Thorin, sobald er den Zwerg zu Gesicht bekam. Er sah besser aus als Bilbo ihn zuletzt gesehen hatte. Er saß mit dem Rücken an mehrere Kissen gelehnt da, ein Zustand den Oin ganz gewiss nicht abgesegnet hatte und war, wie es schien, auf einen Stapel Papiere in seinem Schoß konzentriert, bis er den Blick hob und seine Besucher musterte.

Ein warmes Lächeln machte sich auf seinem Gesicht breit und er winkte sie näher. Dwalin löste sich für einen Moment von Bilbo um seine Stirn an Thorins zu pressen. Nori hielt sich im Hintergrund und Bilbo trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.

„Komm her“, befahl Thorin als Bilbo schon kurz davon war das Weite zu suchen und Bilbo gehorchte ohne darüber nachzudenken. Zu Thorin auf die Pritsche zu klettern war beinahe schon Gewohnheit. Bilbo setzte sich neben ihn und machte es sich so gut es ging bequem, bis der König einen Arm um ihn schlang und ihn an seine Seite zog.

Bilbos Herz setzte für einen Moment aus um gleich darauf in doppeltem Tempo wieder los zu klopfen. Er spürte wie seine Ohren heiß wurden. Nori grinste von einem Ohr zum anderen, doch Thorin schien ihn ebenso zu ignorieren wie Dwalin und steckte stattdessen die Nase in Bilbos Locken um tief einzuatmen.

Bilbo gab ein verstimmtes Quietschen von sich. Er war schließlich kein Kuscheltier, doch Thorin atmete nur einmal mehr tief durch und gab dabei ein Geräusch von sich, dass definitiv nicht für höfliche Gesellschaft geeignet war.

„Oin sagt, Bilbo braucht Ruhe“, meldete sich Dwalin zu Wort. Thorin seufzte, doch er legte seinen Kopf auf Bilbos Scheitel ab und hörte auf sich in seinem Duft zu wälzen. Bilbo hatte inzwischen das Gefühl, dass man auf seinem Gesicht ein Spiegelei braten könnte und wäre am liebsten im Erdboden versunken, doch Nori, der seine Gedanken zu lesen schien, war neben ihm aufgetaucht und versperrte den schnellsten Weg von Thorins Pritsche zum Zelteingang.

Bilbo warf ihm einen ungehaltenen Blick zu, doch Nori lächelte ihn nur an. Dann streckte er eine Hand aus und strich eine von Bilbos widerspenstigen Locken zurück hinter sein Ohr.

„Keine Chance. Du brauchst Ruhe und wenn ich mich nicht irre, dann braucht unser lieber König hier sie auch.“ Nori zwinkerte Thorin zu. Der schnaubte und widmete sich wieder seinen Papieren.

„Wenn es nach Oin geht, komme ich vor dem Frühjahr nicht mehr aus dem Bett. Aber leider wird der Berg nicht warten, bis unser Heiler der Meinung ist, dass wir alle wieder bereit sind um Bäume auszureißen. Was genau der Grund ist, aus dem ich nach dir geschickt habe“, fügte Thorin hinzu und strich leicht über Bilbos Handrücken, wie um zu unterstreichen, dass er nach dem Hobbit verlangt hatte nicht nach seinem Leibwächter, oder dem Dieb mit zweifelhafter Vergangenheit, der es sich nun ebenfalls auf seinem Bett bequem machte, allerdings eher auf Höhe von Thorin Oberschenkeln, so dass eines seiner langen Beine nach wie vor Bilbo an der Flucht hinderte. Bilbo starrte Thorin aus großen Augen an.

„Um was genau geht es?“, fragte er, sicher, dass Thorin ihn an irgendeinem Punkt des Gespräches verloren hatte.

„Hierum“, sagte der und hielt Bilbo einen Stapel Papiere hin. „Das ist eine Aufstellung des Saatgutes, das Thranduil uns anbietet.“ Thorin sah aus als würde ihm allein der Gedanke körperliche Schmerzen bereiten.

„Was ist damit?“, fragte Bilbo und überflog de Liste.

„Kannst du etwas damit anfangen?“, fragte Thorin und Bilbo sah sich auf einmal einem Hundewelpenblick gegenüber, der es mit Kilis aufnehmen konnte. Er konnte nicht anders. Er musste lachen.

„Soll das heißen, ich bin hier um für dich den Gärtner zu spielen?“, fragte er und ein Anflug von Stolz machte sich in seinem Magen breit. Thorin nickte und Bilbo konnte nicht anders als zu lächeln. „Na endlich“, meinte er und machte es sich in Thorins Arm gemütlich. Wenn er schon die Gelegenheit hatte endlich seinen Beitrag zu dem zu leisten, was es alles zu tun gab, dann konnte er es auch ebenso genießen. Das Lächeln auf Noris Gesicht sagte ihm nur zu deutlich, dass er das ganz genauso sah.

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Thorin lächelte milde auf den Hobbit in seinem Arm hinab. Seit er Bilbo dazu überredet hatte sich mit Thranduils sogenannter „großzügiger Gabe“ zu beschäftigen, stand Bilbos Mund nicht mehr still. Thorin hatte sich nie vorstellen können, dass jemand so lange über den Unterschied dieses Weizens gegenüber jenes Roggens reden konnte und es erinnerte ihn immens an einen Bergarbeiter, der gerade eine neue Ader Erz entdeckt hatte und das unbedingt mit jemandem teilen musste.

Auch auf Dwalins Gesicht hatte sich ein Lächeln eingegraben, doch irgendetwas an dem, beinahe schon zärtlichen, Ausdruck mit dem sein bester Freund den Hobbit bedachte, ließ Thorins Nackenhaare zu Berge stehen. Er konnte sich nicht erinnern, dass Dwalin Bilbo jemals mit diesem Blick angesehen hatte. Wenn er es recht bedachte, hatte er dieses milde Lächeln, um Dwalins Lippen, zuletzt bemerkt als Dis mit Kili auf dem Arm dagesessen und Schlaflieder vor sich hin gesummt hatte.

Egal was Dwalin auch behaupten mochte, Thorin hatte schon immer gewusst, dass er in seine kleine Schwester vernarrt war und hätte Dis sich nicht für Vili entschieden, wäre Dwalin mit Sicherheit inzwischen nicht nur auf dem Schlachtfeld Thorins Bruder.
Der Zwerg schüttelte den Gedanken ab und versuchte sich wieder auf Bilbos, ohne Punkt und Komma gehaltenen, Vortrag zu konzentrieren, doch er hatte den Anschluss längst verloren. Nori dagegen schien noch mithalten zu können und warf in jeder Atempause, die Bilbo machte einen Kommentar ein, der den Hobbit zum Nicken brachte und einen neuen Schwall von Worten nach sich zog, von denen Thorin froh war, wenn er jedes dritte verstand.

Er wechselte einen weiteren Blick mit Dwalin. Der zuckte die Achseln und reichte ihm einen weiteren Bogen Papier, den sein Bruder vor wenigen Minuten mit einer gemurmelten Erinnerung, Thorin solle sich nicht überanstrengen, ins Zelt gebracht hatte. Thorin war erst seit knapp einem Tag wieder bei Besinnung und doch ging es ihm jetzt schon auf die Nerven, dass alle Welt ihn davon abhalten wollte, dass zu tun wozu er Lust hatte. Er war schließlich nicht tot und damit konnte er tun was immer nötig war. Zumindest war das seine Meinung.

Oin hatte da sicher andere Vorstellungen, doch noch war der alte Heiler mit Fili und Kili beschäftigt. Ein Stich fuhr Thorin durchs Herz, wenn er an den Zustand seiner Schwestersöhne dachte.

„Wie geht es den Jungs?“, fragte er an Dwalin gewandt. Doch es war Bilbo, der antwortete: „Fili war vorhin wach. Er hat etwas getrunken und mit uns geredet. Ein gutes Zeichen denke ich. Wenn dieser Schlag auf den Kopf, den er abbekommen hat ernster wäre, hätte er sicher nicht so normal geklungen. Kili habe ich noch nicht wach gesehen, aber Oin hat mir versichert, dass er gestern Abend irgendwann mit ihm gesprochen hat. Das wird schon, Thorin, und wenn diese beiden hier aufhören würden so verdammt überbehütend zu sein, könnte ich auch helfen“, fügte er noch leise hinzu.

Thorin hob eine Augenbraue, nicht sicher, was dieser Ausbruch zu bedeuten hatte. Nori jedoch schüttelte den Kopf.

„Nichts da. Du hast gehört was Oin davon hält. Du hast schon viel zu viel getan und wir werden ganz sicher nicht riskieren, dass du die Grenze überschreitest. Nicht in deinem Zustand.“ Nori zwinkerte und Bilbo zog den Kopf ein. Thorin blinzelte. Es schien ganz so als hätte er etwas nicht mitbekommen. Er warf einen Blick auf Dwalin, doch der nickte nur bedeutungsschwer. Bilbo war verstummt und hatte begonnen mit der Decke zu spielen, die über seinen Schoß gebreitet war.

„Das ist gut zu hören. Aber kann mir jemand erklären was ich verpasst habe?“, fragte Thorin und schaute von einem zum anderen, Bilbo zog den Kopf noch mehr ein. Dwalin sah ihn besorgt und gleichzeitig voll Mitgefühl an, während Nori aus dem Bett sprang einen Kuss auf Bilbos Stirn hauchte und mit einer tiefen Verbeugung den Rückzug antrat.

„Ich denke, dass solltest du seiner Majestät selbst erzählen“, sagte er noch und zwinkerte Bilbo zu. „Dwalin gibt dir Rückendeckung, nur Mut.“ Dann war der Dieb verschwunden. Thorin starrte noch einen Moment auf die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte und fragte sich nicht zum ersten Mal was ihn geritten hatte den meistgesuchten Dieb aus den blauen Bergen in sein persönliches Abenteuer mit hineinzuziehen, doch wie so oft konnte er im Nachhinein nicht mehr genau sagen was den Ausschlag gegeben hatte.

Er wandte sich wieder Bilbo zu, der immer noch mit einem losen Faden spielte und sich weigerte ihm in die Augen zu sehen.

„Sag es einfach, Bilbo, er wird nicht böse sein“, mischte sich Dwalin ein und jetzt war Thorin erst recht verwirrt, was könnte der Hobbit schon angestellt haben? Eine ganze Menge meldete sich eine kleine Stimme in Thorins Hinterkopf zu Wort, die er mit aller Kraft wieder in das Verließ zurückdrängte, in dem er all die Stimmen sammelte, die seit Smaugs Tod nur darauf warteten eine Schwachstelle in seinen Gedanken zu finden.

„Bilbo?“, fragte er und zog den Hobbit ein wenig mehr an seine Seite. Bilbo atmete tief durch und hob dann den Blick. In seinen honigfarbenen Augen stand Angst, zusammen mit Entschlossenheit und hätte Dwalin nicht immer noch hinter Thorin gestanden, er war nicht sicher, ob er der Versuchung hätte widerstehen können sich einmal mehr vorzubeugen und den Ausdruck von Bilbos Gesicht zu küssen.

Bilbo öffnete den Mund, doch kein Laut kam heraus. Thorin zog eine Augenbraue hoch und wartete. Da schlossen sich Bilbos Finger sanft um seine und zogen seine Hand, die bisher auf Bilbos Hüfte geruht hatte ein Stückchen nach vorne. Thorins zweite Augenbraue traf sich mit der ersten, doch er ließ zu, dass Bilbo seine Hand auf seinen Bauch presste.

Thorin runzelte die Stirn. Bilbo sollte nicht so dünn sein. Auch wenn es ihn am Beginn ihrer gemeinsamen Reise gestört hatte, dass der Hobbit so rundum gut genährt war, während sein eigenes Volk Hunger litt, so störte es ihn jetzt zu wissen, dass Bilbo seine gemütlichen Rundungen verloren hatte um Thorin in seinem Abenteuer zu folgen. Dennoch. Er bewegte vorsichtig die Finger und sah den Anflug eines Lächelns auf Bilbos Gesicht, obwohl immer noch Panik in seinen Augen stand.

„Ich bin schwanger“, murmelte er und Thorin erstarrte.

Chapter 5: Kapitel 5

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Kapitel 5

Bilbo spürte wie Thorin neben ihm zur Salzsäule wurde. Leicht erschrocken, war er schon kurz davor den Puls des Monarchen zu suchen, als ihm dessen schneller werdende Atemzüge auffielen und die Panik, dass er sich wie ein Troll bei Tagesanbruch in ein steinernes Abbild seiner selbst verwandelt haben könnte, fiel von ihm ab.

„Thorin?“, fragte er vorsichtig nur um gleich darauf ein erschrockenes Quietschen auszustoßen, als Thorin ihn praktisch auf seinen Schoß hob und die Nase in seinem Nacken vergrub. Dabei schien der Zwerg seine zahlreichen Wunden nicht einmal zu spüren, doch Dwalin machte einen besorgten Schritt nach vorne, bereit sowohl seinen König als auch den leicht orientierungslosen Hobbit im Zweifelsfall aufzufangen, bevor einer von beiden den Halt verlor.

Bilbo spürte wie sein Nacken feucht wurde und schlang die Arme um Thorins breite Schultern, während der beinahe stumm zu weinen begann. Er wechselte einen hilflosen Blick mit Dwalin, der Thorin eine Hand zwischen die Schulterblätter gelegt hatte und dabei aussah als wünschte er sich gerade es Nori gleichgetan zu haben und verschwunden so sein, solange noch die Möglichkeit dazu bestand.

„Ist das wahr?“, fragte Thorins Stimme so nah an Bilbos Ohr, dass er seinen Atem spüren konnte. Es kitzelte ein wenig. Bilbo nickte und ertrank erneut in Thorins Umarmung und wie schon auf dem Carrock fühlte er sich so sicher wie noch nie zuvor in seinem Leben.

Wenn es einen Ort gab, der ihm genauso viel, wenn nicht mehr, bedeutete wie Beutelsend, dann war er genau hier in Thorins Armen, sicher vor allem Unbill, das die Welt in seine Richtung werfen mochte.

Bilbo schmiegte sich an den König unter dem Berge und schloss die Augen, er war kurz davor zu schnurren, auch wenn ihm klar war, was für ein merkwürdiges Bild sie gerade abgaben. Thorin drückte einen Kuss auf seine Wange und vergrub dann wieder glücklich das Gesicht an Bilbos Hals.

Der Hobbit wusste nicht wie lange sie so eng umschlungen dasaßen, während Dwalin über sie wachte, doch nach einer Weile meldete sein Rücken Protest an. Sobald er sich auch nur einen Zentimeter bewegte, fing Thorin an sich zu verspannen. Bilbo seufzte und setzte sich ein wenig bequemer zurecht, so dass er sich nun an Thorins Brust kuschelte mit dem Ohr über dessen Herzschlag. Eine Position, die er schon mit Nori genossen hatte, die in Thorins Armen aber noch einmal an Gemütlichkeit übertroffen wurde, wären da nicht die zahlreichen Bandagen gewesen, die einfach nicht ins Bild passen wollten. Thorin legte seinen Kopf auf Bilbos Scheitel ab.

„Seit wann weißt du es schon?“, fragte Thorin leise und Bilbo zuckte zusammen, er hatte gehofft dieser Frage noch ein wenig länger entgehen zu können, doch er hatte auch gewusst, dass diese Hoffnung unbegründet war. Thorins Hand lag immer noch auf seinem Bauch und Bilbo wusste, dass der Zwerg die leichte Wölbung spüren konnte, die nichts mehr mit einem Leben voller guter Mahlzeiten und wenig gestresstem Davonrennen zu tun hatte.

„Seestadt“, murmelte er leise. Mit einem Mal war es extrem still im Zelt und wenn es so etwas wie laute Stille gab, dann war das hier eine. Bilbo wagte es nicht den Blick zu heben. Thorins Hand auf seinem Rücken, die ihn bisher fast geistesabwesend gestreichelt hatte, lag still und unbeweglich, Dwalin schien ebenso eingefroren zu sein wie Thorin.

„Du hast es gewusst als du in den Berg hinein gegangen bist?“, fragte Thorin. Seine Stimme klang seltsam fern. So als ob er sich nur mit Mühe dazu zwingen konnte die Worte auszusprechen. Bilbo zuckte die Achseln. Er hatte es geahnt ja, aber er war nicht davon ausgegangen, dass es einen Unterschied für seine Zwerge machte. Sie hatten ihn schließlich genau aus dem Grund mitgenommen, dass er klein und leichtfüßig war und für einen Drachen unbekannt roch. Wobei das letzte Argument eindeutig dadurch zunichte gemacht wurde, dass er seit Monaten mit einem Rudel Zwerge unterwegs war und sich ihre Duftnoten inzwischen zu einer wahren Wolke an Gerüchen vermischt hatten. Thorin schloss die Arme um Bilbo und atmete tief ein wobei er die Nase wieder in seinen Locken vergraben hatte.

„Du hast es gewusst als ich…“ Thorin schien den Satz nicht beenden zu können, doch Bilbo wusste auch so wovon er sprach. Die Erinnerungen an die Drachenkrankheit war zu unauslöschlich in sein Gedächtnis eingebrannt und er würde wohl nie vergessen wie hilflos er sich gefühlt hatte, während Thorin ihm immer weiter entglitten war.

Es war fast so gewesen als würde das Band, das sie beide zusammenhielt unter dem enormen Druck von Thrors Schatzkammer zu brechen beginnen und Bilbo war sich ziemlich sicher, dass er nicht in der Lage gewesen wäre Thorin seine Kraft zu leihen, wie er es seit der Schlacht immer wieder getan hatte, wenn sich der Zwerg auch weiterhin in den Fängen des Goldes befunden hätte.

Das war es gewesen, was ihn mehr als alle Worte davon überzeugt hatte, dass Thorin wieder er selbst war und es jedes Opfer wert war ihn in dieser Welt zu halten. Thorins Hand auf Bilbos Rücken zitterte, doch sie nahm ihren Pfad entlang seiner Wirbelsäule wieder auf. Auch Dwalins Hand hatte sich inzwischen dazu gesellt und ruhte nun auf Bilbos Schulter.

„Wieso hast du es uns nicht gesagt?“, fragte er leise. Bilbo warf ihm einen vielsagenden Blick zu und lehnte dann den Kopf wieder gegen Thorns Brust. Der Zwerg verstummte und für eine Weile hingen alle drei ihren eigenen Gedanken nach eingehüllt in das Wissen, dass sie trotz allem überlebt hatte und hier waren. Zusammen.

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Bilbo konnte nicht sagen wann er eingedöst war, nur dass er erwachte und noch immer an Thorin geschmiegt war. Der jedoch saß nicht länger aufrecht, sondern schlummerte, seinen gleichmäßigen Atemzügen nach zu schätzen, genauso friedlich wie Bilbo noch vor wenigen Augenblicken.

Der Hobbit hob den Kopf und schaute sich im Zelt um. Es war wie üblich unmöglich mit Sicherheit zu sagen welche Tageszeit herrschte, doch da Oin nirgends zu sehen war und auch sonst niemand im Zelt über den verwundeten König wachte, tippte Bilbo auf die späten Abendstunden. Thorin murmelte im Schlaf und die Hand auf Bilbos Hüfte zog ihn ein wenig enger an die weniger verletzte Seite des Zwerges heran, bevor der mit einem weiteren Murmeln weiterschlief.

Bilbo lächelte und legte den Kopf zurück auf Thorin Brust. Der Herzschlag des Zwergenkönigs war die schönste Musik in seinem Ohr und er hatte noch immer das Gefühl jeden Moment aufwachen zu müssen und festzustellen, dass all das Glück, das er in den letzten Tagen empfunden hatte nur ein Traum gewesen war und die grausame Realität nur darauf wartete ihn einmal mehr mit Haut und Haaren zu verschlingen.

Bilbo seufzte und malte gedankenverlorene Muster auf Thorins Nachthemd. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann er das letzte Mal ein Bett mit jemandem geteilt hatte. Einfach nur geteilt, ohne dass er mitten in seiner Hitze gewesen wäre und alles andere nebensächlich erschien, sondern einfach nur angekuschelt, ohne Hintergedanken, oder Erwartungen. Es war herrlich. Und er könnte sich daran gewöhnen.

Ein kleiner rebellischer Teil in ihm stellte fest, dass es ihm auf einmal gar nicht mehr so eilig war das Auenland wieder zu sehen, nicht wenn er hier ein Rudel hatte, das ihn nicht nur akzeptierte, sondern sogar überschwänglich begeistert davon war, dass er ein Kind in sich trug, von dem niemand so richtig sagen konnte, wer nun der Vater des Kleinen sein würde.

Bilbo seufzte. Er hatte nur eine sehr vage Vorstellung davon, was er im Auenland mit einem unehelichen Kind anfangen würde, doch wie derlei Dinge unter Zwergen gehalten wurden, davon hatte er nun wirklich gar keine Ahnung. Er würde fragen müssen und damit zugeben wie wenig er immer noch, trotz allem, was er durchgemacht hatte, vom Leben außerhalb seiner Hobbithöhle, verstand.

Doch er konnte träumen. Von einer Realität in der er dieses Baby zusammen mit Thorin großziehen konnte, wo alle seine Zwerge seine Onkel sein würden mit Fili und Kili als die älteren Brüder, die das Kleine in alle möglichen und unmöglichen Situationen bringen würden und er konnte nicht anders als bei der Vorstellung zu lächeln. Nie zuvor war er auf den Gedanken zu kommen sich auf das kleine Wesen zu freuen, das das Schicksal ihm in die Hände gespielt hatte, doch in diesem Moment in Thorins Armen konnte er sich nichts Besseres vorstellen.

„Du solltest schlafen“, murmelte die schlaftrunkene Stimme des Zwerges, um den sich der Hauptteil seiner Gedanken drehten. Bilbo blickte auf und konnte nicht anders als in Thorins sanften, blauen Augen zu ertrinken. Der Zwergenkönig sah um so vieles jünger aus, wenn er lächelte, oder wie jetzt mit verschlafenem Blick auf ihn herabsah als ob er seine übliche majestätische Maske absetzte, die aller Welt zeigte, dass mit Thorin Eichenschild nicht gut Kirschen essen war.

„Ich habe geschlafen“, erwiderte Bilbo und schmiegte sich ein wenig mehr an seinen Zwerg. Der lächelte und streichelte ihm sanft übers Haar.

„Es ist spät. Und Oin sagt du brauchst alle Ruhe die du kriegen kannst“, flüsterte er und verrenkte sich ein wenig, um einen Kuss auf Bilbos Stirn zu hauchen. Der Hobbit schloss genießerisch die Augen und gab ein wohliges Brummen von sich, Thorin lachte leise und vergrub einmal mehr die Nase in Bilbos Haar.

Der Hobbit schnitt eine Grimasse. Er wusste nur zu genau, wann er zuletzt dazu gekommen war seine Locken zu waschen und er wollte sich gar nicht vorstellen welche Art von Gerüchen sich darin eingenistet hatten, doch Thorin schien es nicht im Geringsten zu stören.

„War Oin hier, während ich geschlafen habe?“, fragte Bilbo und fing wieder an Muster auf Thorin Brust zu malen auch wenn er nicht sicher war, dass der Zwerg seine federleichten Berührungen durch Nachthemd und Bandagen hindurch überhaupt spüren konnte. Der nickte und spielte weiterhin mit Bilbos Haar.

„Kili ist aufgewacht und hat versucht aus dem Bett zu klettern“, berichtete er. Bilbo riss die Augen auf und war kurz davor aufzuspringen, doch Thorin hielt ihn fest. „Dori hat ihn dabei erwischt und ihn davon abgehalten sich wehzutun. Keine Sorge“, fuhr der Zwerg fort und Bilbo entspannte sich wieder, obwohl er nicht anders konnte als sich weiterhin Sorgen um den jungen Prinzen zu machen.

Er hatte Fili und Kili genau wie Ori unter seine Fittiche genommen, obwohl alle drei genau genommen älter waren als er, doch sein innerer Omega, wie er die Stimme seiner Instinkte inzwischen nannte, wollte die drei ganz offensichtlich adoptieren, egal wie alt sie nun waren. Dabei vergaß er auch geflissentlich alles was unter Umständen am Fuße des Carrock passiert war und Bilbo würde sich hüten nach den genauen Details zu fragen, solange die nicht, aus welchen Gründen auch immer, relevant würden.

Es reichte ihm zu wissen, dass sein Baby ein Kind des Rudels sein würde, die Frage ob das den Zwergen ebenfalls genügen würde, hatte er weitestgehend verdrängt und er würde sich hüten das Thema aufs Tapet zu bringen, wenn es nicht unbedingt notwendig war.

„Und Fili?“, fragte er schließlich. Thorin zuckte die Achseln. „Er schläft, aber Oin ist guter Dinge. Kopfwunden sind unberechenbar, aber offenbar ist es ein gutes Zeichen, dass er spricht und sich an das meiste erinnert, was auf dem Schlachtfeld passiert ist. Es wird noch einige Zeit dauern bis Oin mehr sagen kann. Aber ganz offensichtlich habe ich dir dafür zu danken, dass meine Schwestersöhne noch hier sind. Und ich auch“, fügte er dann hinzu und hauchte einen weiteren Kuss auf Bilbo Stirn. Der errötete.

„Gern geschehen“, murmelte er und vergrub das Gesicht wieder an Thorins Brust.

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Dwalin hatte sich nie vorstellen können einmal einem Omega zu begegnen. Unter Zwergen waren Omegas nie häufig gewesen und nach Erebors Fall war kein einziger mehr zur Welt gekommen, doch hier war er nun, Teil eines Rudels in dessen Zentrum ein Omega stand, der sich selbst noch nicht einmal als etwas Besonderes zu betrachten schien.

Bilbo war ein einziger Wirrwarr an Widersprüchen und zu Beginn hätte Dwalin niemals geglaubt, dass er die Mühe wert sein könnte, die nötig war, um ihn in die Gruppe der Zwerge zu integrieren. Doch er hatte sich geirrt. Bilbo hatte sich eingefügt als sei er ein Stück des Ganzen, das schon immer gefehlt hatte und Thorin war schier die Wände hochgegangen, weil auch er sich nie hatte vorstellen können, was es für einen Unterschied machte einen Omega in der Mitte eines Rudels, das hauptsächlich aus dominanten Alphas bestand, zu haben.

Und egal wie selbstgefällig Balin auch dreinschauen mochte, Dwalin war sich ebenfalls sicher, dass auch sein Bruder sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausgemalt hatte wie es war einen Hobbit zu haben, der sich vertrauensvoll an einen lehnte und die Augen schloss, ganz so als könnte er nicht anders als sich darauf verlassen, dass er sicher und wohlbehütet war.

Dwalin war immer noch nicht ganz klar, woher Bilbo den Mut nahm sich ihnen allen so ganz und gar auszuliefern, doch er wusste genauso tief in seinem Innern, dass er dem Omega niemals absichtlich Schaden zufügen würde.

Er seufzte. Unbeabsichtigt hatten sie ihrem Omega allerdings einiges an Schaden zugefügt. Keiner der Zwerge, Dwalin eingeschlossen, war auf die Idee gekommen, dass dem Hobbit nicht klar sein könnte, wie wichtig er tatsächlich war. Keiner hatte darüber nachgedacht, was es für ihn bedeuten mochte sich so von all seinen Gefährten abgeschnitten zu sehen, dass er es nicht wagte seinem Rudelführer ins Gesicht zu sagen, dass er komplett den Verstand verloren hatte.

Etwas das Thorin sich noch immer vorwarf. Dwalin hätte sich selbst zerfleischen mögen dafür, dass er das Drachenfieber so lange nicht bemerkt hatte und weiterhin auf alles gehört hatte, was sein bester Freund für richtig hielt, selbst wenn es gegen jeden Instinkt ging, dem er jemals gefolgt war. Allerdings waren, dass auch nicht allzu viele, schließlich hatte auch er, wie all die anderen Alphas ihres Rudels erst lernen müssen, wie man mit einem Omega umging und auch heute noch hatte er manchmal das Gefühl blind im Dunklen herumzutappen und einen Fehler nach dem anderen zu machen.

Er hatte fest daran geglaubt, dass Bilbo nach den brutalen Ereignissen am Tor erst einmal ein wenig Abstand von ihnen allen brauchte. Erst Thranduil hatte sie alle über dieses Missverständnis aufgeklärt als er Balin praktisch angebrüllt hatte, wie sehr die Zwerge das kostbarste Gut in ihrer Mitte missachteten, und dass er keinen weiteren Tag dabei zusehen würde, wie sich Bilbo zu Grunde richtete.

Das war ein unangenehmes Erwachen gewesen, doch fast noch schlimmer, war die Tatsache, dass sie alle unwissentlich das Leben eines ungeborenen Kiesels riskiert hatten, als sie Bilbo in Smaugs Höhle geschickt hatten. Wieder etwas das Zwerge und Hobbits maßgeblich voneinander unterschied.

Keine Zwergenfrau wäre jemals auf die Idee gekommen zu verheimlichen, dass sie guter Hoffnung war. Auch wenn Zwergenschwangerschaften oft schwierig und an sich schon selten genug waren, wusste doch jede der ihren, dass all ihre männlichen Verwandte und auch ein großer Teil ihres sonstigen Umfeldes, sofort alles tun würden um ihr zur Seite zu stehen, wenn es um das Leben der nächsten Generation ging.

Bilbo dagegen war praktisch in Panik gewesen als sein Geheimnis herausgekommen war und nicht etwa Panik, weil er beim Lügen erwischt worden war, sondern waschechte Sorge darüber wie die Zwerge auf die Nachricht reagieren würden, und anscheinend in der festen Überzeugung, dass sie ihm das Kind wegnehmen würden, oder schlimmeres.

Dwalin hatte zwar schon von Engelmacherinnen unter den menschlichen Nachbarn in Erid Luin gehört, doch da diese Einstellung gegen alles ging, was er als richtig ansah, hatte er nie genauer darüber nachgedacht. Sicher auch unter Zwergen gab es Frauen, die nicht zur Mutterschaft geeignet waren und niemand würde jemals von einem Zwerg, egal welchen Geschlechtes, verlangen, dass er sein Handwerk hinter seine Familie stellte, wenn er das nicht wollte, doch so sehr er sich auch anstrengte Dwalin konnte sich nicht entsinnen jemals von einem Fall gehört zu haben in dem ein Kiesel ungeplant auf der Bildfläche erschienen war und nicht sofort eine ganze Meute von Zwergen sich darum gerissen hätte ihn aufzunehmen, wenn seine eigene Mutter das aus welchem Grund auch immer nicht konnte oder wollte.

Die Gebrüder Ri waren das beste Beispiel dafür. Ihre Mutter hatte sie alle drei zu verschiedenen Gelegenheiten als ihr eigen Fleisch und Blut angenommen und niemand dachte dafür schlecht von einem der Beteiligten. Auch wenn Dwalin sich nach wie vor fragte wie aus derselben Erziehung einer offensichtlich engagierten Mutter zwei mustergültige Zwerge und ausgerechnet Nori hervorgehen konnten, dessen klebrige Finger überall in Ered Luin legendär waren, auch wenn die wenigsten Zwerge seinen Namen kannten, oder ihn auch nur im Entferntesten mit Dori in Verbindung bringen würden.

Dwalin prüfte die Schärfe seiner Axt ein letztes Mal und hängte sie wieder über seinen Rücken. Wache vor Thorins Zelt zu stehen, war nicht unbedingt die spannendste Aufgabe, die er sich vorstellen konnte, doch da er im Moment auch Wache über Bilbo hielt, glomm in ihm dieser kleine warme Funke, den sein Alpha jedes Mal zu produzieren schien, wenn er etwas für den Omega tat.

Ganz besonders hell hatte er gebrannt als es ihm gelungen war Bilbo zum Lächeln zu bringen und dem Gesichtsausdruck nach, den Thorin zur Schau stellte, ging es ihm ganz genauso. Was Nori und Bofur anging so hielten nur Oins strikte Anweisungen, dass Bilbo so viel Ruhe wie möglich brauchte die beiden davon ab sich an Dwalin vorbei zu mogeln und ihren Omega in Thorins Zelt zu besuchen, doch Dwalin war sich beinahe sicher, dass er beide morgen im Zelt der Prinzen vorfinden würde wenn Bilbo sich entschloss ihnen einen weiteren Besuch abzustatten.

Chapter 6: Kapitel 6

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Kapitel 6

Bilbos nächster Besuch im Zelt der Prinzen ließ, wie erwartet, nicht lange auf sich warten und dieses Mal hatte er das Glück beide wach anzutreffen. Ein Stein, den Bilbo noch nicht einmal richtig wahrgenommen hatte, fiel von seinem Herzen, als er sich mit einem erstickten Schluchzen erst in Filis, dann in Kilis Arme warf und schließlich beide Prinzen gleichzeitig herzte, denen es irgendwie gelungen war Oin davon zu überzeugen, dass sie gemeinsam in einem Bett viel besser aufgehoben waren als getrennt.

Beide schienen äußerst angetan von dieser Entwicklung und begannen prompt Bilbo nach Neuigkeiten vom Rest der Truppe auszufragen. Was Bilbo beschämt zugeben ließ, dass er manche davon seit Tagen nicht gesehen hatte. Nach einer Weile und viele Versicherungen von Seiten der beiden Prinzen, dass sie sich benehmen würde, warf Oin den Hobbit schließlich hinaus und ordnete an, dass er sich etwas zu essen besorgen sollte.

Bilbo wusste es inzwischen besser als mit dem alternden Heiler zu diskutieren und machte sich gemeinsam mit Nori, der einmal mehr vom Himmel gefallen war, auf die Suche nach etwas Essbarem. Es war früh am Morgen, doch natürlich war Bombur schon an einem der Feuer und brutzelte wie es aussah Tomaten in der Glut, Bilbo lief das Wasser im Mund zusammen und er war sehr erfreut darüber, dass Hobbits im Gegensatz zu Zwergen und Menschen nicht dazu neigten ihr Frühstück von sich zu geben, wenn sie schwanger gingen. Stattdessen fühlte sich Bilbo als könnte er alleine das gesamte Lager leeressen, ohne in Verlegenheit zu geraten.

„Bilbo“, grüßte Bombur überschwänglich und bereitete sogleich einen Teller, mit all den guten Dingen, die der Hobbit gerne hatte, zu. Der nahm die Gabe nur zu gerne entgegen und ließ sich neben Bombur zu Boden sinken um sein Frühstück an den dicken Zwerg gelehnt zu verspeisen. Der lächelte und streichelte ihm kurz über den Kopf, während er sich daran machte weitere Köstlichkeiten zuzubereiten, deren Duft Bilbo in die Nase stieg.

Nori entschuldigte sich nachdem er seine eigene Portion Haferschleim hinuntergeschlungen hatte und verschwand ebenso ungesehen wie er aufgetaucht war. Als Bombur Bilbo einen Nachschlag anbot, griff der nur zu gerne zu, auch wenn sein Gewissen ihm einen scharfen Stich versetzte, schließlich war ihm nur zu bewusst, dass der Winter vor der Tür stand und Erebor nicht gerade vor Vorräten aus allen Nähten platzte.

Plötzlich verdunkelte eine Gestalt die Morgensonne und Bilbo blickte auf, nur um einmal mehr Gandalfs spitzen Hut zu erkennen. Ein seltsames Gefühl machte sich in seiner Magengrube breit. Zum einen war er immer noch verstimmt, weil Gandalf ohne zu Fragen ein Dutzend Zwerge in seine Hobbithöhle eingeladen hatte, auf der anderen Seite hätte er ohne den Zauberer niemals dieses Rudel gefunden, das ihn in seiner Mitte willkommen hieß und mehr in ihm sah als nur einen guten Namen und eine hübsche Höhle.

„Gandalf“, sagte er und hütete sich davor dem Zauberer einen guten Morgen zu wünschen, da er keinerlei Lust auf eine Wiederholung der Tirade verspürte, die Gandalf ihm das letzte Mal an den Kopf geworfen hatte.

„Bilbo Beutlin“, erwiderte Gandalf und schien damit fürs erste genug gesagt zu haben. Er beobachtete den Hobbit für eine Weile und Bilbo rutschte ein wenig genervt auf seinem Platz hin und her bis Bombur ihm wortlos eine Hand auf die Schulter legte und er sich völlig unbewusst entspannte, jetzt da er wusste, dass er die Rückendeckung seines Rudels genoss.

„Ich nehme nicht an, dass du mich zurück ins Auenland begleiten wirst?“, fragte Gandalf und Bilbo stutzte. Er hatte seit Tagen nicht mehr daran gedacht zurückzukehren und als ihm endlich klar geworden war, dass seine Zwerge ihn ebenso gern in Erebor haben wollten, wie er in dem Berg bleiben wollte, hatte er diese Gedanken komplett verbannt.

„Da hast du Recht, Gandalf. Ich denke nicht, dass Hobbingen mir noch viel zu bieten hat. Jetzt nicht mehr.“ Er warf Bombur einen dankbaren Blick zu, als der seinen Teller ein weiteres Mal füllte. Gandalf gab ein Schnauben von sich.

„Nun dann wünsche ich dir alles Gute. Dir und den deinen, Bilbo Beutlin, und wehe ich werde nicht zur Taufe eingeladen.“ Bilbo verschluckte sich fast an einem Würstchen woraufhin Gandalf ein bellendes Lachen ausstieß und pfeifend seiner Wege zog. Bilbo schüttelte den Kopf und winkte ab als Bombur sich besorgt erkundigte, ob er ihm irgendwie helfen könnte.

„Was meinte Tharkun mit Taufe?“, fragte er dann und Bilbo fiel siedend heiß ein, dass noch immer nicht alle seine Zwerge wussten, dass er guter Hoffnung war. Er legte verlegen eine Hand auf seinen Bauch und Bombur Miene hellte sich für einen Moment auf bevor er erneut die Stirn runzelte etwas an seinen Fingern abzählte und Bilbo dann einen entsetzten Blick zuwarf. Der seufzte.

„Ja, ich war schon schwanger als ihr mich zu Smaug geschickt habt. Nein, ich bin deswegen nicht böse und nichts kann jetzt noch etwas daran ändern. Hobbits sind hart im Nehmen und solange du mich weiterhin so gut fütterst, sollte es eigentlich keine größeren Schwierigkeiten mehr geben. Nicht nachdem das Kleine die Stromschnellen des Waldflusses überstanden hat.“

Den letzten Satz hätte Bilbo sich wohl lieber verkniffen, denn mit einem Mal war er von besorgten Zwergen geradezu umringt, dabei hätte er schwören können keinen von ihnen auch nur in der Nähe gesehen zu haben. Jetzt jedoch kniete Ori praktisch tränenblind vor ihm, Oin fluchte, Gloin sah aus als würde ihn gleich der Schlag treffen, Dwalin stand mit verschränkten Armen da und funkelte wütend in der Gegend umher und Bofur hatte seine Mütze abgenommen. Etwas das Bilbo nie zuvor gesehen hatte.

Er seufzte tief. Dann streichelte er Ori übers Haar und zog den jungen Zwerg schließlich in eine halbe Umarmung, winkte Bofur zu sich heran, der sich nur zu gerne neben ihm niederließ und reichte ihm seinen Teller. Dann schüttelte er den Kopf in Oins Richtung.

„Später“, sagte er und der alte Heiler zog sich grummelnd zurück, vermutlich war ihm aufgefallen, dass er Bilbo erst am Tag zuvor untersucht und für völlig gesund, wenn auch etwas zu dünn, befunden hatte. Dwalin und Gloin hatten zu beiden Seiten des Hobbit wie Wachhunde Stellung bezogen und Bilbo würde sich nicht wundern falls Nori gleich wieder aus der Deckung brechen würde.

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Bilbo konnte sich nicht erinnern, wann genau Gruppenkuscheln zu einem Teil seines Tagesablaufes geworden war, doch er vermisste die Zeit davor nicht im Geringsten. Seitdem seine Zwerge sämtlich über seinen Zustand im Klaren waren, blieb ihm kaum mehr eine Minute für sich allein und egal wie sehr er es früher genossen haben mochte sich seine Zeit selbst einzuteilen und für sich allein zu sein, so genoss er es jetzt von Leuten umgeben zu sein, die ihn so liebten wie er war. Er könnte sich durchaus an diesen Zustand gewöhnen, auch wenn er hin und wieder doch aufwachte und sich fragte, ob nicht alles ein wundervoller Traum gewesen war, der wie eine Seifenblase zerplatzen würde, wenn er zu genau darüber nachdachte.

Dennoch konnte Bilbo nicht mehr so tun als wäre es ihm nicht schon zur lieben Gewohnheit geworden, dass jeder seiner Zwerge darauf bestand ihm Nähe und Wärme zu spenden, wann immer es so aussah als könnte er eines von beiden gebrauchen. Oftmals auch von Essensgaben begleitet, oder in Oris Fall von etwas selbst Gestricktem.

Dieser Tag jedoch versprach erneut etwas anders zu verlaufen als die letzte Woche, in der sich Bilbo mühsam eine neue Art von Routine angeeignet hatte, die deutlich mehr Zwerge und wechselnde Betten beinhaltete.

Oin hatte verkündet, dass Thorin und die Prinzen soweit genesen waren, dass man sie in den Berg verlegen konnte, ohne ihren Zustand zu verschlimmern, was die Zwerge zum Anlass genommen hatten den Rückzug nach Erebor nun ernsthaft in Angriff zu nehmen.

Dain würde einen Teil seiner Männer dort lassen um Thorin für den Winter die nötige Rückendeckung zu geben, vor allem da die Zwerge relativ weit würden ausschwärmen müssen, um sich mit Jagd und Fischfang über Wasser zu halten.

Thorin hatte nach einigem hin und her durchgesetzt, dass auch die Menschen der Seestadt in Erebors Hallen Zuflucht finden würden, wenn sie das denn wollten, was wiederum dazu geführt hatte, dass Thranduil, wahrscheinlich in seiner Ehre gekränkt, angekündigt hatte, dass er dafür Sorge tragen würde, dass seine guten Nachbarn den kommenden Winter ebenso gut überstehen würden wie die Elben selbst.

Bilbo konnte über dieses Konkurrenzdenken zwar nur den Kopf schütteln, doch im Gegensatz zu den Zwergen war ihm die Vorstellung von elbischem Gemüse über den Winter nicht zuwider, sondern eher sehr willkommen. Nach dem was die Zwerge so zu erzählen hatten, waren die Winter in Erebor nicht ohne, und längst nicht so milde wie im Auenland.

Bilbo konnte sich zwar nur schwer vorstellen, dass die großen Schmiedeöfen in der Lage sein sollten den gesamten Berg halbwegs warm zu halten, doch er hütete sich davor die Ingenieurskunst der Zwerge in Frage zu stellen. Die waren was Kritik in dieser Richtung anging sehr schnell verschnupft und Bilbo konnte nur annehmen, dass es sich da in etwa so verhielt, wie wenn ihm jemand versucht hätte in seinen Garten hineinzureden, der in seinen Augen nicht das Geringste von Pflanzen verstand.

Statt sich also mit derlei Fragen zu befassen, packte Bilbo überall mit an, wo seine Zwerge es zuließen, was praktisch alles ausschloss, in dem er mehr als sein eigenes Körpergewicht zu bewegen hatte und selbst was das anging, schienen einige der Zwerge der Meinung zu sein, dass ein schwangerer Hobbit am besten in eine Decke gewickelt werden sollte und erst wieder aufstehen durfte, wenn das Baby mehrere Jahre alt war.

Noch nahm Bilbo diese Überfürsorge vor allem von Dori und seltsamerweise von Balin hin, doch früher, oder später würde es ein Donnerwetter geben und diesmal würde es nicht Thorin treffen, der in den Augen des Hobbits inzwischen, mächtig daran arbeitete sein eigenes Temperament im Zaum zu halten.

Bilbo saß auf einer umgedrehten Kiste und studierte eine Liste mit den verfügbaren Lebensmitteln, nachdem er eine, auf der detailliert aufgeführt war, welche Waffen ganz, oder beschädigt vom Schlachtfeld geborgen worden waren, beiseitegelegt hatte und überschlug im Kopf wie viel eine Gruppe von Zwergen wohl essen konnte, im Vergleich zu wieviel sie wahrscheinlich essen musste, wobei er hauptsächlich den Abend in Beutelsend zum Vergleich hatte und die endlosen Wochen im Düsterwald, die ihn selbst hart an seine Grenzen gebracht hatten und die er nicht so bald wiederholen wollte, wenn er denn die Möglichkeit hatte dem zu entgehen.

„Hier“, sagte plötzlich Noris Stimme, den Bilbo wieder einmal nicht hatte kommen hören, da er das ständige Geklapper von hundert, oder mehr Zwergen schon aus Prinzip ausblendete, während er in ihrer Mitte saß und versuchte sich auf etwas zu konzentrieren. Bilbo musterte die handgestrickte Decke, die Nori ihm hinhielt für einen Moment ratlos, dann seufzte er und ließ zu, dass Nori das Werk über seinen Beinen ausbreitete.

Er strich über die gleichmäßigen Maschen und das hübsche Muster, das in das ansonsten recht einfache graue Garn gearbeitet war und erkannte darin Oris Handschrift so schnell als hätte der Zwerg seine Signatur darauf hinterlassen, Ori schien seinen Stress durch Handarbeiten abzureagieren und Bilbo hatte nun schon mehr als einmal davon profitiert, obwohl er sich weiter höflich weigerte die gestrickten Socken auch nur Betracht zu ziehen, kein Hobbit der etwas auf sich hielt würde sich in Gesellschaft mit Socken zeigen und auch hinter verschlossenen Türen würde er so etwas nur tragen, wenn er ansonsten riskierte seine Zehen zu verlieren.

Hobbits waren was das anging etwas eigen, auch wenn Bilbo sicher war, das Wort stur gehört zu haben, als Thorin versucht hatte Ori begreiflich zu machen, dass der Hobbit keineswegs sein Geschenk nicht annahm, sondern dass sie einmal mehr gegen einen kulturellen Unterschied geprallt waren mit dem nun wirklich niemand gerechnet hatte.

Bilbo konnte das nur bestätigen. Er hatte zu Beginn des Abenteuers viele Schnitzer in dieser Richtung begangen und zum Glück hatten sich die meisten davon schnell aufgelöst, doch er war sich ebenfalls sicher, dass er noch einiges mehr in dieser Richtung erleben würde, jetzt wo er beschlossen hatte bei den Zwergen in Erebor zu bleiben und dem Auenland den Rücken zu kehren.

Bilbo drapierte seine Listen auf der Decke und schenkte Nori ein Lächeln, bevor er sich wieder ans Zählen und überschlagen machte. Der rothaarige Zwerg machte allerdings keine Anstalten zu verschwinden, sondern ließ sich mit einem tiefen Seufzer neben Bilbo zu Boden sinken und lehnte den Kopf an Bilbos Hüfte.

Beinahe schon geistesabwesend legte Bilbo eine Hand auf Noris Schopf und streichelte sanft über die roten Strähnen. Er konnte noch immer nicht begreifen wie es Nori gelang sein Haar in diese Frisur zu bekommen, doch er mochte das Gefühl der seidigen Strähnen zwischen seinen Fingern zu sehr um sich darüber Sorgen zu machen, dass er damit Noris Flechtwerk beinahe sicher zunichtemachte. Bilbo murmelte vor sich hin und griff dann nach seiner Feder um etwas auf einem der Blätter zu notieren, was Nori mit einem unwilligen Geräusch quittierte, da der Hobbit dafür beide Hände brauchte.

„Wie eine große Katze“, murmelte Bilbo daraufhin und fing wieder an Noris Haar zu streicheln. Der Dieb warf ihm ein schelmisches Zwinkern zu und imitierte dann so überzeugend er konnte das Schnurren einer Katze auf dem Kachelofen. Bilbo lachte und gab dem Zwerg einen leichten Klaps bevor er sich wieder seiner selbstgewählten Aufgabe zuwandte.

„Hat Balin inzwischen beschlossen mit welchem Trupp wir in den Berg zurückkehren?“, fragte Bilbo und legte seine Listen beiseite um beide Hände für einen Moment unter die warme Decke zu stecken. Es war doch recht frisch geworden. Sofort war Nori aufgesprungen und nahm Bilbos Hände in seine eigenen. Ein wenig eifersüchtig war Bilbo schon darauf, dass seine Zwerge allesamt so warm waren, doch es hatte auch seine Vorteile. Eine leichte Röte überzog seine Wangen bei diesem Gedanken und Nori warf ihm unter hochgezogenen Augenbrauen einen wissenden Blick zu, bevor er ihn auf die Füße zog, ihm die Decke um die Schulter schlang und in ein wenig unwirsch in Richtung des Zeltes bugsierte, das er mit seinen Brüdern teilte.

„Erst mal werden wir dich aufwärmen“, beschied Nori und Bilbo fügte sich mit einem Kopfschütteln in sein Schicksal, das aus einer Tasse heißem Tee und mehreren warmen Haferplätzchen bestand, die Dori offenbar genau für so eine Gelegenheit gehamstert hatte.

„Ich glaube Balin will, dass die Gemeinschaft zusammenbleibt, während Dain gerne hätte, dass Thorin die ganze Prozession anführt. So wie ich die beiden kenne, wird sich Balin früher oder später durchsetzen, weil Thorin doch eher auf ihn als auf den Herrn der Eisenberge hört, aber bis die drei zu einer Einigung gekommen sind, die keine böses Blut hinterlässt, kann es noch eine Weile dauern.“

Bilbo nickte und bot Nori einen seiner Kekse an. Der winkte ab und ließ sich einmal mehr neben dem Hobbit auf den Boden sinken und schloss genießerisch die Augen als Bilbo der stummen Aufforderung einmal mehr nachkam und die Finger in seinem Haar vergrub. Ori gab ein ersticktes Geräusch von sich, so als hätte er sich gerade verschluckt. Bilbo sah auf und stellte fest, dass der junge Zwerg hochrot im Gesicht war und seine Hand in Noris Haaren musterte, als sei sie eine Schlange, die gerade aus dem Gebüsch aufgetaucht war.

„Etwas nicht in Ordnung, Ori?“, fragte Bilbo leicht besorgt. Der Zwerg schüttelte sich und gab ein Stammeln von sich, das nun wirklich alles bedeuten konnte. Dori hatte sich inzwischen der Szene zugewandt und trug einen ähnlich entsetzten Gesichtsausdruck zur Schau wie sein jüngster Bruder, doch seiner schien eher der Tatsache geschuldet zu sein, dass Bilbo seine Teetasse ein wenig windschief abgestellt hatte. Bilbo blickte verwirrt von einem zum anderen. Nori seufzte tief.

„Krieg dich wieder ein, kleiner Bruder. Erstens hat Bilbo keine Ahnung, was er da tut, zweitens könnte der Kiesel, den er trägt, ebenso gut meiner sein wie Thorins und drittens hast du mich schon weitaus schockierendere Dinge mit unserem Hobbit tun sehen und ich erinnere mich nicht daran, dass du damals vor lauter Schamgefühl nicht mehr atmen konntest.“

Nun war es an Dori ein ersticktes Geräusch von sich zu geben. Ori vergrub das Gesicht in seinen Händen, doch Bilbo konnte auch so noch sehen, dass die Röte inzwischen nicht nur sein Gesicht überzog, sondern langsam, aber sicher den Weg seinen Hals hinunterfand.

„Was meinst du damit, ich weiß nicht was ich tue?“, fragte Bilbo und ignorierte Noris andere Punkte geflissentlich. Zum einen, weil sie wahr waren und zum anderen, weil er lieber nicht so genau darüber nachdenken wollte. Nori lächelte.

„Du weißt, dass Zwerge etwas eigen sind, was ihre Haare angeht?“ Bilbo nickte, dass hatte er recht schnell begriffen. „Nun wen wir unser Haar anfassen lassen, ist von Zwerg zu Zwerg unterschiedlich, meist beschränkt es sich auf engste Familie und Ehepartner.“ Bibo stutzte. Dann strich er Nori noch einmal das Haar aus der Stirn.

„Und in welche Kategorie falle ich?“, fragte er und hoffte sehr, dass er nicht unwissentlich auf irgendwelche Füße getreten war.

„Du bist unser Omega. Das ist in meinen Augen so gut wie jede andere intime Beziehung.“ Nori lächelte und fügte dann hinzu: „Außerdem mag ich es, wenn du mit meinem Haar spielst.“ Ori gab ein ersticktes Keuchen von sich und flüchtete, während Dori seinem Bruder einen Klaps auf den Hinterkopf gab und den Kopf schüttelte, so als hätte er nicht länger die Kraft dazu sich über Noris Eigenheiten aufzuregen. Bilbo lächelte den Zwerg an und drückte einen Kuss auf seine Stirn.

„Das heißt dann ich habe nicht gerade für jeden Zwerg da draußen so etwas getan, wie keine Ahnung meine Finger in deinem Hosenbund verschwinden lassen?“, fragte Bilbo ein wenig spitz und Noris Lächeln wurde eine Spur reuiger.

„Nori, ich hör wohl nicht richtig“, mischte sich Dori ein. Nori zuckte nur mit den Achseln und lehnte sich wieder an Bilbo.

„Nicht mein Problem, wenn niemand daran denkt, dass Bilbo kein Zwerg ist und nicht weiß welche Botschaft er da sendet“, schloss er und schien die Diskussion damit für erledigt zu halten.

Chapter 7: Kapitel 7

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Kapitel 7

Ori rannte so schnell ihn seine Beine trugen. Noch immer glühte sein ganzes Gesicht. Er war sich nicht sicher, wohin er eigentlich lief, nur dass er keine Sekunde länger in Noris Gesellschaft verbringen konnte, das war ihm klar.

Natürlich hatte sein Bruder recht. Bilbo wusste nicht wie intim es war einem Zwerg die Haare zu kämmen und so wie es ausgesehen hatte, war es auch nicht das erste Mal gewesen, dass er seine Finger in Noris Flechten vergraben hatte, doch Ori konnte nicht umhin etwas ganz anderes darin zu sehen und bis er wieder mit sich selbst im Reinen war, konnte er nun mal nicht gebrauchen, dass seine Brüder ihn wegen seiner Gefühle aufzogen.

Ori stoppte erst als der stetige Strom von Zwergen, die ihm entgegen kamen, verebbte. Er sah sich um und wusste für einen beängstigenden Moment nicht mehr, wo er sich befand, doch als er sich umdrehte, sah er in der Ferne das Zelt seines Königs und atmete auf. Dann suchte er sich ein stilles Plätzchen und setzte sich hin.

Noch immer wirbelten die Bilder durch seinen Kopf. Sicher Nori hatte recht, er hatte Bilbo schon in viel intimeren Momenten mit seinem Bruder gesehen, doch was am Fuße des Carrock geschehen war, war für ihn eine einzige neblige Wolke voller Emotionen, die er nicht zu genau unter die Lupe nehmen wollte.

Er hatte vorher nie begriffen, was die alten Texte damit meinten, dass eine Hitze so verwirrend sein konnte, dass selbst diejenigen, die sich mittendrin befunden hatten, später nicht mehr sagen konnten, was eigentlich geschehen war.

Nun jedoch hatte er das Gefühl sich der unangenehmen Wahrheit stellen zu müssen und das alles nur, weil er fast umgefallen war als er Bilbo mit Noris Haar hatte spielen sehen. Unbewusst strich er über seine eigenen Haare und fragte sich beinahe schuldig, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn jemand, der nicht Dori oder Nori war, sich um seine roten Strähnen kümmerte.

Die Röte, die gerade erst etwas abgeflaut war, kehrte in voller Stärke zurück. Vielleicht war er wirklich so kindisch wie sein Bruder behauptete, doch der Gedanke allein reichte um ihm Schauer über den Rücken zu jagen. Das Gefühl war nicht unbedingt unangenehm, auch wenn Ori sich hektisch umschaute, ob ihn jemand beobachtete, doch wie es aussah war der Winkel, den er sich ausgewählt hatte weit genug ab vom Schuss, dass noch niemand über ihn gestolpert war.

Ori schloss die Augen. Das Bild wie Bilbo geistesabwesend durch Noris Haar strich, kam fast schon uneingeladen, doch diesmal zwang Ori sich nicht wegzusehen. Stattdessen ersetzte er Nori durch sich selbst. Er riss die Augen auf und schaute sich einmal mehr um, er hätte schwören können ein Geräusch gehört zu haben. Er sah zwar niemanden aber einen paranoiden Dieb als Bruder zu haben, hatte seine Spuren bei Ori hinterlassen.

Er rappelte sich auf und wechselte das Versteck. Niemand schien ihn groß zu beachten, obwohl er das Gefühl hatte, dass die Richtung, in die seine Gedanken gingen ihm auf die Stirn tätowiert war. Wieder schloss er die Augen und träumte sich davon.

Bilbos Finger in seinem Haar jagten einen wohligen Schauer über seinen Rücken. Diesmal jedoch ohne das verschämte Gefühl etwas Verbotenes zu tun, weil er an den Hobbit dachte. Das war besser. Jetzt musste er nur noch herausfinden wie er bewusst Doris nörgelnde Stimme in seinem Hinterkopf loswerden konnte, die sich jedes Mal zu Wort meldete, wenn er drauf und dran war etwas zu tun, was sein älterer Bruder für unangebracht hielt.

Ori legte den Kopf zurück, die Finger vor dem Körper verschränkt, fast so als würden sie aus eigenem Antrieb nach seinen Stricknadeln suchen, doch Ori hatte anderes im Kopf. Er fragte sich, ob Bilbo wohl bereit wäre seine Haare zu kämmen, wenn er ihn darum bitten würde und wieder schoss ihm das Blut in den Kopf. Er hasste diese Angewohnheit, doch er konnte sie nicht abstellen.

„Junge, willst du Dori zu Tode ängstigen?“, ertönte da eine raue Stimme und Ori schlug die Augen auf. Ein Wimmern entrang sich seiner Kehle.

„Herr Dwalin“, brachte er hervor und sah mit Mühe auf und immer weiter hinauf bis er dem Blick des älteren Zwerges begegnen konnte. Der sah mit einer unleserlichen Miene auf ihn herab, eine seiner Streitäxte als Stütze unter seinen Händen. Ori schluckte.

Er erinnerte sich nur zu gut, wie er während der Schlacht Dwalins Hammer ausgeborgt hatte und wie beeindruckt der Zwerg von ihm gewesen war, wenn er allerdings jetzt in Oris Kopf gucken könnte, würde sich dieses bisschen Respekt sicher wieder in Luft auflösen.

„Komm, wir suchen schon nach dir“, fuhr Dwalin fort und hielt Ori eine Hand hin. Der junge Schreiber ergriff sie ohne zu protestieren, obwohl seine Finger zitterten. Dwalin zog ihn hoch, musterte ihn noch einmal von Kopf bis Fuß und nickte dann.

Ori trottete mit gesenktem Kopf hinter dem Krieger her und fragte sich nicht zum ersten Mal in was für eine Misere er sich jetzt wieder gebracht hatte. Dwalin jedoch schien andere Pläne zu haben, sobald sie wieder auf einer der breiteren Zeltstraßen waren, zog er Ori ohne viel Federlesen neben sich und blickte ihn durchdringend an. Ori hatte das Gefühl etwas verpasst zu haben, doch er wusste beim besten Willen nicht was.

„Junge, was hat dich hier nach draußen getrieben. Bilbo hat nur gesagt, dass es seine Schuld war, obwohl deine beiden Brüder versucht haben ihn vom Gegenteil zu überzeugen.“ Ori riss den Kopf hoch. Bilbo glaubte er sei an Oris überhastetem Abgang schuld? Er schüttelte sich heftig.

„Bilbo doch nicht“, murmelte er. Er hätte gern mehr gesagt doch Dwalins Blick ließ ihn sich an seiner eigenen Spucke verschlucken. Der ältere Zwerg nickte dennoch zustimmend.

„Das habe ich auch gedacht. Sicher wieder ein Missverständnis. Hast du gewusst, dass Bilbo Angst hatte, wir würden ihm das Baby wegnehmen?“, fragte er. Ori schüttelte den Kopf. Seine Augen waren geweitet.

„Natürlich würden wir das nicht. Bilbos Baby gehört doch zu uns“, wehrte er ab. Dwalin nickte und lächelte ein wenig, so wie nach der Schlacht als Ori ihm seinen Hammer zurückgebracht hatte.

„Da hast du recht, Junge, aber anscheinend sind Hobbits da anders.“ Ori nickte und überlegte wie er es wieder gut machen könnte, dass er den Hobbit erschreckt hatte. Vielleicht sollte er etwas für das Kleine stricken, das zeigte, dass er sich genauso auf das Baby freute wie alle anderen.

„Ori?“ Ori schaute auf und stellte fest, dass er sich wieder einmal in seinen Gedanken verloren hatte.

„Ja?“, fragte er.

„Was hat Bilbo getan, dass du davongelaufen bist?“ Ori wurde rot.

„Er hat mit Noris Haaren gespielt“, murmelte er. Dwalin hielt für einen Moment inne, musterte Ori, dachte nach und schien zu einem Schluss zu kommen.

„Mach dir keine Sorgen, daran wirst du dich schon noch gewöhnen“, sagte er dann kryptisch. Ori nickte nur und folgte ihm. An was würde er sich gewöhnen? Seinen Bruder so vertraut mit Bilbo zu sehen, oder ans Davonlaufen?

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Bilbo sah Ori verwirrt hinterher und suchte vergebens nach Noris Blick. Der starrte auf seine Finger, während Dori einen halben Schritt gemacht hatte, so als wollte er seinem kleinen Bruder folgen, hätte es sich dann aber doch anders überlegt.

„Hab ich etwas falsch gemacht?“, fragte Bilbo kleinlaut. Sofort waren Nori und Dori an seiner Seite. Der rothaarige Zwerg hatte sofort beide Arme um den Hobbit geschlungen und schüttelte den Kopf, während Dori Bilbos Hand in seine nahm und gedankenverloren über seine Finger strich.

„Nein, Bilbo. Es ist nicht deine schuld. Was du und Nori hier getan haben, ist zwar intim, aber keineswegs ungehörig. Wir alle haben schon gesehen wie Thorin seinen Neffen die Haare kämmt, die meisten von uns waren dabei als Vili um Dis geworben hat und die kleine Zurschaustellung von grade eben war nichts im Vergleich. Aber Ori ist sehr behütet aufgewachsen.“ Nori gab ein Schnauben von sich, das Dori mit einem verächtlichen Blick konterte.

„Ich habe mich vielleicht ein wenig hinreißen lassen und ihn vor allzu vielem geschützt. Aber ich denke hauptsächlich geht es darum, dass Ori selbst gerne so unverblümt wäre wie Nori.“ Nun war es an Nori seinen Bruder aus großen Augen zu mustern. Der zog eine Augenbraue hoch.

„Nur weil ich alt und weise bin, heißt das nicht, dass ich mich nicht erinnern kann wie es ist jung und hübsch zu sein, Bruderherz.“ Nori schüttelte sich und vergrub den Kopf an Bilbos Schulter.

„Gnade“, winselte er. „Ich will nicht hören was du so in deiner Sturm- und Drang Zeit getrieben hast und erst recht nicht mit wem.“ Bilbo konnte nicht anders, er lachte. Nach einigen Herzschlägen stimmte Dori mit ein und schließlich ließ auch Nori sein breites Grinsen sehen.

„Er kommt schon zurück. Keine Sorge. Ori ist nicht auf den Kopf gefallen. Und egal wie sehr ich ihn aufziehen mag, er weiß auch, dass er sich auf uns verlassen kann.“ Bilbo nickte und lehnte sich ein wenig mehr gegen Dori, der den Wink verstand und ebenfalls einen Arm um den Hobbit legte. Bilbo seufzte. Er könnte sich wirklich daran gewöhnen so umsorgt zu werden.

Nach einer Weile, die sich wie eine kleine Unendlichkeit anfühlte, kehrte Ori in Begleitung von Dwalin zurück. Der jüngere Zwerg sah verwirrt von einem zum anderen dann wandte er sich vorwurfsvoll an Dwalin.

„Du hast gesagt, sie würden sich Sorgen machen.“ Dwalin sah aus als hätte er in eine Zitrone gebissen doch schon war Dori auf den Beinen und begann um seinen kleinen Bruder herumzuflattern, wie ein aufgescheuchtes Huhn.

„Natürlich haben wir uns Sorgen gemacht. Einfach so davonzulaufen. Was ist das denn für eine Art. Und Bilbo dachte auch noch, er habe etwas falsch gemacht.“ Ori warf Bilbo einen erschrockenen Blick zu.

„Aber nein, wenn überhaupt war es Noris Schuld.“

„Ey“, gab Nori zurück und kuschelte sich noch ein wenig mehr an Bilbo. Der schüttelte den Kopf und warf Dwalin einen fragenden Blick zu, bevor er auf den leeren Platz neben sich blickte, den Dori hinterlassen hatte. Der Zwerg ließ sich nicht zweimal bitten und Bilbo lehnte sich nur zu gern an die breite Brust des Kriegers, auch wenn das zur Folge hatte, dass Nori nun halb auf ihm lag und anfing Dinge zu seinem Bauch hin zu murmeln, von denen Bilbo fast sicher war, dass sie nicht kindgerecht waren.

„Dori hör auf. Es geht mir gut. Herr Dwalin hat mich gefunden“, murmelte Ori und versuchte halbherzig seinen Bruder beiseite zu schieben. Der stemmte die Fäuste in die Hüften und schüttelte den Kopf.

„Was habe ich nur falsch gemacht“, murmelte er und packte Ori dann am Arm um ihn aus dem Zelt zu ziehen. „Lauft nicht weg“, rief er über die Schulter. „Wir kommen mit Mittagessen wieder.“ Bilbos Bauch knurrte anerkennend und Dwalin gab ein tiefes Lachen von sich, das Bilbo bis in seine Knochen hinein spüren konnte.

Er schloss die Augen und sog jeden Moment auf, in dem er hier zwischen den beiden Zwergen dösen konnte und sich um absolut nichts Gedanken machen musste.

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Einige Zeit später öffnete sich die Zeltklappe und Bilbo öffnete die Augen in Erwartung Dori und Ori zu sehen, doch es waren Bofur und Bifur, die im Zelteingang standen und die Szene musterten, die sich ihnen bot.

„Wir haben gehört, unser Hobbit hätte den Vormittag damit verbracht Noris Mähne zu zähmen“, sagte Bofur und betrat das Zelt, dann nahm er seine Mütze ab und reichte sie seinem Cousin. „Ich muss ja sagen, da stelle ich mich doch zu gerne in die Schlange.“ Er stieß Noris Füße beiseite, der ihm grummelnd Platz machte und präsentierte Bilbo einen Kamm, so als wäre es ein Schwert, oder eine große Auszeichnung.

Bilbo starrte für einen Moment unschlüssig auf den Kamm, dann zuckte er die Schultern und setzte sich auf. Nori grummelte erneut, gefolgt von Dwalin, doch schon bald hatten sie sich so arrangiert, dass Bilbo bequem an Bofurs Haare kam, während er gleichzeitig den Teddybären für Nori und Dwalin spielte. Bifur stand ein wenig abseits und betrachtete das Schauspiel, bis er schließlich entschied, wo sein Platz war und sich zu Bilbos Füßen niederließ. Dem Hobbit schoss die Röte ins Gesicht.

Es mochte zwar das Haare Kämmen für ihn nicht weiter intim sein, die Art wie Bifurs Hand über seinen Fuß strich, war es dagegen sehr. Er konnte sich nicht erinnern wann das letzte Mal jemand Fremdes seine Füße berührt hatte, doch abgesehen von seiner Mutter, als er wirklich noch sehr klein gewesen war, fiel ihm niemand ein.

„B-Bifur?“, fragte er zögernd und prompt waren alle Augen auf ihn gerichtet. Und wieder einmal war es Nori, der schneller eins und eins zusammenzählte als alle anderen.

„Sind es die Füße?“ fragte er lauernd und Bilbo schluckte.

Als hätten die Zwerge Lunte gerochen, stand Bilbo plötzlich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Seine Wangen waren hochrot und seine Ohren fühlten sich an, als stünden sie in Flammen. Hilflos sah er von einem zum anderen, wobei sein Blick schließlich an Bifur kleben blieb, der seinen Blick zwar nicht erwiderte, der aber mit dem Gesichtsausdruck eines Musikers, der eine Geige stimmt über die feinen Härchen auf Bilbos Fußrücken strich.

Der Hobbit schluckte. Schwer. Das Rauschen in seinen Ohren nahm zu, während BIfurs Finger über seinen Fuß strichen als wäre er kostbarer als Gold. Bilbo spürte wie das Blut aus seinen Wangen wich und andere Ziele anstrebte, doch das machte es nicht wirklich besser. Plötzlich hoben fast alle Zwerge gleichzeitig die Köpfe und schienen zu wittern. Bilbo unterdrückte ein Stöhnen. Bofur war der Einzige hier, der sich nicht selbst als Alpha bezeichnen würde, doch selbst er war dominant genug, dass es für Bilbo keinen Unterschied machte und offensichtlich hatten sie alle die Einladung gerochen, die seinem Körper gerade entströmte.

Dwalin gab ein Grollen von sich und vergrub den Kopf in Bibos Nacken. Nori gab ein ganz ähnliches Geräusch von sich und schmiegte sich noch mehr an Bilbos Hüfte. Bofur hatte sich bereits halb zu Bilbo umgedreht seine Pupillen so weit, dass sie fast schwarz wirkten. Bilbo schluckte, er hatte Bofur zwischen seinen Knien gehabt um besser an seine Haare heranzukommen, jetzt jedoch ließ die Position etwas ganz anderes erahnen. Wieder strich Bifurs Hand über Bilbos Knöchel und der Hobbit vergaß, wieso das hier keine gute Idee sein sollte.

Chapter 8: Kapitel 8

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Kapitel 8

Balin steckte seinen Kopf ins Zelt der Gebrüder Ri, da er vermutete den verschwunden Hobbit hier zu finden und zog ihn sogleich wieder zurück. Der schwere Geruch, der aus dem Zelt drang vernebelte ihm praktisch die Sinne. Balin räusperte sich, strich über seinen Bart und atmete ein paarmal die frische Luft tief ein, die inzwischen angefangen hatte nach Schnee zu schmecken. Das erklärte dann sowohl wo Bilbo war, als auch wieso sein Bruder nicht aufzutreiben war und nebenbei war es auch noch ein Grund dafür, dass er vorhin sicher gewesen war Ori und Dori zu sehen, doch er hatte die beiden nicht erwischen können.

Wieder trat Balin näher an das Zelt heran. Er wusste, dass keiner der Alphas da drin ihn als Gefahr für den Omega in ihrer Mitte einstufte, doch er hatte nicht damit gerechnet, dass der Duft allein selbst für ihn so überwältigend sein würde. Nun es war kein Vergleich zu Bilbo in Hitze, aber er wollte sich dennoch nicht vorstellen, was geschehen würde, wenn einige der ungebundenen Alphas hier draußen diese Duftmarke aufnahmen. Erst recht nicht, wenn Bilbos momentane Gesellschaft nicht so aussah als wäre sie für einen Kampf bereit.

Seufzend machte Balin es sich vor dem Zelt bequem und zog seine leicht lädierte Pfeife aus dem Ärmel. An sich hatte er Bilbo auf den bevorstehenden Umzug vorbereiten wollen, doch so wie aussah, würde er wieder einmal improvisieren müssen. Nicht das Balin derlei nicht gewohnt war. Thorin mit Rat und Tat zur Seite zu stehen war ein Vollzeitjob und er konnte sich nichts vorstellen, was er lieber machen würde, doch hin und wieder sehnte der Zwerg sich nach etwas Ruhe und Frieden.

„Auch die Nase darein gesteckt?“, fragte da Dori praktisch aus dem Nichts. Balin konnte nichts weiter tun als sein Zusammenzucken zu kaschieren, doch er war sich nicht sicher, ob Dori ihm das abnahm.

Auch wenn der älteste Ri-Bruder für gewöhnlich den Eindruck machte als sei der Familienschabernack komplett an seinen jüngeren Bruder gegangen, so konnte sich Balin doch gut an eine Zeit erinnern, als Dori ebenso krumme Wege beschritten hatte um seine Familie über Wasser zu halten. Nicht das Balin ihm das vorwarf, nein er selbst hatte oft genug Hunger gelitten um zu wissen, was das anrichtete und welche Grenzen man bereit wurde zu überschreiten, doch irgendwie war es Dori gelungen diese Zeiten so weit hinter sich zu lassen, dass jeder der ihn kannte nur mit einem Kopfschütteln reagieren würde falls eines der Gerüchte aus seiner Vergangenheit ihn einholen sollte. Balin paffte eine Rauchwolke und nickte dann. Dori setzte sich neben ihn.

„Wird das Probleme geben?“, fragte er dann. Balin dachte nach. Es war ein offenes Geheimnis, dass die Gemeinschaft von Thorin Eichenschild einen Omega in ihrer Mitte hatte und ein ebenso offenes Geheimnis, dass Bilbo keine Anstalten machte sich mit weniger als einem Rudelbund zufrieden zu geben. Beides Dinge die ihm durchaus Respekt einbrachten, wäre da nicht die unnötige Geschichte mit dem Arkenstein gewesen, die vor allem von Dains weniger loyalen Männern aufgeheizt wurde, während Balin alles daran setzte es so aussehen zu lassen, als hätte Bilbo jedes Recht gehabt in Thorins Namen zu verhandeln.

Das knifflige daran war, dass Balin sich nicht sicher war welche Unterschiede in Sachen Rudelstrukturen zwischen Zwergen und Hobbits existierten, dass es sie gab war unzweifelhaft klar, doch es waren oft die unausgesprochenen Details, die das mit Abstand wichtigste waren. Wäre sich Bilbo beispielsweise bewusst, dass er neben Thorin die stärkste aller Positionen im Rudel innehatte und das bereits bevor er von Mahal gesegnet wurde, was inzwischen eigentlich hieß, dass selbst Thorin sich seinem Urteil beugen würde, sobald es auch nur im Entferntesten das Kleine betraf, hätte vieles sicher diplomatischer von Statten gehen können.

Auf der anderen Seite war Balin in der Lage eine wahre Flut von Mitleid für den Omega des Königs unter dem Berge zu wecken, der mit ansehen müsste wie sein Rudel der Goldlust verfiel und sich nicht anders zu helfen wusste um sich und sein Baby zu beschützen, etwas, das die allermeisten Zwerge nachvollziehen konnten, denn ganz egal wie sehr sie ihren Reichtum schätzen, Kinder kamen an erster Stelle und Omegas nur knapp dahinter, garantierten diese doch fast, das ein Rudel blühen und gedeihen würde, komme was da wolle.

„Nein“, sagte Balin schließlich und schüttelte entschieden den Kopf. Er war sich inzwischen sogar ziemlich sicher, dass das kleine Zwischenspiel im Zelt der Ris nur dafür sorgen würde, dass Bilbos Ruf als Rudelomega sich einmal mehr festigte, auch wenn es vielleicht geschickter gewesen wäre, wenn er schon bei einem solchen Akt erwischt werden musste, dass zumindest Thorin daran beteiligt wäre, doch Balin würde die Geschichte schon so spinnen, dass die Leute sie in einigen Jahren als große Liebesgeschichte sehen würden.

„Bereit da rein zu gehen und deinem Bruder die Ohren lang zu ziehen?“, fragte Balin und klopfte seine Pfeife aus. Ein schiefes Lächeln machte sich auf Doris Gesicht breit und ließ Balins Herz für einen Schlag aus dem Takt kommen.

„Nichts lieber als das.“

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Bilbo wachte auf als Balin und Dori das Zelt betraten. Beide trugen Mienen zur Schau, die er im ersten Moment nicht deuten konnte, doch dann schoss ihm die Röte ins Gesicht. Er drehte den Kopf und vergrub den Kopf in seinem Kissen nur um daran erinnert zu werden, dass sein Kissen atmete und leider ebenso wenig bekleidet war wie er selbst.

Bofur gab einen erstickten Laut von sich als Bilbo die Decke, die ihm bis auf die Hüften gerutscht war bis über seine Ohren zog und das Gesicht endgültig in Dwalins Brust versteckte. Dori gab ein ersticktes Lachen von sich und Bilbo konnte Bofur grummeln hören. Die Matratze bewegte sich und jemand streichelte durch Bilbos Haare. Dadurch ein wenig beruhigt lugte er aus seinem Versteck auf und sah Bofur dabei zu, wie der seine Sachen aus den Kleidern, die überall im Zelt verstreut lagen, heraussuchte und nebenbei mit Balin scherzte, der aussah als wüsste er nicht, ob er lachen, oder den Kopf in den Händen vergraben sollte.

Dwalin schlang einen Arm um Bilbos Taille und machte weiterhin keine Anstalten sich zu bewegen, auch wenn Bilbo inzwischen sicher war, dass der Krieger erwacht war als sein Bruder das Zelt betrat. Dasselbe galt für Nori, der sich weiterhin an Bilbos Seite schmiegte und dessen warme Atemzüge an seinen Rippen kitzelten, was wohl hieß, dass er ihn ebenfalls unter der Decke begraben hatte, die über ihm lag und die er, wie es aussah, Bofur gestohlen hatte, der zu seinen Füßen gedöst hatte, was Bilbo wiederum die Röte ins Gesicht trieb, auch wenn Bofur längst nicht so unverfroren gewesen war wie Bifur, der zu Bilbos anderer Seite mit dem Rücken an den Zeltpfosten gelehnt saß und so wie es schien die ganze Szene beobachtete, ohne sich im mindesten darum zu scheren, welchen Eindruck sie alle damit bei Balin und Dori hinterließen.

„Ahem“, räusperte sich Balin und Bilbo zuckte zusammen. Wieder strich Dwalins Hand beruhigend über seine Flanke. „Ich denke, ich will gar nicht wissen, was hier los war und ehrlich gesagt kann ich es mir denken.“

Bilbo stöhnte und zog sich die Decke über die Ohren. Nori kicherte und drückte einen Kuss auf die Rippen des Hobbits, was ihm ein Quietschen entlockte, während er auswich und sich damit heillos in den Decken verhedderte. Außerdem rollte er sich mit dieser Aktion praktisch in Bifurs Schoß, woraufhin Noris schmollendes Gesicht unter den Decken zum Vorschein kam. Sein Haar hing offen, wodurch der Zwerg gleich ganz anders aussah und Bilbo schloss einmal mehr die Augen als ihm klar wurde, dass Nori kein Stück mehr anhatte als Bofur, oder er selbst.

Dori begann sofort auf seinen Bruder einzureden, woraufhin Nori nur die Augen verdrehte und sich streckte. Dabei zwinkerte er Bilbo schamlos zu, der den Kopf schüttelte und beschloss sich nie wieder in eine Solche Lage zu bringen, obwohl er sagen musste, dass er sich selten so gut gefühlt hatte.

Bifur gab etwas von sich, das Bilbo nicht verstehen konnte, doch es brachte Dwalin dazu aufzustehen und Nori mit sich zu ziehen, woraufhin die beiden es Bofur gleichtaten und sich anzogen. Bilbo wünschte sich weiterhin im Erdboden zu versinken, doch bei seinem derzeitigen Glück würde das wohl nicht passieren.

Bifur hatte mittlerweile begonnen die Decken, die sich um Bilbos Beine geschlungen hatten zu entwirren und gab dabei gurrende Laute von sich, als würde er ein scheuendes Pony beruhigen wollen. Bilbo hielt still und wartete darauf, dass er sich wieder aus eigener Kraft bewegen konnte.

Da kam Balin zu ihm und ließ einen Stapel seiner eigenen Kleidung auf das Bett fallen, zwinkerte ihm zu und ging dann Bifur zur Hand, der ihm ein dankbares Grunzen entgegenschickte. Bilbo schloss die Augen und zählte bis zehn.

„Keine Sorge, Meister Hobbit. Unsere Reisepläne lassen sich durch eine kurze Verzögerung nicht umstürzen und immerhin sind die meisten unauffindbaren Mitglieder unserer Gemeinschaft ja jetzt gefunden worden und ich muss mich nicht länger damit herumschlagen sie ausfindig zu machen.“

Bilbo wusste, dass Balin ihn beruhigen wollte, aber er fühlte sich im Moment hauptsächlich peinlich berührt. Er murmelte einen Dank als Bifur ihn schließlich befreit hatte und begann seine Sachen zu überprüfen und eine Schicht nach der anderen überzustreifen.

Ein kollektiver Seufzer des Verlustes ging durch die versammelten Zwerge, was Bilbo nur einen düsteren Blick entlockte. Balin hielt ihm die Hand hin und half ihm vom Bett. Bilbo teste für einen Moment, ob er sicher war alleine stehen zu können, dann nickte er Balin zu und wartete darauf, dass auch Bifur sich zu den anderen gesellte.

Dori war inzwischen damit fertig seinem kleinen Bruder Vorwürfe zu machen und stattdessen dazu übergegangen sein Haar erneut zu bändigen, was Nori kommentarlos über sich ergehen ließ. Bilbo dagegen erinnerte sich nur zu gut was das letzte Mal passiert war als es um Noris Haare gegangen war und wandte schnell den Blick ab. Dabei fiel sein Blick auf Bofur der gedankenverloren seinen Kamm in Händen hielt und ihn musterte als würde er alle Geheimnisse des Universums kennen. Bilbo verdrehte die Augen.

„Lass mich das machen“, sagte er dann einem Impuls folgend und nahm Bofur einmal mehr den Kamm aus der Hand. Der stutzte kurz, dann machte sich ein Lächeln auf seinen Gesichtszügen breit und er drehte sich um und ging ein wenig in die Knie, damit Bilbo besser an sein Haar herankam. Der Hobbit entwirrte die dunklen Strähnen so gut er konnte, verkniff es sich aber einmal mehr hindurch zu streicheln und flocht stattdessen dieselben Zöpfe hinein, die er vor gar nicht allzu langer Zeit gelöst hatte.

Bofur bedankte sich und setzte glücklich seine Mütze wieder auf, bevor er darauf bestand, dass Bilbo den Kamm behielt. Schließlich wusste man nie wann so etwas einmal nützlich werden würde.

Der Weg nach Erebor kam Bilbo deutlich länger vor als beim letzten Mal als er ihn zurückgelegt hatte, allerdings waren seine Erinnerungen daran, wie es ihm gelungen war von Erebors Fronttor, nach Thal hinein zu kommen und von dort aus auf den Rabenberg zu steigen, doch eher verschwommen. Nun jedoch bewegte er sich in einer schier endlosen Karawane aus Zwergen vorwärts, die all ihr Hab und Gut auf die wenigen Wagen geladen hatten, von denen Bilbo annahm, dass sie sie entweder noch vor Ort gebaut hatten, oder den Elben gestohlen, so dass jeder, der dazu in der Lage war, auf seinen eigenen zwei Beinen, auf den Berg zu marschierte.

Das galt auch für Bilbo, allerdings galt es nicht für Thorin, was der König unter dem Berge nach Balins Schilderung zu schließen alles andere als gut aufgenommen hatte. Wenn Bilbo sich anstrengte, konnte er Thorin in der Ferne auf dem Rücken einer Kampfziege sehen und er meinte sogar sich einzubilden, dass er sehen konnte wie der Zwergenkönig bei jedem unebenen Schritt zusammenzuckte.

Thorins Wunden waren gerade soweit geheilt, dass Oin nicht mehr dagegen ankam, wie sehr der Zwerg zurück in seinen Berg wollte, auch wenn er es Kili und Fili zuliebe wohl noch ein wenig hinausgezögert hatte, die im Gegensatz zu Thorin nicht zu stolz dazu waren sich in einem der Wagen durchschütteln zu lassen.

Bilbo hatte dankend auf das Angebot einer Ziege verzichtet. Auf einem Pony zu reiten war schlimm genug, etwas das auch nur entfernt einer Bergziege ähnelte, würde ihm gewiss nicht unter den Hintern kommen und er hatte nur einen einzelnen Wagen vorbeirucken sehen um sein Veto bei Balin einzulegen. Falls er müde wurde würde er eine Pause einlegen, das hatte jedem einzelnen seiner Zwerge versprechen müssen und insbesondere Thorin war nicht begeistert davon, dass Bilbo so weit entfernt vom Rest seines Rudels in den Berg einziehen würde.

Bilbo dagegen war ganz froh neben Bombur herzutrotten, der ein Pony führte, das einen Wagen zog, auf dem ein Haufen Kochgeschirr gestapelt war, von dem Bilbo sich allen Ernstes fragte, wie er den Weg hinaus ins Heerlager gefunden hatte, doch er war zu erschöpft um danach zu fragen.

Bombur schien es ähnlich zu gehen, obwohl das bei dem schweigsamen Koch nicht immer ganz einfach zu unterscheiden war. Bofur und Bifur flankierten sie. Bofur ein wenig vor, Bifur ein wenig hinter ihnen und Bilbo war sich sicher, dass es dabei hauptsächlich um seine Sicherheit ging, denn er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand versuchen sollte Kochtöpfe zu stehlen, während sie sich auf dem Weg zu einem Berg machten, der vor lauter Gold praktisch aus den Fugen ging.

Bilbo steckte die Hände in die Jackentaschen und versucht ein wenig Wärme zurück in seine Finger zu bekommen. Die Handschuhe, die Ori ihm gestrickt hatte, waren zwar herrlich anzuschauen und sicher auch warm genug für Zwergenhände, doch wie es schien waren Hobbits aus weniger kälteunempfindlichem Stoff gemacht.

Bilbo fröstelte. Dennoch versuchte er sich nichts anmerken zu lassen, da ihm nur zu klar war, dass Bofur oder Bombur darauf bestehen würden ihm einen weiteren Mantel oder Umhang zu leihen und er konnte sich schon unter dem Gewicht seiner eigenen Winterausstattung kaum mehr von der Stelle rühren. Immerhin war die Marschgeschwindigkeit der Zwerge eher ein Schneckentempo, so dass Bilbo immerhin nicht außer Puste geriet.

Wieder einmal stockte die Prozession vor ihnen und Bilbo hielt genauso genervt an, wie all die Zwerge um ihn herum. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte zu ergründen, was die Verzögerung verursacht hatte, doch er konnte nichts sehen. Nicht nur weil er mindestens einen Kopf kleiner war, als die Leute, die ihn umgaben, sondern auch, weil sie sich gerade in einer der vielen Senken befanden, die man von Erebros Mauern aus fast nicht wahrnahm, die einem aber aus der Nähe betrachtet ständig den Überblick versperrten, wenn man nicht gerade auf dem Rücken eines Adlers unterwegs war.

Die Prozession setzte sich wieder in Gang und Bilbo hörte zum wiederholten Male, wie Bombur auf das zunehmend unwilligere Pony einredete, um es dazu zu bewegen wieder einen Huf vor den anderen zu setzen. Der Hobbit konnte sich nur zu gut ausmalen, dass auch diese paar Sekunde wie eine Welle durch den Rest der Karawane gingen, die ihnen noch folgte und er fragte sich im Stillen wie es wohl sein mochte mit einem Zug wie diesem eine längere Strecke zu bewältigen, wie es Dains Soldaten zweifellos getan hatten, um sie alle noch rechtzeitig zu erreichen.

Wenn er es richtig bedachte, waren die Eisenberge zwar nicht allzu weit entfernt, aber doch weit genug, dass die Disziplin, die von Nöten war um einen Haufen Soldaten geordnet von einem Ort zum anderen zu bringen, ihm im Nachhinein noch Respekt abforderte.

Unendlich langsam wurde Erebor in der Ferne größer. Bilbo wusste nicht, ob das die Richtung war aus der die Gemeinschaft sich das erste Mal dem einsamen Berg genähert hatte, doch das Gefühl der Nostalgie, das ihn überkam als er den Berg wieder vor sich sah, hatte er nicht erwartet.

So viel Schlimmes war in Erebors Hallen geschehen, dass er sich kaum mehr daran erinnern konnte, was für ein Triumphgefühl es gewesen war, die versteckte Tür zu finden. Den Berg zu betreten und ihn schließlich aus den Klauen des Drachen zu befreien, auch wenn Bilbo dazu seiner Meinung nach nicht allzu viel beigetragen hatte, so hatte er doch für sein Leben gelernt, dass man einem lebenden Drachen nicht ins Gesicht lachte und diese Lektion würde er uneingeschränkt an seine Kinder und Kindeskinder weitergeben.

Bei diesem Gedanken legte er beinahe unbewusst eine Hand auf seinen Bauch und malte sich aus wie es wohl sein würde, wenn er zum ersten Mal das kleine Leben, das da in ihm heranwuchs, spüren würde, mehr als nur das leise Flattern wie von Schmetterlingsflügeln in seinem Inneren, sondern einen richtigen Tritt.

Chapter 9: Kapitel 9

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Kapitel 9

Als Bilbo schließlich durch die weit geöffneten Tore trat, die anstelle des Schuttberges installiert worden waren, den erst Smaug und dann Thorins Aktion mit der Glocke hinterlassen hatten, war es beinahe schon Abend.

Zu sagen, der Tag sei wie im Fluge vergangen, war alles andere als zutreffend. Bilbo hatte sich schon lange nicht mehr so sehr gelangweilt wie auf der kurzen Strecke zwischen Heerlager und Berg, doch immerhin hatten sie es bald geschafft. Bilbo war sich nicht sicher welche Art von Quartier Balin für ihn geplant hatte, doch er hätte wissen können, dass der alte Zwerg so etwas nicht dem Zufall überließ.

Großväterlich lächelnd stand Balin selbst in Erebors Eingangshalle und dirigierte zusammen mit Ori und einigen weiteren Helfern die Neuankömmlinge in die richtige Richtung. Bilbo bekam ein Zwinkern und einen kurzen Klaps auf die Schulter, bevor einer der Zwerge von Balin angewiesen wurde seinen Platz einzunehmen, eine Liste in die Hand gedrückt bekam und sich mit einer Verneigung an die Arbeit machte.

Balin dagegen hakte sich bei Bilbo unter und lotste den Hobbit durch einen wahren Irrgarten an Gängen, von denen Bilbo zwar sicher war, dass er einige davon schon einmal passiert hatte, die er aber dennoch im Leben nicht wiedererkennen würde, zu einer Flucht von Räumen, die Bilbo mit einigem Entsetzen als die Königlichen Appartements erkannte.

Diese erkannte er wieder, aber auch nur, weil Thorin selbst, in einem seiner wenigen wachen Momente, während seiner Goldbesessenheit, ihm diese Zimmer gezeigt hatte. Die Räume waren in erstaunlich gutem Zustand, zumindest, die die Bilbo bisher gesehen hatte, wobei Thrors Zimmerflucht wohl eine Ausnahme darstellte, da der alte Zwergenherrscher zu viel Gold in seinen Räumen gebunkert hatte, um der Gier eines Drachen zu entgehen.

Balin führte Bilbo an zwei Zwergenwachen vorbei, die salutierten als sie Balin erkannten, um mehrere Ecken und durch einige weitere Türen, so dass Bilbo das Gefühl bekam einen Palast im inneren eines Palastes zu erkunden, um schließlich vor einer Tür halt zu machen. Bilbo trat ein und blickte sich anerkennend um.

Wer auch immer dieses Zimmer eingerichtet hatte, hatte dabei seinen Hobbitgeschmack im Auge behalten. Die wenigen Möbel sahen eher bequem als extravagant aus und der Teppich vor dem Kamin war zwar etwas von Motten in Mitleidenschaft gezogen, doch er war ein angenehmer Kontrast zum ewig kalten Stein des Berges.

Bilbo ließ seinen Rucksack neben einem Sessel zu Boden fallen und setzte sich mit einem Seufzer hinein. Jemand hatte ein Feuer in seinem Kamin entzündet und egal wer es gewesen war, Bilbo war ihm aufrichtig zu Dank verpflichtet.

„Ich hoffe das hier ist annehmbar“, bemerkte Balin und Bilbo schlug die Augen auf um ihn ungläubig zu mustern.

„Annehmbar? Das hier ist wundervoll. Richte meinen Dank aus, wer auch immer es eingerichtet hat.“ Balin schmunzelte und strich sich über den Bart.

„Das hier ist sozusagen erst der Anfang. Ein Bereich um hin und wieder Gäste zu empfangen würde ich meinen. Komm ich zeige dir den Rest.“ Bilbo rappelte sich auf und folgte Balin durch eine von mehreren Türen, die er zuvor nicht bemerkt hatte.

Das Schlafzimmer war grade groß genug für das alternde Himmelbett darin, die Leinen sichtlich ebenso alt wie das Bett selbst, doch alles war so gut es ging vom Staub befreit worden. Bilbo nickte verständnisvoll als Balin ihm erläuterte, dass das Badezimmer noch nicht wieder in Stand gesetzt worden war, anscheinend war selbst Zwergenarchitektur dem Zahn der Zeit unterlegen zumindest wenn ein Drache sich in ihr breit machte. Dafür sah die Küche so aus, als würde sie einmal das Herzstück von Bilbos neuer Wohnstatt werden. Nur eine Sache störte ihn doch.

„Wo werdet ihr alle schlafen?“, fragte er und Balin stutzte. Der alte Zwerg musterte den Hobbit eindringlich, dann führte er ihn durch eine weitere Tür in ein angrenzendes Zimmer. Es war leer, aber groß und auf dem Boden sah man noch die Abdrücke eines großen Möbelstücks, das hier einmal gestanden haben mochte.

„Es ist lange her, dass es ein Rudel innerhalb der Königsfamilie gab“, erklärte Balin und betrachtete Bilbo einmal mehr von der Seite. Bilbo nickte. Er wusste was er vor sich hatte. Das hier war ein Nest. Zwar fehlten die Decken und alles andere was ein gutes Nest ausmachte, doch die Grundvoraussetzung war gegeben. Ein Raum, der sich gut verteidigen ließ und der so tief wie möglich im Inneren der Behausung versteckt war.

„Oh ja, damit kann man arbeiten“, murmelte Bilbo, der seine Finger über den rauen Stein gleiten ließ wie er es zu Hause im Auenland mit der Erde seiner Heimat getan hätte. Natürlich hatte dieser Raum kein Fenster, genauso wenig wie die anderen Räume, die Balin ihm bisher gezeigt hatte und Bilbo war klar, dass er sich einen Raum erkämpfen musste, in dem er seinen Garten anlegen konnte und das möglichst bald.

Er wollte sich gar nicht vorstellen ein Hobbitkind ohne grün aufzuziehen, das war vermutlich sogar ganz und gar unmöglich egal wie viel Zwergenblut durch seine Adern fließen würde. Balin entspannte sich ein wenig, offenbar beruhigt von Bilbos Einverständnis. Allerdings kehrte sich das um als Bilbo in die Hände klatschte, die Ärmel aufrollte und sich erkundigte woher er einen Eimer Seifenwasser und Putzlumpen bekommen konnte.

„Es gibt Diener für solche Dinge“, beschied Balin doch Bilbo schenkte ihm nur einen langen Blick und der Zwerg sackte in sich zusammen.

„Als würde ich einfach irgendjemanden in mein Nest lassen“, stieß Bilbo hervor um Balin hob abwehrend die Hände. Er verschwand mit einer kurzen Entschuldigung und kehrte wenig später mit den Dingen, die Bilbo verlangt hatte zurück, Bofur auf den Fersen. Beide Zwerge waren sich einig, dass es ganz und gar unmöglich war, dass der Omega selbst auf Händen und Knien den Staub der letzten Jahrzehnte entfernen würde, also ließ Bilbo sich dazu überreden Anweisungen zu geben, während die Zwerge putzten.

Er fühlte sich zwar nicht wohl dabei, aber er kam nicht gegen die geballte Sturheit seiner Rudelgefährten an. Einige Zeit später tauchten Bifur und Gloin auf um nach dem Rechten zu sehen. Woraufhin sich Bilbo aus dem Zimmer verfrachtet und auf den Weg ins Zimmer der Prinzen geschoben sah, wo er besser aufgehoben war und außerdem ein Auge auf die beiden haben konnte, bei denen Langeweile nur zu Unfug führen konnte.

Bilbo war zwar klar, dass das nur eine Ausrede war um ihn weiterhin davon abzuhalten sich anzustrengen, aber er wusste auch, dass seine Zwerge es gut meinten. Außerdem war er schon den ganzen Tag auf den Beinen gewesen und Staubwischen hatte nie zu seinen liebsten Beschäftigungen gehört, erst recht nicht den Staub von mehreren Jahrzehnten.

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Bilbo setzte sich auf Filis Seite ans Bett der Prinzen. Offenbar hatte jemand beschlossen, dass es vertane Zeit war die beiden in verschiedenen Betten halten zu wollen und sie einfach zusammen in ein einzelnes Himmelbett verfrachtet, das so aussah als könnte es die Doppelbelastung vertragen.

Bilbo strich mit den Fingern über den Holzrahmen und war erstaunt wie glatt das Möbelstück noch war. Auch hier war offensichtlich die Putzkolonne gewesen noch bevor die Prinzen das Zimmer bezogen. Bilbo lächelte, als er sich vorstellte wie Balin eine Kompanie Zwerge mit Mopp und Besen durch die Flure führte, nur damit die Gemeinschaft einen sauberen Ort zum Schlafen hatte, doch er mochte dieses neue Arrangement zu sehr, als dass er sich beschwert hätte.

Fili blinzelte ihn an und lächelte. Bilbo lächelte zurück und nahm die Hand, die der verschlafene Prinz ihm entgegenstreckte. Ganz offensichtlich hatte die Reise die beiden mehr mitgenommen als sie sich anmerken lassen wollten. Kili zumindest schnarchte und auch Fili sah aus als würden ihm die Augen jeden Moment wieder zufallen, doch er war zu stur um Bilbo einfach so zu ignorieren.

„Komm her“, forderte er und Bilbo konnte den Drang nicht unterdrücken eine seiner goldenen Haarsträhnen zurück hinter sein Ohr zu schieben, bevor er nickte und Anstalten machte es sich neben Fili bequem zu machen. Der schüttelte jedoch den Kopf. Bilbo war für einen Moment verwirrt und auch ein klein wenig verletzt, was sich ins einem Gesicht widerspiegeln musste, denn Fili riss die Augen auf und schüttelte den Kopf, bevor er Bilbos Hand an seine Lippen führte und einen Kuss darauf hauchte.

„Hier.“ Er deutete auf den Platz zwischen ihm und seinem Bruder. Bilbo wurde feuerrot. Filis Lächeln wurde eine Spur verlockender. Bilbo schüttelte den Kopf, zog aber dennoch seine Weste aus und machte es sich zwischen den beiden Prinzen bequem.

Kaum hatte er den Kopf aufs Kissen gelegt, hatte Kili schon einen Arm und ein Bein um ihn geschlungen und schnarchte nun an seiner Schulter weiter, was zumindest ein klein wenig leiser war. Bilbos Blick wurde weich. Er streichelte dem jungen Prinzen übers Haar und murmelte ein paar Worte, bevor er ihm einen Kuss auf die Stirn drückte. Kili lächelte im Schlaf.

Auf Bilbos anderer Seite hatte sich Fili mit einiger Mühe herumgewälzt. Sein Bein steckte noch immer in einer sperrigen Schiene, von der Oin hoffte, dass sie den Knochen dazu bewegen würde gerade zusammenzuwachsen, wo sein Sturz vom Turm ihn zerbrochen hatte.

Bibo schlang einen Arm um Fili, als der einladend den Kopf hob und stieß einen tiefen Seufzer aus, als Fili quasi als Spiegelbild seines Bruders einen Arm um ihn legte. Er wusste aus Erfahrung, dass er keine Decke brauchte, wenn er so zwischen den beiden Brüdern eingekesselt lag. Bilbo streichelte beiden durchs Haar und lauschte auf Filis gleichmäßige Atemzüge, die nach einer Weile ebenfalls in sanftes Schnarchen übergingen, dann schloss er die Augen und genoss den Moment bis er selbst ebenfalls einschlief.

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Fili erwachte und wusste im ersten Moment nicht, wo er war. So ging es ihm oft seit der Schlacht der Fünf Heere. Oin sagte, das liege daran, dass er sich den Kopf gestoßen habe, doch Fili war egal, was der Grund dafür war, er konnte das Gefühl nicht leiden. Dann jedoch spürte er KIlis Hand auf seinem Arm, der ihn wohl auch noch im Schlaf festgehalten hatte und Bilbos Herzschlag unter seinem Ohr.

Er lächelte. Bilbo für sich allein zu haben, war ein seltenes Geschenk. Seit die Gemeinschaft herausgefunden hatte, dass der Omega schwanger war, hatte er ständig mindestens einen Zwerg an den Hacken wenn er Fili und Kili besuchen kam. Nicht dass Fili zu vielem im Stande gewesen wäre, was die Gesellschaft unangenehm gemacht hätte, doch er mochte es viel zu gern den Hobbit wie jetzt im Arm zu halten und im Gegenzug gehalten zu werden, um ganz damit zufrieden zu sein Bilbo mit all den anderen zu teilen.

Fili stutzte. Thorin hatte ihm mehr als einmal eingebläut, dass er sich nicht zu sehr auf die Instinkte seines Alphas verlassen durfte, wenn es um solche Themen ging. Beide, Alpha und Zwerg neigten dazu Besitzansprüche zu stellen und wenn es dabei um Personen ging, die eigene Vorstellungen und Wünsche hatten, konnte dieses Verhalten ganz schnell nach hinten losgehen. Er seufzte. Ob er Bilbo wohl zu sehr gedrängt hatte, als er ihn aufgefordert hatte zwischen ihnen zu schlafen?

Fili betrachtete Bilbos entspanntes Gesicht für einen Moment und schüttelte über sich selbst den Kopf. Bilbo hatte Filis Onkel die Stirn geboten und Thorin war der dominanteste Alpha, den Fili kannte. Bilbo würde sich wohl kaum von Fili herumschubsen lassen, der grade einmal alt genug war um als Alpha anerkannt zu werden, auch wenn die meisten Zwerge, die ihn noch als Kiesel kannte darüber nur schmunzelnd den Kopf schüttelten.

Bilbo seufzte im Schlaf und drehte den Kopf, sodass seine Nase an Filis Nacken zu liegen kam. Fili erstarrte. Es war das eine zu wissen, dass Bilbo sich wohl genug fühlte um in seinen Armen zu schlafen, doch dass der Omega instinktiv seinen Geruch suchte, um sich zu beruhigen, war etwas anderes. Etwas, das den Alpha in Fili dazu brachte stolz die Brust zu schwellen.

Fili gab einen tiefen Ton von sich und Bilbo schmolz geradezu in sich zusammen. Ein schiefes Lächeln machte sich auf Filis Gesicht breit, egal wie sehr sein Bein schmerzte, weil er in einer unbequemen Position geschlafen hatte, egal dass das Bett noch immer nach Mottenkugeln roch, das hier war perfekt und er würde es sich von niemandem nehmen lassen.

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Die nächsten paar Tage ließen sich wohl am besten als wohlorganisiertes Chaos beschreiben. Bilbo richtete sein Nest her, wobei man eher sagen sollte, dass Balin und die anderen sein Nest für ihn herrichteten, während Bilbo ein wenig abseits blieb und Anweisungen gab. Dennoch ging die Arbeit gut voran und bald schon hatte sich der Raum nach Bilbos Wünschen umgestaltet.

Der Duft nach Staub und Drache war durch den Geruch frisch geputzter Böden und Wände in die Ecke gedrängt worden und auch wenn das Bettzeug etwas muffig war und der Rest aus den gesammelten Schlafsäcken der Gemeinschaft bestand so konnte sich das Endergebnis in Bilbos Augen doch durchaus sehen lassen.

Ein tiefes Nest aus Decken und Kissen in dem er sich mit seinem gesamten Rudel ausbreiten konnte, war genau das, was Bilbo sich schon immer gewünscht hatte. Jetzt hieß es nur noch sein Rudel auch in sein Nest hineinzubekommen. Anscheinend hatten Zwerge da nämlich ein wenig andere Vorstellungen als Hobbits. Bilbo wusste nicht so recht wie er es anfangen sollte, doch er war stur genug um es immer wieder zu versuchen.

„Komm“ Bilbo zog an Bofurs Arm, doch wie üblich war der Zwerg nicht vom Fleck zu bewegen, genau wie es mit allen anderen Zwergen war, wenn sie sich nicht gerade dazu herabließen Bilbos Einfällen nachzugeben. Bofur lächelte ihn zwar an, doch Bilbo war klar, dass der Zwerg eine Erklärung erwartete, warum der Hobbit versuchte ihn von seinen Brüdern wegzuziehen. Bilbo seufzte.

„Ich will dir was zeigen“, grummelte er und endlich bewegte sich Bofur von der Stelle, auch wenn Bilbo sich sicher war einige Gesten in Iglishmek gesehen zu haben, die wahrscheinlich bedeuteten, dass der Minenarbeiter Bilbos Launen nachgab, um weiteren Hormonausbrüchen zu entgehen.

Bilbo verschränkte seine Finger mit Bofurs und hatte plötzlich das Gefühl, der Zwerg würde ihm williger folgen. Bilbo führte ihn durch eine Reihe von Gängen, die er sich mühsam eingeprägt hatte, die die Zwerge dagegen instinktiv und selbst in absoluter Finsternis navigieren konnten. Er hatte etwas gefunden und er wollte Bofurs Meinung hören bevor er etwas in sein Nest brachte, das die Zwerge nicht mögen würden.

„Was meinst du?“ Bilbo deutete auf den Wandteppich, den er entdeckt hatte, wobei entdeckt nicht ganz richtig war. Dori hatte ihm den Raum gezeigt, in dem ein ganzer Haufen Wandteppiche lagerten darunter auch der Teppich auf den Bilbo nun deutete, und ihm beschieden, er solle sich aussuchen, was ihm gut gefiel.

Bilbo war allerdings auch klar, dass Dori alles abnicken würde, egal wie gut oder schlecht es ihm gefiel, weswegen er hoffte, dass Bofur ihm eine ehrlichere Meinung geben würde, auch wenn die dem Hobbit nicht passen sollte.

Bofur bedachte zunächst Bilbo mit einem langen Blick dann widmete er sich dem Teppich, den Bilbo ausgesucht hatte. Statt sofort seine Meinung zu äußern wie der Hobbit es vermutet hätte, kniete Bofur sich jedoch hin und untersuchte das Gewebe eingehend. Bilbo war sich zwar sicher, dass alles in diesem Raum von Dori abgesegnet war, doch er fand es dennoch irgendwie angenehm, dass Bofur sich so damit beschäftigte.

„Gute Arbeit“, stellte er fest. Bilbo nickte zustimmend wobei seine Angst eher dem Bild als der Qualität gegolten hatte. „Wofür brauchst du den?“, fragte Bofur schließlich und wandte sich ein wenig ratlos an den Hobbit, der zappelte etwas herum.

„Ich dachte, er würde gut in mein Nestzimmer passen“, murmelte er schließlich und plötzlich änderte sich Bofurs Miene. Wurde weicher und wärmer.

„Sicher“, erwiderte er leise, musterte den Teppich erneut und runzelte die Stirn. „Ich werde Bifur holen, dann bringen wir ihn zusammen rüber.“ Bilbo lächelte unsicher.

„Gefällt er dir?“, fragte er dann leise und Bofur stutzte.

„Aber sicher doch, Bilbo, das ist zwar Durins Wappen, aber es ist doch ziemlich passend schließlich sind von uns Urs abgesehen alle deine Rudelzwerge Durins. Mehr oder weniger zumindest.“ Der letzte Satz war eher gemurmelt. Bilbo war fast sicher, dass die Bemerkung nicht für ihn gedacht war. Dennoch ließ Bilbo das Thema fallen. Er versuchte gar nicht erst den Zwerg davon zu überzeugen, dass er dabei helfen sollten den Wandbehang mit zu transportieren, war ihm doch ohnehin klar, dass Bofur den schwangeren Hobbit nichts Schwereres als sein Abendessen heben lassen würde.

Es dauerte nicht lange bis Bofur mit seinem Cousin im Schlepptau zurückkehrte. Die beiden Zwerge rollten den Teppich zusammen und schulterten ihn in einer Demonstration von Zwergenstärke, die Bilbo einen angenehmen Schauer über den Rücken jagte.
Er folgte den beiden Zwergen mit etwas Abstand und beobachtete nur mit wachen Augen und roten Wangen, wie die beiden Zwerge den Teppich an die Wand hefteten, wobei dem Hobbit nicht klar war wie sie das bewerkstelligten.

Das Blau von Durins Wappen gab einen angenehmen Kontrast zu dem leicht grünlichen Grau von Erebors Steinwänden und gab dem Raum, wie Bilbo gehofft hatte, eine gewisse Wärme zusätzlich zum Kaminfeuer. Er seufzte. Er würde noch eine Weile brauchen bis er sein gesamtes Rudel in diesem Raum versammeln konnte, doch zumindest hatte er ein Ziel vor Augen.

„Danke“, murmelte er als die beiden Zwerge fertig waren und streckte Bofur die Hände entgegen. Der Zwerg kam der unausgesprochenen Aufforderung nach und Bilbo nutzte seine Chance um sich an den Zwerg zu schmiegen.

Bofur gab einen überraschten Laut von sich und schlang die Arme um Bilbo, der schmolz zusammen und atmete tief ein. Bofur roch nach Leder und Rauch. Angenehm und gleichzeitig nach Zwerg und Alpha auch wenn Bofur bei weitem nicht so dominant war wie Thorin oder Dwalin.

Bifur murmelte etwas, das Bilbo nicht verstehen konnte, doch er streckte dem Zwerg eine Hand entgegnen und zog ihn in seine Umarmung mit Bofur hinein, so dass er zwischen den beiden Zwergen stand, die den Wink allmählich zu begreifen schienen.

Bilbo hätte die Situation gerne in sein Nest verlegt, doch er wusste nicht wie er das bewerkstelligen sollte, ohne dass einer der beiden wieder zu irgendeiner nichtigen Aufgabe davonstürzte, die keine Zeit für einen kuschelbedürftigen Hobbit ließ. Schließlich war es jedoch Bofur, der seinen Kopf auf Bilbos ablegte und fragte, ob er sich nicht lieber setzen wollte.

Bilbo nickte zustimmend, sorgte aber dafür, dass die beiden Zwerge ihre Stiefel loswurden, dann machte er es sich zwischen ihnen bequem und schmiegte sich gleichermaßen an Bofur und Bifur. Glücklich wieder mit seinen Zwergen vereint zu sein.

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Bilbo gab ein schniefendes Geräusch von sich und schlummerte ein. Bofur strich über Bilbos Locken und fragte sich, wie es kam, dass er so ein Glück hatte. Es war nicht so, dass er sich früher als vom Pech verfolgt gesehen hatte, doch sein Leben war recht vorhersehbar gewesen. Nichts war wirklich überraschend gewesen, während er in die Fußstapfen seines Vaters trat, in diversen Minen arbeitete und gelegentlich von einem Ort zum anderen zog.

Dann hatte Bombur seine Gefährtin gefunden und schon bald war er Onkel Bofur gewesen, glücklich damit sich gelegentlich um die Kiesel zu kümmern und ansonsten weiter seinem Leben in den Minen zu frönen. Nie hatte er, als mäßig dominanter Alpha, damit gerechnet eine Partnerin zu finden, von einem Omega hatte er nicht einmal geträumt. Genauso wenig wie von etwas anderem als dem kleinen Familienrudel, dem er angehörte.

Dann war Azanulbizar passiert und plötzlich war da Bifur. Der Alpha, der zuvor schon unberechenbar gewesen war und um den Bofur sich nun zusätzlich kümmern musste. Bombur war nicht stark genug um seinem Cousin die Stirn zu bieten, selbst Bofur hatte schließlich Probleme damit. Bombur dagegen war ein Beta und wenn Bifur den richtigen Ton anschlug, gab es nichts was der dicke Zwerg dagegen tun konnte, also war Bifur bei Bofur geblieben und damit war jede Hoffnung jemanden zu finden um seine eigene Familie zu gründen verschwunden.

Es war kein schlechtes Leben gewesen, nur eines, das nicht mehr viele Perspektiven bot. Dann war Thorin gekommen, mit seinen halbgaren Plänen von Erebor und Bofur hatte nicht zweimal nachgedacht bevor er den Vertrag unterschrieben hatte, der ihm neben Freibier auch ein Vierzehntel des Schatzes, von dem er sein ganzes Leben lang gehört hatte, versprach.

Und was war das für ein Abenteuer gewesen. Er würde noch Bombrus Enkeln davon erzählen können doch das war nebensächlich, wenn er betrachtete, was neben ihm lag.

Bilbo war ein Segen, mit dem kein Zwerg jemals gerechnet hatte. Ein Omega und nicht nur das, ein ungebundener Omega und dann auch noch einer, der ein Rudel nicht als ein Mittel zum Zweck sah, sondern der jeden einzelnen von ihnen als seinen Zwerg bezeichnete. Der jeden von ihnen als unersetzliche ansah. Der sogar bereit war Bifur als Teil seines Rudels zu sehen.

Bofurs Blick wanderte von dem selig schlummernden Hobbit zu seinem Cousin, dessen Augen genauso weich waren und auf dem Hobbit ruhten. Bilbo war ein Geschenk. Ein Geschenk, das Bofur niemals als gegeben ansehen würde und das er beinahe verloren hätte, wenn Bilbos Herz nicht groß wie ganz Erebor wäre und selbst Thorin vergeben hatte, obwohl es der Alpha in Bofurs Augen nicht verdient hatte.

Bofur war ein glücklicher Zwerg in der Tat. Bifur murmelte ein paar Worte und Bofur lächelte. Bifur hatte schließlich recht. Bofur strich wieder über Bilbos Haar. Der Omega kuschelte sich an ihn. Bofur schloss die Augen. Erebors Schätze waren in der Tat unermesslich.

Chapter 10: Kapitel 10

Chapter Text

Kapitel 10

Bilbo klopfte sich innerlich auf die Schulter, da er in seinen Augen einen vollen Erfolg gelandet hatte nachdem er Bifur und Bofur in sein Nest gebracht hatte. Er genoss die Gerüche, die nun durch den Raum waberten, nach glücklichem Omega und ebenso zufriedenem Alpha und beschloss seine selbstgewählten Ziele weiterzuverfolgen und der nächste auf seiner Liste war Balin.

Der alte Zwerg arbeitete sich in Bilbos Augen auf. Er gab alles was er konnte für Erebor, während er gelichzeitig versuchte Thorins weniger diplomatische Aktionen auszubügeln. War an allen Ecken gleichzeitig beschäftigt und wirkte dennoch so lebendig und glücklich wie nie zuvor.

Bilbo zerbrach sich für eine Weile den Kopf darüber, wie er Balin für eine Weile von seinen Pflichten entführen konnte, kam jedoch schließlich zu dem Schluss, dass der direkte Weg der beste sein dürfte und fing Balin eines Abends ab, als er gerade den Thronsaal verließ.

Balins glitzernde Augen bohrten sich in Bilbos. Der Omega zuckte mit der Nase. Seine Hand strich fast unbewusst über seinen Bauch. Inzwischen war die kleine Beule tatsächlich zu spüren.

„Kommst du mit?“, fragte er leise. Balins Augenbrauen hoben sich. Doch Bilbo spürte seine Nerven flattern bis Balin seine Hand ergriff und der kleine Knoten in seiner Brust löste sich bei diesem Hautkontakt in nichts auf. Er führte Balin zurück in die Räume, die er inzwischen als seine betrachtete.

Das Abendessen war nicht gerade üppig doch zumindest selbstgekocht. Etwas das Bilbo sehr wichtig war, auch wenn ihm selbst nicht klar war wieso und er versuchte nicht zu sehr darüber nachzudenken. Balin schien jedoch zu wissen, was in Bilbo vorging. Er ließ Bilbos Hand nicht einmal los, während sie ihr karges Mahl genossen.

Danach folgte er Bilbo in den Nestraum. Der Hobbit war sich nicht ganz sicher, was er eigentlich wollte doch auf jeden Fall wollte er alle seine Zwerge hier haben. Balin schien einmal mehr seine Gedanken zu lesen, zog seine Stiefel aus und machte es sich gemütlich. Bilbo schmiegte sich glücklich an Balin. Seine Nase im Bart des alternden Zwerges vergraben und seufzte. Das war es. Genau das hatte er gebraucht.

Balins Arm legte sich um seine Hüften. Bilbo döste vor sich hin. Balins Herzschlag unter seinem Ohr und das warme Gefühl in Sicherheit zu sein, wie eine Decke um ihn herum. Egal wie sehr Beutelsend je sein zu Hause gewesen war, nie war er so glücklich gewesen wie hier in dieser Blase, die er sich selbst geschaffen hatte, umgeben von seinem Rudel, das ihn mehr und mehr einhüllte.

Balins Duft vermischte sich mit den anderen zufriedenen Gerüchen im Raum. Egal wie viele Probleme es zu bewältigen gab, das hier war ein friedlicher Hafen in mitten eines Sturmes.

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Bilbo war sich nicht sicher, wann er angefangen hatte so viel Zeit schlafend zu verbringen, doch nach Oins grummeliger Aussage holte sich sein Körper zurück, was er während der Reise nach Erebor verpasst hatte. Bilbo grummelte doch ihm war tief in seinem Inneren klar, dass der Heiler wusste wovon er redete.

Dennach juckte es Bilbo in den Fingern nach etwas Grünem. Doch Pflanzen waren in Erebor dünn gesät. Erst recht im Winter, der jetzt mit immer größerer Kraft gegen die Hänge des Berges schlug. Damit blieb Bilbo, was das anging, nur fürs Frühjahr zu planen und weiterhin zu träumen.

Ein Glück, dass Ori zwischendurch einen Weg in die Bibliothek freimachte, wo Bilbo gern gesehen war, auch wenn er einen Großteil der Bücher nicht lesen konnte. Die Frage, ob Bilbo Khuzdhul lernen durfte, oder nicht führte laut Balin zu hitzigen Diskussionen, die immerhin dazu geeignet waren die Stimmung im Raum ein wenig zu verändern.

Dennoch war die Bibliothek ein Ort, den Bilbo genießen konnte. Bücher hatten ihm schon immer ein Gefühl von Heimat gegeben, das er auch hier fand. Egal wie wenig davon er tatsächlich lesen konnte und durfte. Ori war erstaunlich gute Gesellschaft, wenn er sein scheues Verhalten überwinden konnte.

Bilbo fand das unwahrscheinlich niedlich. Doch er sah davon ab den jungen Schreiber aufzuziehen. Stattdessen genoss er die stille Zeit und die gelegentlichen Diskussionen über Karten und Bücher und alles und nichts.

Bilbo war tief in einer Übersetzung aus dem Elbischen versunken, als er hörte wie sich jemand hinter ihm räusperte. Bilbo blinzelte und brauchte einige Zeit um sich zu erinnern, wo er war, doch dann hatte er all seine Sinne wieder beieinander und sah zu dem Zwerg auf, der ihn gestört hatte. Dori blickte missbilligend mit verschränkten Armen und wippender Fußspitze auf Bilbo herab. Der blinzelte wieder und versuchte sich zu erinnern, wann er Ori zuletzt gesehen hatte.

„Tut mir leid. Ori ist nicht hier“, sagte er schließlich. Dori gab ein Schnauben von sich. Bilbos Nackenhaare stellten sich auf.

„Ori ist längst im Bett“, erwiderte Dori und Bilbo stutzte und hielt seine Zunge im Zaum. Er versuchte zu erahnen wie lange er hier gewesen war, doch er kam zu keinem Ergebnis. „Du dagegen hast ihm vor mehr als drei Stunden versprochen gleich nachzukommen und doch finde ich dich immer noch hier.“ Bilbo kam sich wie ein gescholtenes Kleinkind vor.

„Ich bin nicht müde“, erwiderte er leise. Es war die Wahrheit. Bilbo konnte nicht schlafen. Seit er Bifur und Bofur und danach Balin in sein Nest gebracht hatte, war ihm keiner der anderen mehr gefolgt. Bilbo wusste nicht was schiefgelaufen war, doch sein Omega-hirn bestand darauf, dass es seine Schuld sein musste.

Er blinzelte wieder und diesmal musste er entsetzt feststellen, dass Tränen in seinen Augen standen. Doris Gesichtszüge entgleisten, seine Arme fielen herab und plötzlich fand sich Bilbo in Doris warmer Umarmung wieder. Er drückte sein Gesicht in Doris extravagant geflochtenen Bart. Doris Haar war weich und glänzte wie Mithril.

„Was ist denn los?“, fragte Dori unsicher. Seine Hände strichen sanft über Bilbos Rücken in dem Versuch den Hobbit zu beruhigen. Bilbo wusste selbst nicht was ihn gerade so aufwühlte, doch er hatte das Gefühl schluchzen zu müssen wie ein Schlosshund.
„Bilbo?“, fragte Dori leise und zog den Hobbit näher an sich. „Tut dir was weh?“ Bilbo schüttelte den Kopf doch die Tränen wollten nicht aufhören zu fließen. Bilbo war sich nicht sicher, wie lange sie so umschlungen dastanden, während Dori leise vor sich hinmurmelte. Schließlich bekam Bilbo sich wieder so weit unter Kontrolle, dass er gerade Sätze herausbringen konnte.

„Ich schlafe nicht mehr gut“, murmelte er leise. Dori stutzte.

„Grübelst du?“, fragte er. Bilbo schüttelte den Kopf Er war ein wenig verlegen doch er hatte zu lange den Mund gehalten.

„Ich kann nicht schlafen, wenn ich alleine bin.“ Bilbo hielt den Atem an. Dori sagte nichts. Hielt ihn einfach nur fest. Bilbo spürte seine Augenlider schwer werden.

„Soll ich Balin holen?“, fragte Dori. Bilbo runzelte die Stirn.

„Wozu?“, fragte er, ehrlich verwirrt.

„Er ist dein Beta, oder nicht?“ Bilbos Stirnrunzeln wurde noch tiefer.

„Einer davon“, erwiderte er und tippte Dori auf die Brust. „Du bist genauso mein Beta wie er.“ Jetzt war es an Dori die Stirn zu runzeln.

„Aber du hast schon Balin“, murmelte Dori lese. Bilbo schüttelte wild den Kopf.

„Das heißt doch nicht, dass ich dich und Ori und Bombur und was auch immer Kili sein wird nicht mehr als Teil meines Rudels sehe.“ Dori stutzte.

„Wirklich“, fragte Dori leise. Bilbo nickte. Inzwischen weinte der Omega wieder. Dori schwieg für eine ganze Weile. „Das ist nicht üblich“, gab Dori leise von sich. Bilbo stutzte und blickte unter Tränen verhangenen Wimpern zu ihm auf.

„Was?“, fragte er. Dori zuckte hilflos mit den Schultern.

„Zwergenrudel haben immer nur einen Beta. Wenn überhaupt“, fügte er hinzu. Bilbo war noch dabei sich mit diesem Gedanken anzufreunden, doch er konnte es nicht. Stattdessen schob er seine Hand in Doris.

„Rudel an sich sind nicht üblich im Auenland“, begann er leise. Seine Finger strichen über Doris. „Alphas gibt es unter Hobbits praktisch nicht“ Nun war es an Dori zu stutzen. „Kannst du mitkommen?“, fragte er und Dori schien mit sich zu ringen, doch er nickte dennoch. Bilbo lächelte vorsichtig.

Doris Arm um seine Schulter wirkte wie Balsam auf seiner Seele. Sie begegneten nur drei Wachen am Eingang des Palastflügels. Dori war kurz stehen geblieben, fast so als wollte er Bilbo doch allein zurücklassen. Der Hobbit jedoch verstärkte seinen Griff um Doris Hand, auch wenn er sich bewusst war, dass er keine Chance hatte den starken Zwerg von irgendetwas abzuhalten.

Doch tatsächlich blieb Dori an seiner Seite. Für einen Moment hielt Bilbo vor seinen eigenen Räumen inne. Doch er wusste, wohin er Dori einladen wollte. Sein Nest sah noch genauso einladend aus wie immer. Der Duft in der Luft war ein wenig dünn, doch er war gerade so froh, dass Dori bei ihm war, dass es ihn nur am Rande kümmerte.

Er führte den Beta zu dem Kissenlager und machte sich schlaffertig. Dori schien wieder zu zögern doch er ließ zu, dass Bilbo ihn ins Nest zog. Bilbo schmiegte sich in Doris Arme und seufzte tief. Der ältere Beta streichelte sein Haar und summte wieder vor sich hin. Bilbo fielen zufrieden die Augen zu.

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Dori wusste nicht, was er davon halten sollte. Er war eigentlich nur losgezogen, weil Ori darauf bestanden hatte, dass jemand nach dem Hobbit sah.

Guter kleiner Ori, der sich solche Sorgen machte, hatte Dori noch gedacht. Er hätte nicht geglaubt, dass Ori Recht haben könnte. Er war sicher gewesen, dass Balin sich um den Hobbit kümmern würde, so wie Bilbo den alten Beta vor wenigen Tagen entführt hatte, war wahrscheinlich der ganze Berg der Meinung, dass Bilbo Balin als seinen Beta gewählt hatte. Doch anscheinend waren die Dinge für Hobbits anders.

Dori seufzte. Balin selbst hatte ihn gewarnt, dass solche Dinge passieren würden, dass er nicht davon ausgehen konnte, dass Bilbo solche Dinge einfach wusste, die für ihn selbstverständlich waren. Dass sie alle daran denken mussten sich rückzuversichern, wenn es um die Absichten des Omegas ging und doch hatte Dori genau das Gegenteil getan. Er hatte angenommen, dass Bilbo seine Wahl bereits getroffen hatte.

Er würde mit Balin darüber reden müssen und mit Bilbo. Wahrscheinlich mit dem ganzen Rudel, wenn er so darüber nachdachte und einmal mehr klären, ob sie alle auf derselben Wellenlänge waren. Eine seiner Hände glitt ein wenig tiefer als Bilbo sich im Schlaf bewegte und ruhte nun auf dessen Bauch.

Doris Gesichtsausdruck wurde weich. Auch für den kleinen Kiesel war das wichtig, wenn seine Eltern schon nicht recht wussten, wie sie Zwergen- und Hobbitinstinkte unter einen Hut bekommen sollten wie sollte das dann erst bei einem Kind werden, das weder noch und gleichzeitig beides war?

Dori seufzte wieder und zog Bilbo enger an sich, so wie das früher immer mit Ori gemacht hatte, oder noch früher als Nori noch klein gewesen war und unschuldig. Lang, lang war das her.

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Bilbo erwachte warm und gemütlich zum ersten Mal seit Tagen. Er seufzte und kuschelte sich enger an die Zwergenbrust in seinem Rücken.

„Guten Morgen“, wisperte Dori und Bilbo drückte einen Kuss auf die Handfläche neben seinem Gesicht.

„Guten Morgen“, erwiderte er. Bilbo lächelte zufrieden und machte sich bereit für den Tag. Dori wirkte ein wenig unsicher, doch er folgte Bilbos Beispiel und bald saßen beide bei einem kargen Frühstück, wie der Rest von Erebors magerer Bevölkerung.

Der Schnee türmte sich außerhalb des Berges meterhoch. An die dürftigen Rationen hatte sich Bilbo inzwischen weitestgehend gewöhnt, auch wenn sein Hobbitmagen sich sehnsüchtig an bessere Zeiten erinnerte. Dennoch der Winter mochte noch lang sein, doch Bilbo konnte das Leben in der Erde unter seinen Füßen spüren. Begierig auf eine Chance ohne den Drachen in ihrer Mitte.

Bilbo war sich sicher, dass der Berg erblühen würde, sobald das Wetter besser würde. Jetzt jedoch hatte Bilbo weitere Pläne zu schmieden. Doris Aussage hatte ihn etwas stutzig gemacht, doch er war nicht sicher wie er die Zwerge auf die offensichtlichen Unterschiede in der Rudelbildung zwischen Hobbits und Zwergen ansprechen sollte.

Dori war noch immer an seiner Seite. Bilbo war zwar ein wenig verwundert doch im Großen und Ganzen genoss er es zu sehr Gesellschaft zu haben um sich zu beschweren. Also plauderte er munter vor sich hin, erzählte Dori von den Schätzen, die er und Ori in der Bibliothek entdeckt hatten und von den Büchern, die er sich an diesem Morgen ansehen wollte.

Vor der Bibliothek trafen sie auf Ori, der seinem Bruder einen verwirrten Blick zuwarf.

„Ori auf ein Wort“, sagte Dori und zog seinen Bruder für einen Moment beiseite. Bilbo warf den beiden einen Blick zu und ging dann schulterzuckend vor. Ori kam ein paar Minuten später mit hochverwirrter Miene nach. Dori küsste Bilbo zum Abschied auf die Stirn und ging dann seiner Wege. Bilbo lächelte ihm gedankenverloren nach, dann riss Ori ihn aus seinen Tagträumen.

„Dori hat gesagt, dass Rudel im Auenland anders sind“, murmelte der Scheiber vorsichtig, Bilbo zuckte die Schultern und seufzte.

„Weißt du, Ori, dass mag schon sein, aber da ich nicht wirklich weiß wie Zwerge Rudel bilden, kann ich dir auch nicht sagen, wo genau die Unterschiede sind.“ Ori biss sich auf die Lippe und schien mit sich zu ringen bis er schließlich zu einer Entscheidung zu kommen schien.

„Wenn du willst bringe ich dir bei, was Zwerge lernen und du zeigst mir die Hobbit Art der Dinge,“ Oris Stimme war eine Mischung aus hoffnungsvoller Erwartung und leiser Panik Bilbo stutzte, dann lächelte er unsicher.

„Ich bin nicht unbedingt ein Vorzeigeomega nach Hobbutstandards.“ Ori fielen fast die Augen aus dem Kopf, während er undefinierbare Laute von sich gab, dann sammelte er sich ein wenig.

„Also nach Zwergenstandards bist du ein ganz außergewöhnlicher Omega.“ Nun war es an Bilbo ungläubig zu gucken. Beide blinzelten für eine Weile verwirrt vor sich hin.

„Einverstanden“, sagte Bilbo schließlich.

„Was hältst du von Tee?“, schlug Ori vor und die beiden zogen sich mit einer Kanne Tee an einen der leeren Tische zurück. Weit genug ab vom Schuss, dass niemand sie überraschen würde, von Nori einmal abgesehen, doch um den rothaarigen Dieb machte Bilbo sich nun wirklich keine Sorgen.

„Darf ich mir Notizen machen?“, fragte Ori und Bilbo nickte. Dann zog er seinen eigenen Bogen Papier heran.

„Wo sollen wir anfangen?“, fragte Bilbo nach einem Moment der Stille. Ori kaute wieder auf seiner Lippe herum.

„Wie wäre es, wenn du mir erklärst, wieso du im Auenland kein guter Omega wärst?“, fragte Ori. Bilbo seufzte und nahm einen Schluck Tee.

„Im Auenland sind Omegas ziemlich häufig. Ungefähr die Hälfte aller Hobbits würden sich als Omega bezeichnen und die meisten davon haben auch die Biologie dazu.“ Ori schien ihn schon an dieser Stelle unterbrechen zu wollen, doch Bilbo war fast sicher, dass er nie zurück zum Thema finden würde, wenn Ori anfing ihn über Hobbitgeschlechter auszufragen.

„Von der anderen Hälfte sind die allermeisten Betas, mit hier und da einem Alpha. Hauptsächlich unter den Tuks und hier und da unter den Brandybucks, aber die meisten hängen das nicht an die große Glocke“ Bilbo zuckte mit der Nase und nahm einen weiteren Schluck Tee. Oris Feder flog über das Papier und schrieb absolut alles auf, was aus Bilbos Mund kam.

„Meine Eltern waren ein perfektes Paar auch wenn sie einen ganz schönen Skandal ausgelöst haben. Meine Mutter war eine der Töchter des alten Tuks, des einzigen Alphas in meiner Familie, während mein Vater der älteste Sohn der Beutlins war. Angesehene Familien, aber so weit voneinander entfernt wie man es sich denken kann. Tuks sind wild und unbedacht. Beutlins sind bedächtig und ihr Ruf ist unantastbar. Trotzdem sind meine Eltern miteinander durchgebrannt. Zwei Betas zusammen werden zwar in allen Rudeln problemlos akzeptiert, doch dass meine Mutter diejenige war, die meinen Vater gebeten hat sie zu heiraten, war Grund genug für einen Aufschrei. Erst als rauskam, dass Belladonna mehr vom alten Tuk geerbt hat als allgemein bekannt war, wurden die Stimmen leiser. Meine Mutter war schließlich respektabel genug um kein Alpha zu sein und als mein Vater dann mich bekommen hat, nickten die Leute, denn genau das war es, was ein glückliches Paar ausmachte. Ein respektabler Garten, ein Baby im ersten Jahr und kein Nachbar hat je seltsame Geräusche aus Beutelsend gehört.“

Bilbo hielt kurz inne. Oris Gesicht hatte einen Ausdruck angenommen, den Bilbo nicht deuten konnte, doch er unterbrach ihn nicht, Bilbo nahm noch einen Schluck Tee.

„Ich war anders.“, murmelte er. „Ich war immer ein Omega. Egal was die Leute sagen würden und ich habe immer von einem Rudel geträumt. Rudel sind nicht respektabel. Das Rudel des alten Tuks war eine Ausnahme, aber mit zwölf Kindern blieb ihm ja auch kaum etwas anderes übrig als ein Rudel zu bilden.“ Ori gab ein Keuchen von sich.

„Zwölf Kinder“, murmelte er dünn. Bilbo nickte.

„Nicht, dass ich etwas gegen Kinder hätte, aber ich habe mit immer vorgestellt ein Rudel zu haben, dass nicht nur aus Kindern besteht. Was übrigens auch nicht respektabel ist. Wenn es nach dem Auenland gegangen wäre, hätte ich darauf warten sollen, dass mir ein hübscher Beta, oder ein skandalöser Alpha, den Hof macht. Am besten einer mit einer hübschen Hobbithöhle und einer anständigen Familie, so dass ich anfangen könnte ein Baby nach dem anderen in die Welt zu setzen, Tomaten zu züchten und zufrieden zu sein.“

Bilbo schüttelte sich. „Ich hab nie jemanden gefunden für den ich es aufgegeben hätte meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Ich konnte mir nie vorstellen so zu leben wie meine Mutter, den Schein zu wahren und nach einem Abenteuer oder zweien zu Hause zu sitzen und nie mehr an die Welt da draußen zu denken.“ Bilbo schien tief in Gedanken zu sein. Schließlich räusperte sich Ori.

„Heißt das du magst keine Kinder?“ Bilbo riss die Augen auf. Ori hatte geklungen als wäre er den Tränen nahe.

„Oh nein, Ori, nein. Ich liebe Kinder. Und dieses hier mehr als alle anderen. Ich wollte nur nie dazu gezwungen sein nichts anderes mehr zu haben, nur weil ich ein Omega bin.“ Ori nickte doch sein Blick sagte Bilbo deutlich, dass der Beta ihn nicht verstanden hatte. Bilbo drehte seine Feder zwischen den Fingern.

„Ori, ich lehne mich ein bisschen zu sehr aus dem Fenster, aber so wie ihr alle reagiert habt, mögen Zwergenalphas und Betas ihre…Kiesel war das Wort?“ Ori nickte und runzelte die Stirn.

„Natürlich lieben wir unsere Kinder.“ Bilbo nickte.

„Im Auenland würde kein Alpha ein Baby anerkennen, das ein Omega wie ich zur Welt gebracht hat. Im Auenland würde niemand dieses Baby wollen und wahrscheinlich würde mein Großvater, oder einer seiner Söhne das Kleine nehmen und als eines der seinen großziehen. Oder sie würden dafür sorgen, dass es gar nicht so weit kommt.“ Oris Hände schlossen sich zu Fäusten.

„Bilbo, es gibt nichts Wertvolleres für einen Zwerg als Kinder. Egal ob du einem von uns die Ehre erweist Vater für dieses Kind zu sein, selbst wenn du es keinem von uns erlaubst. Absolut jeder Zwerg in diesem Berg wird dein Baby als Geschenk sehen.“ Bilbo sah staunend zu wie Ori sich in Rage redete und das nicht etwa gegen Bilbo gerichtet, sondern aus Sorge um ihn.

„Danke,“ murmelte Bilbo leise. Ori lief rot an als Bilbo nach seiner Hand griff. Für eine Weile saßen sie schweigend da. Der Tee war inzwischen abgekühlt.

„Du wolltest vorhin was fragen?“, setzte Bilbo an, doch Ori schüttelte den Kopf er zog an Bilbos Hand. Der Hobbit runzelte kurz die Stirn, ließ sich aber dann von Ori um den Tisch herumziehen. Bis er praktisch zwischen den Knien des Schreibers zum Stehen kam. Oris Wangen waren hochrot doch er hielt Bilbos Blick gefangen.

„Okay?“, fragte er unsicher als er eine Hand auf Bilbos Hüfte legte. Der Hobbit nickte und legte seine Stirn an Oris. Nach einer Weile war es Ori, der wieder anfing zu sprechen. Sein Daumen strich sanft über die leichte Rundung von Bilbos Bauch.

„Omegas gibt es unter Zwergen so gut wie gar nicht. Wir haben ohnehin so wenig Kinder. Zwei von dreien sind Jungen und ebenso viele sind Alphas. Mädchen sind schon selten und wertvoll. Prinzessin Dis ist das erste Mädchen in der direkten Linie Durins seit vielen Jahrenden. Omegas sind fast schon ein Mythos.“ Bilbo war sich nicht sicher was er mit dieser Aussage anfangen sollte, doch er spürte, dass es für Ori wichtig war diese Dinge zu sagen. Bilbo begreiflich zu machen wie erstaunlich er für die Zwerge war.

„Familienrudel sind unter Zwergen normal. Wahrscheinlich gerade, weil es so wenige gibt, die ein Rudel effektiv zusammenhalten können.“ Bilbo runzelte die Stirn. Er war nie auf die Idee gekommen, dass es ein Omega sein könnte, der ein Rudel verband, dennoch ließ er Ori weiterreden und versuchte die Dinge aufzunehmen.

„Ein Rudel wie unseres ist ungewöhnlich selbst für Zwerge. Thorin, Fili und Kili waren schon vorher ein Familienrudel mit Dis und Vili. Dwalin und Balin genau wie Oin und Gloin gehörten zu ihrem erweiterten Rudel. Sie sind Cousins, aber nicht nah genug um ohne ständigen Kontakt Rudelmitglieder zu sein.“ Bilbo konnte nicht anders als bei dem Gedanken, dass alle seine Cousins zu seinem Rudel gehören könnten zu schnauben. Ori stockte. Bilbo legte ihm eine Hand auf die Schulter und schüttelte kurz den Kopf.

„Wenn alle meine Cousins Teil meines Rudels wären, wäre das halbe Auenland dabei“, versuchte er Ori klar zu machen. Der Schreiber starrte ihn verwirrt an, „Meine Mutter war das neunte von zwölf Kindern“, erinnerte er. Ori fielen wieder die Augen aus dem Kopf.

„Zwölf“, fragte er erneut mit erstickter Stimme. Bilbo nickte.

„Sicher, nicht jeder ist so fleißig, aber Einzelkinder wie ich sind praktisch unerhört.“ Ori schluckte.

„Unsere Familie gilt als kinderreich, weil wir zu dritt sind. Dass wir verschiedene Väter haben, hat wahrscheinlich damit zu tun. Wir waren ebenfalls ein Familienrudel schon vor der Quest, aber ohne Rudelverbindung zu den anderen. Auch wenn man darüber streiten könnte, ob Balin und ich nicht irgendwann eine geformt hätten, weil Meister und Schüler das häufig tun. Aber da wir beide Betas sind geht es nicht so hopplahop.“ Bilbo nickte. Dann runzelte er kurz die Stirn und steckte dann seine Nase in Oris Kragen. Er atmete tief ein. Der Schreiber erstarrte.

„Ich will ja nicht meckern“, murmelte Bilbo. „Aber ich bin mir nicht so sicher, ob du nach Zwergenart ein Beta bist.“

„Pst“, zischte Ori und zog Bilbo enger an sich. Seine Lippen lagen praktisch an Bilbos Ohr. „Ich bin ein Beta, weil ich einer sein muss. Um von Meister Balin zu lernen, kann ich nichts anderes sein. Kein Alpha und sei er noch so jung, würde sich einem Beta als Lehrling unterordnen.“ Bilbo runzelte erneut die Stirn. Für einen Moment wollte Bilbo schon protestieren, doch dann hielt er inne.

„Soll das heißen ein Beta kann nur bei einem anderen Beta lernen? Und Alphas nur bei Alphas?“ Ori schüttelte kurz den Kopf.

„Auch ein Beta kann theoretisch bei einem Alpha in die Lehre gehen, aber hauptsächlich kommt es auf die Dominanz an.“ Wieder runzelte Bilbo die Stirn und versuchte die neuen Informationen mit dem was er von seinen Zwergen wusste, oder sich zusammengereimt hatte unter einen Hut zu bringen. Es stimmte hinten und vorne nicht, doch so wie Ori sich benahm, steckte noch mehr dahinter. Sanft malte Bilbo ein paar Blumen auf Oris Schulter dann drehte er den Kopf und sah den jungen Schreiber an.

„Angenommen da wären drei Brüder“, sagte er und Ori zuckte leicht zusammen. Seine Augen erinnerten Bilbo stark an einen Hundewelpen.

„Angenommen da wären drei Brüder. Der älteste ein Beta ohne Wenn und Aber, aber gleichzeitig auf diese Bärenmutter im Winterschlaf Art dominant“ Ori gab en ersticktes Keuchen von sich. Bilbo lächelte ebenfalls.

„Und weiter angenommen sein jüngerer Bruder wäre ein Alpha. Aber keiner wie Thorin oder Dwalin, sondern einer von diesen schlanken Hunden, die manchmal hinter Kutschen her hetzen, nicht dominant, aber gerissen genug um mit roher Stärke zu konkurrieren.“ Nun lachte Ori nicht mehr, sondern musterte Bilbo wachsam.

„Diesem jüngeren Alpha wäre es egal, dass sein großer Bruder das Rudel führt. Wahrscheinlich kennt er es gar nicht anders und solange er anderswo den Alpha herauskehren kann, ist er froh in ein zu Hause heimzukommen, wo er niemandes Anführer sein muss.“ Ori schwieg weiterhin, doch er unterbrach Bilbo nicht.

„Wenn der dritte Bruder ein Alpha wäre wie der mittlere, dann würde die Dynamik sich nicht verändern auch wenn die beiden jüngeren aneinandergeraten würden. Aber das ist er nicht. Er ist ein Alpha wie Thorin, einer der anführen will, auch wenn er nie gelernt hat wie. Und gleichzeitig“ Bilbo legte einen Finger an Oris Lippen um ihn am Sprechen abzuhalten.

„Gleichzeitig ist er eine sanfte Seele wie sein großer Bruder. Einer der niemandem wehtun will, selbst wenn er es könnte. Übrigens die beste Sorte Alpha, wenn du mich fragst und er ist jung genug, dass niemand in Frage stellt, dass er seinen ältesten Bruder führen lässt, doch in den Augen der anderen macht in das zu einem Beta. Weniger dominant als seine Brüder und ganz sicher kein Alpha, der gerade erst seine wahre Stärke erproben müsste.“ Bilbo nahm seinen Finger weg und strich über Oris Wange.

„Die einzige Frage bleibt. Ob dieser junge Alpha sich sein Leben lang verstecken will nur um niemanden zu enttäuschen.“ Ori schloss die Augen.

„Es geht nicht nur darum“, erwiderte er und nun war es Ori, der die Nase in Bilbos Haar vergrub. „Schreiber zu sein ist keine Beschäftigung für einen Alpha“, flüsterte er „Stricken ist kein Hobby für einen Alpha.“ Bilbo schloss Ori in die Arme so gut er konnte.

„Im Auenland gibt es einen Unterschied zwischen den Definitionen, wie ihr Zwerge sie benutzt. Es ist ein bisschen schwer zu erklären. Aber ich versuche es Mal. Im Auenland wärst du ein Beta, weil es das ist, was du sein willst und trotzdem wäre deine Zugehörigkeit Alpha, weil das der Geruch ist, den du hast. Für uns Hobbits ist die Entscheidung was wir nach außen hin sein wollen meist wichtiger als das was wir körperlich repräsentieren. Meine Mutter war Beta. Wollte Abenteuer erleben und backte den besten Apfelkuchen der Welt, aber in unserer Familie war sie Alpha, weil es ihrer Natur entsprach, zumindest in unserer Hobbithöhle.“

Bilbo war sich nicht sicher, ob Ori ihn verstehen würde. Er war sich nicht mal sicher, ob er selbst es ganz verstand, aber Hobbits hielten die Dinge gern einfach und meist bedeutete das, dass niemand außer ihnen verstand, was um alles in der Welt eigentlich vor sich ging.

„Soll das heißen, ich könnte Ich bleiben und trotzdem ein“, er schluckte und suchte Bilbos Blick „ein Alpha für dich sein?“ Bilbo nickte.

„Ein Rudel wie unseres würde es im Auenland nicht geben“ fing Bilbo nach einer Weile wieder an zu erzählen. Inzwischen hatte Ori ihn auf seinen Schoß gezogen und sich halbwegs bequem an die Wand gelehnt. „Abgesehen davon, dass es im ganzen Auenland nicht so viele Alphas gibt.“ Ori gab ein ungläubiges Schnauben von sich, woraufhin Bilbo ihm einen leichten Klaps versetzte. Ori grinste verschämt, doch Bilbo hatte das Gefühl, dass das Selbstbewusstsein des jungen Schreibers ins Unermessliche gewachsen war seit Bilbo mit ihm alleine war.

„Ich meinte eher ein Rudel mit vierzehn Leuten auf einer Ebene.“ Bilbo spürte wie seine Wangen aufflammten. Ori rutschte ein wenig hin und her.

„Wir sind auch unter Zwergen eher ungewöhnlich.“ Bilbo sah auf.

„Ist das gut oder schlecht?“, fragte er leise. Ori zog ihn eng an sich.

„Gut, auf jeden Fall gut. Ein Rudel mit mehr als drei Alphas zusammenzuhalten, ist unglaublich schwierig. Deswegen braucht jedes Rudel einen Beta. Zum Ausgleich. Mehr als einen Beta zu haben, ist ungewöhnlich. Unter Zwergen gelten Betas nicht so viel wie Alphas.“ Bilbo gab ein ungläubiges Geräusch von sich.“

„Deswegen sind wir so dankbar für dich. Wobei die Betas unter uns immer noch halb erwarten, dass du uns fallen lässt.“ Bilbo schlang seine Arme um Oris Hals.

„Ich würde nie einen von euch aufgeben“, murmelte er. Seine Lippen streiften Oris Schläfe. Der junge Schreiber erschauderte „Im Auenland würden sie sagen ich sei zügellos, oder schamlos. Ein Rudel wie unseres. Sie würde sagen ich sei eine Hure.“ Nun war es an Ori einen Kuss auf Bilbos Wange zu hauchen.

„Sag das nicht. Du bist ein Geschenk.“ Für eine kleine Weile schwiegen beide, jeder versunken in seine eigenen Gedanken.

„Ori?“

„Ja?“

„Wollen wir das hier in mein Nest verlegen?“ Oris Wangen wurden flammend rot. Bilbo brauchte einen Moment um die Doppeldeutigkeit zu hören.

„Ori“, quietschte er bevor er zu kichern anfing. Er brauchte mehrere Anläufe um von Oris Schoß zu steigen, dann hielt er ihm die Hand hin. Ori verschränkte seine Finger mit Bilbos. Mit hocherhobenem Kopf, aber immer noch feuerroten Wangen führte Bilbo Ori durch die Gänge zurück in sein privates Reich.

Wie üblich folgten ihm die Blicke sämtlicher Zwerge doch inzwischen begann Bilbo zu verstehen, dass diese Blicke nicht feindlich gemeint waren, sondern er sah etwas wie Verwunderung oder sogar Staunen in den Augen diese Zwerge. Sicher gab es auch jene die ihm mir Abneigung begegnen würden, doch Bilbo kam langsam aber sicher zu dem Schluss, dass die Dinge in Erebor anders waren als im Auenland. Nicht besser oder schlechter aber anders.

Chapter 11: Kapitel 11

Chapter Text

Kapitel 11

Nori beobachtete Bilbo mit seinem kleinen Bruder. Es war erstaunlich, wie einfach es doch war sich an den Hobbit heranzuschleichen. Er konnte nicht anders als auf seinen kleinen Bruder acht zu geben. Doch was er dann zu sehen und vor allem zu hören bekam hätte er so nicht erwartet. Erst recht hätte er nicht erwartet, dass Bilbo herausbekommen würde, dass Ori nicht durch und durch der Beta war für den er sich ausgab. Wobei Nori die Schauspielkünste seines Bruders durchaus bewundern musste.

Was er noch weniger erwartet hatte, war die simple Akzeptanz mit der der Hobbit reagierte. Kein Drama kein Geschrei keine Anschuldigungen, nicht dass der Hobbit dazu neigte Szenen zu machen, dennoch hatte Nori mit irgendetwas gerechnet. Zumindest damit, dass Bilbo sich ein wenig Zeit ausbitten würde, um über die Dinge nachzudenken. Jedoch hatte er beim besten Willen nicht damit gerechnet, dass der Omega auf Oris Schoß klettern würde um sich anzuschmiegen.

Ein eigenartiges Gefühl machte sich in Noris Magen breit. Nie zuvor hatte er gesehen wie sein kleiner Bruder von jemandem akzeptiert wurde, so wie er war. Selbst bei Balin war Nori sich nicht sicher, dass der alte Beta sich Ori gegenüber noch genauso großväterlich zeigen würde, wenn er wüsste was der junge Lehrling vor ihm versteckte, doch vielleicht tat Nori ihm auch Unrecht.

Als die beiden schließlich aufbrachen, folgte Nori ihnen ungesehen in einigem Abstand und hielt erst inne als sie Bilbos Zimmerflucht erreichten. Nori war bisher nicht offiziell eingeladen worden und er würde sich mit Sicherheit nicht aufdrängen. Doch auf der anderen Seite, nachdem was er gerade belauscht hatte, mochte es durchaus sein, dass Bilbo gar nicht klar war, dass kein Alpha, der auch nur einen Hauch von Ehre besaß jemals uneingeladen ins Revier eines Omegas eindringen würde.

Nori stutzte. Ob Bilbo klar war wie niedergeschlagen zwei Drittel der Gemeinschaft gewesen waren als ihnen klar geworden war, dass Bilbo sie in Beutelsend nicht nur nicht erwartet hatte, sondern dass sie sich allesamt im Revier eines Omegas breit gemacht hatten. Nori lehnte sich an die Wand und begann mit einem seiner Messer zu spielen.

Niemand würde ihn hier entdecken, oder gar überraschen, doch er hatte einiges über das er nachdenken musste. Nicht zuletzt darüber, dass er ein wenig eifersüchtig darauf war, dass sein kleiner Bruder gerade in Bilbos Nest war und er noch immer keine Ahnung hatte wie ebenjener Raum von innen aussah.

Nori seufzte und vertrieb die unnützen Gedanken. Er hatte noh genug andere Dinge zu tun.

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Bilbo erhob sich nach einem gemütlichen Nickerchen in Oris Armen und genoss die Tatsache, dass sich Oris Duft zu den anderen gesellt hatte. Er hätte das Kaleidoskop an Gerüchen, das ihn auf der Reise umgeben hatte, geliebt und er würde schon noch dafür sorgen, dass ihn dieselben Duftmischung auch hier einhüllte.

Ori sah so zufrieden aus wie Bilbo sich fühlte und Hand in Hand machten sie sich auf die Suche nach etwas Essbarem.

Bilbo lehnte noch immer an Oris Schulter, während er an einer Scheibe Zwieback knabberte als Nori sich plötzlich auf seiner anderen Seite materialisierte und einen Arm um seine Schultern schlang. Bilbo schenkte dem rothaarigen Zwerg ein breites Lächeln und bot ihm einen Bissen von seinem Zwieback an.

Nori verzog das Gesicht zu einer Grimasse und stibitzte dann eine der Bohnen von Oris Teller, die der junge Schreiber ohnehin übriggelassen hätte. Bilbo war sich für einen Moment der Tatsache sehr bewusst, dass er zwischen zwei Alphas saß, doch da Nori keinerlei Anstalten machte seine Dominanz herauszukehren, sondern wie üblich still und leise wie ein Schatten an Bilbos Seite blieb, solange sie in der Öffentlichkeit waren, entspannte sich der Hobbit wieder und ließ seine freie Hand unter dem Tisch nach Noris suchen.

Ein Lächeln erschien in Noris Mundwinkeln. Bilbo war sich zwar nicht sicher, was den Dieb an seine Seite geführt hatte, doch er mochte Nori gern und genoss die Gesellschaft, obwohl er ein wenig Sorge hatte, dass Ori einen Teil seiner mühsam erkämpften Unbeschwertheit verlieren würde.

Der Raum war nur spärlich besetzt. Vielleicht half das dabei, dass beide Gebrüder Ri sich wohl fühlten. Ori seufzte.

„Balin will mich im Thronsaal haben. Irgendetwas, dass zwei Schreiber benötigt.“

„Oh“ Bilbo beugte sich zu ihm herüber und rieb seine Nase an Oris in einem traditionellen Hobbitgruß. Ori blinzelte und errötete, doch er machte sich auf den Weg, Bilbos Blick folgte ihm durch den Raum und ein weiterer Seufzer entkam ihm, wobei er für einen Moment vergaß, dass Nori neben ihm saß.

„Wenn ich nicht wüsste, dass du es ehrlich meinst, würde ich dir was erzählen dafür, dass du meinem Bruder so hinterher sabberst.“

Bilbo zuckte zusammen. Er schaute vorsichtig zu Nori auf, doch der Dieb sah nicht wütend aus eher nachsichtig. Bilbo blinzelte doch er wandte sich nicht ab. Nori erwiderte seinen Blick und kam näher. Anders als bei Ori kam Bilbo sich sofort gejagt vor. Ein Schauer lief über seinen Rücken hinab und ihm wurde warm.

Noris Grinsen wurde breiter seine Finger strichen über Bilbos Taille doch als er zugreifen wollte, hatte Bilbo die Chance genutzt und war aufgesprungen. Er hatte zwei Schritte Abstand zwischen sich und den Alpha gebracht und den Kopf schief gelegt. Er war sich nicht sicher, ob Zwerge genauso spielten wie Hobbits unter sich doch etwas in ihm drängte ihn dazu Nori dazu zu bringen ihn zu jagen.

Nori erwiderte seinen Blick und runzelte die Stirn. Bilbo war sich schon sicher einen Fehler gemacht zu haben, doch dann erhob sich Nori langsam, streckte die Arme über den Kopf und ließ einige seiner Gelenke knacken, dann machte er einen lässigen Schritt auf Bilbo zu. Der Hobbit schauderte. Noris Nasenflügel blähten sich und sein Grinsen nahm eine raubtierhafte Qualität an.

„Lauf nur“, murmelte Nori und seine Stimme strich wie ein Reibeisen über Bilbos Haut. Der Hobbit schauderte wohlig, drehte sich um und eilte davon. Ihm war bewusste, dass Nori ihn in Sekunden eingeholt haben könnte, wenn er wollte. Doch er hoffte zu sehr, dass der Zwerg genauso Spaß an dem Spiel hatte wie er. Er warf einen Blick über die Schulter und sah, dass Nori hinter ihm her stolzierte. Sein Blick wanderte offensichtlich über Bilbos Hinterteil, sein Grinsen war breit, doch seine Augen waren sanft. Bilbo stockte der Atem.

„Wolltest du nicht laufen?“, fragte Nori als er zu Bilbo aufgeholt hatte. Der Hobbit schluckte. Ja, er hatte dieses Spiel begonnen doch er war sich ganz sicher, dass er es nicht ausreizen wollte. Bilbo nickte und streckte die Hände aus, seine Finger strichen über Noris Brust hinauf in seinen Bart und zu seinem Nacken.

Der Dieb schloss die verbliebene Distanz zwischen ihnen und Bilbo spürte seine Wärme rund um sich herum. Mit einem wohligen Schauer schmiegte sich Bilbo in Noris Arme. Ein wohliges Grollen kam aus Noris Brust und wieder ging das Geräusch durch Bilbos Körper wie ein heißes Messer durch Butter.

Bilbo stellte sich auf die Zehenspitzen und drücke seine Lippen auf Noris Kehle. Nori brummte zustimmend und begann Bilbo vor sich her zu drängen. Der gab ein protestierendes Geräusch von sich und Nori hielt inne.

Noris Blick fing Bilbos ein. Dann beugte er sich hinab und drückte einen Kuss auf Bilbos Lippen. Der schmolz regelrecht in sich zusammen. Dann stahl sich Noris Arm unter Bilbos Po. Der riss die Augen auf und gab ein Quietschen von sich, doch Nori hatte ihn schon hochgehoben. Mit der Wahl konfrontiert zu zappeln, oder sich zu fügen, schlang Bilbo Arme und Beine um seinen Alpha und nutzte die Situation in vollen Zügen aus.

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Nori zog scharf die Luft durch die Zähne ein. Er hatte mit vielem gerechnet aber nicht damit, dass Bilbo ihn zu einer Jagd auffordern würde. Er kannte Geschichten über derlei Spiele aber nie hätte er sich träumen lassen einmal der Alpha auf der Pirsch zu sen. Wohlwissend, dass Bilbo nicht wirklich entkommen wollte.

Bilbo wirkte eher als sei er ein wenig überrascht von seiner eigenen Courage. Wieder spürte Nori kleine scharfe Hobbitzähne an seinem Ohrläppchen und wieder atmete Nori zischend ein. Den Hobbit auf den Arm zu nehmen, war ihm wie eine brillante Idee vorgekommen, doch jetzt wurde es allmählich schwierig für Nori seine Koordination zu behalten.

Auch wenn er schon unter den schlimmsten Umständen die Nerven behalten hatte, doch einen sich wohlig räkelnden Omega in den Armen zu halten, war eine Ablenkung, die Nori so noch nie gespürt hatte. Ein Glück, dass Bilbos Flucht ihn ohnehin in die königlichen Gemächer geführt hatte, die Wachen erkannten Nori und der Dieb wusste hinter welcher Tür sich Bilbos Reich befand.

Nori fummelte mit dem Türknauf, während Bilbo sich an den Verschlüssen seiner leichten Rüstung zu schaffen machte. Bilbo war inzwischen deutlich geschickter mit Zwergenkleidung geworden. Nori stieß einen Fluch aus als die Tür sich endlich öffnete. Er kannte die Zimmerflucht die Bilbo sein Eigen nannte. Doch in letzter Zeit war er nicht mehr hier gewesenem, selbst er wusste es besser als sich einem Omega aufzudrängen. Jetzt jedoch lagen die Dinge anders.

Bilbos Himmelbett war einen Raum weiter. Nori runzelte die Stirn. Er war für einen Moment nicht sicher was ihm komisch vorkam, doch dann wurde ihm klar, dass der Raum nicht aussah als würde irgendjemand hier schlafen.

Nori setzte Bilbo auf dem Bett ab. Immerhin stieg keine Staubwolke auf. Nori runzelte die Stirn. Bilbo blinzelte zu ihm auf. Er sah zum Anbeißen aus, doch immer noch war Noris Hinterkopf mit anderen Dingen beschäftigt. Bilbos Hand schob sich in seine. Er schaute zu ihm herab.

„Wir müssen das nicht tun, wenn du nicht willst“, murmelte er seine Augen waren groß und sahen etwas feucht aus. Nori zog Bilbo an sich, vergrub den Kopf in seinem Nacken.

„Keine Tränen. Glaubst du wirklich ich bin gegen meinen Willen hier?“ Nori grinste und drückte Bilbos Hand in seinen Schoß. Der Omega quietschte doch sein Gesicht entspannte sich, während seine Finger wieder anfingen auf Entdeckungsreise zu gehen.

„Was ist es dann?“, fragte er leise und drückte einen Kuss auf Noris Schulter, die er inzwischen aus seiner Tunika befreit hatte. Nori schluckte. Es fiel ihm zusehends schwerer seine Gedanken beieinander zu halten.

„Du schläfst nicht in diesem Bett“, brachte er dann hervor und drückte den Omega rückwärts in die Kissen. Bilbo stöhnte und schüttelte den Kopf.

„Später“, knurrte er und zog Nori an sich.

„Später.“

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Bilbo hatte Nori in sein Nest gebracht nachdem er wieder geradeaus laufen konnte. Er war nicht sicher weshalb es ihm falsch vorgekommen war sein Nest auf diese intime Art mit Nori zu teilen, doch er war nicht gegen sein Unterbewusstsein angekommen, das darauf bestand, dass ein Nest für Schlaf und Geborgenheit da war und für nichts anderes. Kein Essen, keine Stiefel und kein Sex, könnte vielleicht der Leitspruch für die Dinge werden, die Bilbo in seinem Nest nicht haben wollte, doch er war sich nicht sicher, ob er diese Aussage über die Lippen bringen würde, wenn einer seiner Zwerge direkt vor ihm stand.

Mit Noris zufriedenem Alphaduft hatte sich das Nest wieder ein Stück weiter in die Richtung entwickelt, die Bilbo haben wollte. Einen Ort an dem sein ganzes Rudel zur Ruhe kommen konnte und nach den Informationen, die er mit Ori ausgetauscht hatte, war er inzwischen zu der Erkenntnis gekommen, dass er, was dieses Rudel anging, ebenso blind agierte, wie der Rest seiner Zwerge, was es ihm paradoxerweise leichter machte zu tun wonach ihm der Sinn stand.

Wenn er ohnehin jede Konvention allein dadurch brach, dass er ein Omega war, dann konnte er es ebenso gut zu seinen Bedingungen tun und sich dabei wohlfühlen. Sollten die Zwerge ruhig denken, dass er die Dinge auf Hobbitart anpackte, solange es ihm in den Kram passte, würde er diese Annahme gewiss nicht korrigieren.

Abgesehen von seinen eigenen Rudelgefährten ging es schließlich niemanden an, warum er dies oder das so machte und nicht anders. Der Einblick, den er Ori gewährt hatte, war tiefer gewesen als er jemals geplant hatte und wahrscheinlich wusste Ori im Moment mehr über die Einwohner des Auenlandes als sämtliches großes Volk zusammengenommen, vielleicht mit einer Ausnahme für Gandalf, doch selbst der weise, alte Zauberer sagte immer wieder, dass Hobbits ihn auch nach all den Jahren noch zu überraschen verstanden.

Bilbo drehte sich zur Seite und beobachtete unter gesenkten Lidern wie Nori sich aus dem Bett stahl. Er hatte nicht damit gerechnet, dass der Alpha es allzu lange an einem Ort aushalten würde nachdem er sich ausgeschlafen hatte, doch er war zugegebenermaßen ein wenig enttäuscht davon, dass Nori ihn nicht geweckt hatte, doch vielleicht würde er das noch tun.

Stattdessen setzte sich Nori schwer auf die Bettkante und schien für eine ganze Weile ins Leere zu blicken. Bilbo runzelte die Stirn. Er gab es auf so zu tun als wäre er nicht längst wach und robbte zu Nori herüber. Der ließ sich nicht anmerken, ob er ihn bemerkt hatte oder nicht, doch als Bilbo die Arme um seine Mitte legte, zuckte er zumindest nicht zusammen und Bilbo bekam auch keines der zahllosen Messer zu spüren, die der Dieb ganz sicher unter seiner Kleidung verborgen hatte.

„Was ist los?“, fragte Bilbo leise und streichelte dabei sanft über Noris Oberschenkel. Seine Position war auf die Dauer nicht gerade bequem, doch mit dem Duft seines Alphas in der Nase konnte er eine ganze Weile darüber hinwegsehen.

„Wieso bin ich hier?“, fragte Nori ebenso leise zurück. Bilbo runzelte wieder die Stirn.

„Ich hab dich eingeladen“, sagte er dann, unsicher worauf Nori hinauswollte. Der seufzte und legte eine Hand auf Bilbos.

„Ja.“ Er schien noch mehr sagen zu wollen, überlegte es sich dann aber scheinbar anders. Bilbo setzte sich auf und legte das Kinn auf Noris Schulter, während er ihn von hinten umarmte. Seine Nase vergrub der Hobbit in Noris Kragen und wühlte solange bis er wieder Haut spürte statt Stoff und Leder. Nori hielt ihn nicht davon ab, legte sogar den Kopf zur Seite um Bilbo besseren Zugang zu gewähren.

Bilbo drückte einen Kuss auf seinen Hals. Nori gab ein zustimmendes Geräusch von sich, doch der Hobbit wusste, dass er sich dieses Mal nicht ablenken lassen sollte, nicht wenn er eine Antwort erhalten wollte. Dennoch wusste er nicht recht wie er an Noris Gedanken herankommen sollte, ohne eine der unsichtbaren Grenzen zu überschreiten, die der Dieb an allen Enden und Ecken um sich herum aufgestellt hatte. Noris Finger legten sich wieder auf Bilbos und der Hobbit gab einen wohligen Seufzer von sich.

„Wieso hast du mich hergebracht?“, fragte er leise. Bilbo hätte es wahrscheinlich nicht gehört, wenn seine sensiblen Hobbitohren, oder zumindest eines davon nicht beinahe in Noris Mund gesteckt hätte.

„Was meinst du damit? Ich bin gerne mit dir zusammen, du bist mein Alpha, wieso sollte ich dich nicht in meinem Nest haben wollen?“ Bilbo war ehrlich verunsichert. Er hatte bisher eigentlich angenommen, dass seine Beziehung zu Nori stabil war, dass er sich darauf verlassen konnte, dass der Dieb immer da war, wenn er ihn brauchte doch jetzt schien auf einmal Nori der Unsicher zu sein. Bilbo war verwirrt.

Nori drehte sich halb zu ihm um. Bilbo ließ ihn, was dazu führte, dass er sich praktisch auf dem Schoß des Alphas wiederfand. Nichts was er noch nie getan hätte, auch nichts was sie nicht vor wenigen Stunden in Bilbos Bett nicht um Längen überboten hätten und doch entrang sich Bilbos Kehle ein leises Wimmern und er schmiegte sich einmal mehr an Nori als gäbe es nichts Besseres auf der Welt als in seinen Armen zu versinken. Wenn er genauer darüber nachdachte, war das allerdings auch der Fall.

„Dein Alpha?“, fragte Nori und Bilbo konnte eine Spur von Unglauben darin hören. Bilbo nickte.

„Natürlich bist du mein Alpha. Glaubst du ich würde jeden beliebigen Zwerg in mein Nest lassen?“, fragte er und war bei diesem Gedanken in wenig verschnupft. Nori schüttelte den Kopf doch er schien noch immer nicht zufrieden mit Bilbos Antwort.

„Wieso sieht dein Bett aus als würde nie jemand darin schlafen?“, fragte er dann und nun war es an Bilbo zu stutzen. Dann lief der Hobbit hochrot an und verbarg das Gesicht an Noris Brust.

„Bilbo?“, fragte der und versuchte den Hobbit so weit von sich zu lösen, dass er ihm in die Augen sehen konnte. Bilbo wehrte sich für einen Moment, dann ließ er es zu. Er schaute nicht auf, sondern heftete seinen Blick auf Noris Brust.

„Weil ich nicht darin schlafe. Ich schlafe hier. In meinem Nest. Das andere Bett ist nur für…“ er driftete ab und sah unsicher zu Nori auf. Der Zwerg starrte ihn ungläubig an.

„Soll das heißen, du hast mit keinem der anderen, die ich hier rieche geschlafen?“, fragte er irgendwo zwischen entsetzt und selbstgefällig. Bilbo schüttelte den Kopf und verkroch sich wieder in Noris Brust. Der gab ein leises Lachen von sich und ließ sich zusammen mit dem Hobbit nach hinten ins Bett fallen.

„Keine Stiefel“, murmelte der Hobbit und Nori streifte gehorsam seine Stiefel ab, bevor er es sich mit Bilbo in seinen Armen wieder bequem machte.

Bilbo hatte das Gefühl etwas richtig gemacht zu haben, als er feststellte wie sehr Nori auf Wolke sieben zu schweben schien. Immerhin nahm der Omega nicht an, dass Nori etwas dagegen haben würde, wenn er auch die anderen Alphas in seinem Rudel nicht nur in sein Nest, sondern auch in sein Bett einlud, schließlich hatte er schon einmal eine Nacht sehr bequem zwischen Nori und drei anderen Alphas verbracht, doch es schadete wahrscheinlich nicht auf Nummer sicher zu gehen.

Also hatte Bilbo nachgefragt und dafür nur ein seliges Lächeln und einen Kuss auf die Stirn bekommen, woraufhin Nori murmelte, dass es ihn nicht kümmerte wen im Rudel Bilbo noch in sein Bett holte, solange eine kleine Ecke davon stets für ihn reserviert blieb. Bilbo hatte zwar allmählich das Gefühl, dass Rot zum Normalhautton seines Gesichtes wurde, doch er hatte dennoch genickt und das Lächeln des Alphas erwidert bevor er sich wieder in seine wenigen Aufgaben stürzte.

Chapter 12: Kapitel 12

Chapter Text

Kapitel 12

Nicht dass Erebor im Winter nicht jede Hand gebrauchen konnte, die ihr zur Verfügung stand, doch die meisten der Arbeiten, die anfielen waren schon für die versammelten Zwerge körperlich anstrengend, für einen Hobbit dagegen schlicht unmöglich.
Andererseits würde ihn keiner aus dem Rudel etwas Schwereres als ein Tablett Haferplätzchen heben lassen aus Angst um das neue Leben, das langsam aber sicher in Bibo heranwuchs und ihm einen Großteil seiner Energie zu rauben schien.

Oin hatte darüber zwar die Stirn gerunzelt, es aber dann als normal eingestuft. Nicht dass der Zwergenheiler je zuvor Zeuge einer Schwangerschaft geworden wäre wie Bilbos, doch Bilbo war sich beinahe sicher, dass selbst Lord Elrond, der der beste Heiler war, den er sich denken konnte, je einen Hobbitomega betreut hatte, der von einem Zwergenalpha schwanger ging. Oder vielleicht auch einem Beta. Das war schließlich genauso wenig sicher, wie alles andere, doch Bilbo versuchte nicht allzu viel daran zu denken, dass er nicht wusste, wer nun wirklich der andere Elternteil seines Babys war auch wenn er gewisse Wünsche und Vorlieben hegte, wenn er ganz mit seinen Gedanken alleine war, die er niemandem sonst anvertrauen würde.

So blieb für Bilbo im Moment nur die Küche bis Bombur ihn hinausstaubte, die Bibliothek, in der es zwar viel zu katalogisieren, aber nur wenig in Sprachen gab, die Bilbo beherrschte, oder die Planung für den kommenden Frühling. Etwas auf das sich Bilbo hin und wieder mit Begeisterung stürzte, was ihn zu anderen Gelegenheiten dagegen in den Wahnsinn trieb.

Abgesehen davon vermisste er die Sonne. Selbst im tiefsten Winter gab es im Auenland jeden Tag die Gelegenheit in den Schnee hinauszugehen, nach Tannenzapfen zu suchen, die die geschäftigen Eichhörnchen übersehen hatten, oder die Hörnchen selbst mit der Schleuder zu erlegen wann immer sie aus ihren Koben kamen um sich an ihren Vorräten gütlich zu tun. Außerdem galt es natürlich Schnee zu schippen bei diversen ältlichen Verwandten nach dem Rechten zu sehen und mit ebenso besorgten Nachbarn darüber zu philosophieren, ob es wohl kalt genug war, dass der Brandywein zufrieren würde, oder wenn es ein wenig positiver zugehen sollte, ob die Eisschicht auf Hobbingens Weiher wohl dick genug war um einen Hobbit auf Schlittschuhen zu tragen.

In Erebor dagegen gab es keine Möglichkeit vor die Tür zu gehen von den Jagdtrupps abgesehen, die alle paar Tage in jede erdenkliche Himmelsrichtung ausschwärmten und denen Kili jedes Mal neidvolle Blicke hinterherwarf, wenn die Runden, die Oin ihm auferlegt hatten ihn auch nur in die Nähe der Tore brachten.

Was Bilbo auf den Gedanken brachte, dass er einmal mehr einen Besuch bei den beiden Prinzen abstatten könnte, etwas das er sich in letzter Zeit ein wenig verkniffen hatte. Fili hatte Fieber bekommen und Oin hielt es für keine gute Idee, dass sich Bilbo ansteckte, auch wenn der Hobbit nicht ganz sicher war wie das vonstattengehen könnte.

Außerdem, hatte der alte Heiler angemerkt und dabei Bilbo missbilligend gemustert, musste er davon ausgehen, dass der Hobbit sich dazu hinreißen lassen würde, seine mühsam angesparten Kraftreserven sofort an die beiden Prinzen abzugeben, wenn ihn einer der beiden mit großen unschuldigen Auen anblinzelte. Auch was das anging konnte Bilbo nur schwer widersprechen, doch andererseits hatte er in letzter Zeit nicht mehr das Gefühl, dass seine Energie nach außen hin verschwand, vielmehr schien jeder seiner Rudelgefährten ihm ein wenig von seiner eigenen Kraft abzugeben, wann immer er es fertig brachte sie lange genug mit sich an einem Ort ruhig zu halten.

So machte sich Bilbo auf den Weg zu den Prinzen, in der Hoffnung, dass er nicht gerade bei einer von Oins Rehabilitationsübungen stören würde und falls doch dann wenigstens bei einer, wo er stumm zusehen, oder vielleicht sogar mithelfen konnte, doch so sehr vertraute er seinem Glücksstern dann doch nicht um fest damit zu rechnen.

Entgegen seiner Erwartung schien Oin dann doch erfreut ihn zu sehen und trug ihm auf an Kilis Seite durch die Flure zu gehen, sollte ihn aber sofort dazu rufen, falls der junge Prinz jemand stärkeren brauchte um ihn zurück ins Bett zu befördern. Wahrscheinlich ging Oin davon aus, dass Kili sich am Riemen reißen würde um Bilbo keine Unannehmlichkeiten zu bescheren, doch der Hobbit war einfach nur froh darüber, dass er sich nützlich machen konnte. Schon nach wenigen Schritte, schob Kili seine Hand in Bilbos und der Hobbit erwiderte seinen Griff nur zu gerne. Fast konnte er sich sogar vorstellen, dass dies ein gemeinsamer Spaziergang durch Hobbingen war und mitnichten eine Trainingseinheit für den verwundeten Prinzen.

Kili war angenehme Gesellschaft, auch wenn er Bilbo an einen jungen Hund erinnerte, der nicht wusste wohin mit seiner Energie. Ans Bett gefesselt zu sein, hatte ihm gar nicht behagt und insgeheim war Bilbo der Meinung, dass Kili nur damit zurechtkam, weil es seinem Bruder genauso erging.

Thorin dagegen war nicht mehr zu halten gewesen, nachdem Oin erklärt hatte, dass er nicht mehr in unmittelbarer Lebensgefahr schwebte und hatte sich mit einer Verachtung in seine königlichen Pflichten gestürzt, die nicht nur Bilbo beängstigend fand. Dennoch konnte man sich weitestgehend darauf verlassen, dass Balin den Monarchen schon so weit im Griff hatte, dass er sich nichts allzu Schlimmes anstellte, doch das war nur ein milder Trost.

Kili stützte sich für einen Moment an der Wand des Ganges ab und Bilbo nahm das als Signal, dass sie lieber kehrt machen sollten. Doch der junge Prinz blieb stur. Wahrscheinlich, weil er es bei seinem letzten Ausflug weiter geschafft hatte, doch Bilbo war sich bewusst, dass jeder Heilungsprozess auch Rückschläge beinhaltete mit denen man leben musste und die man nicht persönlich nehmen durfte.

Er selbst hatte sich als junger Hobbit einmal bei einem Sturz von Festbaum die Schulter geprellt und es hatte in seinen Augen ewig gedauert bis er sich wieder so bewegen konnte wie vor dem Unfall, dabei hatte er seine Mutter schier zur Weißglut getrieben. Jetzt sah er sich auf der anderen Seite der Medaille und versuchte verzweifelt sich zu erinnern, was ihm damals gutgetan hätte und was er jetzt für Kili tun konnte, doch ihm fiel nicht allzu viel ein.

Der Zwergenprinz wusste schließlich selbst, dass er es nicht übertreiben sollte, dass er sich Zeit lassen musste und dass nur die Zeit seine Wunden heilen konnte, da führte nun mal kein Weg dran vorbei.

„Lass uns umkehren“, schlug Bilbo vor und lehnte sich neben Kili an die Wand. Doch der hatte dieses Funkeln in den Augen, das dem Hobbit nur zu deutlich sagte, was er von dem Vorschlag hielt. Bilbo seufzte.

„Na komm schon. Ich setz mich auch an dein Bett und bring dir ein Hobbitkartenspiel bei.“ Kili horchte auf. Alles was die Langeweile vertreiben konnte, war ihm immer sehr willkommen, doch Bilbo sah auch eine Spur Misstrauen in seinem Blick.

„Wie willst du mir ein Kartenspiel beibringen, ohne die Karten?“ Bilbo grinste. Er hatte vorgesorgt und sich mit ein wenig Hilfe von Ori sein eigenes Kartenspiel gezeichnet. Es mochte nicht so schön, oder so dauerhaft sein, wie die Karten, die sein Vater von seinem Großvater auf der Beutlinseite der Familie geerbt hatte, doch zum Spielen würde es reichen und vielleicht den Prinzen so weit zerstreuen, dass er noch eine Weile länger Ruhe gab.

„Das ist mein Geheimnis, aber ich verspreche dir es ist kein Trick.“ Kili schien noch immer nicht ganz sicher zu sein, doch schließlich ließ er die Schultern hängen und machte sich an den Rückweg. Bilbo schob einmal mehr seine Hand in Kilis und das schien den Prinzen zumindest ein klein wenig aufzumuntern.

Der Weg zurück zu dem Zimmer, das sich die beiden Prinzen teilten, war nicht allzu lang und schon bald drückte Bilbo für Kili die Türe auf. Oin war inzwischen verschwunden und Fili schnarchte leise in dem Bett an der Wand. Die beiden Betten, die es ursprünglich in diesem Zimmer gegeben hatte, waren schon kurz nach der Ankunft der beiden Prinzen zu einem Bett zusammengerückt worden.

Bilbo überlegte für einen Moment wo sie spielen konnten, doch Kili war bereits aufs Bett gesunken und sah ein wenig mitgenommen aus. Deswegen stellte Bilbo seine Pläne hinten an, half Kili aus Stiefeln und Überwurf und machte es ihm auf seiner Seite des Bettes so bequem wie möglich, bevor er ihm eine Tasse Tee besorgte.

Kili verzog zwar das Gesicht, trank aber dann gehorsam ein paar Schlucke, nachdem Bilbo es sich neben ihm gemütlich gemacht hatte. Halb an den Prinzen gelehnt, sorgsam darauf bedacht keine seiner Wunden zu beeinträchtigen, schlürfte Bilbo seinen Tee in angenehmem Schweigen.

Kili setze seine Tasse ab und spielte ein wenig mit dem Rand herum was einen tiefen Pfeifton zur Folge hatte. Bilbo leerte seine eigene Tasse und brachte dann das Geschirr weg, bevor er sich wieder an den Prinzen kuschelte. Der sah aus als würde er mit seinen Gedanken kämpfen, doch Bilbo konnte warten. Er hatte es warm und bequem und an sich hätte er nichts gegen ein Nickerchen einzuwenden gehabt.

„Bilbo?“, fragte Kili schließlich und der Hobbit hob den Kopf von seiner Schulter um ihm zu zeigen, dass er ihn gehört hatte. Kili biss sich auf die Lippen und suchte Bilbos Blick.

„Stimmt es, dass du Balin zu deinem Beta gemacht hast?“ Bilbo setzte sich auf. Er war noch nicht dazu gekommen dieses Missverständnis mit jedem einzelnen seiner Zwerge aus der Welt zu schaffen, doch er hatte Ori die Erlaubnis gegeben die Dinge richtig zu stellen, wann immer sie zur Sprache kommen mochten. Bilbo schüttelte den Kopf.

„Kili, Rudel sind im Auenland ganz anders als unter Zwergen. Ori und ich haben eine Weile darüber gesprochen. So wie ich das verstanden habe, hat jedes Zwergenrudel nur einen Beta, stimmt das?“ Kili nickte unglücklich. Bilbo seufzte.

„Hobbits haben nur selten so große Rudel wie unseres, völlig egal ob Alpha Beta, oder Omega, aber was ich will und was für Zwerge normal wäre, ist nicht unbedingt dasselbe. Solange keiner von euch ein Problem damit hat, würde ich sehr gerne unsere ganze Gemeinschaft weiterhin als mein Rudel sehen. Und damit meine ich, dass sowohl Balin als auch Dori, Ori, Bombur und Gloin meine Beta sind, ganz egal, dass es nicht üblich ist so viele in einem Rudel beisammen zu haben. Und was dich angeht.“ Bilbo zuckte die Schultern und streichelte über Kilis Hand.

„Wer weiß schon als was du am Ende präsentierst und selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass du ein Omega wärst wie ich.“ An dieser Stelle gab Kili ein Quietschen von sich, doch Bilbo fuhr unbeirrt fort. „Selbst dann noch würde ich dich in meinem Rudel haben wollen. Also mach dir keine Sorgen.“

Kili starrte den Hobbit einen Moment lang sprachlos an. Dann machte er eine Bewegung, als wollte er über das Bett hechten, um Bilbo an sich zu ziehen, was aber nur dazu führte, dass er mit einem Schmerzenslaut zusammenzuckte und sich an die lädierten Rippen griff.

Bilbo gab ebenfalls einen undefinierbaren Laut von sich, während er an Kilis Seite eilte und mit fliegenden Fingern von einer Wunde zur nächsten sprang, unsicher, wo er überhaupt hinfassen konnte, ohne dem jungen Prinzen weitere Schmerzen zu bereiten.

„Was ist denn los?“, meldete sich da Filis verschlafene Stimme zu Wort. Der blonde Prinz blinzelte zu seinem Bruder hinüber und wechselte dann einen Blick mit Bilbo, bevor er versuchte sich aufzusetzen. Fili schnitt eine Grimasse und Bilbo wurde es zu bunt.

„Gebt Ruhe. Beide jetzt. Kili, wo tut es weh?“ Der junge Prinz biss die Zähne zusammen, dann ließ er sich in die Kissen zurücksinken.

„Rippen“, brachte er schließlich heraus. Bilbo ließ seine Finger über die Verbände gleiten, die um den Brustkorb des jungen Zwerges gewickelt waren, doch soweit er das beurteilen konnte, war alles noch so wie es sein sollte.

„Soll ich nach Oin schicken?“, fragte er dennoch. Kili schien sich den Gedanken für einen Moment durch den Kopf gehen zu lassen, dann verneinte er jedoch. Bilbo musterte ihn noch einen Moment mit gerunzelter Stirn, dann entschied er, dass der Prinz genug Farbe im Gesicht hatte, dass er ihn damit durchkommen lassen konnte, solange er nicht noch einmal vor Schmerz aufschrie. Er klopfte Kili aufs Knie und begab sich dann auf Filis Seite des Bettes.

„Lass mich dir beim Aufsetzen helfen“, ordnete er an und ließ seinen Worten zugleich Taten folgen. Er war oft genug dabei gewesen, wenn Oin die beiden Prinzen neu verbunden hatte, um eine ungefähre Vorstellung zu haben an welchen Stellen Fili Hilfe brauchen würde. Der Prinz sah jedoch nicht gerade glücklich darüber aus.

„Du sollst nicht schwer heben. Ruf lieber einen von Oins Helfern herein, nicht dass du dir was tust.“ Bilbo seufzte doch er konnte nur schwer dagegen argumentieren, dass der Zwerg nicht allzu schwer war, schließlich wusste er nur zu gut, dass er in einer ganz anderen Gewichtsklasse spielte.

„In Ordnung, aber keine weiteren Versuche bis ich wieder da bin.“ Er drohte Fili halb im Scherz mit dem erhobenen Zeigefinger, dann trat er auf den Flur und bat eine der beiden Wachen, die am Ende des Ganges Spalier standen darum nach jemandem zu schicken, der ihm mit den Prinzen helfen konnte.

Der Zwerg überlegte für einen Moment dann folgte er Bilbo selbst ins Zimmer der Prinzen, half Fili in eine halbwegs aufrechte Lage und zog sich dann unter vielen Verbeugungen zurück. Bilbo lächelte den beiden Prinzen zu, die ihn ansahen wie Kinder, die besonders artig gewesen waren und denen Schokoladenkekse versprochen worden waren.

„In Ordnung, wo Fili jetzt auch wach ist, können wir ja zu dritt spielen.“ Bilbo zog das Kartenspiel aus seiner Tasche und fing an den Prinzen ein einfaches Spiel zu erklären, wie er es mit seinen jüngeren Cousins viele Male gespielt hatte. Nichts allzu Schweres und nichts, das verlangte sich körperlich anzustrengen, doch Bilbo hätte sich wirklich denken können, dass jede Sorte Wettstreit zwischen den Brüdern früher, oder später zu Knüffen und waschechten Balgereien führte, doch zumindest letzterem schob Bilbo resolut einen Riegel vor, indem er sich prompt zwischen die beiden Streithammel setzte und die abgeworfenen Karten in seinem Schoß sammelte.

Mit diesem Kompromiss schienen beide Prinzen leben zu können und nach einer Weile legte Kili seinen Kopf auf Bilbos Schulter ab. Nicht zu lange danach schlief der Prinz mitten im Spiel ein. Sowohl Bilbo als auch sein Bruder warfen ihm liebevolle Blicke zu.

Bilbo schlang einen Arm um Kilis Schultern und machte es sich bequem, während der Prinz sich alle Mühe gab einen Oktopus zu imitieren auch wenn ihm dabei hin und wieder ein Stöhnen entglitt, wenn er einen Muskel bewegte, der die Verletzungen der Schlacht noch nicht ganz überstanden hatte. Nach einer Weile jedoch schien Kili seine perfekte Schlafposition gefunden zu haben und atmete tief und gleichmäßig.

Bilbo hauchte ihm ohne darüber nachzudenken einen Kuss auf die Stirn. Fili gab einen überraschten Laut von sich, woraufhin sich der Hobbit halb zu ihm herumdrehte und ihm einen fragenden Blick zuwarf.

„Kili war besorgt, dass du ihn nicht mehr in deinem Rudel haben willst, weil er doch nicht sicher ein Alpha ist.“ Bilbo schüttelte nur den Kopf.

„Es ist mir gleich, was dein Bruder ist. Solange er Teil meines Rudels sein will, wird er es auch bleiben. Dasselbe gilt übrigens auch für dich.“ Fili schluckte und verschränkte seine Finger mit Bilbos. Die Narbe auf seinem Gesicht war noch immer neu für Bilbo, doch er würde sich mit Sicherheit auch an diesen Anblick gewöhnen, so wie er es schon mit Bärten und Rüstungen getan hatte. Nur mit Stiefeln tat er sich nach wie vor schwer, doch den Anblick seiner Zwerge mit bloßen Füßen fand er mehr als drollig.

„Mach dir keine Sorgen darum Fili. Werde einfach nur schnell gesund, dann zeig ich dir was wir mir für ein Nest gebaut haben. In dem du und dein Bruder übrigens auch jederzeit willkommen seid.“ Fili sah aus als würde er mit den Tränen ringen. Deswegen sah Bilbo davon ab das Thema weiter zu verfolgen. Stattdessen hob er Filis Hand an seine Lippen und hauchte einen Kuss darauf.

Der blonde Prinz schien nicht zu wissen wie er darauf reagieren sollte, doch schließlich vergrub er das Gesicht in Bilbos Locken und atmete tief ein. Das kitzelte zwar etwas, doch auch daran hatte der Hobbit sich inzwischen gewöhnt.

„Danke“, hauchte Fili schließlich und Bilbo löste seine Finger von Filis um den Prinzen ebenfalls in den Arm zu schließen auch wenn das einiges an Manövrieren erforderte und einiges Gegrummel von Kilis Seite zur Folge hatte, bis sie es alle drei bequem hatten. Bilbo gegen die Kissen gelehnt mit einem Prinzen in jedem Arm, deren Hände über seinem Bauch miteinander verschränkt waren. Bilbo lächelte und machte sich an das Nickerchen, nachdem es ihn gerade sehnte.

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Bilbo wurde schließlich von Oins unwirschem Gemurmel geweckt, der sich vermutlich wieder einmal bei jedem, der es hören wollte darüber beschwerte, wie schwierig seine Patienten doch waren. Zu Beginn ihrer Bekanntschaft hatte Bilbo derlei Dinge noch persönlich genommen, doch inzwischen war ihm klar geworden, dass Oin auf diese Art sein Stresslevel unter Kontrolle hielt. Abgesehen davon, dass die Söhne Durins tatsächlich ziemlich nervenaufreibende Patienten waren. Allen voran natürlich nach wie vor Thorin doch Fili und Kili eiferten ihm auch ihn diesem Punkt, wie in so vielen anderen nach und machten dabei, wie ebenfalls üblich, jeden Tag weitere Fortschritte.

Bilbo streckte sich und versuchte dann aus dem Bett zu krabbeln ohne die beiden Prinzen aufzuwecken, doch er hätte sich die Mühe sparen können. Sobald er sich ein Stück bewegt hatte, folgte Kili ihm sofort, gab dann ein leises Wimmern von sich und blinzelte den Hobbit aus schokoladenbraunen Augen an.

Der Knickte ein und nahm den jungen Prinzen wieder in den Arm. Ihm war schon klar, dass er auf diese Weise nur aus dem Zimmer kommen würde, wenn Oin ein Machtwort sprach, doch er brachte es einfach nicht übers Herz so gemein zu sein. Kili gab einen Ton von sich, der auch von einer Katze auf dem Kachelofen hätte stammen können und schmiegte sich einmal mehr an Bilbo. Der kämmte mit den Fingern durch sein zerzaustes Haar und fragte sich, ob er Kili wohl dazu bringen konnte lang genug still zu halten um seine Mähne mit Hilfe des Kammes zu zähmen, den er von Bofur geschenkt bekommen hatte.

Diese Überlegung wurde wiederum von Oin unterbrochen, der sich an Filis Bandagen zu schaffen machte und damit den blonden Prinzen weckte, der bis eben noch friedlich vor sich hin geschnarcht hatte. Bilbo war eigentlich davon ausgegangen, dass der Heiler die beiden Prinzen nur noch einmal am Tag untersuchte, doch wenn er so lange geschlafen hätte, würde er davon ausgehen, dass sein Magen ihm das mitteilen würde.

„Die Wachen haben mir Bescheid gesagt“, knurrte Oin als Bilbo ihn danach fragte und wechselte wieder an Kilis Seite des Bettes. „Besser zu vorsichtig mit diesen beiden als irgendetwas zu übersehen. Stur wie die Maulesel und genauso uneinsichtig. Da fällt mir ein.“ Oin klopfte Kili auf die Schulter, der mit einem Grummeln seinen Klammergriff um den Hobbit löste, woraufhin der alte Zwerg seine Hände auf Bilbos Bauch legte und angestrengt zu horchen schien. Dann breitete sich ein seltenes Lächeln auf seinem Gesicht aus.

„Dem Kleinen geht es wunderbar. Ich würde zwar sagen, dass du immer noch zu dünn für einen Hobbit in Erwartung bist, aber der Kleine hier scheint putzmunter und zufrieden zu sein. Morgenübelkeit?“ Bilbo schüttelte den Kopf.

„Nur ständig müde.“ Oin nickte.

„Ich sorge dafür, dass du vom nächsten Jagdtrupp frische Leber bekommst. Nichts geht über Lebertran um jemanden wieder auf die Füße zu bringen. Nicht wahr Jungs.“ Beide Prinzen verzogen zeitgleich das Gesicht und auch Bilbo konnte nicht anders als die Nase zu rümpfen. Nicht dass er nicht in der Lage gewesen wäre, wie die allermeisten Hobbits, auch mit Innereien noch schmackhafte Mahlzeiten zuzubereiten, aber ihm war schon klar, dass Oin nicht von braun gebratener Leber mit Apfelscheiben und Soße sprach, sondern eher von frisch und blutig und vermutlich würde er neben Bilbo stehen und ihm erzählen was alles gut daran für das Baby in seinem Inneren war, während der Hobbit mit seinem Brechreiz kämpfte. Dennoch wagte er es nicht zu widersprechen. Schließlich war er in letzter Zeit wirklich außergewöhnlich erschöpft und das obwohl er seine Energie nicht mehr jeden Tag bis aufs letzte ausschöpfte.

„Wenn du meinst“, gab er zurück und erntete damit ein Nicken von Oins Seiten. Der zupfte noch hier und da an seinen Patienten herum, dann nickte er zufrieden und überließ die drei wieder sich selbst. Allerdings nicht ohne im Hinausgehen noch zu rufen, dass er ein spätes Mittagessen für alle drei heraufschicken würde.

Bilbo seufzte erleichtert auf als er endlich wieder mit den beiden Prinzen alleine war und sie vertrieben sich die Zeit bis ihre Mahlzeit eintraf recht schnell. Nach dem Essen, machte sich Bilbo wieder auf den Weg, hauchte jedem der beiden einen Kuss auf die Stirn und versprach sie bald wieder zu besuchen.

Dann machte er sich auf in sein Nest und wälzte sich eine Weile darin herum. Zwar war der Geruch der beiden Prinzen nicht so stark wie er ihn gerne gehabt hätte, doch zumindest war er jetzt vorhanden und verband sich angenehm mit den anderen, die er schon gesammelt hatte. Mit einem zufriedenen Nicken rollte sich Bilbo in der Mitte des Nestes für eine Weile zusammen und überlegte welches Mitglied seines Rudels er als nächstes in sein Nest entführen sollte.

Chapter 13: Kapitel 13

Chapter Text

Kapitel 13

Die Wahl fiel schließlich auf Bombur, hauptsächlich weil Bilbo dem dicken Zwerg in der Küche über den Weg lief. Es war schon spät und Bilbo hatte das unbestimmte Bedürfnis etwas zu naschen. Was konnte er nicht genau definieren, doch ein kurzes Stöbern in der Küche half ihm auch nicht wirklich weiter.

Bumbur besänftigte ihn schließlich mit einem Streifen Frühstücksspeck, an dem der Hobbit eine ganze Weile zu kauen hatte und der ihn schließlich so lange in der Küche ausharren ließ, bis es auch für den Chefkoch Zeit wurde den Tag ausklingen zu lassen.

Ohne große Worte nahm Bilbo ihn bei der Hand und führte ihn zurück in seine Gemächer. Bombur war darüber zunächst genauso erstaunt wie Dori, doch er ließ sich ohne Widerspruch in den Kissenberg bugsieren, seiner Stiefel entledigen und fand sich kurz darauf mit einem Arm voll Hobbit wieder, der sich zufrieden an ihn schmiegte und einschlummerte.

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Bombur lag noch eine Weile wach und bekam deshalb mit wie sich erst sein Bruder und kurze Zeit später auch sein Cousin hereinschlichen. Beide hatten an der Tür innegehalten und ihm fragende Blicke zugeworfen, die er nur mit einem Schulterzucken beantworten konnte, doch da ihre Duftnoten unverwechselbar in der Luft hingen, ging Bombur davon aus, dass beide hier willkommen waren auch wenn Bilbo ihm das nicht ausdrücklich mitgeteilt hatte.

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Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Immer mehr von Bilbos Rudel migrierte in sein Nest, zumindest über Nacht und Nori hatte ihn noch zweimal abgefangen um das Bett im Schlafzimmer nicht komplett einstauben zu lassen, auch wenn die Matratze darin schon deutlich bessere Zeiten gesehen haben mochte.

Bilbo genoss die Aufmerksamkeit seiner Rudelgefährten und je mehr der Berg an Zwergen in seinem Nest wuchs, desto zufriedener war sein innerer Omega. Fili und Kili waren leider noch immer nicht von Oin soweit für gesund erklärt worden, dass sie sich dazu gesellen durften, doch Bilbo hatte beiden versichert, dass er ein Plätzchen für sie frei hatte, sobald sich die Gelegenheit ergab.

Oin war einer der wenigen gewesen, die Bilbo nicht persönlich hatte bitten müssen, eines Abends hatte der alte Heiler ihn einfach bei der Hand genommen und vom Bett der Prinzen quasi hinter sich her geschleift, um ihn dann an der Tür zu seinem Nest abzusetzen, woraufhin Bilbo die Gelegenheit ergriffen hatte und die Hand des Heilers gar nicht erst losgelassen hatte.

Stattdessen hatte er den milde lächelnden Oin hinter sich her ins Herzstück seines Zuhauses gezogen und seitdem war der scharfe Geruch nach Heilkräutern darin ebenso wenig wegzudenken, wie der nach Leder und Papier.

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Gloin dagegen stand immer noch auf Bilbos Liste, genau wie Dwalin und Thorin. Mit allen drein hatte Bilbo tagtäglich nur sehr wenig zu tun, deswegen war er noch nicht dazu gekommen die formellen Einladungen auszusprechen, die offenbar von ihm erwartet wurden, obwohl er davon ausgegangen war, dass die Mitglieder seines Rudels auch so wussten, dass sie zu ihm gehörten.

Deswegen putzte Bilbo sich schließlich ganz besonders sorgfältig heraus und machte sich auf die Suche nach Gloin, der sich der immensen Aufgabe gewidmet hatte die Schatzkammer aufzuarbeiten, zu katalogisieren, was sich darin befand, wann immer möglich herauszufinden, woher die einzelnen Erbstücke stammten, die Smaug nicht nur aus dem gesamten Berg, sondern auch aus der Stadt Thal gestohlen hatte und diese Dinge dann jeweils an diejenigen zurückzugeben, die den Besitzern am nächsten standen.

In vielen Fällen, waren diese Zwerge jedoch nicht in Erebor, was hieß, dass die Dinge irgendwo gesondert gelagert werden mussten um später erneut hervorgekramt zu werden. Auch die weißen Steine, die Thranduil für sich beanspruchte, waren wohl irgendwo in diesem gigantischen Berg und Bilbo musste realistisch schätzen, dass es mehr als eine Lebensaufgabe war jedes einzelne Teil dieser Horde auseinander zu sortieren.

Das ein vierzehntel dieses Schatzes Bilbo gehörte, fand für den Hobbit emotional nicht statt. Er hatte nie zu wenig Geld besessen, war immer mit dem ausgekommen, was er an Einnahmen hatte und dementsprechend kam es ihm ausgesprochen befremdlich vor mit einem Mal praktisch unerhört reich zu sein.

Allerdings hatte er im Moment auch keine Gelegenheit seinen theoretischen Reichtum praktisch in irgendeiner Form auszugeben, von daher mochte das Gefühl mit der Zeit noch kommen, doch er bezweifelte es irgendwie.

Er brauchte mehrere Anläufe und einige Hilfestellung von den Patrouillen, die rund um die Schatzkammer herum Streife gingen, um schließlich Gloins Büro ausfindig zu machen, das vermutlich in grauer Vorzeit mal irgendeine Besenkammer gewesen war, die jemand ausgeräumt hatte und in der nun ein Schreibtisch stand, auf dem Münzen aufgehäuft waren.

Der rothaarige Zwerg dahinter sortierte sie nach einem System, dass Bilbo nicht geläufig war in verschiedene Stapel, schob diese Stapel nach einiger Zeit in Säcke und stapelte diese neben der Tür. Ein Räuspern ließ Bilbo aufschauen, woraufhin ein junger Zwerg mit einer Sackkarre sich höflich an ihm vorbeidrängte, die Säcke auflud und in Begleitung eines Wachzwergs von dannen brachte.

Bilbo sah ihnen für einen Moment hinterher, dann räusperte sich diesmal Gloin und der Hobbit wirbelte einmal mehr herum. Verlegene Röte überzog seine Wangen und er spielte mit seinen Hosenträgern, doch dann betrat er das Büro und schloss die Tür hinter sich als Gloin in diese Richtung deutete.

„Bilbo, was verschafft mir die Ehre?“ In diesem Moment wurde Bilbo erst bewusst wie wenig ihn mit Gloin verband, sicher er hatte oft genug mit dem stolzen Zwergenvater über seinen Sohn Gimli gesprochen, doch das lag hauptsächlich daran, dass der Rest der Gemeinschaft Gloins Geschichten schon zur Genüge kannte und der Zwerg froh um jedes neue Publikum war, das er finden konnte.

„Kein bestimmter Grund. Ich habe dich nur lange nicht gesehen. Selbst beim Abendessen nicht, und da dachte ich, ich komm dich mal besuchen“, erwiderte Bilbo und musterte den Raum in dem er sich befand noch einmal eingehend.

„Soso“, sagte Gloin und betrachtete den Hobbit weiter als würde er ihm kein Wort glauben. Bilbos Schultern sanken herab.

„Wenn ich störe, kann ich auch wieder gehen“, murmelte er und schalt sich selbst einen Narren dafür, dass er dem Zwerg ohne triftigen Grund auf die Nerven fiel, auch wenn der Omega in seinem Inneren danach drängte die kurze Strecke zu dem Alpha zu überwinden und sich in seinem Geruch zu suhlen. Irgendwie hatte Bilbo nicht das Gefühl, das Gloin das tolerieren würde, doch vielleicht irrte er sich auch.

„Nun wenn du mich schon besuchen willst, dann kannst du mir ja vielleicht ein wenig zur Hand gehen?“, brach Gloin schließlich das Schweigen. Bilbo nickte erleichtert. Gloin erhob sich von seinem Stuhl und bot Bilbo den Sitzplatz an, was den Hobbit natürlich veranlasste zu stottern, dass das nicht nötig sei und er durchaus stehen konnte. Gloin schüttelte nur den Kopf.

„Meine Mila hat auch immer behauptet sie könnte alles durchstehen was sie sich in den Kopf gesetzt hat, aber am Ende des Tages haben ihre Füße sie dann doch umgebracht. Nein, nein Bilbo. Setz dich nur, ich finde schon einen anderen Platz für mich. Wie geht es überhaupt dem Kleinen. Alles so wie es sein sollte?“, Bilbo nickte und ließ sich nieder. Gloin schenkte ihm ein warmes Lächeln.

„Wenn du so gut wärst die Zahlen die ich dir diktiere niederzuschreiben, hier sind Tinte und Feder, das wäre eine große Erleichterung. Ich habe versucht Balin den jungen Ori abspenstig zu machen, doch offenbar ist es wichtiger Erebors Verhandlungen zu protokollieren, als herauszufinden wie viel Schotter hier tatsächlich gelagert wird.“

Bilbo gab ein Schnauben von sich und fing an die endlosen Zahlenkolonnen aufzuschreiben, die Gloin beinahe in Trance herunterratterte, während er sich durch einen weiteren Haufen Münzen arbeitete, die derselbe junge Zwerg gebracht hatte, der zuvor mit den Säcken verschwunden war. Für eine Weile ging Bilbo ganz in seiner Tätigkeit auf, doch mit der Zeit begannen seine Finger sich zu verkrampfen.

„Zeit für eine Pause“, beschloss Gloin da und streckte sich. Dann läutete er ein kleines Glöckchen, das auf seinem Schreibtisch stand. Der junge Zwerg steckte den Kopf zur Tür herein, wechselte ein paar Worte mit Gloin und verschwand dann wieder.

„Er bringt uns etwas zu essen. Ich habe gehört der letzte Jagdtrupp ist wieder da und Bombur hat sich wohl selbst übertroffen.“ Bilbo verzog das Gesicht. Er wusste nur zu gut, dass die Jäger wieder da waren, hatte Oin doch seine Drohung wahr gemacht und dem Hobbit streifenweise rohe Leber serviert, was allerdings dazu geführt hatte, dass sich Bilbo zum ersten Mal in seinem Erwachsenenleben der Magen umgedreht hatte. Daraufhin hatte er sich mit dem Heiler darauf geeinigt, die Leber gebraten zu essen auch wenn das dem alten Zwerg nicht wirklich gepasst hatte.

Gloin warf Bilbo einen wissenden Blick zu, ließ das Thema jedoch unangeschnitten. Stattdessen räumte er seinen Schreibtisch so weit leer, dass sie zu zweit bequem daran essen konnten. Bilbo kam sich ein wenig wie bestellt und nicht abgeholt vor, doch er nahm dankbar wieder Platz, sobald Gloin den Tisch für sauber genug befunden hatte.

„Hast du Neuigkeiten von deiner Familie?“, fragte Bilbo, der wusste, dass die Winterstürme soweit nachgelassen hatten, dass der eine oder andere Rabe durchgekommen war. Gloin schüttelte jedoch den Kopf.

„So wie ich meine Mila kenne, sind sie und Gimli im ersten Zug, der die blauen Berge verlässt und wahrscheinlich irgendwo am Fuße des Nebelgebirges ins Winterlager gegangen. Es ist schwer für die Raben Zwerge zu finden, die sich für die kalten Monate eingegraben haben. Solange ich nichts anderes höre, gehe ich davon aus, dass es den beiden gut geht. Alles andere hätte ich sicher auch gefühlt.“

Gloin klopfte sich auf die Brust und Bilbo brauchte einen Moment um zu begreifen, dass der Alpha auf das Band zwischen Gefährten hinauswollte, das ihn zweifellos mit seiner Frau verband. Was Kinder anging schienen diese Bande sich irgendwann zu lösen, auch wenn sie bei manchen eingeschworenen Rudeln im Auenland, wie den Kindern des alten Tuks erst dann ganz verschwunden waren als der alte Hobbit friedlich eingeschlummert war. Alle seine Kinder hatten es gewusst noch bevor eine einzige Nachricht herausgegangen war.

Bilbo runzelte die Stirn und suchte zwischen den vielen Fäden seines Rudels nach dem einen, der ihn mit Gloin verband. Er war dünn, aber beständig und Bilbo folgte ihm, zum ersten Mal seit er den Rudelbund mit seinen Zwergen geschlossen hatte, bewusst. Allerdings konnte er nur sehr vage weitere Verbindungen erfühlen, die von Gloin wegführten, was entweder hieß, dass sie nicht besonders stark waren, oder aber, dass Bilbo nicht vertraut genug mit den Zwergen am anderen Ende war um sie gefühlsmäßig wahrzunehmen. Er seufzte. Gloin warf ihm einen fragenden Blick zu.

„Ich hatte gehofft, ich könnte die beiden über deine Verbindung fühlen, aber anscheinend reichen Geschichten doch nicht aus.“ Gloins Stirnrunzeln wurde tiefer.

„Willst du damit sagen, dass du Mila und Gimli in deinem Rudel haben willst?“, fragte der Zwerg und klang ehrlich verblüfft. Bilbo hatte das untrügliche Gefühl wieder einmal in ein kulturelles Fettnäpfchen getreten zu sein, doch er nickte bestimmt.

„Die beiden gehören zu dir und du gehörst zu mir, natürlich will ich sie in meinem Rudel. Das heißt natürlich nur wenn sie das auch wollen. Wenn Mila nicht damit zurechtkommt, dass ihr Alpha sich einem Omega-geführten Rudel angeschlossen hat, dann werden wir sicher auch dafür eine Lösung finden, aber erst mal möchte ich deine Familie schon als Ganzes in meinem Rudel haben.“ Gloin klappte der Mund auf.

„Wie soll das gehen?“, fragte er dann und nun war es an Bilbo die Stirn zu runzeln.

„Wie meinst du das? Mila ist deine Gefährtin, dadurch gehört sie im Moment was mich angeht ohnehin zu meinem Rudel.“ Gloin schüttelte den Kopf.

„Du verstehst das falsch. Wenn ein Zwergenomega ein Rudel gründet, wie du es getan hast, dann besteht er oder sie für gewöhnlich darauf, dass die Alphas die zum ihm gehören wollen, sich aus ihren Familienrudeln lösen.“ Nun war es an Bilbo den Zwerg mit offenem Mund verständnislos anzublicken.

„Davon hat Ori mir gar nichts erzählt.“ Gloin schnaubte.

„Wahrscheinlich war er so froh darüber, dass du nichts dagegen hast mehr als einen Beta in deinem Rudel zu haben, dass ihm die anderen Probleme, die ein Rudel mit sich bringt entfallen sind.“ Bilbo schüttelte sich.

„Bist du mir deswegen aus dem Weg gegangen?“ Er runzelte die Stirn „Und Dwalin und Thorin auch?“ Gloin nickte ein wenig verlegen, doch in Bilbos Kopf klickten wieder einige Puzzlesteinchen an die richtigen Stellen.

„Bofur und Bifur haben kein Problem gehabt, weil sie außer Bombur kein Familienrudel haben und der wäre mit seiner Gefährtin und den Kindern ohnehin nicht allein. Als sie dann begriffen haben, dass ich Bombur nicht ausschließen würde, nur weil er auch ein Beta ist, war die Welt in Ordnung.“ Gloin nickte bestätigend und Bilbo verkniff sich den Kommentar, dass Bofur ohnehin nicht dazu neigte die Dinge zu zerdenken.

„Nori hat zwar seine Brüder, aber egal wie oft ich ihm auch sage, dass Dori es nicht halb so böse meint, wie er es manchmal von sich gibt, hat er doch denke ich den Eindruck, dass seine Brüder auch ohne ihn glücklich wären. Abgesehen davon sind seine beiden Brüder inzwischen fest mit meinem Rudel verbunden, um nicht zu sagen, dass das Ri-Rudel in meinem aufgegangen ist.“ Gloin schien über diese Tatsache ein wenig nachdenken zu müssen, doch dann nickte er wieder.

„Fili und Kili hängen zusammen wie Pech und Schwefel und genauso sehr hängen sie an Thorin und Dis, aber ich nehme an sie sind noch gar nicht auf die Idee gekommen, dass unser Rudel ihr Familienrudel in Mitleidenschaft ziehen könnte? Nicht dass das passieren wird. Nach allem was sie mir von ihrer Mutter erzählt haben, wird Dis ohnehin ein Teil unseres Rudels werden, allein schon um Thorin weiter auf die Nerven fallen zu können.“ Gloin schnaubte.

„Dafür, dass du Lady Dis noch nie begegnet bist, bist du erstaunlich dicht dran.“ Bilbo grinste den Zwerg an und zählte weiterhin an den Fingern ab.

„Wieso du unsicher warst, hatten wir grade, aber ich hoffe, dass sich das jetzt gibt?“ er sah Gloin fragend an, der neigte den Kopf und schenkte Bilbo ein Lächeln.

„Es wäre mir eine Ehre“, sagte er dann und Bilbo konnte nicht anders als wieder einmal rot anzulaufen.

„Thorin hat wahrscheinlich eher als seine Neffen begriffen, dass es bei dieser Rudelgeschichte auch um Dis geht. Aber mit ihm weiß man nie so genau.“ Gloin gab ein halbherziges Schulterzucken von sich.

„Ich maße mir nicht an, die Gedanken meines Königs zu kennen, aber wenn ich raten müsste, sitzen ihm die letzten Wochen und Monate genauso in den Knochen wie uns allen. So verrückt es klingen mag. Rede mit ihm. Mit Balin wenn es nicht anders geht, der sorgt noch immer dafür, dass Thorin nicht den Kopf verliert.“

Bilbo nickte gedankenverloren. Er hatte noch nie darüber nachgedacht, dass Thorin vielleicht gar kein Teil seines Rudels sein wollte, doch er weigerte sich so leicht aufzugeben. Vielleicht erwartete der König unter dem Berg auch einfach nur eine formelle Einladung so wie Balin sie gebraucht hatte. Er würde versuchen sich nicht verrückt zu machen bevor er nicht sicher wusste, dass es auch einen Grund dafür gab.

„Bleibt noch Dwalin.“ Gloin nickte wieder, doch Bilbo wollte nichts einfallen, was den Krieger davon abhielt ihn schon längst in seinem Nest zu besuchen.

„Du kannst es nicht wissen, deswegen sage ich es dir. Doch auch das sind nur Gerüchte, also nimm nicht alles für bare Münze. In Ered Luin ging eine Weile die Sage, dass Dwalin sich mit seinem Erzgegner eingelassen hat, Nori.“ Bilbo legte den Kopf schief. Das klang ein wenig melodramatisch doch andererseits sie redeten hier von Zwergen mit ein bisschen Drama musste man da schon rechnen.

„Dann wiederum hieß es er habe ein Auge auf Lady Dis geworfen. Völliger Unsinn, wenn du mich fragst. Wir sind alle zusammen aufgewachsen und Dwalin und Dis waren nie mehr als Spielkameraden. Er stand sogar hinter ihr als sie ihren Vili geheiratet hat. Das tut kein Alpha, der gerade den Kampf um die Liebe seines Lebens verloren hat.“ Bilbo hörte gespannt zu. Mit Tratsch kannte er sich aus, das war schließlich sowas wie die Lebensenergie des Auenlandes, doch noch war ihm nicht ganz klar worauf Gloin hinauswollte.

„Wahrscheinlich ist Dwalin besorgt, dass es hier die nächste Welle an Gerüchten geben könnte. Diesmal mit dir im Zentrum.“ Bilbo schnaubte.

„Na wenn es nur das ist. Glaub mir als Omega hat man es im Auenland alles andere als leicht. Vor allem wenn man sich weigert eine respektable Ehe einzugehen, wie ich es getan habe. Du kannst dir gar nicht vorstellen was für Geschichten schon durch Hobbingen gegangen sind.“ Gloin musterte Bilbo lange, dann legte er dem Hobbit eine Hand auf die Schulter. Der entspannte sich und lächelte den Zwerg an.

„Hier wird es anders sein, Bilbo, du bist ein Geschenk und wir Zwerge, so sagt man, erkennen einen Schatz, wenn wir ihn sehen, also mach dir keine Gedanken um das was sich schickt, oder was Ori dir erzählt hat wie ein Zwergenrudel funktionieren sollte. Jedes Rudel ist einzigartig und der Omega in seiner Mitte ist sein Herz. Das hat meine Mutter immer gesagt. Nicht dass sie praktische Erfahrung mit Rudeln hatte, aber es gab eine Zeitlang diesen Geschichtenerzähler, der in das Dorf kam in dem wir Unterschlupf gefunden hatten und der hat Sachen erfunden, ich sag es dir.“

Gloin verdrehte die Augen und Bilbo musste kichern. Er konnte sich ungefähr vorstellen wovon Gloin sprach. Sein Vater hatte eine ganze Reihe von Schundromanen besessen, die Bilbo erst nach dem Tod seiner Eltern entdeckt hatte. Erst war er entsetzt gewesen, dann neugierig und schließlich gefesselt von den Geschichten, mochten sie auch noch so weit hergeholt sein und jeder Logik widersprechen.

„Wie lange wirst du hier noch gebraucht?“, fragte Bilbo als er seine Mahlzeit beendete. Gloin überlegte. Dann nickte er einmal als sei er zu einer Entscheidung gekommen.

„Ich denke es schadet nicht wirklich, wenn ich mir den Nachmittag freinehme. Ich werde ohnehin niemals fertig werden mit diesem Schatz.“ Er zwinkerte Bilbo zu, in dem sich ein warmes Gefühl ausbreitete. Dann räumte er seine Sachen zusammen, klingelte einmal mehr nach seinem jungen Helfer und beschied dem dann, dass er den Rest des Tages zu seiner Verfügung hatte. Der schien nicht recht zu wissen, was er mit seiner Freiheit anfangen sollte, doch der Wächter, klemmte ihn sich praktisch unter den Arm und zog von dannen, während er schnell und leise auf ihn einredete.

Gloin verschloss sein Büro, hängte sich den Schlüssel um den Hals und griff dann nach Bilbos Hand. Dabei sah er den Hobbit fragend an, bis der den Druck seiner Finger erwiderte. Es war seltsam so mit Gloin zu laufen. Mit Kili war es Bilbo nur natürlich vorgekommen seine Hand zu halten. Mit Nori hatte er nie darüber nachgedacht, doch mit Gloin schien es eine andere Art von Entscheidung zu symbolisieren und er hatte nicht damit gerechnet, dass eine so simple Geste derlei Gefühle in ihm auslösen könnte.

Der Weg zurück zu Bilbos Räumen war lang und verschlungen, doch mit jedem Tag, den Bilbo damit verbrachte das Labyrinth von Erebor, wie er es in seinem Kopf nannte, zu erkunden wurde er ein wenig sicherer darin sich zurechtzufinden. Natürlich fiel es ihm auch leichter den Rückweg zu suchen als ein bestimmtes Ziel. Das war etwas worin alle Hobbits seit jeher begabt waren. Den Weg nach Hause zu finden.

Schließlich standen sie vor Bilbos Tür. Der Hobbit stieß sie auf und zog Gloin hinter sich her in seinen Nestraum. Es wäre doch gelacht, wenn es ihm nicht gelingen sollte früher oder später sein ganzes Rudel hier zu versammeln.

Chapter 14: Kapitel 14

Chapter Text

Kapitel 14

Dwalin war nicht weiter schwer zu finden. Wenn er nicht gerade Thorins Leibwache war, dann war er für gewöhnlich in der Trainingshalle und verprügelte wen auch immer er dazu kriegen konnte mit ihm zu trainieren. Bilbo vermutete stark einen Überschuss an ungenutzter Energie für die er einige deutlich bessere Ventile wüsste. Allein schon bei dem Gedanken lief der Hobbit scharlachrot an, doch er konnte nicht leugnen, dass Dwalin eine beeindruckende Persönlichkeit war.

Bilbo hatte sein Schwert seit der Schlacht der fünf Heere nicht mehr in die Hand genommen und selbst wenn er in Versuchung gewesen wäre es zu tun, würde keiner seiner Zwerge riskieren, dass er etwas derart Schweres in Händen hielt, nicht in seinem delikaten Zustand. Deswegen hatte Bilbo seinen ersten Plan Dwalin dazu aufzufordern, ihm ein wenig Auffrischung in Sachen Schwertkampf zu geben, verworfen und durch einen anderen ersetzt.

Deswegen trug der Omega nun einen abgedeckten Korb in den Händen, der jedes Mal einen köstlichen Duftschwall von sich gab, wenn die Decke ein kleines bisschen verrutschte was schon dafür gesorgt hatte, dass mehr als ein Zwerg mit großen Augen hinter Bilbo hergeblickt hatte. Der konnte sich nur dazu beglückwünschen, dass er in Bomburs Küchenschränken gefunden hatte wonach es ihn gelüstete.

Zimt war nicht unbedingt oft in Zwergenrezepten zu finden, doch immerhin hatte Bombur gewusst wovon Bilbo überhaupt sprach und seine privaten Geheimvorräte mir ihm geteilt von denen Bilbo lieber nicht wissen wollte, wie sie die Reise nach Erebor überstanden hatten. Nun jedenfalls gab es Zimtschnecken für Dwalin.

Bilbo genoss die Blicke, die ihm dank der Duftwolke folgten und erreichte sein Ziel genau wie er es geplant hatte. Dwalin war mitten drin in einem Übungskampf und Bilbo gelang es sich ungesehen auf einer der Tribünen zu platzieren und dem Zwergenkrieger für eine Weile einfach nur verträumt zuzusehen. Dann jedoch als die beiden Kontrahenten voneinander abließen und Dwalin sich mit einem Handtuch kräftig über den Kopf schrubbte, machte Bilbo auf sich aufmerksam.

Sofort schoss Dwalins Kopf hoch, er knurrte irgendetwas in Richtung des anderen Zwerges und kam dann schneller als Bilbo erwartet hatte über die Bankreihen gesprungen, um sich vor dem Hobbit aufzubauen. Bilbo schluckte und leckte sich die trockenen Lippen, während sein Blick über Dwalins Gestalt huschte. Es war immer wieder erstaunlich wie groß der Zwergenkrieger doch war.

„Ich habe ein Picknick für uns vorbereitet“, gab Bilbo schließlich von sich. Dwalin zog eine Augenbraue nach oben, ließ sich dann aber kommentarlos neben Bilbo auf dem Boden nieder über den der Hobbit eine etwas fadenscheinige Decke gebreitet hatte, die diesen Zweck jedoch einwandfrei erfüllte.

„Hier.“ Er reichte Dwalin einen Teller mit Brot und Käse, mehrere Streifen Dörrfleisch, die Bombur für ihn zurückgehalten hatte und eine Feldflasche Wasser. Dwalin gab ein Grunzen von sich arrangierte das Essen zwischen ihnen auf der Decke und begann dann in tiefen Schlucken zu trinken.

„Danke“, knurrte er schließlich. Bilbo lächelte und knabberte an einer Ecke seines eigenen Käsebrotes. Er war sich nicht ganz sicher, ob dem Zwerg bewusst war wie wichtig Essen für Hobbits war und dass eine Einladung wie diese eher ein- als zweideutig war, doch er ließ das Thema für den Moment auf sich beruhen.

In einvernehmlichem Schweigen setzten die beiden ihr Mahl fort nur hier und da unterbrochen davon, dass einer den anderen fragte, ob er dieses oder jenes herüberreichen könnte. Nachdem Brot und Käse verzehrt waren und Dwalin einen zufriedenen Seufzer ausgestoßen hatte, nahm Bilbo seinen Mut zusammen und wechselte die Position, so dass er nun praktisch ohne Zwischenraum an Dwalins Seite saß. Der warf ihm einmal mehr einen Blick unter hochgezogenen Augenbrauen zu, schlang dann aber unaufgefordert einen Arm um den Hobbit. Nun war es an Bilbo zu seufzen und sich an den Zwerg zu schmiegen.

„Ich habe etwas für dich gebacken.“ Bilbo sah den Zwerg nicht an, stattdessen zog er eine der Zimtschnecken aus seinem Korb. Dwalins Augen weiteten sich als er den Geruch in die Nase bekam. Bilbo war nur zu bewusst wie sehr der Zwerg die Zimtsterne gemocht hatte, die Bilbo in seiner Keksdose auf dem Kaminsims in Beutelsend aufbewahrte.

„Bilbo?“, fragte er ein wenig verwirrt, als der Hobbit keine Anstalten machte das Gebäckstück loszulassen. Stattdessen hielt er es Dwalin vor die Lippen. Der verstand nach einem Moment, und biss herzhaft ab. Bilbo gab ein ersticktes Keuchen von sich. Seine Wangen glühten, doch er wandte den Blick nicht ab, während Dwalin kaute und schließlich schluckte, dann ein Stöhnen von sich gab, das eher in ein Schlafzimmer gehört hätte und am Handgelenk des Hobbits zog um die Leckerei wieder in Reichweite zu bekommen.

Bilbo ließ ihn und nach vier weiteren Bissen war die Zimtschnecke verschwunden und Dwalins Ausdruck sprach vom siebten Himmel. Bilbo lächelte und kuschelte sich wieder an den Zwerg, der die Nase in seinen Locken vergrub.

„Danke, Bilbo. Ich nehme an, das ist eine Hobbittradition?“, Bilbo nickte. „Gibt es eine angemessene Erwiderung, oder reicht die Tatsache, dass diese Sache einfach köstlich war?“ Bilbo schmiegte sich noch ein wenig näher an Dwalin, woraufhin der ihn mit einer fließenden Bewegung auf seinen Schoß zog. Bilbo seufzte. Genau hier wollte er sein. Eingehüllt in Stärke und den Duft von zufriedenem Alpha. Jetzt musste er letzteren nur noch in sein Nest bekommen.

„Ich glaube nicht, dass du ein Familienrezept hast mit dem du dasselbe sagen könntest, aber ein Strauß Blumen, sobald das Wetter wieder danach ist, wäre mehr als angemessen“, murmelte Bilbo und schloss die Augen. Dwalin gab ein rumpelndes Lachen von sich und vergrub einmal mehr die Nase in Bilbos Haar.

„So schön das hier war, ich muss furchtbar riechen. Ich sollte mich frisch machen bevor ich mir ausdenke wie genau ich dir zeigen kann wie gut diese Dinger sind.“ Bilbo lief einmal mehr rot an.

„Du stinkst nicht“, flüsterte er dann und drehte das Gesicht in Dwalins Brust. „Du riechst sehr angenehm.“ Dwalin ließ ein rumpelndes Lachen hören.

„Das muss der Omega in dir sein. Was hältst du davon, wir machen uns zusammen frisch und ich zeige dir wie du die richtigen Zöpfe für jeden in unserem Rudel flechtest?“ Bilbo musste nicht lange überlegen bevor er zusagte.

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Dwalin folgte Bilbo zurück in dessen Nest. Dabei konnte er kaum den Blick von dem Omega lassen. Bilbos Umstände waren noch nicht deutlich zu sehen, doch sein Geruch gab mehr Informationen preis denn je. Dwalins Alpha hätte sich am liebsten in diesem Duft herumgewälzt und eingehüllt, doch der stoische Zwerg hatte mehr Selbstbeherrschung als das. Allerdings war Bilbo dabei diese mehr und mehr zu untergraben.

Dwalin hatte den Omega schon gerochen, als er die Trainingshalle betreten hatte. Er hatte ihn zwar nicht gesehen, aber seine Duftnote war einzigartig in Erebor und Dwalin hatte schon vor langer Zeit gelernt sich neben Augen und Ohren im Kampf auch auf seine Nase zu verlassen, nahm sie doch oftmals Dinge früher wahr als jeder seiner anderen Sinne. Das Mahl, das er mit Bilbo geteilt hatte, war ihm ein kleines Rätsel, obwohl er davon ausging, dass es mehr mit Hobbits zu tun hatte als mit Omegas.

Dennoch die Zimtschnecken, die Bilbo ihm gebacken hatte waren mehr als gut genug um als Werbunsggeschenk angesehen zu werden. Allerdings war sich Dwalin nicht sicher, wieso der Omega sich die Mühe machen sollte um ihn zu werben. Dwalin sah sich selbst als Teil von Bilbos Rudel seit der Nacht am Fuße des Carrocks, die sie alle näher zusammengebracht hatte als er sich das zuvor hatte vorstellen können. Irgendetwas war schon dran an den alten Geschichten, die darauf bestanden, dass ein Omega das Herz und die Seele eines jeden Rudels war und ein Volk ohne Omegas langsam aber sicher als verloren betrachtet werden musste.

Auch wenn Bilbo das Gegenteil behauptete, war sich Dwalin außerdem seines Geruches mehr als bewusst. Er hatte fast den ganzen Tag mit diversen Zwergen trainiert und dabei zwangsläufig mehr als einmal nahen Kontakt zum Boden aufgenommen abgesehen davon, dass er geschwitzt hatte wie ein Schwein. Egal wie sehr Bilbos Nase von seinen Omegainstinkten geleitet sein mochte, es gab einfach keine Möglichkeit, dass Dwalin für den Hobbit auch nur im Ansatz gut roch.

Sobald sie Bilbos Quartier betreten hatten, entschuldigte sich Dwalin und zog sich ins Badezimmer zurück, dessen Leitung inzwischen soweit repariert waren, dass zumindest kaltes Wasser jederzeit zur Verfügung stand. Dwalin hatte sich schon mit weniger zufrieden gegeben und wusch sich so schnell und gründlich er konnte, auch wenn er ein langes heißes Bad bevorzugt hätte.

Bilbo erwartet ihn schon vor der Tür. Seine Wangen flammten rot auf als er sah, dass Dwalin sich nicht damit bemüht hatte sein Hemd wieder anzuziehen, das er als Handtuch benutzt hatte und der Zwerg konnte nicht anders als zu grinsen und ein klein wenig die Muskeln spielen zu lassen. Ihm war schon aufgefallen, dass Bilbos Augen immer ein wenig glasig wurden, wenn er sich mit zu viel Haut konfrontiert sah.

Bilbo schluckte sichtbar, dann schüttelte er sich und griff nach Dwalins Hand. Damit hatte der Zwerg zwar nicht gerechnet, doch er ließ den Hobbit tun was er wollte und folgte Bilbo ohne zu zögern in das einzige Zimmer dieser Suite, das roch als würde es regelmäßig von mehreren Leuten betreten werden. Genau genommen roch es nach Rudel und das ließ Dwalin sich entspannen wie nichts anderes es vermochte.

Es war lange her, dass er sich im Herzen eines Rudelzuhauses befunden hatte, doch das hier war sehr hübsch für die Umstände unter denen Bilbo es geschaffen hatte. Der Hobbit bedeutete ihm die Stiefel auszuziehen und Dwalin gehorchte mit einem Grummeln, er konnte nicht ganz nachvollziehen, was Bilbo gegen Schuhe hatte, doch wenn es den Omega glücklich machte, konnte er damit leben barfuß zu schlafen.

Bilbos Blick blieb für einen Moment an seinen Zehen hängen und Dwalin erinnerte sich lebhaft an den Nachmittag im Zelt der Gebrüder Ri als Bifur herausgefunden hatte wie sensibel Hobbitsohlen tatsächlich waren. Er schenkte Bilbo ein weiteres Grinsen und fragte sich im Stillen, ob Noris Angeberei wohl doch einen wahren Kern haben mochte. Allerdings roch es in diesem Raum nicht nach Sex, von daher wohl eher nicht. Doch Bilbos rote Wangen waren Dwalin dennoch ein willkommener Anblick.

Nun streckte ihm der Hobbit beide Hände entgegen und Dwalin nahm die Einladung nur zu gerne an und gesellte sich zu Bilbo in das Nest. Es war weicher und tiefer als der Zwerg zunächst angenommen hatte, doch beinahe sofort wurde er von der Tatsache abgelenkt, dass sich Bilbo an ihn kuschelte wie eine Katze auf der Ofenbank und ein zufriedenes Geräusch von sich gab als Dwalin, mehr aus Reflex als bewusster Entscheidung, einen Arm um ihn schlang.

Für eine Weile blieben sie beide still und genossen einfach nur die Nähe des anderen, etwas das Dwalin für gewöhnlich den letzten Nerv geraubt hätte. Er hatte nicht die Geduld um lange an einem Ort zu bleiben ohne irgendetwas zu tun. Doch hier zu liegen und geistesabwesend über Bilbos Bauch zu streicheln, was dem Hobbit mehr von diesen wohligen Geräuschen entlockte, hätte Dwalin noch stundenlang tun können, ohne dass es ihm zu viel geworden wäre.

Dann jedoch erinnerte ihn der Hobbit an sein Versprechen ihm etwas über Zwergenzöpfe zu erzählen. Dwalin war sich nicht ganz sicher was ihn geritten hatte solch ein Versprechen zu machen, wo doch Balin oder Dori viel besser geeignet waren um die Feinheiten des Lebens mit Bilbo zu teilen, doch er hatte es versprochen und Dwalin hatte noch nie ein Versprechen gebrochen. Erst recht keines an den Omega der sich in seinen Arm kuschelte und ihn ansah als hätte er niemals vor Angst gebebt als Dwalin uneingeladen auf seiner Türschwelle aufgetaucht war.

Dwalin setzte sich auf und kämmte mit den Fingern durch seinen Bart. Hielt dann inne als Bilbo ihm seinen Kamm hinhielt und schenkte dem Hobbit ein dankbares Lächeln. Dann machte er sich daran Bilbo die verschiedenen Arten zu zeigen auf die er die einfachsten Zöpfe um die es gerade ging flechten konnte. Was es bedeutete mit wie vielen Strähnen er begann und welche Muster er für den Moment meiden sollte. Bilbo war ein gelehriger Schüler, doch Dwalin konnte auch sehen, dass es ihn in den Fingern juckte all das aufzuschreiben und zu katalogisieren was er gerade lernte.

„Ori wird dir sicher helfen all das zu Papier zu bringen. Für jetzt, lass uns üben.“ Bilbo schenkte ihm ein breites Lächeln, dann waren seine Finger in Dwalins Bart und der Alpha hörte auf zu denken.

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Bilbo war sehr zufrieden mit sich. Nicht nur, dass er Dwalin nun zu denjenigen zählen konnte, deren Duft er nun permanent in seinem Nest hatte. Oin hatte endlich seine Erlaubnis dazu gegeben, dass Fili und Kili den Weg zu seinem Quartier aus eigenen Kräften bewältigen konnten, solange sie sich danach schonten.

Natürlich waren beide mehr als begeistert gewesen, doch Bilbo hatte sich noch ein wenig Zeit ausgebeten um das Nest so gemütlich wie möglich zu machen und etwas Spezielles zu kochen. Nun machte er sich pfeifend auf den Weg die Prinzen zu besuchen. Als er ihr Quartier erreichte, hatte er allerdings nicht damit gerechnet, dass Thorin auch gerade dort war. Der König unter dem Berge sah nicht wirklich begeistert aus, doch er erlaubte Bilbo den Raum zu betreten.

Bilbo hatte in letzter Zeit nicht allzu viel mit Zeit mit Thorin verbracht, so beschäftigt wie der mit seinen neuen Pflichten war, kam Bilbo sich immer ein wenig dumm vor, wenn er versuchte seine Aufmerksamkeit zu ergattern und nachdem Balin ihm zum wiederholten Male mitgeteilt hatte, dass es gerade in diesem Augenblick schlecht passte, hatte Bilbo sich ein wenig zurückgezogen um seinen verletzten Stolz zu schonen.

„Thorin“, murmelte er überrascht und gleichzeitig gegen seinen Willen erschrocken. Thorin sah aus als hätte er zu wenig geschlafen. Er war zwar nicht mehr so grau wie frisch nach seinen Verletzungen, aber er sah in Bilbos Augen nicht gut aus und das ließ seine Instinkte verrücktspielen. Ohne darüber nachzudenken, trat er näher an den Alpha heran und legte eine Hand an seine Wange.

„Du siehst nicht gut aus, wann hast du zuletzt geschlafen? Gegessen? Bist du krank?“ Bilbo sog tief die Luft ein und filterte Thorins Geruch heraus. Er mochte den Duft des Alphas gerne und suchte vergebens nach seinem Blick, doch er hatte das Gefühl, dass Thorin eher verlegen als verärgert war. „Thorin?“, fragte er wieder.

„Es ist nichts“, antwortete der Alpha etwas ruppig. Bilbo runzelte die Stirn.

„Das soll ich glauben, ja? Egal wenn du gerade Zeit hast, komm mit mir und den Jungs. Ich habe gekocht und einer mehr wird schon noch satt.“ Mit diesen Worten ließ er Thorin im Türrahmen stehen und scheuchte die Prinzen auf, die sich begeistert der Aufgabe widmeten ihr Krankenlager hinter sich zu lassen. Das Versprechen eines selbstgezauberten Hobbitmahls war da geradezu das Sahnehäubchen auf der Torte. Was Bilbo darauf brachte, dass er schon viel zu lange keine süße Sahne mehr gesehen hatte. Er wünschte sich den Frühling herbei, doch noch ließ das wärmere Wetter auf sich warten, auch wenn der Schnee langsam aber sicher den Rückzug antrat.

Thorin schien nicht recht zu wissen was er dazu sagen sollte und folgte seinen Neffen, eher weil er gewohnt war ein Auge auf sie zu haben, als weil er wirklich beabsichtigte Bilbos Einladung anzunehmen, doch den Hobbit kümmerten seine Motive nicht wirklich. Er wollte Thorin nur in seiner Nähe wissen, erst recht nachdem er aussah als würde er jeden Moment umkippen.

Bilbos Räume waren zum Glück nicht allzu weit entfernt. Kili und Fili nutzten den Spaziergang einmal mehr dazu Bilbo in ihre Mitte zu nehmen und abwechselnd Dinge in seine Ohren zu flüstern, die diesen immer mal wieder rot anlaufen ließen. Wenn er die Aufmerksamkeit nicht so genossen hätte, wäre es angebracht gewesen dem einen Riegel vorzuschieben, doch er scherte sich schon seit längerem nicht mehr wirklich darum was angebracht war und was nicht.

Alle paar Schritte warf er einen Blick zurück um sicher zu stellen, dass Thorin noch da war und jedes Mal sah er den König mit gerunzelter Stirn einige Schritte hinter sich. Er schenkte ihm ein Lächeln nach dem anderen, doch keines davon fand eine Erwiderung. Schließlich erreichten sie Bilbos Räume, der scheuchte die Jungs hinein und deckte dann einen weiteren Platz am Tisch für Thorin ein. Der schien immer noch nicht sicher zu sein, dass er auch wirklich willkommen war, also flatterte Bilbo ein wenig um jeden der drei herum, servierte das Essen, und wuschelte Kili zärtlich durchs Haar, der wie üblich nicht daran dacht seine dunkle Mähne auch nur im mindesten zu bändigen.

„Lasst es euch schmecken“, eröffnete Bilbo das Mahl und alle drei Zwerge begannen zu essen. Thorins Augen weiteten sich als er den ersten Löffel in den Mund schob und Bilbo konnte nicht anders als ein wenig selbstgefällig zu grinsen. Er war ein guter Koch und unter Hobbits wollte das schon etwas heißen.

Als die Zwerge zu Beginn ihres Abenteuers über seine Speisekammer hergefallen waren, war Thorin zu spät gekommen um die wirklich guten Sachen darin zu kosten und unter freiem Himmel auf offenem Feuer zu kochen, war etwas anderes als in einer richtigen Küche zu stehen und die Magie zu wirken, die nötig war um aus einem Mahl ein Erlebnis zu machen, doch Bilbo war lange genug hier, dass ihm das auch mit seiner neuen Zwergenküche gelang, in der alles ein klein wenig zu hoch angesetzt war um bequem für ihn zu sein, an die er sich aber inzwischen gewöhnt hatte.

Kili stöhnte und verdrehte genießerisch die Augen, was Fili zum Kichern brachte. Die Stimmung lockerte such erheblich als die beiden Prinzen anfingen sich gegenseitig dafür aufzuziehen wie sehr sie die Hobbitmahlzeit genossen und was für eine Schande es war, dass Oin ihnen dieses Essen vorenthalten hatte, solange sie noch auf dem Krankenbett lagen. Auch Thorins Mund verzog sich zu einem winzigen Lächeln, angesichts der Ausgelassenheit seiner Schwestersöhne und Bilbo entspannte sich mit jedem Satz mehr. Genauso hatte er sich Abendessen im Kreis der Familie immer vorgestellt.

Nachdem der Hauptgang verzehrt war und zum Großteil bis auf den letzten Krümel von den Tellern geleckt, räumte Bilbo ab und servierte den Nachtisch. Thorins Augen waren weit wie die eines Hobbitkindes zur Sommersonnenwende als er den Brombeerkuchen sah, den Bilbo aus eingemachten Beeren kreiert hatte und auf den er sehr zu Recht stolz war.

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Nach dem Essen scheuchte Bilbo die beiden Prinzen in sein Nest, wo sie es sich gemütlich machten. Mit Thorin schlug er einen etwas gemäßigteren Ton an doch er hoffte sehr, dass auch der Zwergenkönig die Zeit finden würde, die Nacht hier zu verbringen. Der musterte ihn als suchte er nach irgendeiner versteckten Nachricht. Bilbo war nicht ganz sicher welche das sein könnte, also wartete er zunächst einmal einfach ab, bis Thorin schließlich nickte und seinen Neffen, hinein in Bilbos Nest, folgte.

Bilbo hätte vor Freude beinahe in die Luft springen mögen. Endlich waren all die Duftnoten vereint, die er brauchte um sich wirklich und wahrhaftig wohlzufühlen. Alle seine Zwerge hatten dem Rudel-Heim ihren Stempel aufgedrückt, ob ihnen das nun bewusst war oder nicht und für Bilbo bedeutete das mehr oder weniger, dass sein Rudel eine Einheit bildete, die sich nicht so ohne weiteres mehr zerschlagen lassen würde.

Etwas in seinem Inneren löste sich bei diesem Gedanken und eine Art von Frieden machte sich in Bilbo breit wie er ihn zuletzt gespürt hatte als seine Eltern noch am Leben waren und ihr Familienrudel noch stark und intakt.

Bilbo folgte seinen Zwergen, eine Hand auf seinem Bauch, wo der kleine Schmetterling in seinem Inneren kräftig mit den Flügeln schlug. Noch hatte er das Gefühl sich die Bewegung die er spürte nur einzubilden, doch bald schon würden auch seine Zwerge in der Lage sein das Wunder zu spüren, das da in ihm heranwuchs und im Moment mindestens ebenso glücklich war wie sein werdender Vater.

Bilbo beschied seinen Zwergen die Stiefel auszuziehen, was zumindest Fili und Kili schon getan hatten, wofür sie ein zustimmendes Lächeln von ihm ernteten. Thorin dagegen zog für einen Moment die Augenbrauen hoch, bevor auch er der Aufforderung nachkam. Bilbo kletterte in das Nest, zupfte hier und da an diesem oder jenem Kissen und machte es sich schließlich zwischen Thorin und Kili gemütlich.

Fili lag auf Kilis anderer Seite und hatte seinen Bruder halb im Arm, der schien schon fast eingedöst zu sein, schenkte Bilbo aber dennoch ein breites Grinsen und legte seinen Kopf auf der Schulter des Omegas ab, sobald der es sich bequem gemacht hatte. Thorin schien für einen Moment unschlüssig, doch als Bilbo sich halb herumdrehte, seinen Arm packte und so über sich zog, dass Thorins Hand auf der Wölbung seines Bauches zu liegen kam, entspannte sich auch der Zwergenalpha und legte sich neben seinem Omega zur Ruhe.

Bilbo seufzte und schloss die Augen, nicht ahnend, dass der Frieden, den er gerade empfand durch die Bänder zum Rest seines Rudels hindurchfloss und überall in Erebor kleine Inseln des Friedens schuf, die der Berg selbst zu genießen schien.

Chapter 15: Kapitel 15

Chapter Text

Kapitel 15

Am nächsten Tag schien der Frühling zum Greifen nah zu sein. Über Nacht waren die großen Eiszapfen verschwunden, die das Tor zu Erebor Haupthalle geschmückt hatten und das Schmelzwasser rann in Sturzbächen die Hänge des einsamen Berges hinab. So plötzlich wie der Winter gekommen war so urplötzlich lockerte er seinen Griff wieder.

Bilbo konnte kaum glauben wieviel Leben er unter der dünnen Schneedecke spüren konnte, die von Stunde zu Stunde mehr verschwand und er war ganz erpicht darauf das erste frische Grün zu sehen. Allerdings sahen seine Zwerge das anders.

Die plötzliche Schneeschmelze war eine nicht zu unterschätzende Gefahr und jeder Zwerg konnte spüren wie nah oder fern die Möglichkeit einer Schlammlawine war, wenn der Boden es sich so überlegte. Der Stein des Berges selbst war fest und beständig wie eh und je, doch das Erdreich darüber hatte in den Jahrzehnten, die Smaug hier gehaust hatte schwer gelitten.

Auch Bilbo konnte das spüren, fehlten doch die tiefen Wurzeln alter Bäume, die dem Boden den nötigen Halt gaben und selbst das Wurzelwerk, der wenigen Büsche, die sich während Smaugs Herschafft gehalten hatten, schien es nicht geschafft zu haben sich tief genug zu graben um allen Gezeiten zu widerstehen. Dennoch war Bilbo kaum mehr von den äußeren Barrikaden wegzudenken.

Sobald das erste Sonnenlicht auf sie fiel, war Bilbo da und badete geradezu in ihren Strahlen. Bald schon hatte er seine gesunde Hautfarbe wiedergewonnen und sein Haar strahlte einmal mehr wie rotes Gold, wenn das Licht im richtigen Winkel darauf fiel. Jeder Zwerg, der ihn dort oben stehen sah, war für einen Moment hin und hergerissen einfach stehen zu bleiben und den Omega mit den Augen zu verschlingen, der Erebor dem Drachen entrissen hatte und doch gab es nur ein Dutzend Zwerge, die tatsächlich etwas anders tun konnten als zu starren.

Ori gesellte sich zu Bilbo wann immer es seine Pflichten gestatteten und mehr als einmal überredete er den Hobbit für ihn Modell zu stehen, während die Sonne ihren Pfad über den Himmel zog. Kili war ebenfalls oft an der Seite des Hobbit zu finden, ebenso wie er von gut gemeintem Rat dazu verurteilt in Erebors Innerem zu verweilen, bis jede Gefahr vorüber war, doch es juckte den jungen Zwerg mindestens ebenso sehr wie Bilbo in den Fingern, die Schutzwälle hinter sich zu lassen und durchs frische Grün zu streifen. Sicher Bilbos Absichten waren um einiges friedlicher als Kilis doch beide würden mit Sicherheit Essen auf den Tisch bringen, wenn ihnen nur endlich die Erlaubnis zu Teil würde.

Wobei Bilbo insgeheim dachte, dass Kili bessere Chancen hatte als er selbst den Berg in Naher Zukunft zu verlassen. Er mochte ein Prinz von Erebor und damit wahnsinnig wichtig sein, doch Bilbo trug neues Leben in sich und das schien ihn in den Augen eines jeden Zwerges, der davon erfuhr zum Invaliden zu machen, oder zumindest zu einer Jungfer in Nöten, die unmöglich ihr eigenes Abendessen zusammensuchen konnte.

Allerdings war den Zwergen wohl nicht bewusst wie dringend Bilbo Erde unter seinen Füßen und frisches Grün unter seinen Fingern brauchte um gesund zu bleiben, doch er würde es ihnen schon noch begreiflich machen. Unmöglich schließlich, dass er ein Kind zur Welt bringen würde, das als erstes die steinernen Decken von Erebor zu sehen bekommen sollte, statt den freien Himmel, auch wenn er hier nicht über dem Auenland wachte.

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„Sie kommen. Sie kommen.“ Fili stürzte zur Tür herein und überraschte sowohl Bilbo als auch Thorin, die gemeinsam am Schreibtisch saßen und über den Plänen brüteten, die sicherstellen sollten, dass die Zwerge Erebors genauso wenig Hunger leiden mussten wie die Menschen von Thal.

Bilbo hatte damit begonnen als man ihm auch eine Woche nachdem die Schneeschmelze eingesetzt hatte noch nicht gestatten wollte den Berg zu verlassen. Er hatte versucht seinen Zwergen klar zu machen, wie wichtig Grünzeug und Sonnenschein für ihn waren, doch es hatte nur insofern geholfen, dass sie gemeinsam einen alten Garten aus dem Ärmel geschüttelt hatten, der irgendwann einmal von irgendwem auf einer geschützten Terrasse angelegt worden war.

Jetzt betrachtete Bilbo diesen Garten als sein persönliches Refugium und wann immer man den Hobbit nicht in der Küche oder der Bibliothek finden konnte, war er dort und kümmerte sich sorgsam um Setzlinge, die er aus welchen Quellen auch immer besorgt hatte, wobei das Gerücht ging, dass der Elbenkönig persönlich ihm einen Teil davon zugeschickt hatte, während andere behaupteten, die Pflanzen stammten sämtlich von Prinz Kilis Streifzügen durch die nahen Wälder.

Bilbo machte sich nicht die Mühe die Gerüchteküche unter Kontrolle bringen zu wollen, er hielt nur die Ohren offen und streute hier und da seine eigenen Versionen, was Nori ganz verrückt machte und gleichzeitig tief beindruckte, für Bilbo aber das normalste von der Welt war, schließlich waren Gerüchte für Hobbit beinahe so etwas wie Dünger für einen Garten.

„Wer?“, fragte Thorin und erhob sich von seinem Stuhl, der knarzte als sei er froh seine Last los zu sein. Zwar hatte Thorin seinen steinernen Thron um seine Regierungsgeschäfte abzuwickeln, doch er hatte feststellen müssen, dass der Thronsaal kein Ort war, den Bilbo besonders gerne besuchte und so hatte er mit Balins Hilfe dafür gesorgt, dass sich sein Tagesplan so veränderte, dass Bilbo darin Platz fand. Völlig egal weshalb der Hobbit ihn sehen wollte, wobei es in aller Regel tatsächlich um Dinge von Bedeutung für die Zukunft des Berges ging, so gab es doch keinen Grund derlei Gespräche nicht bei Tee und Gebäck zu führen.

„Der erste Konvoi. Aus den blauen Bergen“, keuchte Fili. Das brachte nun auch Bilbo auf die Beine. Zwar wussten alle im Raum, dass Lady Dis nicht in diesem Konvoi sein würde, sie hatte beschlossen in den blauen Bergen zu bleiben bis auch der letzte Zwerg, der den Umzug wagen wollte seinen Weg gefunden hatte, doch mit einiger Sicherheit waren Gloins Frau und Sohn unter den Neuankömmlingen und niemand wollte dieses Schauspiel verpassen.

Abgesehen davon war es Thorins königliche Pflicht seine neuen, oder eher alten, Untertanen willkommen zu heißen. Er bot Bilbo seinen Arm an, den der Hobbit dankbar ergriff und passte seine langen Schritten Bilbos kürzeren an, während Fili davonstürmte um den Wintermantel des Hobbits zu holen, da es trotz des Frühlingswetters immer noch empfindlich kalt war. Vor allem wenn man nicht im Garten arbeitete, oder ständig in Bewegung war, sondern oben auf der Mauer stand und auf die Ankunft eines Zwergenzuges wartete.

Sicher die Zwerge waren bereits vor einiger Zeit gesichtet worden und wenn sie in Thal Station machten, würde es noch einige Zeit länger dauern, doch Bilbo konnte Thorins Ungeduld durchaus nachvollziehen. Nach dem Winter im Berg hatten sie ein wenig Abwechslung bitter nötig und was konnte schon besser Abwechslung bieten als eine Horde Zwerge, die sich in ihrem Berg niederließen.

Im Kopf war Bilbo bereits dabei zu planen welche Quartiere im Moment bezugsfertig waren, welche noch einiges an Arbeit brauchten und wo er die neuen Mitglieder seines Rudels unterbringen konnte. Gloin bewohnte im Moment ein Zimmer mit seinem Bruder zusammen, doch mit Frau und Kind würde das mit Sicherheit zu eng werden.

Bilbo wusste, dass die Räume rund um die königlichen Appartements noch eine Weile brauchen würden um wieder in vollem Glanz zu erstrahlen, doch auch wenn es nach wie vor kein heißes Wasser aus der Leitung gab, so war es doch bequemer als so manche Alternative, mit der sich die Zwerge im Moment arrangieren mussten. Etwas das sich sicher schneller verändern würde, wenn es mehr fähige Hände gab, die anpacken konnten und wussten was nötig war.

Mit etwas Glück würde sich auch jemand finden, der ein wenig Erfahrung damit hatte Geländer zu schmieden, denn Bilbo persönlich war nach wie vor kein Fan davon, dass es in Erebor nirgendwo Sicherheitsmaßnahmen gab, um einen davon abzuhalten von einem der vielen brückenartigen Bögen zu stürzen und er wollte gar nicht daran denken in was für absurde Situationen ein kleiner Hobbit in einem Berg wie Erebor geraten konnte. Doch er würde es sicher eher früher als später erfahren.

Der kleine Kiesel, wie ihn seine Zwerge liebevoll nannten, trat inzwischen mit Vorliebe um vier Uhr morgens um sich und ließ sich auch gerne Mal auf Bilbos Blase nieder, was in Bilbo ein enormes Mitgefühl für seine Großmutter weckte, die diese Tortur schließlich ein Dutzend Mal mitgemacht hatte bevor sie ihrem Gatten endgültig den Weg in ihr Schlafzimmer versperrte, eine Geschichte, die in Hobbingen nach wie vor gerne erzählt wurde, wenn es an neuem Klatsch mangelte, auch wenn Bilbo sich fast sicher war, dass seine eigene Flucht mit einem Dutzend Zwerge inzwischen genauso behandelt wurde und sicher ebenso häufig ausgeschmückt wurde wie die von Bullenrassler Tuk.

Thorin und Bilbo erreichten die Mauer erst nach Fili, der mit dem Wolfspelz gefütterten Mantel auf Bilbo wartete, den Dori ihm geschneidert hatte. Blau war zwar nicht unbedingt Bilbos Farbe, doch wenn es Thorin und den Prinzen so gefiel ihn in Durin-blau zu sehen, dann würde er ihnen die Freude machen. Schließlich war es kein allzu hoher Preis für die hungrigen Gesichter, die alle drei ihm zugeworfen hatten als er den Mantel das erste Mal anprobiert hatte.

Bilbo kniff die Augen zusammen und spähte hinaus in das gleißende Sonnenlicht, das sich auf der Oberfläche des großen Sees brach und damit viel von seiner Umgebung kaum mehr sichtbar erscheinen ließ, doch dann sah er die Bewegung, als ob eine riesige Schlange sich durchs Gras wälzte, was aber nichts anderes sein konnte als der Staub, den dutzende von Füßen und Hufen aufwirbelten, während sie am Seeufer entlangzogen.

Es dauerte noch eine ganze Weile, bis der Konvoi auch für Bilbo als Zwerge zu erkennen war. Er musste allerdings auch zugeben, dass die letzte größere Zwergenansammlung, die er auf diese Art gesehen hatte eine Armee gewesen war und auch wenn die nach der Schlacht der fünf Heere ein wenig aus dem Tritt gekommen war, so hatte doch ein erhebliches Maß an Disziplin geherrscht, das dem bunt zusammengewürfelten Haufen, der da auf Erebor zukam schlicht fehlte.

Thorin hatte einen Arm um Bilbo geschlungen und Bombur war schon zweimal vorbeigekommen und hatte sie mit Leckereien versorgt, während sie warteten, Gloin dagegen war auf eines der Ponys gesprungen und hatte sich auf den Weg gemacht die Neuankömmlinge persönlich in Empfang zu nehmen, zwei seiner Helfer aus der Schatzkammer begleiteten ihn, schließlich war Gloin inzwischen, wie jeder Zwerg, der sich der Gemeinschaft von Thorin Eichenschild angeschlossen hatte, genau genommen ein Lord und damit war eine Eskorte das mindeste was ihm zustand.

Bilbo seufzte und biss in den kleinen sauren Apfel in seiner Hand. Er konnte die Früchte nur dann genießen, wenn Fili außer Sichtweite war, da der Prinz eine massive Abneigung gegen den Geruch entwickelt hatte. Nicht das Bilbo ihm das übel nahm, doch es war ein wenig anstrengend, da das Baby in seinem Bauch vehement nach Äpfeln verlangte. Bilbo hatte darüber mit Oin gesprochen, doch der alte Heiler hatte nur die Schultern gezuckt und ihm versichert, dass Babys in aller Regel wussten, was sie brauchten und es sich holten, egal was die Einstellung ihrer Mutter zu Essiggurken und gepökeltem Fisch unter normalen Umständen war. Bilbo war ein wenig beruhigt gewesen doch es war immer noch seltsam für ihn, dass er im Moment keinen gebratenen Speck riechen konnte, ohne dass ihm übel wurde.

„Sieht aus als hätte Gloin sie erreicht.“ Bilbo schaute über die Mauer und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Gloins Pony graste einige Schritte vom Geschehen entfernt, während Gloin nun zu Fuß auf die ankommenden Zwerge zu eilte, wobei sich zwei Gestalten aus dem Konvoi gelöst hatten und mit vollem Tempo auf Gloin prallten. Bilbo verzog das Gesicht vor Mitgefühl, doch vermutlich tat es einen Zwerg nicht halb so weh wie einem Hobbit auf diese Weise begrüßt zu werden.

Er spürte Gloins Glück geradezu in Wellen von ihm ausgehen, während er zusah wie er einen Zwerg an sich zog, bei dem es sich wohl um seine Frau Mila handeln musste und anschließend eine Gestalt durch die Luft wirbelte, die vielleicht ein wenig schmaler war als er, die Bilbo aber ohne weiteres als Gloins Sohn Gimli einordnete. Er lehnte sich an Thorin, der sein Kinn auf Bilbos Scheitel aufstützte.

„Ich wünschte wir könnten ein Festmahl für sie geben, aber das geben unsere Vorräte nicht her“, seufzte Bilbo. Thorin nickte. Nach wie vor war Nahrung eines der wichtigsten Themen in Erebor. Nun nachdem es nicht mehr so schwierig war den Berg zu verlassen und Jagdpatrouillen auszusenden, sollte es zwar allmählich leichter werden, doch sie würden noch jahrelang auf Handel mit ihren Nachbarn angewiesen sein um sich über Wasser zu halten. Von Fleisch allein zu leben, war auf die Dauer nicht gesund auch für Zwerge nicht und abgesehen davon mussten sie höllisch aufpassen um die Herden in Erebors Nähe nicht so stark zu dezimieren, dass sie nicht mehr aus eigener Kraft für Nachwuchs sorgen konnten.

Bilbos Ideen in Sachen Garten und Ackerbau würden sicher bald Früchte tragen, doch auch wieder nicht so bald, dass sie sich in den nächsten Wochen und Monaten schon darauf verlassen konnten auch nur irgendetwas selbst angebautes zu ernten.

Endlich traf die Karawane am Tor ein und wurde mit Fanfaren begrüßt. Thorin hielt eine kurze Rede und hieß seine Zwerge in Erebor willkommen, dann begannen sie damit die Neuankömmlinge ihren Quartieren zuzuweisen, Balin und seine fleißigen Helfer hatten darin am meisten Erfahrung, doch auch Bilbo machte sich die Mühe möglichst viele der Zwerge persönlich zu begrüßen, er war schließlich so etwas ähnliches wie der Gastgeber hier in Erebor und er nahm diese Rolle ernst. Davon konnte sein Rudel schließlich ein Lied singen.

Egal was sie davon halten mochten, die meisten Zwerge akzeptierten seine Grußworte, was entweder daran lag, dass ein wenig Höflichkeit noch niemandem geschadet hatte, oder daran, dass Thorin noch immer hinter Bilbo stand und jeden böse anfunkelte, der Anstalten machte seinen Omega zu beleidigen. Bilbos Hand lag über Thorins auf seinem Bauch und streichelte immer wieder über seine Finger, wenn der Zwergenkönig ungehalten wurde.

Bilbo hatte eine ganze Menge Erfahrung mit Familientreffen und das hier war nur ein wenig mehr an Gästen als was es zu managen galt, wenn sich die Tuks versammelten um auszuknobeln welche arme Seele als nächstes das Amt des Thains übernehmen musste, eine Aufgabe, die alle Hobbits gleichermaßen verabscheuten. Beim letzten Mal war Bilbo noch nicht alt genug gewesen um in Frage zu kommen, doch inzwischen war er nicht mehr enttäuscht darüber wie es so mancher junger Hobbit war, bevor sie begreifen lernten was für einen Stress Verantwortung mit sich brachte.

Welch Ironie, dass Bilbo nun für einen ganzen Berg voller Zwerge verantwortlich war, auch wenn die sich in vielen Fällen vernünftiger erwiesen als seine Nachbarn zu Hause, so waren sie doch auf der anderen Seite um einiges verwirrender und schwieriger in die richtigen Bahnen zu lenken.

„Darf ich vorstellen“, ertönte da Gloins Stimme und Bilbo konnte nicht anders als einen Schritt vorzutreten und beide Hände auszustrecken, die Gloin ergriff und einen Kuss auf jeden Handrücken drückte. „Meine Frau Mila.“ Er deutete auf eine rothaarige Zwergenfrau. Die erste, die Bilbo bewusst zu Gesicht bekam und er musste feststellen, dass er tatsächlich nicht in der Lage war auf den ersten Blick zu erkennen was sie weiblich machte, doch einen Atemzug später sagte ihm seine Nase was seinen Augen verborgen geblieben war. Er neigte den Kopf und suchte nach der Verbindung die sie durch Gloin mit ihm verband.

„Seid willkommen in Erebor.“

Bilbo neigte den Kopf, ohne den Blick von der Zwergenfrau abzuwenden. Milas Augen folgten jeder seiner Bewegungen, wie die eines Habichts auf der Jagd. Bilbo wartete ab, erwiderte ihren Blick ungerührt und strich immer wieder beruhigend über Thorins Handrücken. Er wusste, dass keinem der Alphas hier bewusst sein konnte, was zwischen ihm und Mila vor sich ging, doch er war sich ebenso sicher, dass die Beta es ganz genau wusste.

Gloin war der Punkt an dem ihre beiden Rudel überlappten und Bilbo konnte es ihr nicht verdenken, dass ihr erster Instinkt war ihren Gefährten von dem unbekannten Omega zu trennen, der in ihren Augen ihre Familie bedrohte, doch auch wenn Bilbo noch nicht lange Zentrum dieses Rudels war, so war er doch ein Omega und mit den Fähigkeiten geboren, die es brauchte um Verbinden zu schließen und stabil zu halten, komme was da wolle.

Milas Angriff auf sein Band mit Gloin war mehr als Bilbo erwartet hatte, bisher hatten die Zwerge schließlich nicht einmal im Ansatz gezeigt, dass sie wussten, dass diese Verbindungen überhaupt existierten, wenn dem so war, kam Bilbo das ganze Drama darum welchen seiner Betas er nun in seinem Rudel behalten würde noch mal so dumm vor, doch natürlich lief Milas Angriff ins Leere. Bilbo war ein Omega und die Verbindung zu Gloin, wie die zu all seinen bisherigen Rudelmitgliedern aus Freundschaft geboren in Hitze gestärkt und im Kampf bestätigt. Ein Band wie ihres war nur zu durchtrennen, wenn beide Seiten es versuchten, eine Kraft von außen lief dabei gegen Wände.

Das musste auch Mila einsehen. Ihre Brauen zogen sich zusammen und sie schien fast die Zähne zu blecken, während sie Bilbo anfunkelte. Der zog nur die Augenbrauen hoch, hielt Thorin mit einer Handbewegung davon ab etwas Dummes zu tun und ließ seinen Blick weiterhin in Milas ruhen, nun war er dran.

Er streckte sich durch die Verbindung zu Gloin zu Mila hinüber und berührte sie. Sacht und nur mit dem Gedanken beseelt, dass er sie nicht von ihrem Gefährten trennen wollte, sondern in sein Rudel hineinziehen. Er hatte keine Ahnung, ob sie ihn verstehen würde, doch der ungläubige Blick der über ihr Gesicht huschte zeigte ihm, dass sie zumindest irgendetwas mitbekommen hatte.

„Ich habe nicht vor dich und Gloin zu trennen. Ich will dich als Teil dieses Rudels“, sagte Bilbo dennoch noch einmal laut. Thorin schnappte hinter ihm nach Luft, Gloins Gesicht verzog sich zu einem Lächeln und Milas Gesichtszüge entgleisten komplett.
„Du hast bereits einen Beta“, zischte sie. Bilbo hob eine Augenbraue.

„Ich habe sogar vier“, stellte er richtig. Wieder schnappte Mila nach Luft.

„Wie?“, fragte sie dann und Bilbo konnte einen Hauch echte Neugier unter dem Zorn erkennen, an den sie sich noch immer klammerte. Er lächelte.

„Hobbit“, erinnerte er sie. Mila neigte den Kopf für den Bruchteil einer Sekunde und Bilbo spürte wie das Band zwischen ihnen sich bildete. Nicht mehr als ein Bindfaden, dünn und zerbrechlich und doch hatte Mila gerade eben auf irgendeiner Ebene akzeptiert, dass sie ein Teil von Etwas sein könnte. Auch Bilbo neigte den Kopf, dann hielt er ihr eine Hand hin.

„Bilbo Beutlin. Omega von Erebor.“ Er spürte wie Thorin hinter ihm nach Luft schnappte, doch er hatte das hier zuvor mit Balin abgesprochen und das war der Titel auf den sie sich geeinigt hatten, Thorins Rudel hatte offiziell keinen Namen und abgesehen davon neigten Zwerge ohnehin dazu ihre Omega-zentrierten Rudel nach eben ihrem Omega zu benennen, doch das war etwas wogegen Bilbo sich entschieden zur Wehr gesetzt hatte. Das letzte was er wollte, war seinen Zwergen seinen Namen aufzwingen, vor allem, weil er nicht gerade viel Gutes mit Beutlin verband.

Mila ergriff seine Hand nach kurzem Zögern. Bilbo schenkte ihr ein Lächeln, das Mila unsicher erwiderte. Sie warf einen Blick zu Gloin, der den Arm um seine Frau legte und ihr einen Kuss auf die Schläfe drückte.

„Ich zittere schon vor dem Tag, an dem ihr beiden das Kriegsbeil begrabt.“ Milas Blick wurde dunkler, Bilbo kicherte leise. Diese beiden brauchten definitiv ein wenig Privatsphäre um ihr Wiedersehen zu feiern, doch es gab noch viel zu tun bis sie sich unbemerkt davonstehlen konnten.

„Und du musst Gimli sein“, wandte sich Bilbo an den jungen Zwerg, der einige Schritte entfernt stand und das geschehen musterte als wäre er nicht ganz sicher, ob ihm seine Eltern nun unendlich peinlich waren, oder er froh darüber war, dass die Familie endlich wieder vereint war. So von Bilbo angesprochen, zuckte er zusammen und warf dem Hobbit einen unsicheren Blick zu, der dann zu Thorin in seinem Rücken und wieder zu seinen Eltern zuckte.

„Öhm Gimli, Gloins Sohn, zu Diensten“, brachte er schließlich hervor und verneigte sich. Bilbo spürte wie Thorin den Kopf neigte und tat dasselbe.

„Bilbo Beutlins zu deinen“, erwiderte Bilbo nach einem Moment. Gimli schenkte ihm ein scheues Lächeln. Bilbo streckte seine Sinne aus, wie schon zuvor bei Mila, doch Gimli schien nichts zu bemerken, vielleicht war es eine Eigenschaft, die nur Betas vorbehalten war? „Das Angebot gilt auch für dich, Gimli, wenn du möchtest, kannst du ein Teil meines Rudels sein, wie deine Eltern.“

Gimlis Augen wurden groß und er warf seinen Eltern fragende Blicke zu, obwohl er schon einen Augenblick später wieder zu Bilbo sah. Anscheinend unschlüssig, ob er sich lieber wie es ihm vertraut war an seine Eltern hielt, oder ob er diese Entscheidung allein fällen sollte.

Bilbo wusste, dass Gimli einige Jährchen jünger war als Kili und wie bei dem jungen Prinzen konnte Bilbo auch bei Gimli noch nicht genau sagen in welche Richtung er sich entwickeln würde, doch das machte ohnehin keinen Unterschied. Selbst wenn einer der jungen Zwerge ein Omega sein sollte, war Bilbo sicher genug, dass er auch das in sein Rudel würde integrieren können, ohne allzu viele Umstellungen, doch jetzt brauchte Gimli erst einmal ein wenig Sicherheit, bis er sich wohl genug fühlte seine Flügel auszubreiten.

„Du musst es nicht jetzt entscheiden. Solange deine Eltern zu meinem Rudel gehören, bist du praktisch von selbst ein Mitglied, aber wenn du das nicht sein willst, kannst du mir das jederzeit sagen und wir werden eine Lösung finden. Versprochen.“

Chapter 16: Kapitel 16

Chapter Text

Kapitel 16

Thorin konnte nicht anders als zu bewundern wie Bilbo die sicher auch für ihn ungewohnte Situation meisterte. Er musste ehrlich zugeben, dass er nicht groß darüber nachgedacht hatte was es für Gloin und seine Familie bedeuten würde, dass Bilbo bereit war sie so ohne weiteres in sein Rudel zu integrieren. Auch er hatte noch Schwierigkeiten damit in größerem Stil an das Rudel zu denken.

Solange er sich erinnern konnte, war sein Rudel stets klein gewesen. Zuerst seine Eltern mit seinen Geschwistern, dann nur noch Dis und Frerin, bis Dwalin und Balin sich nach Azanulbizar an ihn gehängt hatten. Dann war Dis aus seinem Rudel verschwunden, hatte ihre eigene Familie gegründet bis Vili gestorben war und sie mit den beiden kleinen Kindern allein zurückgelassen hatte. Thorin hatte nicht gezögert und sein Rudel war so angewachsen, dass Balin und Dwalin praktisch an den Rand gedrängt wurden.

Bilbo dagegen hatte nicht das geringste Problem damit dreizehn Zwerge und anscheinend auch deren Anhang unter einen Hut zu bringen. Er wirkte mehr als nur ein bisschen beruhigend auf sämtliche Alphas, die mit ihm verbunden waren und wenn jemand Thorin vor einem halben Jahr erzählt hätte, dass er seinen Omega in Noris Armen schlafend vorfinden würde und nichts weiter spüren als tiefe Hingabe zu diesem Geschöpf, das das Herzstück seines Rudels geworden war, dann hätte er ihm ganz gewiss nicht geglaubt.

Und doch war es genau das was Bilbo inzwischen war. Thorin machte sich keine Illusionen darüber, dass er sein Rudel ohne den Omega würde halten können. Es lag nicht in seiner Macht und auch nicht in seiner Natur so viele Zwerge für sich zu beanspruchen. Zumindest nicht auf dem Niveau, das Bilbo von ihnen allen zu erwarten schien. Nie zuvor war Thorin anderen Alphas so dauerhaft nahe gewesen, und niemals hätte er sich träumen lassen, dass diese Nähe ganz ohne Streitereien und Rangordnungskämpfe von Statten gehen könnte, doch auch das war etwas, das Bilbo wie im Schlaf regelte.

Thorin wusste, dass er an der Spitze seines Rudels stand, weil Bilbo ihn dort hielt, nicht weil er der König unter dem Berge war. Auch die anderen Alphas schienen instinktiv ihre Plätze einzunehmen und kein einziger der Betas war aus Bilbos Rudel verstoßen worden, obwohl Balin allein sicher auch in der Lage gewesen wäre den Frieden zwischen den Alphas aufrecht zu erhalten. Mit den zusätzlichen Betas jedoch hatte sich eine Art Netz gebildet, worin jedes einzelne Rudelmitglied nicht nur mit Bilbo, sondern auch mindestens mit zwei anderen im Rudel verbunden blieb, fast so als hätte der Hobbit die früheren Familienrudelstrukturen erhalten, während er sie in das größere Ganze einbettete, das nun das Rudel von Erebor ausmachte.

Mit Mila und Gimli spürte Thorin abermals wie sich das Gleichgewicht ein wenig verschob, aber nicht im Geringsten so wie er das erwartet hätte, es war fast so als würde sich Gloins schwankende Präsenz in seinem Hinterkopf stabilisieren, als würde Mila ihm die Hand reichen und ihn aufrecht halten, während er sich vorher nur durch Bilbo und Oin an das Rudel gebunden gefühlt hatte. Dabei war es doch unmöglich, dass Bilbo bereits eine Verbindung mit Mila aufgebaut hatte, er kannte sie schließlich noch keine halbe Stunde.

Gimli erstaunte Thorin da schon weniger, ihm war von Anfang an bewusst gewesen, dass sein Omega ein Herz für Kinder hatte, das sich auch auf Jungspunde wie seine Neffen ausweitete, obwohl er nicht sicher wusste, was zwischen Bilbo Kili und Fili hinter verschlossenen Türen vor sich ging, wobei er das auch lieber nicht wissen wollte. Es gab Dinge die musste ein Onkel nicht von seinen Neffen wissen. Das weder Kili noch Gimli bisher gezeigt hatten, ob sie Alpha, Beta oder Omega sein würden, war nicht weiter ungewöhnlich, dass Bilbo so reagierte als hätten sie eine Wahl dagegen irritierte Thorin hin und wieder sehr.

Er nahm an, dass es sich dabei um einen der kulturellen Unterschiede zwischen Zwergen und Hobbits handelte, doch auch Ori war nicht in der Lage gewesen ihm genau zu erläutern worin dieser Unterschied bestand, auch wenn Thorin den Verdacht hatte, dass der Schreiber mehr wusste als er von sich gab.

Insgeheim konnte Thorin es kaum erwarten Bilbo auf Dis treffen zu sehen. Seine Schwester war nicht unbedingt ein einfaches Wesen und oft bildete sie sich schnell eine Meinung über Leute, die sich anschließend nur schwer ändern ließ. Davon konnte Dwalin ein Lied singen, der als junger Zwerg heftig in Dis verliebt gewesen war, was die Prinzessin jedoch nie zur Kenntnis genommen hatte, weil Dwalin in ihren Augen viel zu unhöflich war, um als Partner für sie in Frage zu kommen.

Thorin hätte Dwalin allerdings bevorzugt, sobald er Vili kennen lernte. Er war sich auch nach all den Jahren nicht sicher, ob er den Alpha aus Prinzip nicht hatte ausstehen können, oder ob es etwas an seinem Geruch gab, das ihm gegen den Strich ging, doch Thorin und Vili waren von Anfang an wie Hund und Katz gewesen und hatten sich auch nach der Geburt von Dis Kindern nicht wirklich zusammenraufen können. Mehr als einzelne Tage in Gesellschaft des anderen ertrug keiner von beiden und Dis wiederum konnte es nicht ausstehen, wenn ihr Ehemann auf ihren Bruder losging oder umgekehrt.

Nun fragte sich Thorin einmal mehr, ob die Anwesenheit eines Omegas etwas an dieser Situation hätte ändern können. Seit Bilbo der Kern seines Rudels war, waren zum Beispiel Dwalin und Nori nicht mehr aneinandergeraten, stattdessen hatte sich eine andere Art der Spannung zwischen ihnen aufgebaut. Wieder etwas, das Thorin nicht zu genau unter die Lupe nehmen wollte. Nicht dass der rothaarige Alpha unattraktiv gewesen wäre, doch er war eben ein Alpha und Thorin konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was Dwalin daran reizen könnte.

Solche Gedanken behielt Thorin in Bilbos Nähe jedoch wohlweißlich für sich, der Hobbit konnte da recht eingeschnappt reagieren und Thorin wollte nicht riskieren für eine Nacht oder sogar mehrere aus dem Nest vertrieben zu werden, das inzwischen für das gesamte Rudel eine Art Rückzugsort geworden war, wie sie keiner der Zwerge je kennengelernt hatte.

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Bilbo fiel erschöpft ins Bett. Der Tag war anstrengender gewesen als er gedacht hatte und sowohl Oin als auch Thorin hatten ihm am Ende missbilligende Blicke zugeworfen und schließlich hatte der Zwergenkönig ausgesehen als würde er explodieren, wenn Bilbo noch einen einzigen Finger krumm machte. Allerdings musste der Omega zugeben, dass die anderen wahrscheinlich recht hatten. Er hatte Rückenschmerzen und fühlte sich wie durchgekaut und ausgespuckt. Ein heftiger Tritt ließ ihn aufstöhnen, bevor er sich auf die Seite wälzte und eine Hand auf seinen Bauch legte, anscheinend war auch sein kleiner Mitbewohner alles andere als begeistert über das ganze Tohuwabohu des heutigen Tages.

„Bilbo?“ Bofurs Stimme klang unsicher, doch Bilbo winkte ihn herüber. Ein wenig Gesellschaft konnte nicht schaden. Er hörte wie der Zwerg sich seiner Schuhe entledigte bevor er zu Bilbo ins Nest kroch. Der Hobbit seufzte. Bofur war warm wie ein Kaminfeuer und als könnte er seine Gedanken lesen, begann er sanft Bilbos Schultern zu massieren, auch wenn der Winkel mehr als ungünstig war. Bilbo seufzte wieder. Diesmal wohliger und schmiegte sich in Bofurs Hände. Der drückte einen Kuss auf Bilbos Nacken und fuhr fort. Bilbo entspannte sich zusehends und hatte bald das Gefühl eine Pfütze aus geschmolzenem Hobbit zu sein.

Bofurs Hand legte sich neben seiner eigenen auf seinen Babybauch und der Hobbit konnte nicht anders als breit zu grinsen. Das Baby ließ sich nicht lumpen und versetzte auch Bofur einen Tritt, der Zwerg keuchte auf und Bilbo konnte Aufregung und Stauen praktisch schmecken, die von Bofur ausgingen, obwohl es nicht das erste Mal war, dass der Zwerg den Beweis dafür spürte, dass da tatsächlich ein kleines Lebewesen in Bilbos Bauch heranwuchs.

Der Hobbit wuchtete sich herum und vergrub seine Nase in Bofurs Brust. Der Zwerg verstand den Wink und ließ seine Hände nun über Bilbos andere Schulter gleiten, auch wenn diese Position noch schlechter dafür geeignet war zu massieren. Bilbo schmiegte sich enger an seinen Zwerg und schloss die Augen. Er wusste, dass die anderen früher oder später zu ihnen stoßen würden, wobei Gloin wahrscheinlich mit seiner Familie unter sich bleiben wollte, doch er schaffte es nicht die Augen noch länger offen zu halten.
Er döste ein umgeben von warmer Zufriedenheit.

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Als Bilbo am nächsten Morgen erwachte, hatte sich das Nest gefüllt. Von seiner Position in Bofurs Armen konnte er nicht einmal die Hälfte des Nestes erkennen, doch er spürte Dwalin in seinem Rücken und er hörte Kilis leises Schnarchen, was meistens hieß, dass auch Balin und Fili nicht weit waren. Bilbo schloss die Augen erneut und kuschelte sich ein wenig mehr an Bofur, der einen Arm um seine Schultern geschlungen hatte, während Dwalins Hand auf Bilbos Hüfte lag.

Ihm war warm. Inzwischen hatte er sich so sehr daran gewöhnt zwischen seinen Zwergen aufzuwachen, dass er sich nicht mehr die Mühe machte Laken über sich zu breiten, darunter würde er nur schweißgebadet aufwachen. Dwalins Hand bewegte sich und rutschte auf Bilbos Bauch. Der Hobbit lächelte. Anscheinend hatte er nicht nur Oin gestern einen Schreck eingejagt, als er darauf bestanden hatte überall dabei zu sein, nur wusste der Rest seines Rudels seine Besorgnis besser zu verbergen. Daran musste er in Zukunft denken oder er würde irgendwann mit Sicherheit in ein Fettnäpfchen treten, das er lieber vermeiden sollte.

„Bilbo?“, murmelte Oin wie aufs Stichwort. Bilbo hob suchend den Kopf und fand den Heiler am Rand des Nestes, eine tiefe Falte zwischen seinen Augenbrauen.

„Ja?“, fragte Bilbo und setzte sich halb auf, was sowohl Bofur als auch Dwalin zum Grummeln brachte. Bofur folgte seiner Bewegung und endete mit seinem Kopf auf Bilbos Knie, wobei Dwalins Hand auf seinen Nacken fiel und ihm ein Grunzen entlockte. Bilbo verbiss sich ein Lachen und widmete sich wieder Oin. Der musterte ihn von Kopf bis Fuß oder zumindest soweit er sehen konnte.

„Ist alles in Ordnung, Bilbo?“, fragte er und Bilbo hörte die Sorge in jeder einzelnen Silbe. Er nickte.

„Etwas Rückenschmerzen gestern Abend, aber Bofur hat mir geholfen, kein Schmerzmittel nötig, das Kleine ist munter. Kein Grund zur Sorge“, berichtete er dann doch, weil Oins Gesichtsausdruck noch immer nicht weicher wurde. Der Heiler nickte nachdenklich, doch Bilbo konnte ihm ansehen, dass es ihn in den Fingern juckte.

„Na schön“, seufzte er und machte sich an die Arbeit sich zwischen seinen Zwergen aus dem Nest zu kämpfen. Weiteres Gemurre und hier und da ein verschlafener Blick waren die Folge, woraufhin Bilbo beruhigend zurückmurmelte und über den ein oder anderen Kopf strich. Dann stand er vor Oin und breitete die Arme aus.

„Sieh selbst“, sagte er. Der Heiler warf ihm einen undeutbaren Blick zu und klopfte neben sich auf die Matratze. Bilbo setzte sich und ließ zu, dass Oin seine Finge rüber ihn gleiten ließ hier und da zupfte oder drückte ihm Fragen zu Dingen stellte über die Bilbo in höflicher Gesellschaft gewiss nicht sprechen würde und schließlich eine Hand auf der Beule ruhen ließ unter der Bilbos Baby im Moment schlief.

„Alles in Ordnung“, bestätigte er dann grimmig und ein kollektiver Seufzer ging durch den Haufen Zwerge in Bilbos Nest. Der fuhr herum, waren sie etwa alle wach und glaubte etwa keiner von ihnen, dass er seine eigenen Limits kannte und nichts tun würde, was dem Baby gefährlich werden konnte? Bilbo verschränkte die Arme und war kurz davor zu schmollen, doch ihm war ja klar, dass sein Rudel sich nur um ihn sorgte und sein bestes wollte auch wenn sie dabei manches Mal über das Ziel hinausschossen.

„Frühstück“, endschied er und stand auf. „Oder spricht irgendetwas dagegen, dass ich soweit laufe?“ Der beißende Kommentar schien Oin gar nicht aufzufallen, er legte den Kopf schief und schien für einen Moment zu überlegen, dann schüttelte er jedoch den Kopf.

„Nein, du bist in bester Gesundheit, aber warte bis einer von uns dich begleiten kann.“ Bilbo verdrehte die Augen und begann sich für den Tag bereit zu machen. Bis er fertig war, würde sich schon der eine oder andere Zwerg aus dem Haufen gelöst haben um ihn zu begleiten.

Bilbo kam aus dem Bad zurück und wurde prompt von Fili und Kili flankiert, die zwar beide ziemlich müde vor sich hin gähnten, ihm aber jeweils einen Arm um Hüfte beziehungsweise Schulter schlangen und mit ihm in die Halle zum Frühstück wanderten. Bilbo schnaubte amüsiert und schlang ebenfalls die Arme soweit sie reichten um die beiden jungen Zwerge.

Am Frühstücksbuffet jedoch, über das Bombur wie üblich wachte, trennte er sich dann von den beiden um einen Teller mit Porridge und Apfelschnitzen zu beladen. Außerdem bekam er von Bombur mit einem Augenzwinkern einen Kleks Honig, der nur von Beorns Notvorräten stammen konnte, obendrauf.

Der Hobbit bedankte sich und fand seinen Platz an einem der vielen Tische. Fili brachte seinen eigenen Teller sowie den seines Bruders dazu, während Kili mit einer kleinen Kanne und drei Bechern jonglierte um alles Heil an den Tisch zu bekommen.

Bilbo nahm dankbar die Tasse dampfenden Tees entgegen und inhalierte den süßen Geruch nach Kräutern, während die beiden Prinzen eher missmutig in ihre Tassen starrten. Dieses gemeinsame Essen in der großen Halle würde wahrscheinlich der Vergangenheit angehören, sobald Erebor ein wenig mehr auf eigenen Füßen stand, doch im Moment genoss Bilbo den morgendlichen Trubel, grüßte so ziemlich jeden Zwerg, der mit ihm Blickkontakt aufnahm mit Namen und fragte sogar teilweise nach diversen Familienangehörigen, was Kili dazu brachte den Kopf auf den Tisch zu legen und lautstark darüber zu murren, dass der Hobbit sich die unmögliche Anzahl an Zwergen im Berg so leicht merken konnte, während er schon Glück hatte wenn er wusste welche Wache gerade Dienst vor den königlichen Appartements schob. Bilbo runzelte die Stirn.

„Mit so vielen Neuankömmlingen, werde ich praktisch von vorne anfangen müssen, aber danke, dass du mich daraufhin gewesen hast, dass es etwas gibt worin ich dir Nachhilfe erteilen kann.“ Kili gab ein Wimmern von sich, während Fili lauthals lachte. Ebenso wie Nori, der einmal mehr aus dem Nichts auftauchte und sich Bilbo gegenüber niederließ, wobei er seine langen Beine um Bilbos schlang und dem Hobbit damit einmal mehr die Röte ins Gesicht trieb.

„Sag bloß das junge Gemüse ist nicht auf dem Laufenden was Klatsch und Tratsch angeht?“, fragte der rothaarige Zwerg in gespieltem Entsetzen. Bilbo grinste in seine Tasse.

„Die beiden sind genauso hoffnungslos wie Thorin. Ein Glück, dass er dich und Balin hat, sonst würde er nie die ganzen unterschwelligen Dinge mitbekommen, die hier durch den Raum segeln.“ Kili warf Bilbo einen verständnislosen Blick zu und wechselte dann einen ebenso ratlosen Blick mit seinem Bruder. Nori dagegen nickte wissen und puhlte seinen Apfel aus dem Porridge um ihn auf Bilbos Teller zu schummeln, wenn der Hobbit nicht hinsah. Fili hatte erst gar keinen bekommen und schon beim Anblick der Fruchtstückchen musste er sich zusammenreißen um nicht allen anderen das Essen zu verderben.

„Was meinst du damit?“, gab Kili schließlich in quengeligem Ton von sich, der Bilbo dazu brachte ihm eine Haarsträhne hinters Ohr zu streichen nur um ihm anschließend einen leichten Klaps zu versetzen.

„Ich meine zum Beispiel, dass Thorin ohne Nori hier nie aufgefallen wäre, dass es ungeschickt wäre Melvin und Atharin nebeneinander liegende Minen zuzuweisen. Beide sind zwar aus den blauen Bergen gewohnt hin und wieder mit Bofur zu arbeiten, doch miteinander kommen sie nicht im Geringsten aus. Das hätte Mord und Totschlag gegeben und das wollen wir doch eher vermeiden, solange der Berg noch im Aufbau ist. Bofur selbst hätte es wahrscheinlich bemerkt, aber es ist verflixt kniffelig zwei Bergleute immer so einzuteilen, dass sie sich bei ihren Schichten nicht über den Weg laufen, wenn sie sich im selben Teil des Berges aufhalten, so jedoch hat Nori dafür gesorgt, dass Thorin Bescheid wusste und der wiederum konnte dafür sorgen, dass die beiden an entgegengesetzten Teilen des Berges arbeiten. Alle sind glücklich und niemand hat auch nur mitbekommen, dass sie haarscharf an einer Blutfehde vorbeigeschrappt sind. Genau das meine ich“, sagte Bilbo und nahm einen Schluck Tee. Fili und Kili starrten Nori an, dann wieder Bilbo.

„Ich habe keine Ahnung von wem du redest“, gestand Fili.

„Ich schon“, erwiderte Bofur und ließ sich neben Nori fallen. Der grunzte zur Begrüßung und schob Bofur seinen halbleeren Becher hin, den der Minenarbeiter nur zu gerne leerte „Und nur dass ihrs wisst, Bibo hat völlig recht. Niemand der noch ganz bei Trost ist, würde Melvin und Artharin in einen Trupp stecken, aber so wie es jetzt läuft ist es noch viel besser. Keiner fühlt sich auf die Füße getreten und ich bin noch nicht mal schuld, weil der Befehl von ganz oben kam und sich absolut niemand einmischen kann, wenn Thorin etwas beschließt. Sind noch Äpfel da?“

Fili gab ein Würgen von sich und trat unter dem Tisch hindurch nach Bofurs Knöcheln, der lachend auswich. Bilbo ignorierte die Kindsköpfe um ihn herum und beendete sein Frühstück wobei er auch dafür sorgte, dass zumindest ein Teil der Apfelstückchen, die Nori ihm zugeschustert hatte wieder zurück auf den Teller des Diebes fanden. Der zog eine Augenbraue empor, sagte aber nichts und löffelte brav weiter.

Bilbo streckte sich und lehnte sich an Fili, der ebenfalls schon mit dem Essen fertig war und nur zu gerne einen Arm um den Hobbit schlang und den Duft seines Haares einatmete, bis auch sein kleiner Bruder in die Hufe kam. Der stocherte recht lustlos in seinem Porridge herum und nahm nur hier und da einen Bissen, wenn er eine Pause brauchte um kurz über das soeben gesagte nachzudenken, also praktisch nie.

Auch der Rest der Gemeinschaft hatte sich inzwischen am Tisch versammelt und langte kräftig zu, doch sobald Kili mit seinem Gestocher fertig war, schob er seinen halbvollen Teller Bombur zu, der ihn nur zu gerne leerte, was ihm einen bösen Blick von Bilbo einhandelte, der dafür Sorge tragen würde, dass der junge Prinz etwas zum zweiten Frühstück bekam, auch wenn Zwerge diese Mahlzeit nicht anerkannten.

Chapter 17: Kapitel 17

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Kapitel 17

Bilbo folgte den beiden Prinzen in den Thronsaal in dem sie heute mit Thorin verabredet waren um gemeinsam Recht zu sprechen, etwas das Bilbo sehr spannend fand, gab es doch Ähnliches im Auenland so gut wie gar nicht.

Im Gegensatz zu den Prinzen war Bilbo kein geladener Gast doch inzwischen wusste jeder in Erebor, dass Bilbo da auftauchte wo Thorin war und keiner der Zwerge, die den Winter hier verbracht hatten, machte mehr viel Aufhebens darum. Was die Neuankömmlinge anging, so würden sie sich einfach daran gewöhnen müssen, dass in Erebor ein anderer Wind wehte als in jedem anderen Zwergenkönigreich.

Allein schon, weil Bilbos Rudel einzigartig in seiner Größe war, doch dann war da natürlich auch noch die Tatsache, dass es nirgendwo sonst einen Nicht-Zwerg gab, der mehr war als nur ein Gast. Bilbo war ein Teil der Gemeinschaft von Thorin Eichenschild und damit praktisch so etwas wie ein Held schon bevor die Lieder über seine Taten in der Schlacht der fünf Heere gedichtet worden waren, nun jedoch war er aus keiner Erzählung mehr wegzudenken, in der Erebor auch nur erwähnt wurde.

Bilbo war all dieser Ruhm herzlich egal. Ihm genügte es, dass die Leute ihn freundlich empfingen, ihm zur Hand gingen, wenn es nötig war und stets eines seiner Rudelmitglieder in Reichweite war, wenn er sich nach Nähe und Zuneigung sehnte. Etwas das er im Auenland seit Jahren vermisst hatte.

Thorin ließ einen weiteren Stuhl herbeischaffen als klar wurde, dass Bilbo neugierig war und gerne bleiben wollte. Der Hobbit ließ sich dankbar nieder und verschränkte seine Finger für einen Moment mit Thorins. Der hauchte einen Kuss auf Bilbos Knöchel, was einiges an Gemurmel von Zwergen aus dem Zuschauerbereich zur Folge hatte, die nicht daran gewöhnt waren ihren Herrscher so frei in seinen Zuneigungsbekundungen zu sehen.

Balin räusperte sich laut und die offene Audienz begann. Jeder Zwerg konnte vortreten und sich mit seinem Anliegen an den König wenden, der dann dafür sorgte, dass die richtigen Personen damit betraut wurden das Problem aus der Welt zu schaffen. Hin und wieder jedoch musste er auch an Ort und Stelle entscheiden wie ein Konflikt zu lösen war. Besonders dann, wenn es um Dinge ging, die in Erebor noch keine Präzedenz hatten und deshalb von vielen nicht instinktiv bewertet werden konnten.

Bilbo hörte fasziniert zu, hielt aber wohlweißlich den Mund. Das hier war Thorins Arena und es gab nichts was ein simpler Hobbit dazu beitragen konnte. Fili dagegen wurde von seinem Onkel zwei drei Mal gebeten eine Entscheidung zu fällen, was dem Kronprinzen sichtlich den Schweiß auf die Stirn trieb auch wenn selbst Bilbo sehen konnte, dass Thorin handverlas mit was er seinen Erben betraute und mit was nicht.

Kili saß an Filis Seite ebenso still wie Bilbo an Thorins, doch auch der jüngere Prinz schien seine ganze Aufmerksamkeit den Geschehnissen zu widmen, wie man das sonst eher selten von ihm kannte. Nach einer Stunde gab es eine kurze Unterbrechung und Bilbo zog sich zurück. So aufregend er das alles auch fand, seine Blase war nicht in der Lage noch länger zu warten, außerdem musste er noch immer dafür sorgen, dass Kili etwas zu essen bekam.

So machte er sich zurück auf den Weg in die Küche um dort mit Bombur zu plaudern und die eine oder andere Idee für einen Zwischenhappen einzustreuen. Der dicke Zwerg wusste genauso gut wie Bilbo, dass Kili zu denjenigen gehörte, die morgens einfach nicht essen konnten und so dauerte es nicht lange bis er ein Sandwich für Bilbo und eines für den jungen Prinzen springen ließ. Beide wickelte Bilbo sorgfältig ein und machte sich dann auf die Suche nach Kili, der sich, genau wie er, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit aus dem Thronsaal geschlichen hatte.

Bilbo fand ihn wie so oft mit seinem Bogen auf dem Schießstand. Nach der Schlacht hatte Kili lange nicht trainieren dürfen und versuchte nun ganz offensichtlich die verlorene Zeit nachzuholen. Bilbo hätte nicht sagen können, ob er schon wieder sein altes Niveau erreicht hatte oder nicht, für ihn sah jeder seiner Schüsse perfekt aus, aber das lag vermutlich eher an Kili selbst als an seinem tatsächlichen Talent.

Zumindest was Bilbo anging, der von Bogenschießen nun wirklich keine Ahnung hatte. Sicher er wusste so gut wie jeder andere Hobbit, dass Pfeil und Bogen so ziemlich die einzige Waffe war mit der auch einer von ihrem Volk eine mehr als passable Leistung zu Stande bringen konnte, doch Bilbo hatte sich nie dafür interessiert. Wenn er könnte würde er auch sein Schwert Stich erst einmal an den Nagel hängen doch ihm war auch klar, dass er nur deswegen Dwalins brutalen Trainingsstunden entkommen konnte, weil Oin es für zu riskant hielt mit dem Schwert herumzufuchteln, während ein Baby in Bilbo heranwuchs. Darüber konnte der Hobbit zwar nur im Stillen schnauben, schließlich hatte er so einiges getan und geleistet, während das Kleine bereits in ihm wuchs, was der Heiler sicher als schlechte Idee ansehen würde, doch er hütete sich etwas in dieser Richtung auch nur anzudeuten.

Er wusste genau welchen Gesichtsausdruck er damit provozieren würde und den wollte er ganz gewiss nicht auf dem Gesicht seiner Rudelmitglied sehen. Er hatte diese Dinge schließlich freiwillig getan. Niemand hatte ihn gezwungen Thorin zu folgen und wenn er alles noch einmal tun könnte, dann würde er es wieder tun. Es gab kaum einen Schritt auf seiner Reise, den er bereute und dass sie alle mit dem Leben davongekommen waren, war schon mehr als er je zu erhoffen gewagt hätte. Dass er dabei auch noch ein Rudel gewonnen hatte und bald auch seine eigene Familie damit gründen würde, war das Tüpfelchen auf dem I nachdem Bilbo sich nie zu sehnen gestattet hatte.

„Kili“, rief er und versuchte dabei einen Moment abzupassen, in dem er den jungen Bogenschützen nicht zu sehr störte, doch das war ziemlich schwierig so schnell wie Kili seine Pfeile hintereinander weg abschoss. Dennoch hielt er inne als er Bilbos Stimme hörte.

„Ja?“, rief er zurück und drehte sich halb um. Bilbo winkte mit den beiden Sandwiches und ein Lächeln machte sich auf Kilis Gesicht breit, das seine Augen auf eine Art zum Glühen brachte, die Bilbo sehr an Thorin erinnerte. Kili kam zu ihm herüber und setzte sich neben ihm auf den Boden.

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Die beiden verspeisten ihre Brote in stiller Eintracht, etwas das eher ungewöhnlich für Kili war, doch Bilbo brachte eine Seite an ihm zum Vorschein, die der junge Prinz selbst noch nicht so ganz einordnen konnte. Es war eine Art Beschützerinstinkt was den Hobbit anging, der nichts damit zu tun hatte, dass Bilbo nicht selbst auf sich aufpassen konnte. Er konnte es sich nicht richtig erklären, doch er konnte in seinen Knochen spüren, dass er auf Bilbo achten musste wie auf niemanden sonst zuvor.

Bilbo faltete seine Serviette zusammen und lehnte den Kopf an Kilis Schulter. Der schlang einen Arm um den Hobbit und atmete für eine Weile den unverwechselbaren Geruch seiner Haut ein. Noch so etwas, das er noch vor wenigen Monaten nicht getan hätte. Er hatte sich nie dafür interessiert wer wie roch, doch seit der Schlacht hatte sich auch in dieser Hinsicht etwas verändert.

Kili konnte es riechen wer ihn ansprechen würde noch bevor er dessen Schritte einordnen konnte. Das hatte ihn zunächst nicht weiter gestört, weil Fili und Krankenbett ohnehin das einzige gewesen waren was er gerochen hatte, doch inzwischen war es fast so als hätte er zum ersten Mal in seinem Leben die Augen geöffnet.

Er konnte wahrnehmen, dass Bilbo schwanger war, weil sein Geruch diesen Hauch von etwas Neuem in sich trug, auch wenn er ihn nie zuvor gerochen hatte und ihm ganz sicher niemand hätte beschreiben können wie ein Hobbit roch, geschweige denn sein Hobbit. Denn das war Bilbo inzwischen, genau wie Kili seinen Bruder und seinen Onkel immer mehr als Seins bezeichnen würde, so hatte er auch dem Hobbit gegenüber einen Besitzanspruch entwickelt, den er nicht wirklich nachvollziehen, sondern nur erfühlen konnte. Dennoch würde er diese Veränderung nicht missen wollen.

Es war geradezu berauschend zu wissen was andere über ihn dachten und das allein aufgrund ihres Geruchs, der sich veränderte, wenn er in Sichtweite kam. Bei Fili war das so deutlich wie bei niemandem sonst und der Sonnenschein Geruch, der von Fili ausging, machte Kili selbst ganz kribbelig, wenn er ihn erschnupperte. Besser war nur noch Bilbos Geruch, wenn er sich abends zwischen ihnen zusammenrollte und diese warme Wolke von Zufriedenheit und Liebe abgab, in der sich Kili am liebsten gewälzt hätte. Bilbo zuckte zusammen und legte eine Hand auf seinen Bauch, Kili sah ihn neugierig an.

„Das Kleine tritt“, erklärte er. Kilis Finger zuckten doch anders als in ihrem Nest wagte er es hier in praktisch der Öffentlichkeit nicht einfach die Hand auszustrecken und seine Finger auf Bilbos Bauch zu legen, doch der Hobbit schien seine Gedanken gelesen zu haben. Mit einem breiten Grinsen nahm er Kilis Hand in seine und legte sie auf die Stelle, an der seine eigne zuvor geruht hatte.

Beide warteten mit angehaltenem Atem dann gab Kili ein Japsen von sich. Ein Tritt und was für einer. Es war kaum zu fassen. Seine Augen wurden groß. Sicher er hatte gewusst, dass da ein Baby in Bilbo heranwuchs ein kleines Lebewesen, das einmal sein eigener Zwerg oder Hobbit sein würde. Hatte es gerochen und war mehr als einmal darauf angesprochen worden, dass Bilbo sich des Kiesels wegen nicht überanstrengen durfte. Doch nie zuvor war ihm so unumstößlich bewusst geworden, dass da tatsächlich etwas Lebendiges in Bilbo heranwuchs. Etwas mit eignen Träumen und Wünschen, Sorgen und Nöten. Wobei im Moment wahrscheinlich noch nicht.

Kili konnte sich nicht daran erinnern jemals ein Baby gewesen zu sein und doch erzählten Fili, Thorin und Dis dieselben Geschichten in denen er vorkam auch wenn er sich nicht daran erinnern konnte dabei gewesen zu sein. Dann also vielleicht ein kleines Wesen, dass darauf angewiesen war von den Leuten um es herum beschützt und geliebt zu werden.

Etwas weitete sich in Kilis Brust bei diesem Gedanken und er streichelte sanft über den Bauch des Hobbits, in dem das Babys inzwischen wieder Ruhe gab und wahrscheinlich vor sich hin träumte. Er sah zu Bilbo auf, der ihm einen ebenso sanften Blick voll tiefer Zuneigung schenkte. Dann legte er seine Stirn an Kilis. Der schloss die Augen und genoss einfach nur die Nähe des Omegas in seinem Arm und des Kiesels, der genauso gut sein Kind sein konnte wie nicht.

Niemand konnte das wissen nicht einmal Bilbo selbst nicht nachdem was am Fuße des Carrock geschehen war, doch Kili war es egal. Ob dieses Baby nun von seinem Blut war oder nicht, er schwor sich selbst, dass es keinen Unterschied geben würde. Er würde das Kleine lieben, weil es Bilbos Baby war und weil es das richtige war und wenn Bilbo ihn als Teil seines Rudels ansah, dann konnte er diesen Gefallen ebenso gut erwidern. Bilbo atmete tief ein.

„Da bist du“, murmelte er und Kili hatte das Gefühl, dass Bilbo es war, der ihn einhüllte, obwohl doch er den Hobbit inzwischen auf seinen Schoß gezogen und in seine Arme geschlossen hatte, so als sei er ein Schatz den er für immer festhalten musste.

„Ich bin hier“, erwiderte er dennoch, weil er das Gefühl hatte irgendetwas sagen zu müssen. Bilbo schmunzelte und schmolz noch mehr in seinen Armen zusammen. Ein Räuspern riss Kili aus seinen Tagträumen.

„Bruderherz. Ich weiß ja, dass du manchmal seltsame Trainingsmethoden hast, aber das sieht nun wirklich nicht mehr nach Bogenschießen aus.“ Kili hob den Kopf und sah zu Fili hinauf, der grinsend über ihm stand und eine Augenbraue hochzog. „Wobei ich zugeben muss es sieht ziemlich gemütlich aus“, fuhr Fili fort. Kili antwortete noch immer nicht, er hatte Fili nicht als Bedrohung wahrgenommen sonst hätten ihn seine Sinne schon viel früher geweckt, doch irgendetwas war dennoch anders als noch heute Morgen.

„Kili?“ Er schüttelte den Kopf und streckte seinem Bruder eine Hand entgegen, die Fili ohne zu zögern ergriff. Kili zog ihn zu sich und Bilbo auf den Boden. Legte den Kopf an Filis Schulter und wuchtete den Hobbit so herum, dass Bilbo zu gleichen Teilen von ihnen beiden gehalten wurde. Fili gab ein ersticktes: „Humpf“, von sich doch er schlang seine Arme um Bilbo und Kili gleichermaßen. Kili entspannte sich. Das war besser. Sein Bruder sollte Teil davon sein auch wenn er nicht so genau wusste wovon eigentlich.

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Bilbo seufzte. Er war umgeben vom Geruch seines Rudels und fühlte sich pudelwohl. Dem Kleinen schien es ebenso zu gehen, denn seit es Kili getreten hatte, war Ruhe eingekehrt. Filis Arme um ihn herum zusammen mit Kilis Wärme in seinem Rücken machten Bilbo auf angenehme Weise schläfrig. Wobei er sich schon wieder darüber ärgerte wie viel Zeit er im Moment mit Schlafen vertrödelte. Ganz so als würde sein Körper auf Sparflamme arbeiten wann immer er ihm die Möglichkeit dazu bot. Dennoch war es viel zu angenehm, als dass er seine derzeitige Situation freiwillig aufgeben würde.

Kili schien das genauso zu sehen. Etwas am Geruch des jungen Bogenschützen hatte sich verändert. Bilbo konnte nicht genau sagen wann und was, doch etwas war anders. Es war fast so als würde sein Geruch reifer werden, beschützender. Noch immer konnte Bilbo nicht eindeutig sagen, ob Kilis Geruch in Alpha oder Omega umschlagen würde doch er konnte ziemlich sicher sagen, dass er kein Beta sein würde. Filis Alphageruch umgab ihn weich und sicher, erdete ihn auf eine Art die er viel zu lange vermisst hatte.

„Wolltest du was Bestimmtes?“, fragte Bilbo irgendwann. Fili reagierte zunächst nicht, horchte dann aber doch auf.

„Äh ich wollte eigentlich nur Bescheid sagen, dass Bombur für uns alle ein Abendessen in unseren Appartements geplant hat, damit wir nicht in der Halle essen müssen. Angeblich gibt es etwas Besonderes.“ Bei der Erwähnung von Essen horchte Bilbo auf, doch sein Magen teilte ihm mit, dass es noch nicht einmal Zeit fürs Mittagessen war und damit noch eine ganze Weile hin.

„Was ist falsch daran in der Halle zu essen?“, fragte Kili nach. Auch Bilbo war nicht klar, dass es, was das anging, ein Problem gab. Fili rutschte ein wenig hin und her.

„Es schickt sich eigentlich nicht, dass die königliche Familie sich so viel unters gemeine Volk mischt. Nicht das Onkel Thorin je viel darauf gegeben hätte was sich schickt, aber ein paar der Zwerge, die an Dains Hof gewöhnt sind, fangen an zu murren. Und die Neuankömmlinge aus den blauen Bergen wissen auch nicht so recht was sie damit anfangen sollen. Erinnerst du dich daran, dass wir jemals mit so vielen Leuten zusammen gegessen hätten?“ Kili schüttelte den Kopf.

„Normalerweise würden wir alle in den normalen Familieneinheiten essen und nicht als große Gruppe, nur ist der Berg dafür noch nicht wieder gut genug instandgesetzt. Balin meint, wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen, damit alle wissen, dass es früher oder später wieder in geregelten Bahnen laufen wird.“ Bilbo hatte nie viel von Politik verstanden und war bisher eher davon ausgegangen, dass Thorin seinem Volk mit gutem Beispiel dadurch voranging, dass er sich genau wie sie in die Halle setzte und denselben Eintopf aß wie alle anderen auch.

„Kann aber auch sein, dass Bombur einfach nur die Gemeinschaft mal wieder in einem Raum haben will. Er sieht uns alle ja praktisch nur beim Essen und schlafen.“ Das kam Bilbo schon logischer vor. Er selbst war auch der Meinung, dass das Rudel mehr Zeit miteinander brauchte. Nachdem sie Monatelang praktisch vierundzwanzig Stunden am Tag aufeinander gesessen hatten, war es doch seltsam Bofur einen Tag lang nicht zu sehen, oder nicht zu wissen was Ori den ganzen Tag getrieben hatte oder nur zu hoffen, dass Nori abends nach Hause kommen würde.

„Das fände ich auch schön“, murmelte Bilbo und sofort schienen beide Prinzen sich zu entspannen. Kili drückte seine Nase in Bilbos Nacken.

„Na dann ist es beschlossene Sache.“ Fili lächelte. „Was müssen wir tun um etwas von diesen Zimtdingern zu bekommen, die du für Dwalin gebacken hast?“ Bilbo blinzelte Fili an, der seinen Blick erwiderte.

„Er hat davon erzählt?“, fragte er. Es kam ihm seltsam vor, dass Dwalin von den Zimtschnecken sprechen sollten. Sie waren gut gewesen, aber doch nichts Außergewöhnliches.

„Soll das ein Witz sein?“, fragte Kili „geprahlt hat er damit. Glaub mir, wenn Thorin uns erlauben würde in die Schmiede zu gehen und dir ein Geschenk, das deiner würdig ist zu schmieden würden wir es tun, aber im Moment haben wir keine Ressourcen für solche Sachen übrig.“ Bilbo runzelte die Stirn.

„Wieso solltet ihr mir etwas schenken? Habt ihr Geburtstag?“ Beide Prinzen sahen ihn verständnislos an.

„Weil jeder Omega es verdient hat mit Geschenken überhäuft zu werden“, sagte Kili langsam als würde er etwas wiederholen, das er schon tausend mal gehört hatte, aber noch nie hinterfragt. Bilbo blinzelte.

„Wieso?“, fragte er dann. Er konnte beim besten Willen nicht erkennen wieso sein Geschlecht so interessant sein sollte, dass er allein für die Tatsache, dass er atmete schon eine Belohnung verdient hatte. Nun war es an Kili zu stutzen. Hilfesuchend wandte der sich an seinen Bruder, doch auch Fili schien nicht recht zu wissen was er sagen sollte, obwohl beide Brüder dieselbe Überzeugung teilten.

„Abgesehen davon. Alles was ihr tun müsst, ist fragen. Ich backe gerne Zimtschnecken, falls Bombur noch mehr Zimt gehortet hat, versteht sich.“ Wieder wechselten die beiden Prinzen einen Blick, der Bilbo nur zu deutlich sagte, dass sie nicht verstanden worauf er hinauswollte. „Und wenn ihr mir wirklich was schenken wollt, dann könnt ihr ja versuchen ein paar Hosen aufzutreiben in die das Kleine hier hineinpasst.“ Er klopfte sich sanft auf den Bauch, der es ihm inzwischen unmöglich machte seine Hosen so hochzuziehen wie er das gerne hätte.

Die Aufmerksamkeit wieder auf das Baby zu lenken, schien der richtige Einfall gewesen zu sein, doch Bilbo musste noch den ganzen Tag immer wieder daran denken, dass beide Prinzen der Meinung waren es sei so besonders ein Omega zu sein, dass er dafür Geschenke verdient hatte. Beinahe schon lachhaft diese Vorstellung, doch er wurde das Gefühl nicht los, dass er eine weitere Diskussion mit Ori über die Unterschiede zwischen Hobbits und Zwergen würde führen müssen um sicher zu gehen, dass er nicht in noch mehr Fettnäpfchen trat als ohnehin schon. Das mit den Geschenken verwirrte ihn ganz besonders. Hobbits beschenkten sich in aller Regel eben nicht.

Chapter 18: Kapitel 18

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Kapitel 18

„Ori, können wir reden?“ Bilbo hatte einige Tage gebraucht um den Schreiber allein zu erwischen was nicht ungewöhnlich war, da Ori recht oft für Balin einsprang und Thorins Sitzungen mit seinem Hohen Rat protokollierte, wann immer der ältere Zwerg anderweitig dringender gebraucht wurde.

Mit der Ankunft der Zwerge aus Ered Luin hatten sich einige Dinge geändert. Zum Beispiel ging die Instantsetzung um einiges schneller voran, jetzt wo mehr als doppelt so viele Hände mit anpackten. Dafür mussten natürlich mehr Jäger immer weiter ausschwärmen, doch es sollte nicht mehr allzu lange dauern bis auch die ersten Handelskarawanen aus dem Süden sich nach Thal verirrten und dann würde der Handel zeigen, ob Erebor eine Chance hatte je wieder das blühende Zentrum des Lebens zu werden, dass es einst gewesen war.

Bilbo hatte mit einer Handvoll Freiwilliger, hauptsächlich Angehörige seines Rudels, wann immer die ein wenig Zeit für in abknipsen konnten, begonnen Felder anzulegen, doch bevor die Saat aufging, die er von Thranduil geschenkt bekommen hatte, würde noch einige Zeit verstreichen und er musste darauf hoffen, dass die Raben von Erebor zumindest einen Teil davon im Boden ließen, sonst konnte er sich jede Ernte abschminken.

Sein Garten sah ganz ähnlich aus, auch wenn die Vielfalt an Setzlingen, die Kili ihm von seinen Jagdtrips mitbrachte nichts zu wünschen übrigließen, doch selbst wilde Zwiebeln und Rhabarber brauchten lange, um so zu gedeihen, dass man irgendetwas ernten konnte, von der Eichel, die Bilbo in Beorns Garten eingesammelt hatte ganz zu schweigen. Nicht das Eichelmehl etwas war, was Bilbo seinen Zwergen empfehlen würde, die meisten Menschen reagierten in größeren Mengen recht eigenartig darauf, während Hobbits damit zurechtkamen, was wahrscheinlich der Tatsache geschuldet war, dass Hobbits so ziemlich jedem Gift widerstehen konnten, solange es aus Pflanzlichen- oder Pilzquelle stammte, aber es wäre schön, wenn der kleine Samen, den er so weit mit sich getragen hatte, aufgehen würde. Wie ein Symbol dafür, dass doch am Ende alles gut werden konnte.

„Sicher Bilbo, worum geht es?“ Ori kam zu ihm herübergestapft. Als er die Kanne Tee auf dem Tisch in der Ecke sah, lächelte er und auch Bilbo musste an das letzte Mal denken, dass sie an diesem Tisch gesessen hatten und Informationen ausgetauscht hatten. Wahrscheinlich sollten sie daraus eine Tradition machen und wahrscheinlich sollte Bilbo solche Dinge auch mit Balin oder Thorin besprechen, doch da der junge Schreiber genauso fasziniert von der Thematik war wie Bilbo selbst, war er die logische Wahl, wenn es darum ging ein wenig kulturellen Austausch zu betreiben. Ori setzte sich Bilbo gegenüber und schenkte sich eine Tasse Tee ein.

„Ich habe eine Frage“, begann Bilbo. Ori nickte und zog einen Bogen Papier zu sich heran, während er einen weiteren in Bilbos Richtung schob.

„Ich habe hunderte, aber lass uns das fair machen“, gestand Ori. Bilbo grinste. Auch er hatte, wenn er ehrlich war, nicht nur eine Frage zum Thema Zwergenkultur doch ihm war auch bewusst, dass Zwerge unheimlich geheimnistuerisch waren, was alles anging was sie vom Rest von Mittelerde unterschied. Das er Ori die Dinge weniger aus der Nase ziehen musste und er sich nur selten hinter der, das ist ein Geheimnis, das unser Schöpfer uns anvertraut hat, Mauer verbarg war ein weiterer Grund dafür, dass Bilbo Ori für diese Gespräche bevorzugte.

„Es geht um Geschenke.“ Oris Augenbrauen hoben sich.

„Hat jemand dir ein Geschenk gemacht?“ Bilbo schüttelte den Kopf etwas verwirrt darüber wie scharf Ori geklungen hatte. „Gut“, murmelte er in seinen Bart und Bilbo war sich sicher, dass es richtig gewesen war nachzufragen, das hier schien ihm genauso undurchsichtig wie die Nummer mit dem Rudelverhalten es gewesen war bis Ori ein wenig Licht in die Sache gebracht hatte.

„Also es geht darum, dass ich Zimtschnecken für Dwalin gebacken habe und Kili das irgendwie in den falschen Hals bekommen hat und mich gefragt welche Art Geschenk er mir machen müsste damit er auch welche kriegt.“ Bilbo versuchte die Dinge möglichst kurz und bündig darzustellen, doch Oris entsetzter Gesichtsausdruck sagte ihm nur zu deutlich, dass er irgendwo einen Fehler gemacht hatte. Dann jedoch atmete der junge Schreiber tief durch.

„Du hast Dwalin Zimtschnecken gebacken?“, fragte er. Bilbo nickte und runzelte die Stirn. Wieso bissen sich nur alle Zwerge an diesen Zimtschnecken fest? „Bilbo, was bedeutet es im Auenland, wenn jemand dein Lieblingsessen für dich kocht oder backt. Mit seinen eigenen Händen, ohne dafür bezahlt zu werden?“ Nun war es an Bilbo die Stirn zu runzeln. Wie tief musste man sinken um unter Freunden und Familie Essen zu verkaufen? Er schüttelte innerlich den Kopf. Darum ging es nicht.

„Das kommt darauf an. All das Essen, das ihr aus meiner Speisekammer geholt habt, war selbst gemacht, sofern es schon zubereitet war. Jedes Mal, wenn ich etwas auftische, habe ich es selbst gemacht. So viel wie Hobbits essen, gilt es praktisch als Schande, wenn jemand nicht kochen kann. Doch selbst im Auenland gibt es solche und solche Köche. Mein Vater war der beste Koch auf unserer Seite der Wässer, meine Mutter dagegen war eher eine eigenwillige Köchin. Ich bin irgendwo dazwischen, würde ich sagen. Aber wenn ich für jemand speziellen etwas koche, was der besonders gern mag, dann wahrscheinlich um ihm eine Freude zu machen. Generell könnte man es auch als Werbungsgeste verstehen, wenn das betreffende Pärchen keine Familie hat bei der man vorstellig werden könnte oder Ähnliches. Aber ich nehme nicht an, dass du darauf hinauswolltest?“

Bilbo war ein wenig verwirrt wegen Oris Gesichtsausdruck.

„Nicht wirklich, obwohl das alles faszinierend ist. Nein, was ich meinte war eher. Wieso hast du Zimtschnecken für Dwalin gebacken?“ Bilbo stutzte.

„Ich brauchte einen Nachtisch für unser Picknick und als ihr bei mir in Beutelsend wart, hat Dwalin an den Zimtkeksen genascht, deswegen dachte ich, mit Zimtschnecken kann man nichts falsch machen und dann hatte Bombur auch noch zufällig Zimt in einem seiner Geheimverstecke.“ Ori legte den Kopf schief.

„Picknick?“ Bilbo lief rot an.

„Ich brauchte einen Vorwand, in Ordnung. Ich wollte Dwalin dazu bringen wie die anderen auch eine Nacht in meinem Nest zu schlafen, damit sein Geruch darin haftet, aber ich hab mich nicht getraut ihn einfach zu fragen.“ Oris Gesichtsausdruck wurde sanft. Er strecke Bilbo über den Tisch eine Hand entgegen und der Hobbit legte seine hinein.

„Er hätte ja gesagt, auch ohne deinen Bestechungsversuch“, versicherte er und Bilbo schenkte ihm ein unsicheres Lächeln.

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„Bilbo“, begann Ori, unsicher wie er fortfahren sollte. Es fiel ihm immer schwer die Dinge, die für ihn alltäglich waren, so zu formulieren, dass jemand, der kein Zwerg war, auch nur den Hauch einer Vorstellung davon bekam, was er eigentlich sagen wollte und das ärgerte ihn zutiefst, sollte er doch als Schreiber in der Lage sein mit Worten alles zu tun was ihm gerade in den Sinn kam.

„Was die Sache aus Zwergenperspektive angeht.“ Wieder stockte Ori. Es war geradezu ein Drahtseilakt Bilbo nicht zu beunruhigen, was er auf keinen Fall wollte. Es gab nichts, was ihm so sehr zusetzte wie die Angst in den Augen seines Omegas, dass er unwissentlich einen Fehler begangen haben könnte, denn aus, für Ori, unerfindlichen Gründen sprang Bilbo immer sofort zu der Annahme, dass seine Zwerge ihn auf einmal fallen lassen würden. Etwas das Ori als komplett unmöglich einschätzte. Eher würde Thorin seinen Thron aufgeben und fortan im Auenland leben, als den Omega jemals wieder loszulassen und natürlich würden sie ihm alle folgen, komme was da wolle.

„Du hast nichts falsch gemacht. Ehrlich. Es ist nur so, dass alles was handgemacht ist, und in deinem Fall gilt das auch für dein Essen, schließlich ist Kochen eine deiner Berufungen, hat für Zwerge einen besonderen Stellenwert.“ Ori hoffte, dass er sich halbwegs verständlich machte, doch Bilbos gerunzelter Stirn nach zu schließen, war er noch nicht durchgedrungen.

„Siehst du es ist so, wenn Dori als Weber dir ein selbstgeschneidertes Kleidungsstück präsentiert und dann auch noch erwähnt, dass es handgemacht ist, dann hat das Gewicht. Es bedeutet, dass er dir einen Teil seiner Kunst überlässt und für gewöhnlich tun Zwerge das nur gegen angemessene Entschädigung. Die einzige Ausnahme sind Geschenke. Und die gibt es nun mal nur zwischen ganz bestimmten Personen. Eltern und Kinder, Geschwister, Lehnsherren als Anerkennung für geleistete Treue und Geliebte.“ Oris Wangen flammten bei dem letzten Wort auf, doch endlich schien Bilbo zumindest den Anflug einer Ahnung zu bekommen.

„Was Kili meinte ist, dass er dir gerne zeigen würde wie viel du ihm bedeutest. Und vielleicht war er auch ein wenig verletzt, dass du Dwalin ein Zeichen deiner Gunst geschenkt hast, ohne dass es dafür einen Anlass gab.“ Bilbo runzelte die Stirn erneut, ließ aber seine Hand in Oris, was der junge Zwerg als gutes Zeichen deutete.

„Dann gibt es noch formelle Werbungsgeschenke. So wie das Mithrilhemd, das Thorin dir geschenkt hat, aber eigentlich hätte er es laut als solches deklarieren müssen, damit es wirklich zählt. Andererseits war allen im Raum klar, was vor sich ging, darüber muss die Geschichte entscheiden.“ Ori schweifte etwas ab, doch als er die aufgerissenen Augen des Hobbits sah, schalt er sich selbst einen Narren.

„Werbungsgeschenk?“, fragte der mit leichter Panik in der Stimme. Ori nickte. Bilbo fasste sich an die Stirn. „Soll das etwa heißen, dass ihr alle wusstet, dass Thorin um mich wirbt? Ihr alle? Und keiner ist auf die Idee gekommen mir das zu sagen?“ So ausgedrückt, kam es auch Ori ein wenig verwirrend vor, doch er hatte nie daran gezweifelt, dass Bilbo wusste, was in Thorin vorging. Es war schließlich sein Recht als König seinen Anspruch vor den der anderen zu setzen, doch normalerweise neigte er nicht dazu den Alpha so herauszukehren.

„Ich glaube keiner von uns ist auf die Idee gekommen, dass du nicht weißt worum es ging“, gestand er ein. Bilbo ließ ein freudloses Lachen hören.

„Jedes Mal, wenn ich etwas Neues lerne, habe ich das Gefühl, dass mir jemand den Boden unter den Füßen wegzieht. Irgendwie wäre es ganz praktisch, wenn es ein Handbuch zu dem Thema gäbe, findest du nicht? Und nur fürs Protokoll: Im Auenland haben Geschenke nur insofern Bedeutung, dass an seinem Geburtstag jeder Hobbit kleine Gaben für Freunde und Familie bereithält. Je nachdem wie gern er denjenigen hat oder für was er sich bedanken oder rächen will, können das verschiedene Kinkerlitzchen sein, aber es hat nicht das geringste mit Romantik zu tun. Wenn ein Hobbit um jemanden wirbt, dann mit Blumen und gemeinsam verbrachter Zeit. Meistens in Sichtweite der Familie, was nicht weiter schwer ist, weil man sowieso manchmal das Gefühl hat mit dem halben Auenland verwandt zu sein, doch niemand in der Geschichte des Auenlandes hat jemals versucht jemandes Herz mit einem Geschenk zu erobern.“ An diesem Punkt hielt Bilbo kurz inne.

„Warte, eines hab ich vergessen. Von Geburtstagen abgesehen gibt es nur noch zur Hochzeit Geschenke. Geschenke, die das Brautpaar austauscht wohlgemerkt. Mein Vater hat Beutelsend für meine Mutter gebaut und ihr zur Hochzeit geschenkt, aber das war eine Ausnahme und noch heute reden die Leute darüber, dass er etwas so Unbeutlinhaftes getan hat. Auf der anderen Seite hat er meine Mutter geheiratet und sie war eine Tuk, von daher hat ihn sein Teil der Familie ohnehin abgeschrieben.“ Bilbo verstummte. Nun war es wieder an Ori sich zu fragen, wo er da nur hinein geraten war.

„Ich kann versuchen Kili zu erklären, dass Geschenke für Hobbits keine Bedeutung haben, aber ich bezweifle, dass er es verstehen würde. Ich tue mir ja schon schwer damit.“ Bilbo winkte ab.

„Lass mal. Ich versuche es selbst. Nur so aus Neugier. Was könnte ich als adäquate Gegenleistung für meine Zimtschnecken verlangen? Von Kili meine ich. Jemandem der mir viel bedeutet und der Teil meines Rudels ist völlig egal was er tut oder lässt“ Ori überlegte kurz wobei er seine Gedanken einige Male zurück auf Kurs bringen musste, da er sich fragte ob er auch zu denjenigen zählte, die Bilbo sehr am Herzen lagen.

„Nun ich würde sagen, dass Kili dir im Zweifel die Sterne vom Himmel holen würde, wenn du ihn darum bittest, aber an sich irgendetwas, das du gerne hättest und auf das er nicht von selbst kommt. Kili ist Jäger und ziemlich versiert in Lederarbeiten. Von daher würde ein handgemachtes Geschenk in dieser Richtung mehr bedeuten, als sagen wir mal irgendetwas aus der Schatzkammer, das du dir genauso gut selbst suchen kannst.“ Bilbo nickte und blickte gedankenverloren ins Leere.

„Ori?“ „Ja?“ „Wenn Geschenke unter Zwergen so viel bedeuten, heißt dass dann das ein Rudel sich normalerweise Dinge schenkt?“ Darüber musste Ori einen Moment lang nachdenken, es war wirklich verwirrend zu versuchen sich in jemanden hineinzuversetzen, der so ganz andere Grundideen hatte als er selbst. Bilbo mochte zwar in vielen Fälle kein typischer Hobbit sein, doch es machte etwas aus, dass er sein ganzes Leben unter seines Gleichen verbracht hatte und erst seit wenigen Monaten mit Zwergen in Kontakt stand.

„Normalerweise sind Rudel unter Zwergen Familienverbände. Von daher in gewisser Weise schon. Wenn zwei Zwerge anfangen umeinander zu werben, dann sind Geschenke ein integraler Bestandteil davon. Ein erstes Geschenk, um zu sehen, ob der andere überhaupt interessiert ist. Wenn das abgelehnt wird, kann man sich die Sache ohnehin aus dem Kopf schlagen, wobei es offiziell nur heißt, dass man für ein Jahr und einen Tag keinen neuen Versuch machen soll. Es kann ja sein, dass es dem anderen grade nicht gut geht, dass irgendetwas anderes mit hineinspielt, aber in aller Regel heißt ein abgelehntes Geschenk einfach nur, dass derjenige nichts von einem will.“

Ori hielt kurz inne und fragte sich, ob er zu weit ausgeholt hatte doch Bilbo hing gespannt an seinen Lippen. Er räusperte sich.

„Wenn das erste Geschenk angenommen wird und beide wissen, dass der Geber dem Beschenkten den Hof machen will, mischen sich für gewöhnlich die Familien mit ein, aber an sich können auch die beiden um die es geht selbst entscheiden, wieviel Zeit und wie viele Geschenke sie austauschen möchten, bevor sie sich sicher sind den richtigen gefunden zu haben. Traditionell sind drei Geschenke. Ein handgemachtes, ein geerbtes und etwas das zeigt wie gut man den anderen kennt, aber es gibt Varianten davon. Wenn einer der betreffenden Zwerge sehr viel reicher ist als der andere kann eines der Geschenke beispielsweise symbolisieren, dass er sich in finanzieller Hinsicht um ihn kümmern kann. Oder wenn einer um einiges älter ist, dass er ihn dennoch als sich ebenbürtig ansieht und so weiter. Die Variationen sind endlos. Wichtig ist dagegen, dass jedes Geschenk angenommen und erwidert wird. Und dass die beiden sich abwechseln, damit nicht einer zu viel Druck auf den anderen ausübt, wenn der vielleicht noch nicht bereit dafür ist. Diese Geschenke kann man außerdem ablehnen ohne sofort die ganze Sache zu beenden, wenn man zum Beispiel nicht das Gefühl hat, dass etwas angemessen ist oder ähnliches, der Abgelehnte hat dann Zeit seine Wahl zu überdenken und ein neues Geschenk anzubieten. Wenn einer der beiden die Werbung beenden will, dann gibt er dem anderen dessen Geschenke zurück. Vom ersten Geschenk abgesehen, das steht immer demjenigen zu der es empfangen hat und kann nicht zurückgefordert werden, egal ob die beiden später ein Paar bleiben oder nicht. Wenn alle Geschenke angenommen und erwidert wurden, gibt es eine Zeremonie für Freunde und Verwandte. Alle Essen und Trinken, haben Spaß und das Paar gilt als verheiratet. Ein Rudel bilden sie im Normalfall erst wenn ihr erstes Kind geboren wird.“

Ori hielt wieder inne. Das war es wie normale Familienrudel zustande kamen. Nach dem Fall Erebors jedoch hatten sich viele weiter entfernte Verwandte zu kleinen Familienrudeln wie dem der Gebrüder Ri zusammengeschlossen, doch er wollte Bilbo nicht noch mehr verwirren. Der spielte mit der Feder die er in der Hand hielt um sich Notizen zu machen.

„Und wenn es mehr als nur zwei Zwerge in dieser Beziehung gibt?“, fragte er. Ori runzelte die Stirn. Er hatte schon hier und da Gemunkel über Triaden und Ähnliches gehört, aber in aller Regel gab es unter Zwergen solche Konstellationen nicht, weil es einen Omega brauchte um sie reibungslos in ein Rudel zu integrieren.

„Das gibt es unter Zwergen fast nicht. Du vergisst wieder, dass wir praktisch keine Omegas haben.“ Bilbo stutzte, dann nickte er.

„Bedeutet das, dass Thorin darauf wartet, dass ich ihm ein Geschenk als Gegenleistung für das Kettenhemd gebe?“, forschte Bilbo nach, doch Ori schüttelte den Kopf.

„Ich denke eher nicht. Wir waren schon ein Rudel als er es dir gegeben hat. Das war wahrscheinlich eher eine Geste zum Dank dafür, dass du Erebor befreit hast aber wenn du es genau wissen willst, wirst du schon Thorin fragen müssen.“ Wieder nickte Bilbo dann runzelte er die Stirn.

„Hast du nicht gesagt es braucht ein Baby um ein Rudel zu gründen?“ Ori lief scharlachrot an und konnte nicht verhindern, dass sein Blick zu Bilbos Bauch huschte, wo eben dieses Baby heranwuchs.

„Was Omegas angeht, liegen die Dinge in bisschen anders. Ich kann mich nicht erinnern vor dir jemals einen Omega getroffen zu haben. Sie sind wahnsinnig selten verstehst du. Und mit der ganzen Hitze-Sache.“ Ori spürte das seine Wangen in Flammen standen. Bilbo streckte wieder die Hand über den Tisch und Ori griff danach mehr aus Reflex als irgendetwas sonst, es fiel ihm noch immer nicht leicht darüber zu sprechen, was passiert war als Bilbos Hitze am Fuße des Carrocks zugeschlagen hatte auch wenn er es beim besten Willen nicht bereuen konnte.

„Normalerweise würde die Familie eines Omegas dafür sorgen, dass kein Alpha mit unlauteren Absichten sich ihm nähern kann, wenn er so verwundbar ist, aber wenn es doch passiert, oder wenn der Omega sich einen Alpha in den Kopf gesetzt hat und mit ihm davonläuft, oder sagen wir mit einer ganzen Gruppe von Alphas, dann gibt es diejenigen unter uns, denen dieser Ausrutscher reicht um zu sagen, dass dieser Omega sein Rudel gewählt hat und dabei bleiben sollte, während andere eher wieder der Meinung sind das jedes Rudel von Mahal gesegnet sein sollte.“

Ori verstummte. Er wusste beim besten Willen nicht wie er erklären sollte, dass er einfach fühlte, dass Bilbo sein Omega war, völlig egal wie viele Alphas es außer ihm in diesem Rudel gab und völlig egal, dass Hobbits und Zwerge fundamental unterschiedlich waren. Bilbo drückte seine Hand.

„Nun unser Rudel ist in jedem Fall von Mahal gesegnet“, erwiderte er und schenkte Ori ein schiefes Grinsen. Der erwiderte das Lächeln etwas unsicher, aber er ließ Bilbos Hand nicht los.

Chapter 19: Kapitel 19

Chapter Text

Kapitel 19

Bilbo hatte einiges worüber er nachdenken musste, nachdem er Ori in der Bibliothek zurückgelassen hatte. Es war ehr als nur ein wenig verwirrend inmitten einer anderen Kultur Fuß zu fassen, doch sowohl Hobbits als auch Zwerge waren so geheimniskrämerisch, dass er quasi an jeder Ecke über drei Missverständnisse stolperte und er war sich ziemlich sicher, dass er einige davon schlicht übersehen hatte, weil beide Seiten der Meinung waren die Dinge richtig interpretiert zu haben.

Er seufzte, Eine Katastrophe nach der anderen und im Augenblick wollte er hauptsächlich von Thorin wissen, was das Mithril-Hemd zu bedeuten hatte, auch wenn er Ori nur zu gerne geglaubt hätte, dass der Zwergenkönig es als Werbungsgeschenk gemeint hatte, so konnte er das doch nicht guten Gewissens als gegeben betrachten, solange er es nicht von Thorin selbst gehört hatte.

Den König zu finden war nicht das Problem, das war Bilbo klar. Ihn so abzupassen, dass er Zeit für einige private Worte hatte, das war schon schwieriger. Auch wenn Thorin Bilbos Nest mindestens so oft aufsuchte wie seine Neffen so hatte er doch um einiges mehr zu tun und verließ den Haufen schlafender Zwerge oft noch bevor Bilbos Magen sich zu Wort meldete. Außerdem wollte Bilbo diese Sache gerne unter vier Augen klären und wenn möglich nicht mit dem halben Rudel im Hintergrund, das nur zu gerne hören wollte was nun wieder zwischen ihrem Anführer und ihrem Omega vor sich ging.

Auf der anderen Seite wollte Bilbo Thorin nicht offiziell aufsuchen, das würde den Zwerg sicher nur verunsichern, weil Bilbo so etwas noch nie getan hatte und das erschien Bilbo kein guter Ausgangspunkt um ein Gespräch voller potentieller Missverständnisse zu beginnen.

Wie üblich, wenn er nicht recht wusste wo er anfangen sollte, begab sich Bilbo in die Küche. Bombur war wie immer erfreut über jede kompetente Hilfe, die er bekommen konnte und überließ Bilbo nur zu gerne einen Platz am Herd, im Austausch für das Rezept zu seinem Blaubeerkuchen. Bilbo beschäftigte Hände und Kopf solange bis seine Kreation im Ofen war und setzte sich dann an den Tisch um mit Bombur einige der misslungeneren Teilchen zu verspeisen, während die perfekt gelungenen für die königliche Tafel aufgehoben wurden. Bilbo knabberte an einem Keks und wieder wollten seine Gedanken nicht zur Ruhe kommen.

„Bombur?“ Der Koch sah auf und lächelte Bilbo aufmunternd zu. Seine Frau und Kinder waren nicht mit dem ersten Konvoi nach Erebor gekommen, sondern würden an Lady Dis Seite bleiben, bis diese sich auf den Weg quer durch Mittelerde machte, was so weit Bilbo das verstanden hatte hauptsächlich daran lag, dass seine Kinder teilweise noch klein waren und jedes weitere Jahr ihre Chancen, die lange Reise zu überstehen, verbesserte.

„Als du um deine Frau geworben hast, hast du ihr da Geschenke gemacht?“ Bilbo war sich nicht sicher wie unhöflich er gerade nach Zwergenstandards war, doch unter Hobbits war es zumindest unter den Freundinnen seiner Mutter gang und gäbe gewesen sich darüber auszulassen, wer wem welche Blumen geschenkt hatte und wer wie auf welche Annäherungsversuche reagiert hatte und ganz allgemein wer bei wem absolut keine Chancen hatte zu landen, deswegen hoffte er darauf, dass es unter Zwergen zumindest ähnlich war. Bombur runzelte die Stirn. Dann warf er einen Blick über die Schulter, doch der Rest der Küche war praktisch ausgestorben.

„Es war meine Frau, die mir ihr erstes Geschenk präsentiert hat“, antwortet der dicke Zwerg schließlich. Bilbo horchte auf.

„Wirklich? Heißt das du hättest ihr keines gemacht?“ Bombur lief rot an.

„Ich bin nicht gerade ein guter Fang, aber meine Senna hat das anders gesehen und vielleicht hat sie auch geahnt, dass ich mich nie trauen würde sie anzusprechen.“ Bombur schaute versonnen drein. Bilbo lächelte. So oft er Gloin von seiner Mila hatte schwärmen hören und so oft der rothaarige Schatzmeister die Vorzüge seines Sohnes Gimli anpries, so selten ließ sich Bombur dazu überreden dasselbe zu tun. Dabei waren er und Senna nach Zwergenmaßstäben außerordentlich gesegnet, wenn Bilbo das richtig verstanden hatte.

„Was hat sie dir geschenkt? Oder ist das geheim?“, fragte Bilbo, ehrlich interessiert, nach. Bombur lächelte noch immer.

„Nicht geheim, nein. Nur persönlich. Senna wusste wie gerne ich koche und ihr erstes Geschenk an mich war ein Set Kochutensilien, die sie selbst für mich geschmiedet hat. Ich benutze sie noch immer, nur auf die Reise habe ich sie nicht mitgenommen. Ein Glück sonst wären sie jetzt verloren.“ Bilbo schauderte bei dem Gedanken und Bombur schien es nicht anders zu gehen.

„Dann ist Senna ein Schmied?“, fragte Bilbo nach. Bombur schüttelte den Kopf.

„Sie ist nicht wie Thorin oder was du unter einem Schmied verstehen würdest. Sie arbeitet mit Kupfer, wenn sie kann, Messing und Zinn, wenn sie sich danach fühlt, Stahl und Eisen nur wenn es die Pfanne oder der Herd erfordert. Sie ist eine Künstlerin, wenn du mich fragst und keines ihrer Stücke gleicht dem andern. Nicht dass Thorins Schwerter und Äxte nicht einzigartig wären, aber es liegt eine Art Magie in den Dingen des täglichen Gebrauchs die meine Senna herstellt.“ Bilbo konnte regelrecht sehen wie Bombur zu schwärmen anfing und er konnte nicht anders als den Anblick niedlich zu finden. Nie zuvor hatte er Bombur mit einem solch verträumten Lächeln auf den Lippen gesehen, nie hatte er ihn so viel am Stück sprechen hören.

„Du musst sie sehr lieben“, stellte der Hobbit fest nur um sich gleich darauf auf die Lippe zu beißen, doch Bombur nickte nur.

„Sie ist alles was ich mir jemals erträumt habe und ich könnte nicht stolzer sein Teil unserer Familie zu sein, aber Bilbo.“ Der Koch suchte Bilbos Blick, fand ihn und hielt ihn fest. „Teil deines Rudels zu sein ist ebenfalls eine Ehre für mich und ich freue mich schon auf den Tag an dem du Senna kennenlernst, denn ich weiß, dass du sie ebenso sehr in dieses Rudel integrieren wirst wie du es mit Gloins Mila getan hast.“ Nun war es an Bilbo zu lächeln. Wie zuvor bei Ori streckte er eine Hand über den Tisch und der Zwerg ergriff sie nur zu gerne.

„Danke.“

Für eine Weile saßen die beiden schweigend da, jeder in seine eigenen Gedanken versunken.

„Bombur?“ Wieder blickte der Koch in Bilbos Richtung. „Was meinst du weswegen mir Thorin das Mithril Hemd geschenkt hat?“ Bomburs Blick wurde unsicher.

„Das musst du ihn fragen, Bilbo. Es gibt Dinge über die lohnt es sich zu spekulieren, aber wenn es um Herzensangelegenheiten geht ist es immer besser miteinander zu reden, sonst nimmt man Dinge an, die gar nicht wahr sind und das sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Rede mit Thorin er wird dich bestimmt überraschen.“ Bilbo schwang mit den Füßen. Einer der Nachteile davon in einem Berg zu leben, der von Leuten geschaffen worden war, die alle ein wenig größer waren als der gewöhnliche Hobbit, war nun mal, dass keines der Möbelstücke so richtig zu Bilbos Größe passen wollte. Er seufzte.

„Wahrscheinlich hast du recht. Das hat Ori übrigens auch schon gesagt. Ich sollte mich wohl wirklich auf den Weg machen.“ Bombur nickte, dann stand er auf und zog den Kuchen aus dem Ofen, den Bilbo beinahe vergessen hatte.

„Hier nimm ein Stück davon mit, das wird dich aufmuntern.“ Bilbo lächelte und akzeptierte die Serviette mit den beiden Kuchenstücken dankbar. Dann machte er sich wieder auf den Weg. So spät wie es mittlerweile war, konnte er damit rechnen Thorin an seinem Schreibtisch anzutreffen. Er hätte es sich nie träumen lassen, dass zum König sein eine schier endlose Flut an Briefen und Papieren zu gehören schien. Eine ganz andere Art von Schlacht, die Thorin aber mit der gleichen stoischen Miene anging und die ebenfalls keine Chance hatte den Zwergenkönig in die Knie zu zwingen.

Bilbo war sich zwar immer noch nicht ganz sicher wie er das Thema ansprechen sollte, das ihm unter den Nägeln brannte, doch nachdem ihm jetzt schon zwei seiner Zwerge gesagt hatten, dass Thorin der einzige Weg war um die Wahrheit herauszufinden statt nur wild zu spekulieren, würde er das machen auch wenn es eine andere Art von Mut erforderte als die, die er sonst aufbringen musste.

Bilbo klopfte an die Tür von Thorins Arbeitszimmer, dann trat er ein als er Balin rufen hörte. Der alte Zwerg wich kaum von Thorins Seite, wenn der sich in seinem Papierkram verschanzte und einiges davon ging auch durch seine Hand statt durch die des Königs doch Bilbo nahm an, dass das schlicht und einfach das war, was ein oberster Berater des Königs eben tat. Er schenkte Balin ein Lächeln bevor er sich an Thorin wandte. Der sah abgespannt und müde aus, doch seine Augen leuchteten so als könnte er noch immer nicht fassen was er jeden Tag zu sehen bekam.

„Ich habe Kuchen mitgebracht“, sagte Bilbo und kam sich dämlich dabei vor, doch Thorins Gesicht wurde weicher. Er lächelte und erhob sich von seinem Schreibtisch. Mit einer Grimasse streckte er die Arme über den Kopf und Bilbo zuckte zusammen als er mehrere Gelenke knacken hörte.

„Ich glaube auch es ist Zeit für eine Pause“, sagte Thorin. Balin seufzte, doch er nickte und schob seine Papiere zusammen.

„Esst ihr zwei nur, ich muss ohnehin noch das ein oder andere mit Bofur wegen der Minen besprechen. Ich bin sicher in einer halben Stunde zurück“, beschied Balin. Er zwinkerte Bilbo zu. Der blinzelte leicht verwirrt und hatte das klare Gefühl, dass er rot anlaufen sollte, obwohl er beim besten Willen nicht wusste wieso.

Thorins Räuspern riss ihn aus seinen Gedanken und er trat dankbar an den Tisch, an dem Thorin einen Stuhl für ihn herausgezogen hatte. Er ließ sich darauf nieder, legte die beiden Kuchenstücke auf den Tisch und eine Hand auf seinen Bauch. Das Kleine war aufgewacht und schlug nun anscheinend Purzelbäume, zumindest fühlte es sich so an. Bilbo schnitt eine Grimasse und streichelte halbherzog über die Beule in seinem Bauch, Thorins Augen folgten jeder seiner Bewegungen.

Bilbo hatte das Gefühl, dass er nur zu gerne die Hand ausgestreckt hätte und wie sein Neffe die Tritte des Babys erspürt doch anscheinend musste man als König über solchen Dingen stehen, denn es sah für Bilbo so aus als würde Thorin dieses Verlangen an die Kandare legen und sich stattdessen hinsetzen und essen.

„Hier fühl mal“, platzte Bilbo heraus und griff nach Thorins Hand. Erst als er diese auf seinen Bauch presste, wurde ihm bewusst, dass das eines dieser Dinge war die Bombur gemeint hatte, als er gesagt hatte das Bilbo lernen sollte mehr über seine Gefühle und solche Sachen zu sprechen. Für einen Moment herrschte Stille und Bilbo war sich sicher einen Fehler gemacht zu haben doch dann hob er den Blick und sah das Staunen in Thorins Blick, wodurch er eine unglaubliche Ähnlichkeit mit Kili zur Schau stellte, die Bilbo den Atem raubte. Das Baby trat erneut und Thorins Augen wurden sogar noch größer, bevor er sich neben Bilbo auf den Boden kniete um auf Augenhöhe mit dessen Bauch zu sein.

„Was für ein Wunder“, murmelte er und sah zu Bilbo auf. Für einen Moment schwiegen sie beide, dann sprach erneut Thorin: „Als Dis mit den Jungs schwanger war, hat sie niemanden an sich herangelassen. Selbst mit Vili hatte sie Schwierigkeiten und nie im Leben hätte sie zugelassen, dass ich eine Hand auf ihren Bauch lege. Als die beiden dann auf der Welt waren wurde es Tag für Tag besser, aber während der Schwangerschaft war mit meiner Schwester nicht gut Kirschen essen.“ Thorin hielt inne und streichelte über Bilbos Bauch. Der Lächelte und schloss für einen Moment die Augen.

„Danke, Bilbo. Für dieses Vertrauen.“ Bilbo öffnete die Augen wieder und runzelte die Stirn.

„Welches Vertrauen?“ Für einen Hobbit war es völlig normal das andere an der Erfahrung teilhaben wollten, er selbst war als Hobbitkind sicher zu einem Dutzend Schwangerer auf dem Markt gelaufen und hatte gefragt, ob er das Baby streicheln durfte, das war unter Hobbitkindern nicht weiter ungewöhnlich. Sicher als Erwachsener hatte er das unterlassen, es sei denn es ging um eine seiner engeren Cousinen die nur zu begeistert waren an Familientreffen ihren wachsenden Nachwuchs zu präsentieren, aber nie hatte er gehört, dass es eine Ehre wäre das zu tun, was Thorin gerade tat.

Thorin runzelte die Stirn, als wüsste er so wenig worüber Bilbo sprach, wie der Hobbit umgekehrt ihn verstehen konnte und war das nicht eine schöne Zusammenfassung der Dinge über die sie beide reden sollten. Da Thorin offensichtlich für den Moment die Worte fehlten, übernahm Bilbo einmal mehr das Reden.

„Thorin, es ist nicht so als würde ich jeden Wildfremden mein Baby streicheln lassen auch nicht während es noch in mir ist, aber du und der Rest unseres Rudels braucht nicht auf eine Einladung zu warten. Das habt ihr bisher ja auch nicht getan. Das Baby ist deins so sehr wie meins und das gilt auch für die anderen.“

Bilbo lief ein wenig rot an bei dem Gedanken, dass das hier essenziel die Sorte Baby war für die die Bezeichnung „Rudelkind“ erfunden worden war und die Hobbits nun schon seit Generationen vermieden, wenn sie die Möglichkeit hatten, da die ungeklärte Vaterschaft doch einiges an Verwandtschaftsverhältnissen verkomplizierte und insbesondere dann unangenehm wurde, wenn besagtes Kind ein Omega war und seinem Elternteil nacheiferte, doch Bilbo schweifte ab. Thorin sah ihn noch immer blinzelnd an und schien nach Worten zu suchen. Bilbo legte eine seiner Hände auf die Hand, die Thorin noch immer auf seinem Bauch liegen hatte.

„Dasselbe gilt übrigens für mein Nest. Solange ich euch nicht ausdrücklich daraus verbanne, seid ihr alle jede Nacht darin willkommen, du eingeschlossen.“ Das brachte ein Lächeln auf Thorins Gesicht auch wenn er immer noch verwirrt die Stirn runzelte. Wie lange es doch her war, dass Bilbo diesen Gesichtsausdruck als Wut fehlinterpretiert hätte, wo ihm jetzt klar war, dass Thorin einfach ein Meister darin war seine Gefühle hinter einer grollenden Maske zu verbergen.

Bilbos andere Hand legte sich an Thorins Wange und streichelte sanft über den Ansatz seines Bartes. Es fühlte sich gut an unter seinen Fingern, auch wenn ihm niemals bewusst gewesen war, dass er einen Typ hatte, so wurde der ihm nun jeden Tag unter die Nase gerieben und es war kein Wunder, dass er in Hobbingen niemals jemanden gefunden hatte, der dem auch nur Nahe kam. Thorin beugte sich vor und legte seine Stirn an Bilbos, der schloss die Augen und seufzte leise.

Es musste eine unbequeme Haltung für Thorin sein, doch Bilbo hatte das Gefühl zu schweben, während der Zwergenkönig ihn so hielt und würde den Kontakt ganz sicher nicht vorzeitig beenden. Sein Magen hatte da andere Pläne. Thorin schmunzelte und kehrte zu seinem Stuhl zurück, was Bilbo ein enttäuschtes Seufzen entlockte, nur um besagten Stuhl zu packen und so dicht neben Bilbos wieder abzustellen, dass Thorin praktisch in der Lage war Bilbo auf seinen Schoß zu ziehen, ohne sich auch nur anzustrengen.

Der Hobbit gab ein Quietschen von sich, schlang aber die Arme um Thorins Nacken um sich aufrecht zu halten, während der Zwerg sich zurechtsetzte und Bilbo bequem auf seinem Schoß drapierte. Bilbo sah dennoch keinen Grund loszulassen und vergrub die Nase in Thorins Kragen. Der Geruch des Zwergenkönigs war einzigartig, so wie es bei jedem Mitglied seines Rudels der Fall war, doch bei Thorin hatte Bilbo immer das Gefühl, dass sein Geruch alleine ausreichte um ihn betrunken zu machen. Er seufzte erneut und entspannte sich.

Thorin beugte sich vor und für einen Moment konnte Bilbos benebeltes Gehirn nicht verstehen wieso, doch dann hielt Thorin ihm ein Stückchen Blaubeerkuchen vor die Lippen und der Omega öffnete brav den Mund um den Happen zu essen. Wärme breitete sich nicht nur in Bilbos Magen, sondern auch auf seinem Gesicht aus, doch er ließ sich weiter von Thorin füttern, allein schon, weil das Gefühl so unendlich angenehm war, dass er es nicht missen wollte. Thorin schien es ähnlich zu gehen.

Stück für Stück verschwand der Kuchen zum Großteil in Bilbos aber zwischendrin auch in Thorins Mund und als endlich die letzten Krümel verputzt waren, lehnte sich der Hobbit einmal mehr an seinen Zwerg und schloss die Augen. Thorin legte sein Kinn auf Bilbos Scheitel und für eine Weile genossen sie es einfach in den Armen des anderen zu sein und nichts zu tun. Nicht das dieser Zustand lange anhalten würde. Es war nur eine Frage der Zeit bis Balin zurückkehren würde, wahrscheinlich mit einem neuen Stapel Papiere für Thorin und einer hochgezogenen Augenbraue für Bilbo, doch der Hobbit hatte schließlich einen Grund gehabt, aus dem er gekommen war auch wenn er das Ziel seines Besuches gründlich aus den Augen verloren hatte.

„Thorin?“, fragte er und bekam ein Grummeln zur Antwort, das er bis in seine Knochen hinein spürte. Er lächelte und schmiegte sich noch ein wenig mehr an seinen Alpha. „Ich habe eine Frage.“ Wieder grummelte Thorin, doch diesmal klang es fast resigniert. Bilbo spielte mit einer Haarsträhne, die über Thorins Schulter gefallen war. Drehte sie in diese und jene Richtung und fragte sich müßig ob sein Baby wohl Zwergenhaar haben würde, oder eher den Krauskopf eines Hobbits.

„Was für eine Frage?“, erwiderte Thorin. Anscheinend war Bilbo zu lange in seinen Gedanken versunken gewesen. Er legte eine Hand flach auf Thorins Brust und lehnte sich ein wenig zurück um seinen Blick einfangen zu können. Thorin schlang beide Arme um ihn und hielt ihn sicher fest, während er mit gerunzelter Stirn auf ihn herabblickte.

„Es geht um das Mithrilhemd.“ Thorin zog eine Augenbraue nach oben.

„Was ist damit?“ Bilbo suchte in Thorins Gesicht nach einem Hinweis, doch die Maske des Königs war undurchdringlich.

„Ori hat gesagt, dass Geschenke für Zwerge etwas bedeuten, wir haben uns darüber unterhalten, weil sie für Hobbits viel weniger bedeutsam sind, es sei denn es sind Blumen. Und da wollte ich fragen, ob ich irgendetwas falsch oder nicht verstanden habe.“ Thorin schwieg. Bilbo legte den Kopf einmal mehr an Thorins Brust und lauschte dem vertrauten Herzschlag, während der Zwerg sich eine Antwort zurechtlegte.

„Ich kann mich an alles während dieser Tage erinnern“, begann Thorin. Bilbo horchte auf. Es war das erste Mal, dass er Thorin über die Goldlust sprechen hörte. „Aber es ist als würde ich neben mir stehen und mir dabei zusehen wie ich diese Dinge tue und so wenig davon ergibt in meinen Augen einen Sinn. Das Mithrilhemd ist eine der wenigen Sachen, die ich noch immer tun würde. Es ist ein Schatz, Bilbo. Nicht weil es wertvoll ist, sondern weil es ein Geschenk war, aus einer Zeit als Elben und Zwerge noch miteinander auskamen. Von einem Prinzen zu einem anderen. Es wurde über Generationen weitergegeben von einem Kind zum nächsten und als mir klar wurde, dass es dir passen würde, konnte ich nicht anders als dir den besten Schutz zu schenken, den Zwergenhände zu bieten haben.“

Bilbo klappte der Mund auf. Was Thorin da grade gesagt hatte, war nicht mal im Ansatz das, was er erwartet hatte, doch er konnte nicht anders als sich tief berührt zu fühlen. Es ging gar nicht darum, dass dieses Geschenk besonders wertvoll, besonders glänzend, oder besonders alt war, es ging darum, dass es das beste auf diesem bestimmten Gebiet war und, dass Thorin alles in seiner Macht Stehende tun würde um Bilbo zu beschützen. Für einen Moment musterte Thorin den Hobbit, so als würde er erwarten angeschnauzt zu werden, doch nichts lag Bilbo in diesem Moment ferner.

„Oh, Thorin.“ Mit einem Schluchzen, das er nicht unterdrücken konnte, warf Bilbo sich die kurze Distanz in Thorins Arme, schlang seine eigenen um Thorins Nacken und bedeckte alles was er von ihm erreichen konnte mit Küssen. Der Zwerg war für einen Moment wie erstarrt, dann schlossen sich seine Arme um Bilbo und er vergrub den Kopf in seinem Nacken. Bilbo schmiegte sich so nah er irgend konnte an seinen Alpha und versuchte dem Gefühlchaos Herr zu werden, das ihn ihm tobte, doch er brauchte eine ganze Weile, um sich so weit zu beruhigen, dass er es einfach nur genießen konnte von Thorin im Arm gehalten zu werden. Der Zwerg hatte an irgendeinem Punkt von Bilbos Gefühlsausbruch zu summen begonnen und nun lauschte der Hobbit andächtig auf die kleine Melodie, die er in der Brust des Zwerges rumpeln spürte, obwohl er keines der gemurmelten Worte verstehen konnte.

„Danke“, flüsterte er heiser und drückte einen weiteren Kuss auf Thorins Hals. Der Zwerg schauderte, doch er nickte, während Bilbo sich ein wenig bequemer auf seinem Schoß zurechtsetzte den Kopf in seinem Bart vergraben.

„Ich liebe dich übrigens auch“, sagte Bilbo da und stellte, sehr zufrieden mit sich, fest, dass er in der Lage war Thorin genauso zu schocken wie umgekehrt. Dem Zwergenkönig klappte für einen Moment die Kinnlade herunter, dann schlug sein Geruch so schnell von zufrieden und glücklich in überschwängliche Freude um, dass Bilbo nicht anders konnte als breit zu grinsen und den Kuss zu erwidern, den Thorin auf seine Lippen drückte. Er seufzte. Das hatte er gebraucht genau das hier. Mit Thorin zusammen zu sein und nicht zu denken, sondern einfach nur das zu fühlen was er gerade fühlte.

Bilbo verlor sich in dem Kuss auf den noch viele weitere folgten, bis Thorin sich irgendwann erhob. Bilbo gab ein erschrockenes Geräusch von sich, das Thorin mit einem Lachen quittierte, das Bilbo so sehr faszinierte als hätte er es noch nie gehört und vielleicht war das auch so, doch er machte es sich sofort zur Aufgabe dieses Geräusch noch viele, viele Male zu hören. Er schlang die Arme wieder um Thorins Nacken als der ihn hochhob als wäre er federleicht und zur Tür hinaustrug.

Balins fragendes Gesicht kam für einen Moment in Sicht, doch Bilbo konnte nur weiter strahlen und hilflos die Achseln zucken, während Thorin eine weitere Tür etwas weiter den Flur hinunter mit einem Fußtritt öffnete und Bilbo in seine privaten Gemächer entführte, die der Hobbit bisher nicht von innen gesehen hatte, die aber ziemlich genauso aussahen wie das Quartier, das Fili und Kili geteilt hatten als sie sich noch von ihren Wunden erholten.

Inzwischen waren die beiden praktisch bei Bilbo eingezogen und verließen sein Wohnzimmer nur noch um entweder in ihren eigenen Betten, selten, oder in seinem Nest, fast jede Nacht, zu schlafen. Bilbo hatte nichts dagegen. Sein persönliches Refugium war ohnehin sein Schlafzimmer, das selten zum Schlafen benutzt wurde, in dem er aber seine persönlichen Kleinigkeiten aufbewahrte und in das ihn Nori regelmäßig entführte, wenn ihm nach etwas war, dass Bilbo ausdrücklich aus seinem Nest verbannt hatte.

Thorin hatte grade offensichtlich ganz ähnliche Gedanken und Bilbo konnte nicht behaupten, dass er abgeneigt gewesen wäre. Allerdings hätte er darauf verzichten können, dass sämtliche Wachen von hier bis zu Thorins Studierzimmer genau wusste was jetzt hinter verschlossenen Türen vor sich ging und vermutlich noch ihren Enkeln davon erzählen würden. Zumindest wäre das in Hobbingen der Fall gewesen doch im Licht der jüngsten Ereignisse sollte Bilbo darüber vielleicht mit einem seiner Zwerge sprechen, nicht dass er wieder etwas in den falschen Hals bekam, was in Wirklichkeit etwas Wunderbares zu werden schien.

Thorin setzte ihn sanft auf seinem Bett ab und Bilbo verlor keine Zeit um seinen Alpha zu einem weiteren Kuss an sich zu ziehen. Und wenn Thorin sein nächstes Treffen versäumte und sein Papierkram einen Tag länger lag als üblich, so würde ihm sicher kein einziger Alpha in seinem Berg in irgendeiner Form deswegen Grollen. Schließlich hatte er das, was sich jeder einzelne von ihnen irgendwo im letzten Winkel seines Alphagehirns wünschte. Einen Omega, der ihn ansah als wäre er die Sonne selbst.

Chapter 20: Kapitel 20

Chapter Text

Kapitel 20

Balin schmunzelte in seinen Bart, während er alle weiteren Treffen seines Königs für den Tag absagte. Das waren zum Glück nicht allzu viele. Bilbo hätte seinen Besuch nicht besser planen können, doch Balin war sich durchaus bewusst, dass es reiner Zufall gewesen war. Er hatte nicht mitbekommen, worüber die beiden miteinander gesprochen hatten, doch er würde seine Hand dafür ins Feuer legen, dass es gut gelaufen war. Er konnte sich kaum daran erinnern, wann er Thorin zuletzt so sorglos gesehen hatte. Vielleicht an dem Tag als er Fili zum ersten Mal auf dem Arm gehalten hatte, vielleicht bevor Smaug gekommen war, doch es tat ihm in der Seele gut zu sehen wie Bilbo diese Seite an ihm hervorbrachte.

Er wusste nicht, ob er es sich einbildete, doch er meinte de Freude beinahe mit Händen greifen zu können, die der Hobbit ausstrahlte. Balin lächelte. Er freute sich schon auf das neue Leben, das bald durch Erebors Hallen klingen würde. Es war viel zu lange her seit er die Gelegenheit hatte einen Prinzen von Erebor zu unterrichten und er würde sich mit Freuden erneut dieser Aufgabe widmen.

Später am Abend, Balin hatte beschlossen einmal mehr Bilbos Nest aufzusuchen, auch wenn er nicht wirklich damit rechnete, dass der Hobbit sie heute mit seiner Anwesenheit beehren würde, beobachtete er den Rest der Gemeinschaft und machte sich seine eigenen Gedanken. Er hatte aus Ori herausgekitzelt, dass Bilbo sich Sorgen wegen eines Missverständnisses gemacht hatte doch zu den Details hatte sein Lehrling beharrlich geschwiegen, etwas das Balin ihm hoch anrechnete.

Es würde nicht mehr lange dauern bis Ori sein Meisterstück ablieferte und Balin freute sich schon jetzt darauf den jungen Zwerg als sich ebenbürtig an seiner Seite zu wissen, auch wenn die Schreiberei für ihn eine Zweite Berufung gewesen war. Er war mit Leib und Seele Berater und nichts würde daran etwas ändern. Die Sache mit den Missverständnissen jedoch ging ihm nicht aus dem Kopf.

Ihm war klar, dass Hobbits anders waren als Zwerge und das viele Dinge, die sie als selbstverständlich betrachteten für Bilbo neu und ungewohnt sein mussten, doch nachdem Ori ihnen allen erzählt hatte wie anders die Rudelbeziehungen speziell zwischen Alphas und Omegas im Auenland waren, war Balin nicht darauf vorbereitet gewesen, dass es noch mehr Unterschiede vom selben Kaliber geben würde.

Selbstverständlich etwas kurzsichtig von seiner Seite aus und dennoch war es wie ein Eimer kaltes Wasser gewesen zu hören, dass Bilbo sich Sorgen wegen etwas machte, das in Balins Augen eine romantische Geste war, die ihresgleichen vergeblich suchte. Dennoch schienen Bilbo und Thorin die Sache aus der Welt geschafft zu haben, darauf hätte Balin ohne zu zögern gewettet, doch es nagte dennoch an ihm. Nicht nur dir Tatsache, dass er übersehen hatte, dass etwas nicht im Lot war, sondern auch, dass Bilbo zu Ori gegangen war um sich die nötigen Informationen zu holen statt zu ihm.

Eifersucht war kein schönes Gefühl und Neid nur wenig besser und keines von beidem war angebracht und dennoch konnte Balin nicht anders als sich zurückgesetzt zu fühlen. Er war sich zwar sicher, dass Bilbo es nicht so gemeint hatte, aber das Gefühl ließ sich nicht so einfach wegrationalisieren. Er seufzte. Er würde wohl nicht umhin kommen mit Bilbo darüber zu reden. Was wiederum einen bitteren Nachgeschmack in seinem Mund auslöste, den er auch ganz ohne fremde Hilfe dahingehend erkannte, dass er gerade seine eigenen Worte an Dwalin und Thorin schlucken musste, denen er immer und immer wieder sagte, dass sie mehr über ihre Gefühle sprechen mussten. Er selbst war offenbar keinen Deut besser. Noch so eine Erkenntnis auf die er gut hätte verzichten können.

Balin reihte seine Stiefel neben denen seines Bruders auf, der bereits neben der Mitte des Bettes lag und immer wieder sehnsüchtige Blicke zur Tür warf. Es kam nicht oft vor, dass Bilbo nicht in seinem Nest schlief, doch wenn es passierte dann sorgte seine Abwesenheit dafür, dass die Stimmung im Raum gedämpft war auf eine Art die Balin nicht ganz nachvollziehen konnte.

Dwalin seufzte bis Nori sich neben ihn fallen ließ und ihn anstupste. Balin beobachtete gespannt wie sein Bruder sich aufsetzte und die Bürste entgegennahm, die Nori ihm hinhielt ganz so als sei dies ein Ritual, das die beiden schon oft miteinander zelebriert hatten doch Balin konnte seinen Augen kaum trauen als der reformierte Dieb seinem Bruder den Rücken kehrte und der begann seine kunstvoll gestaltete Frisur aufzulösen, die langen roten Flechten auszubürsten und anschließend einen einfachen Zopf zu flechten, der Nori in der Nacht nicht so behindern würde wie es seine drei Spitzen sicher tun würden.

Balin schluckte, wie hatte er das übersehen können? Wurde er vielleicht langsam wirklich alt. Er schüttelte den Kopf über sich und schaute sich um, Bofur stand mit offenem Mund da und starrte Dwalin und Nori an als hätte einer von beiden gerade Feuer gespuckt, einen Fuß halb in der Luft, weil er gerade dabei gewesen war seine Schnürsenkel zu öffnen. Ori stand halb hinter ihm, die Stirn an die Wand gedrückt und murmelte offensichtlich leise vor sich hin, Fili und Kili standen in der Tür und beide starrten die Szene auf dem Bett an als wären sie mitten in einen Alptraum gestolpert, nur Bifur schien wie üblich unbeeindruckt und kämmte seine eigene Mähne auf der anderen Seite des überbreiten Bettes aus, den Rücken zu den Geschehnissen, die den Rest der Zwerge so verwirrte.

Es tat Balin gut zu sehen, dass er nicht als einziger komplett ahnungslos gewesen war was Nori und Dwalin anging, doch das hieß nicht, dass er wirklich verstand, was er da sah. Sicher die beiden hatten schon lange umeinander herumgetanzt und hätte er es nicht besser gewusst, hätte er gesagt, dass sie miteinander flirteten, doch er wusste es schließlich besser. Oder doch nicht? Hatte er einen Fehler gemacht schlicht zu ignorieren, dass sein Bruder sich zu einem anderen Alpha hingezogen fühlte, weil Beziehungen dieser Art von vornherein zum Scheitern verurteilt waren?

Es gab Geschichten über zwei Alphas, die einander als Gefährten ansahen doch solche Paarungen funktionierten nur in einem Rudel, das um einen Omega herum gewachsen war, weil sich zwei Alphas niemals ausbalancieren konnten. Balin stockte. Sie waren ein Rudel, das um einen Omega herum gewachsen war, auch wenn zu Beginn keiner von ihnen begriffen haben mochte was vor sich ging. Bilbo schweißte sie zusammen, hatte schon beruhigend auf die hitzigen Gemüter der Gemeinschaft gewirkt, bevor er offiziell ihr Omega geworden war und wenn Balin es richtig sah, dann reichte sein Einfluss inzwischen soweit, dass sowohl Dwalin als auch Nori in der Lage waren ihre Alphas so weit zu beherrschen, dass sie sich gegenseitig vertrauen konnten.

Nie zuvor hatte Balin gesehen, dass ein Alpha einem anderen so freiwillig den Rücken kehrte. Damit quasi eingestand, dass der andere über ihm stand. So etwas gab es unter Alphas schlicht nicht, mit der einzigen Ausnahme eines Königs wie Thorin, den jeder von ihnen verteidigt hätte ohne mit der Wimper zu zucken, weil sie alle instinktiv wussten, dass er das Gleiche tun würde. Doch es war etwas anderes sich auf dem Schlachtfeld Rückendeckung zu geben und sich im Privaten einem anderen gegenüber auf diese Art verletzlich zu zeigen.

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Bilbo betrat sein Nest frisch gewaschen und mit Thorin an der Hand. Er war sich nur zu bewusst, dass man die Flecken an seinem Hals nicht für irgendetwas anderes halten konnte, als für das, was sie waren und dass Thorin seine eigenen Male so stolz zur Schau trug wie seine Narben aus der Schlacht. Diese Angewohnheit machte die Dinge für Bilbo nicht wirklich einfacher. Er rechnete halb damit aufgezogen zu werden, halb damit, dass einige seiner Alphas verschnupft reagieren würden.

Das Bad hatte nichts daran ändern können, dass Thorins Geruch ihm unter die Haut gegangen war mehr noch als das ohnehin schon der Fall war, fast so als hätte der Alpha ihm einmal mehr seinen Stempel auf die wohl primitivste Art, die ihm zur Verfügung stand, aufgedrückt, doch statt sauer zu sein, fühlte Bilbo sich so wohl in seiner Haut wie selten.

Was allerdings nicht hieß, dass er sich nicht trotzdem Sorgen machen konnte wie der Rest seines Rudels wohl reagieren würde. Ein Teufelskreis, den er alleine nicht durchbrechen konnte, doch zum Glück war Bilbo nicht mehr allein und würde es wohl auch nie mehr sein. Für einen Moment ruhten alle Augen im Raum auf ihm, doch Bilbo hob den Kopf und reckte das Kinn vor, sofort breiteten sich auf den meisten Gesichtern ein breites Grinsen aus.

Bofur öffnete den Mund, zweifellos um etwas Unpassendes zu sagen, doch Fili schlang ihm von hinten einen Arm um den Körper und hielt ihm den Mund zu. Bilbo lachte mit Bofur als Fili mit einem angeekelten Geräusch aufsprang und seine nassgeleckte Hand schüttelte, als sein Bofur ein Hund, der nicht wusste wo die Grenze war. Kili fiel vor Lachen fast vom Bett, wurde aber von Thorin aufgefangen, der seinen Neffen mit einem milden Ausdruck in den Augen zurück in die Mitte der Matratze beförderte.

Dann zog der König unter dem Berge seine Schuhe aus und ließ sich neben Dwalin auf dem Bett nieder, bevor er beide Hände nach Bilbo ausstreckte, der der stummen Aufforderung nur zu gerne nachkam und sich zwischen Thorin und Nori in den Haufen Zwerge kuschelte. Sofort legte sich Dwalins Hand auf seinen Bauch, Kili rollte sich zu Bilbos Füßen zusammen und Bofur begann zu grummeln, dass es nicht genug Omega für alle gab.

Thorin lächelte ihn an, drückte Bilbo einen Kuss auf die Stirn und rückte dann ein Stück von ihm ab. Bilbo runzelte kurz die Stirn, dann hörte er Bofur nach Luft japsen. Mit einem erschrockenen Geräusch landete der Minenarbeiter auf dem Platz, den Thorin gerade frei gemacht hatte. Thorin selbst hatte die Arme um ihn geschlungen und zog Bilbo nun ebenfalls an sich heran. Bofur sah aus als hätte er seinen Hut verschluckt, doch der Hobbit schmiegte sich nur mit einem Lächeln an ihn und zog Thorins Hand neben Dwalins auf seinen Bauch. Dass die beiden Krieger ihre Finger ineinander hakten, brauchte niemand zu wissen.

Nori rollte sich in Dwalins Arm herum und schlang nun ebenfalls beide Arme um Bilbo, der seufzte noch einmal und schmolz dann in der vielfachen Umarmung seiner Zwerge regelrecht dahin. Er konnte riechen, dass Fili, Balin, Bifur und Ori ebenfalls irgendwo im Nest waren, doch seine Augen fielen zu und er konnte gar nicht anders als friedlich einzuschlummern, während sein Rudel ihn hielt und ihm Schutz und Sicherheit versprach wie nichts anderes auf der Welt es vermochte.

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Fili grummelte ein wenig, schmiegte sich aber an seinen Bruder ohne etwas zu sagen. Kili liebte den Platz zu Bilbos Füßen, weil er genau wie Bifur fasziniert davon war, wie empfindlich Bilbos Sohlen in diesem Zusammenhang doch waren, während der Hobbit in ihrem Alltagsleben doch praktisch über glühende Kohlen laufen konnte und sich dabei kaum verletzte. Fili dagegen hätte einen Platz weiter oben bevorzugt, denn zu Bilbos Füßen zu liegen hieß gleichzeitig auch Bofurs und Thorins Latschen im Gesicht zu haben und darauf hätte Fili nun dankend verzichten können, wobei er immerhin den besseren Platz abbekommen hatte, schließlich war er in der Lage seine Nase in Kilis Haar zu verbergen und damit dem Geruch nach Käsefüßen zu entgehen.

Kili schmiegte sich an ihn wie er es schon tat, solange er sich erinnern konnte, doch Fili vermisste die Wärme seines Onkels in seinem Rücken, an die er sich während ihrer langen Reise gewöhnt hatte und die nicht wirklich zu ersetzen war. Diese ganze Rudelsache war für Fili noch immer schwer zu greifen.

Seine Mutter hatte ihm immer erzählt, dass er eines Tages ein nettes Betamädchen finden und heiraten würde, Kinder haben und damit sein eigenes Rudel gründen, doch jetzt sah es so aus als würde er nie in die Lage kommen sein eigenes Rudel zu führen, sondern für alle Ewigkeit die zweite Geige hinter Onkel Thorin spielen. Oder vielleicht eher die dritte, wenn nicht sogar noch weiter unten. Es war schwer das genau zu sagen, da Bilbo nicht dazu neigte einen seiner Alphas anders als den Rest zu behandeln und selbst seine Betas genossen einen Respekt, nach dem Fili in den Geschichten mit denen er aufgewachsen war vergeblich suchte.

Dennoch fühlte es sich seltsam an, erst recht, weil Filis Alphaseite nicht das geringste Problem damit hatte sich seinem Onkel unterzuordnen, wenn dass der Preis dafür war Teil eines stabilen Rudels zu sein, dann würde er ihn mit Freude bezahlen. Filis rationale Seite war da gemischter Gefühle doch es war sinnlos mit Kili darüber reden zu wollen, der komplett Feuer und Flamme für die Idee war Teil eines Rudels zu sein und der praktisch den Boden anbetete auf dem Bilbo lief. Wobei das unfair war und Fili wusste es. Ein weiterer Grund den Mund zu halten, denn er konnte sich nicht ganz davon überzeugen, dass er nicht doch eifersüchtig darauf war, dass Kili inzwischen mehr Freunde hatte als nur ihn.

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Thorin erwachte so gut ausgeschlafen wie seit langem nicht mehr. Auch wenn es vielleicht ein wenig unfair Erebor und Dis gegenüber war, so hatte Bilbo es doch geschafft die Reihenfolge seiner liebsten Erinnerungen mächtig durcheinanderzuwirbeln und das innerhalb von nur einem Tag. Es war seltsam wie wenig Zeit Thorin bisher mit seinem Omega alleine verbracht hatte, doch es kam ihn gleichzeitig nicht im Geringsten merkwürdig vor, dabei waren Zwergenalphas, allen anderen voran, besitzergreifend und eifersüchtig was ihre Partner anging. Vielleicht war das etwas, das nur Hobbits betraf, vielleicht auch nur Bilbo, doch wenn Thorin den Hobbit betrachtete, wie er sich an Bofur kuschelte dann überkam ihn keine Eifersucht, sondern nur der Drang Ori zu wecken um die beiden zu malen, damit er diesen Moment festhalten konnte, und vielleicht um Bilbo zu zeigen wie niedlich er aussah, wenn er schlief und nach Wärme suchte, die ihm jeder einzelne der Zwerge gerne gewähren würde.

Der Nachmittag, den er mit Bilbo in seine Schlafzimmer verbracht hatte, war ebenfalls eine Erinnerung, die Thorin pflegen würde, doch diese Nacht in seinem Nest mit einem Großteil ihres Rudels, war fast noch besser. Nicht dass Bilbo sonst nicht glücklich wirkte, aber inmitten dieser Zwerge wirkte er so entspannt wie sonst nie und Thorin gelobte, dass dieser Anblick für ihn eines Tages keinen Seltenheitswert mehr haben würde.

In Gedanken plante er schon, was er seinem Omega schenken könnte, um dieses Nest noch gemütlicher zu machen. Ein Art Geschenk, die unter Zwergen sicher keine lange Tradition hatte doch andererseits waren Omegas unter Zwergen so selten, dass es durchaus normal sein konnte ihnen Dinge für ihr Nest zu schicken. Um das herauszufinden würde Thorin Balin fragen müssen.

Der alte Berater schlief ebenfalls in Bilbos Nest, auf der anderen Seite seines Bruders. Thorin konnte sich nicht erinnern je ein Bett mit Balin geteilt zu haben, wohingegen er und Dwalin mehr als einmal gezwungen gewesen waren eng zusammenzurücken um Dis und die Prinzen warm zu halten. Er konnte sich auch noch gut daran erinnern wie sein innerer Alpha jedes Mal zu wüten begonnen hatte, wenn Dwalin Dis auch nur aus Versehen berührte, doch jetzt blieb alles ruhig, dabei hatte Dwalin sogar mit voller Absicht eine Hand auf Bilbos Bauch gelegt.

Der einzige Gedanke, den Thorin dazu hatte, war jedoch, dass er sich nicht vorstellen mochte in Noris Position zu sein, der an Dwalins Brust gequetscht so nah an Bilbo geschmiegt dalag, dass er wahrscheinlich keinen Muskel bewegen konnte, ohne einen von beiden zu wecken, dennoch schien der Dieb ebenso friedlich zu schlafen wie der Hobbit, wobei Thorin Nori allerdings um einiges mehr schauspielerisches Können zubilligte.

Er strich mit der Hand über Bilbos Bauch und streifte dabei Dwalins Finger. Der gab ein Murmeln von sich und fing Thorins Hand mit seiner eigenen ein. Thorin wurde warm. Er war niemand fürs Händchen halten doch in genau dieser Situation, mit genau diesen Leuten konnte er es zulassen ohne sich seltsam vorzukommen.

Bilbo schmiegte sich einmal mehr in Bofurs Brust und Thorins Gesicht verzog sich von selbst zu einem Lächeln. Dann drückte er selbst die Nase in Bofurs Nacken und musste zugeben, dass der schlafende Bilbo nicht unrecht hatte. Für einen Alpha roch Bofur gar nicht mal übel auch wenn Thorin klar war, dass Bilbo wahrscheinlich ganz andere Maßstäbe dafür hatte, was gut roch und was nicht.

Bofur selbst hatte gestern Abend nicht abgeneigt gewirkt nur überrascht als Thorin in zwischen sich und Bilbo bugsiert hatte, doch irgendetwas in ihm hatte den Zwergenkönig dazu angehalten so viel von seinem Rudel wie er konnte in sein Sichtfeld zu bekommen und dass hieß, das es nicht anging, dass einer seiner Gefährten zwischen ihm und dem Ausgang lag, solange es eine akzeptable Alternative gab.

Thorin hob leicht den Kopf und beobachtete für einen Moment Fili und Kili, die sich am Fußende des Bettes zusammengerollt hatten wie zwei junge Hunde. Von dort glitt sein Blick zu Oin und Bifur, die es sich ebenfalls am Fußende bequem gemacht hatten Arm in Arm als würden sie schon seit Jahren so schlafen.

Thorin lächelte wobei er im Kopf bereits zu planen begann, wie man das Nest so vergrößern könnte, dass sie alle genug Platz zum Schlafen hatten. Wobei das vielleicht dem Ziel entgegenwirken könnte, dass Bilbo offenbar verfolgte, nämlich sich zwischen so vielen Zwergen wie möglich zusammenzurollen und damit keine Decke mehr zu brauchen. Auch das hatte Thorin erst gar nicht bemerkt, doch die Bettdecken waren in Bilbos Nest eher ungleichmäßig vorhanden. Eine hatte Fili um sich geschlungen und Kili halb darin mit eingerollt, wobei sie nebenbei auch über die Füße von Thorin, Bofur und Bilbo geschlungen war.

Oin und Bifur teilten eine weitere Decke, doch mehr konnte Thorin aus seiner Position nicht sehen. Er selbst lag mit dem Rücken zum etwas erhöhten Rand des Nestes und hatte keine Sekunde gefroren, was wahrscheinlich auch daran lag, dass der ganze Raum von einer Gruppe Zwerge aufgeheizt worden war.

Bilbo hatte sich während sie gezwungen gewesen waren draußen zu schlafen zwar nicht beschwert, doch sie alle hatten bemerkt wie kalt es dem Hobbit über Nacht wurde und waren dazu übergegangen ihn zwischen Fili und Kili oder Ori und Nori zu platzieren, wann immer sie konnten, danach hatte Bilbo zumindest aufgehört mit den Zähen zu klappern. Hier jedoch schien es ihm warm genug zu sein, dass er nicht einmal eine Zudecke benötigte.

Thorin dachte einen Moment darüber nach, dann verzog er das Gesicht. Wenn er zwischen Nori und Bofur eingeklemmt liegen würde mit Dwalin und ihm selbst, die jeweils einen Arm um einen der anderen Zwerge geschlungen hatten, dann wäre ihm auch nicht kalt. Eher zu warm. Für einen Moment spielte Thorin mit dem Gedanken aufzustehen, doch da Balin ebenfalls noch selig schlummerte und soweit er wusste heute Morgen nichts allzu Wichtiges anstand, gönnte er es sich die Augen ein weiteres Mal zu schließen und noch einmal über Bilbos Bauch zu streicheln. Noch immer überwältigt von dem Wissen, dass Bilbo ihm diese Ehre zugestand auch nach all dem was er dem Hobbit mit eben diesen Händen angetan hatte, Krankheit oder nicht.

Chapter 21: Kapizel 21

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Kapitel 21

Bilbo erwachte mit einem zufriedenen Seufzer. Er konnte sich kaum mehr erinnern wie es war allein zu schlafen und mit etwas Glück würde er sich auch nie mehr daran erinnern müssen. Er kuschelte sich näher an den Zwerg, der ihn im Arm hielt und nahm eine Nase von seinem Geruch. Bofur. Er konnte sich für einen Moment nicht erinnern wie er ausgerechnet in Bofurs Armen gelandet war, doch dann kam die Erinnerung zurück und zeichnete eine sanfte Röte auf seine Wangen.

Da waren Arme um ihn geschlungen und Hände auf seinem Bauch doch die einzigen Gerüche hier waren Rudel und damit war das in Ordnung. Jeder einzelne dieser Zwerge hatte sich das Recht erworben ihn im Arm zu halten und das Baby in seinem Bauch war gleichermaßen faszinierend für alle seine Rudelgefährten. Vielleicht mit einer Ausnahm für Oin, der neben dem persönlichen auch noch ein professionelles Interesse an dem Kleinen hatte, schließlich gab es soweit sie wussten keinen anderen Fall von einem Hobbitomega, der sich mit einem Haufen Zwerge eingelassen hatte, doch Oin hielt seine Neugier im Zaum und Bilbo fühlte sich mit ihm mindestens so wohl wie mit Balin.

Bilbo war angenehm warm und er hätte noch ewig so liegen bleiben können, doch leider drückte das Baby unangenehm in seine Blase und so blieb ihm nichts anderes übrig als sein gemütliches Bett zu verlassen. Ein allgemeines Gemurre erklang als Bilbo sich seinen Weg bahnte. Er murmelte Entschuldigungen streichelte über Köpfe und Schultern und erreichte schließlich den Rand des Nestes, dann schlüpfte er zur Tür hinaus.

Nachdem er mit seiner Morgenroutine fertig war, machte sich Bilbo daran für seine Zwerge Frühstück zuzubereiten. Seine Küche war inzwischen voll funktionstüchtig und er nutzte diese Tatsache schamlos aus. Nach einer Weile kam Bombur hereingestolpert, der die Nacht in seinem eigenen Bett verbracht haben musste, oder vielleicht kam er auch direkt von der Frühschicht in der Küche, denn er sah aus als würde er an Ort und Stelle einschlafen, wenn er könnte. Bilbo dirigierte ihn an seinen üblichen Platz am Frühstückstisch, und war das nicht faszinierend, dass jeder seiner Zwerge einen Platz am Tisch hatte.

Bilbo drückte Bombur im Vorbeigehen einen Kuss auf die Wange, dann stellte er eine dampfende Kanne Tee auf dem Stövchen in der Mitte des Tisches ab, danach folgten Eier und Speck und der Großteil der anderen Zwerge, die vermutlich vom Geruch der Speisen geweckt worden waren. Thorin sah munterer aus als Bilbo ihn je beim Frühstück gesehen hatte, aber es kam auch nicht allzu oft vor, dass der König unter dem Berge das Nest mit den anderen teilte. Heute jedoch machte er den Eindruck als würde er spontan Leute umarmen.

Bilbo grinste in sich hinein, wuschelte Kili im Vorbeigehen durch die Haare, bedankte sich bei Ori dafür, dass er ihm mit den Tellern half und begrüßte Dori mit einer Umarmung als der Zwerg mit einem Stapel frisch geschneiderter Hosen zur Tür hereinkam, die dem Hobbit noch für eine Weile passen sollten, da man den Bund noch um einiges auslassen konnte. Bilbo hatte zwar seit Hobbingen keine Hosenträger mehr getragen, doch er mochte die Dinger genug um sich nicht darüber aufzuregen, dass Dori keinen anderen Weg gefunden hatte wie seine Hosen an Ort und Stelle bleiben würden, wenn das Baby erst anfing seine wahre Große zu zeigen.

Als schließlich das ganze Rudel am Tisch saß, brachte Bilbo die frisch gebackenen Muffins dazu und setzte sich auf seinen Platz zwischen Thorin und Balin am Kopfende des Tisches. Sein eigener Platz war der Einzige am Tisch, der ständig wechselte, wo immer eine Lücke zwischen den Zwergen blieb, war der Ort, an den Bilbo sich setzte.

Er schenkte Mila und Gimli ein Lächeln. Die beiden waren die einzigen im Rudel, die noch nie in seinem Nest gewesen waren und er hatte schon mit Gloin angefangen zu planen wie sie das bewerkstelligen sollten. Gloin war ein wenig ratlos gewesen, doch zumindest darauf, dass sie für den ersten Versuch einen Zeitraum wählen sollten an dem möglichst wenig andere Rudelmitglieder dabei waren, konnten sie sich einigen.

Bilbo bestrich seine Muffinhälfte mit Butter und schloss genießerisch die Augen. Es waren die kleinen Dinge, die ihm während des Winters in Erebor gefehlt hatten, doch so war es auch im Auenland gewesen, wenn man sich nicht rechtzeitig um die nötigen Vorräte gekümmert hatte. Zwar war Hobbingen schon seit Jahren nicht mehr so eingeschneit gewesen wie es für Erebor offenbar normal war, doch das machte keinen großen Unterschied. Der Winter war für jeden hart, ob er nun über der Erde wohnte oder darunter. Manchmal dachte Bilbo daran, dass es Bären und Igel richtig machten, die den Winter einfach verschliefen, doch leider war das für einen Hobbit keine Alternative. Wobei Bombur ihn bei dem Versuch sicher unterstützt hätte.

Bilbo lächelte über die absurden Wege, die sein Gehirn so früh am Morgen einschlug und verputze seinen Muffin. Seit der Frühling endgültig Einzug in Erebor gehalten hatte, hatte Bilbo wieder angefangen mehr von seinen Hobbit-Mahlzeiten auch tatsächlich zu essen, doch längst nicht in dem Umfang wie er es im Auenland getan hätte.

Bilbo stutzte. Er hatte nicht zu Hause gedacht. Wann hatte er angefangen vom Auenland nicht mehr als seinem zu Hause zu denken? Er konnte sich nicht erinnern, doch die Gewissheit, dass zu Hause da war wo sein Rudel sich aufhielt und das hieß im Moment in Erebor, war genug um ihn für den Moment aufrecht zu halten.

Er legte eine Hand auf seinen Bauch und konnte nicht umhin, dass er sich schon lange nicht mehr vorgestellt hatte wie es sein würde das Baby in Beutelsend zu bekommen und alleine großzuziehen, sondern dass er wie selbstverständlich davon ausging, dass er das Baby hier bekommen würde. Vielleicht nicht in seinem Nest, weil er keine Möglichkeit hatte die Schweinerei einzudämmen, die mit einer Geburt nun mal zwangsläufig einherging, aber doch zumindest in diesen Räumen. Mit Oin an seiner Seite, der alles las, was er in die Finger bekommen konnte über Geburtshilfe bei so vielen verschiedenen Rassen wie nur möglich und Thorin, der seine Hände halten würde auch wenn Bilbo vermutete, dass er nicht halb so laut schreien würde, wie es sein Vater laut seiner Mutter bei seiner eigenen Geburt getan hatte, wobei Belladonna immer behauptet hatte, er habe ihr schier die Knochen brechen wollen.

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Hin und wieder war Kili erstaunt darüber wie normal es inzwischen für ihn und seinen Bruder, ach was für das gesamte Rudel, war in Bilbos Küche zu frühstücken und wann immer es sich einrichten ließ auch zum Tee und Abendessen wieder bei ihm aufzuschlagen. Fast so als sei nicht mehr der Thronsaal in dem Thorin regierte das Herz des Berges, sondern das gemütliche Zimmer, in dem Bilbo Hof hielt und sie alle mit köstlichen Kleinigkeiten versorgte, so lange sie nur daran dachten ihm frisches Obst und Gemüse von ihren Jagdtripps mitzubringen, oder seltene Gewürze und außergewöhnliche Zutaten vom nahen Markt in Thal, der jetzt, da der Frühling da war, überquoll vor Händlern, die ihre Ware feilboten.

Kili wusste nicht so genau wie das Wissen, dass Erebor einmal mehr in Zwergenhand war, so schnell von einem Händler zum nächsten gelangt war, doch Tatsache blieb, dass sie alle nach Thal strömten wie in den Geschichten, die Thorin und Balin zum Besten gaben, wenn die Feuer anfingen herunter zu brennen und junge Zwerge wie Kili und Fili nach neuem Stoff für ihre Fantastereien suchten.

Kili war heute einmal mehr auf der Jagd. Er wusste, dass sie vorsichtig sein mussten um die Wildbestände rund um Erebor nicht zu sehr auszudünnen. Er hatte schon mehr als eine Ricke laufen lassen, die sollten ihre Kitze zur Welt bringen und sich den Sommer über Fett fressen, es gab für ihn heute keinen Grund eine von ihnen für seinen eigenen Tisch zu töten. Nein, er wartete auf einen Bock, den ihm einer seiner Jagdkameraden beschrieben hatte.

Es gab viele junge Rehböcke rund um Erebor und sicher war es erstrebenswert, dass jeder von ihnen sein eigenes Rudel führte, doch das kam eben nicht in Frage, wenn es hungrige Zwerge gab, denen es herzlich gleich war welche Sorte Fleisch auf dem Teller landete.

Kili wusste, dass vor allem die Menschen andere Quellen für ihr Fleisch hatten, die Hühner und Schafe oder Rinder züchteten und nahe ihren Siedlungen in Pferchen und Ställen hielten, doch das waren Arbeiten, die für Zwerge nicht allzu ansprechend waren. Sicher auch sie hatten in mageren Zeiten schon eine Ziege hinter dem Haus gehabt, die Milch und Zicklein brachte, die man zu Wurst und Braten verarbeiten konnte, doch wenn sie die Wahl hatten dann betrieben Zwerge weder Ackerbau noch Viehzucht.

Bilbo hatte darüber nur den Kopf geschüttelt und zu einem gewissen Grad konnte Kili sogar verstehen wieso. Ein Zwergenkönigreich wie Erebor brauchte einen Berg an Essen um funktionieren zu können und Bilbo hatte schon Recht damit, dass es sinnvoller war dieses Essen, zumindest soweit es sich einrichten ließ, selbst zu pflanzen oder zu produzieren statt sich allein auf den Handel mit seinen Nachbarn zu verlassen. Erst recht da einer dieser Nachbarn Thranduil hieß und sicher nur zu gerne dabei zugesehen hätte wie die Zwerge über den Winter einer nach dem anderen verhungerten.

Kili hob den Bogen. Sein Ziel hatte sich auf die Lichtung gewagt, die er schon den ganzen Morgen über im Blick hatte. Nun wusste er, was sein Kamerad gemeint hatte. Der Bock sah wirklich so aus als sollte er schleunigst dafür sorgen, dass er keine Nachkommen hervorbrachte. Er sah nicht krank aus, in diesem Fall hätte Kili ihn zwar ebenfalls erlegt, aber nicht zu Bilbo oder Bombur in die Küche gebracht, eher so als sei der Natur als sie ihn geschaffen hatte ein wenig die Hand ausgerutscht.

Kili konnte nicht einmal sagen was genau an diesem Reh so unnormal aussah, doch er würde den Bock nichts desto trotz schießen. Im besten Fall konnte Bofur seine Geschichte verwenden um den Kindern an Bifurs Stand in Thal Angst einzujagen, was aus irgendeinem Grund bei Menschenkindern immer gut ankam, wenn sie dieses oder jenes Spielzeug kaufen wollten.

Noch immer war Gimli der jüngste Zwerg in Erebor und damit der Markt innerhalb des Berges für Bifur und seine Cousins eher unterbesetzt, doch das würde sich sicherlich ändern. Natürlich würde es das. Bilbos Baby würde irgendwann im Frühsommer geboren werden. Darauf hatten sich Bilbo und Oin geeinigt als ersterer erfahren hatte wie lange Zwerge brauchten um ihren seltenen Nachwuchs zur Welt zu bringen nur um dann Oin damit zu schocken wie vergleichswese schnell Hobbits dieselbe Aufgabe bewältigten. Dementsprechend konnte das Baby auch irgendwo dazwischen liegen, doch zumindest gab es keinen Anlass davon auszugehen, dass irgendetwas grandios schief gehen könnte.

Kili atmete aus und ließ den Pfeil von der Sehne schnellen. Der Bock traf den Boden bevor er wusste, dass er zur Beute geworden war. Kili trat dennoch an ihn heran murmelte ein Gebet an Mahal, wie er es jedes Mal tat. wenn er ein Leben nahm und schnitt dem Reh die Kehle durch. Warmes Blut floss über den grünen Waldboden. Kili arbeitete schnell, brach den Bock auf und ließ die Teile mit denen selbst Bombur nichts anfangen konnte zurück für Wölfe, Füchse und Wildschweine, die sich sicher gern an seinem Erfolg beteiligen würden, genau wie die Krähen und wahrscheinlich auch die Ratten, die es in diesem Wald mit Sicherheit ebenfalls gab.

Die Vögel waren verstummt als der Bock zu Boden gegangen war doch nun als Kili seine Beute schulterte und sich auf den Heimweg machte, begannen sie bereits wieder ihr Lied zu singen. Kili pfiff selbst eine kleine Melodie. Er würde den Rest seiner Jagdtruppe am vereinbarten Treffpunkt wiedersehen, die Strecke bestaunen, die sie heute erlegt hatten und sich dann auf den Heimweg machen.

Sie hatten sich erstaunlicherweise nicht so weit von Erebor entfernen müssen, dass es nötig gewesen wäre die Beute noch vor Ort zu verarbeiten, sondern konnten es wagen sie so wie sie war nach Hause zu bringen, wo Bombur und die seinen jedes Bisschen davon verarbeiten würden. Einschließlich der Felle, Sehnen und Hufe. Zwerge mochten keine produktiven Bauern sein, doch auch sie wussten, dass es besser war nichts verkommen zu lassen.

Kilis Jagdgefährten begrüßten ihn mit den üblichen Floskeln und nachdem auch der letzte ihrer Gruppe den Weg zu ihnen gefunden hatten, machten sie sich auf den Heimweg. Erebor stand stolz und stark vor dem tiefblauen Abendhimmel und Kili konnte nicht anders als die Nostalgie des Augenblicks zu genießen, auch wenn er Erebor noch nie zuvor im Frühjahr gesehen hatte, so waren doch die Geschichten, die Thorin und Dwalin erzählten, genug gewesen um eine Vorstellung in seinen Kopf zu zaubern, die nun von der Realität noch um Längen übertroffen wurde.

Kili brachte seine Beute wie die anderen Jäger zu einem der Zwerge aus Bomburs Küchenteam. Danach machte Kili sich auf die Suche nach einem heißen Bad und etwas Sauberem zum Anziehen. Normalerweise war er was das anging nicht allzu pingelig, doch Bilbo bestand darauf, dass nur saubere Zwerge etwas in seinem Nest verloren hatten und Kili legte keinen großen Wert darauf einmal mehr von dem Hobbit vor die Tür gesetzt zu werden, weil er Dreck unter den Fingernägeln hatte. Wobei es ihm Nachhinein betrachtet wohl tatsächlich eine dumme Idee gewesen war direkt vom Schießstand ins Nest wandern zu wollen. Jedenfalls war der eine Vorfall ausreichend, dass Fili ihn deswegen aufzog und seinem Bruder noch mehr Munition zu liefern, darauf konnte Kili dankend verzichten.

Das Bad, in dem Quartier, das er mit seinem Bruder geteilt hatte, während sie sich von ihren Wunden erholten, war am nächsten und außerdem hatte Kili hier auch saubere Wäsche, wobei die meisten seiner Sachen inzwischen in Bilbos Gemächer gewandert waren so wie es den meisten Zwergen in seinem Rudel erging.

Kili fragte sich manchmal ernsthaft wieso sie diese einzelnen Zimmer für jedes Rudelmitglied noch aufrecht erhielten, doch er beschloss, dass es wohl nicht schaden konnte auch einen Raum zu haben, in den er sich zurückziehen konnte, wenn ihm die Gesellschaft der anderen einmal zu viel werden sollten. Was allerdings noch nie der Fall gewesen war.

Im Gegensatz zu Ori, der seinen Freiraum brauchte um zu denken und zu schreiben, blühte Kili nur so richtig auf, wenn er unter Leuten war erst recht unter solchen, die er mochte und die ihn mochten. Noch so eine Veränderung seit sie nach Erebor gekommen waren. Seit er ein waschechter Prinz mit einem richtigen Königreich war, hatte er niemanden mehr gehört, der sich hinter seinem Rücken darüber lustig machte, dass er zu groß und schlank für einen Zwerg war, zu wenig Bart hatte und insgesamt nicht in die Familie passte. Es war fast so als würden ihn die Leute mit anderen Augen sehen jetzt wo er bewiesen hatte, dass er es mit den besten unter ihrem Volk aufnehmen konnte.

Bilbo dagegen gab ihm das Gefühl dazuzugehören auf eine Art wie er es nie zuvor erfahren hatte. Anders als Thorin oder Dis hatte Bilbo keinen Grund ihn zu mögen. Er tat es einfach. Mit diesem Gedanken glitt Kili ins warme Wasser und begann den Dreck seines Jagdausfluges von seiner Haut zu schrubben. Sein Haar musste erst ein wenig durchziehen bevor er auch nur daran denken konnte den Schmutz daraus zu lösen. Einer der Nachteile daran, dass er sich nach wie vor weigerte allzu viele Zöpfe hinein zu flechten, obwohl er inzwischen zumindest seinen Familienzopf und den, der ihn als Held der Schlacht der Fünf Heere auswies an den meisten Tagen trug.

Sicher er hätte auch ein Recht auf den des Bogenschützen, eines Prinzen aus dem Hause Durin und wenn er scharf nachdachte, würden ihm wahrscheinlich noch ein halbes Dutzend anderer einfallen, über die niemand die Nase rümpfen würde, doch er mochte das Gefühl seiner Haare, die über seine Schultern strichen zu sehr, als dass er sie so sehr zähmen wollte. Schließlich hatte er nicht umsonst die Mähne geerbt, die auch Dis und Thorin ihr Eigen nannten. Und dann kam natürlich noch dazu, dass Bilbo es zu genießen schien seine Finger durch Kilis Haar gleiten zu lassen und egal was das über ihn aussagte Kili hätte schmelzen können wie Butter in der Sonne, wenn der Omega sich mit seinem Haar beschäftigte.

Kili wusch den gröbsten Schmutz aus seinen Haaren und stieg dann aus dem kälter werdenden Wasser bevor er anfangen konnte zu frieren. Er trocknete sich ab und wickelte eines der Handtücher um seinen Nacken, so dass sein Haar weiter abtropfen konnte, ohne dass seine frische Tunika gleich den ganzen Rücken hinunter nass wurde. Dann machte er sich auf die Suche nach seinem Bruder, oder Onkel, oder mit etwas Glück würde er Bilbo über den Weg laufen und vielleicht würde der Hobbit ihm die Ehre erweisen sein Haar auszukämmen.

Chapter 22: Kapitel 22

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Kapitel 22

Bilbo blinzelte erstaunt als Kili ihm eine Haarbürste entgegenstreckte und ihn aus großen Hundewelpen Augen heraus anblickte. Dann lächelte er und nahm die Bürste entgegen. Mit etwas, das beinahe schon ein Jubelschrei war, drehte Kili sich herum und ließ sich zu Bilbos Füßen auf dem Teppich vor dem Kamin nieder.

Bilbo kicherte und breitete Kilis Handtuch über seinen Schoß bevor er anfing die feuchten Flechten mit den Fingern zu entwirren. Das war eine langwierige Angelegenheit doch wie immer, wenn er sich um Kilis Haare kümmerte, hatte der junge Prinz kein Problem damit still zu sitzen, was sonst ein Ding der Unmöglichkeit war. Kili lehnte sich zurück und Bilbo kraulte seinen Nacken, während er die nächste widerspenstige Strähne aus dem Kuddelmuddel löste, das der Prinz seine Frisur nannte.

„Wie war die Jagd?“, fragte Bilbo irgendwann. Kili zuckte mit den Schultern.

„Ganz gut. Ich habe den Bock erwischt, von dem Borin mir erzählt hat. Sämtliche Blumen scheinen auf einmal beschlossen zu haben, dass es Zeit ist zu blühen und der Wald fühlt sich irgendwie frischer an.“ Bilbo summte zustimmend.

„Ich hab dir Blumen mitgebracht, aber Ori meinte, dass ich erst fragen sollte, was sie bedeuten bevor ich sie dir schenke und dich am Ende beleidige.“ Kili brach ab, doch Bilbo nickte.

„Wir können sie uns ansehen, sobald ich hiermit fertig bin. Bist du durch Brombeeren gekrochen?“ Bilbo zog einen der typischen Dornen aus den dicken Flechten und legte ihn neben sich aufs Sofa. Wieder zuckte der junge Prinz die Schultern.

„Kann durchaus sein.“

Bilbo schüttelte den Kopf und machte weiter, Kili schloss die Augen und versuchte nicht zu schnurren. Nach einer Weile war Bilbo mit dem Kämmen fertig und fing an zu flechten. Kili öffnete halb die Augen als er das vertraute Ziepen spürte, ließ den Hobbit aber machen, neugierig was er wohl fabrizieren würde.

Bilbo hatte die Zunge in den Mundwinkel geklemmt und versuchte sich an all die Nuancen zu erinnern, die erst Dwalin und später Dori versucht hatten in seinen Kopf zu bekommen. Zumindest waren seine Finge geschickt genug die Muster schnell aufzunehmen, auch wenn er mit mehr als vier Strängen zu flechten noch immer anstrengend fand, so war es doch noch immer befriedigender als die Fischgrätenmuster, die seine Mutter so geliebt hatte und bei denen er stets das Gefühl bekam, dass nichts voran ging. Bilbo stöberte nach einer Haarklammer um sein bisheriges Werk zu befestigen, als Kili eine Hand nach oben reckte und ihm eine Handvoll Perlen reichte, wie die Zwerge sie in ihre Zöpfe zu flechten pflegten.

Bilbo bedankte sich und studierte einmal mehr den Mechanismus, der das kleine Wunderwerk der Technik an Ort und Stelle hielt und war ebenfalls einmal mehr begeistert vom Einfallsreichtum seiner Zwerge, auch wenn er sicher war, dass das Geheimnis um diese feinen Schließen schon seit Generationen von Zwergenmund zu Zwergenohr weitergegeben wurde. Er wählte eine der Perlen aus und machte sich daran den Zopf, für den er sich entschieden hatte auf Kilis anderer Seite zu wiederholen. Mit etwas Glück würde das Ergebnis weitestgehend gleichmäßig werden, doch er gab sich da nicht allzu vielen Illusionen hin.

Es dauerte noch eine ganze Weile bis Bilbo zufrieden war. Kilis Kopf war inzwischen schwer geworden und er atmete so schwer und gleichmäßig als würde er schlafen, wobei der Hobbit davon ausging, dass er nur döste und den Augenblick genoss. Bilbo beendete seinen letzten Zopf und klopfte Kili leicht auf die Schulter um ihm zu signalisieren, dass er fertig war. Der grummelte etwas und schmiegte seine raue Wange in Bilbos Hand. Der lächelte und machte es sich wieder bequem, wobei er manchmal über Kilis Wange streichelte und manchmal die Hand einfach da ließ wo sie war.

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Nach einer Weile öffnete sich die Tür zu Bilbos Kaminzimmer. Der Hobbit verdrehte den Hals um seinen Besucher zu begutachten und stellte fest, dass es Fili war, der in der Tür stand. Offensichtlich mit einer Frage auf den Lippen, die er nicht mehr aussprechen musste, nachdem er seinen Bruder auf Bilbos Kaminvorleger sah. Der Ausdruck in seinen Augen war kaum zu deuten, doch Bilbo hatte das Gefühl, dass er gerne gelacht hätte.

„Willst du dich zu uns gesellen?“, fragte Bilbo nach einer Weile. Fili zuckte zusammen, so als wäre er in seiner ganz eigenen Welt gewesen, dann nickte er und kam zu Bilbo herüber. Ohne dass er darum bitten musste, zog der Zwerg die Stiefel aus und kniete sich neben Bilbo aufs Sofa, drückte einen Kuss auf seine Stirn, wodurch die Zöpfe in seinem Schnurrbart Bilbos Gesicht kitzelten und ließ sich dann neben dem Hobbit nieder, halb über dessen Schulter drapiert, so dass er einen Arm um ihn schlingen konnte und gleichzeitig eine Hand auf den Kopf seines Bruders legen.

Bilbo seufzte wohlig und kuschelte sich an den blonden Zwerg, dessen Körperwärme es ihm ersparte einen Weg zu finden seine Kuscheldecke zu sich herüberzuziehen, ohne Kili zu wecken, der noch immer seine Beine gefangen hielt. Noch waren sie ihm nicht eingeschlafen doch es war nur eine Frage der Zeit. Hoffentlich würde der Bogenschütze jedoch aufwachen bevor Bilbo ernsthaft versuchen musste ihn zu wecken, was sich im Allgemeinen sehr schwierig gestaltete, wenn es nicht gerade um Leben und Tod ging. Fili seufzte.

„Weißt du, was du da in Kilis Haar geflochten hast?“, fragte Fili nach und Bilbo warf hastig noch einen Blick auf sein Werk bevor er vorsichtig nickte. Fili warf ihm einen weiteren dieser unlesbaren Blicke zu, bestand aber nicht darauf, dass Bilbo ihm die Bedeutung übersetzte wie es Dori zweifellos getan hätte.

„Ich will auch welche“, sagte er dann und biss sich gleich darauf auf die Lippen, so als ob die Worte seinen Mund ohne Zustimmung seinerseits verlassen hätten. Bilbo stutzte dann legte er eine Hand in Filis Nacken und zog ihn so zu sich heran, dass sie Stirn an Stirn gelehnt dasitzen konnten.

„Sobald ich die Hände frei habe und halbwegs bequem flechten kann, gerne.“ Sofort breitete sich auf Filis Gesicht ein Ausdruck aus, der Bilbo glauben ließ, dass er seinen Bruder gleich mit einem Fußtritt oder ähnlichem aus dem Weg befördern würde, doch dann nickte Fili nur und kuschelte sich wieder an ihn. Für eine Weile blieben sie so in trauter Eintracht sitzen, bis Bilbo schließlich das Gesicht verzog.

„Mein Fuß schläft ein“, beklagte er sich. Fili nickte und stieß seinen Bruder an, doch der grummelte nur wieder und machte keine Anstalten sich zu bewegen, daraufhin seufzte Fili, stand auf, streckte sich kurz und griff dann kurzerhand nach seinem Bruder, als wäre der ein deutlich leichteres Geschöpf und wuchtete ihn mit einer Bewegung hoch und zur Seite, so dass er ihn unsanft neben Bilbo auf dem Sofa abladen konnte.

Bilbo rechnete damit, dass Kili gleich wild um sich schlagen und schreiend aufwachen würde, doch der jüngere Prinz gab nur ein Grunzen von sich und lehnte sich in seine Richtung. Seine Augen öffneten sich halb, er sah Bilbo, lächelte und schnarchte dann prompt weiter. Bilbo konnte nicht anders als in prustendes Lachen auszubrechen so unwahrscheinlich erschien ihm die Situation. Fili schüttelte nur den Kopf.

„So war er schon immer. Wenn er weiß, dass er sicher ist, kann ihn selbst ein Erdbeben nicht aufwecken.“ Bilbo fühlte eine Welle von Stolz in sich aufbranden, als ich klar wurde, dass Kili sich bei ihm sicher fühlte.

„Na dann komm her. Ich hoffe nur du hast genauso viele Perlen in deinen Taschen wie dein Bruder, ich habe nämlich keine“, fügte er hinzu. Fili schien kurz zu überlegen, dann nickte er und zog ebenfalls wie von Zauberhand eine Handvoll Perlen von irgendwo aus seiner Kleidung und präsentierte sie Bilbo bevor er die Position einnahm aus der er seinen Bruder grade verdrängt hatte.

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Fili schloss genießerisch die Augen. Bilbos Finger in seinem Haar fühlten sich einfach unglaublich an und der latente Anflug von Eifersucht, den er empfunden hatte seit er seinen Bruder mit dem Kopf in Bilbos Schoß vorgefunden hatte, legte sich. Es hatte eine beinahe schon meditative Eigenschaft sich von Bilbo verwöhnen zu lassen.

Der Hobbit war sich dessen vermutlich nicht bewusst doch er summte während er Filis Haare durkämmte vor sich hin. Die Melodie war ebenfalls beruhigend und seltsam vertraut, obwohl Fili nicht sicher sagen konnte woher.

Nachdem Bilbo zufrieden damit war wie sich die goldenen Flechten über seine Knie breiteten, fing er an zu flechten. Fili entspannte sich, obwohl er nebenbei versuchte zu erahnen welche Zöpfe Bilbo für ihn wählen würde. Was er in Kilis Haar verflochten hatte, sagte jedem Zwerg, dass Kili ihm gehörte, dass er ein Held vieler Schlachten, ein Meister mit dem Bogen, ein Prinz aus Durins Haus und geliebtes Mitglied seiner Familie war, außerdem trug er eine Perle, die Bilbos Rudelwappen zeigte, das der Hobbit mit Oris Hilfe selbst entworfen hatte und das im rechten Licht auch ein wenig aussah als hätte Thorin seine Finger im Spiel gehabt.

Nach einer Weile wechselte Bilbo von einer Seite auf die Andere. Fili legte den Kopf ein wenig schräger um dem Omega die Arbeit zu erleichtern. Im Gegensatz zu seinem Bruder jedoch schlief er nicht ein, während er Bilbos Finger in seinem Haar spürte, sondern kostete jeden Moment aus, den er die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Omegas genießen konnte. Bilbo schien es ebenso zu gehen. Wieder eine Weile später klopfte Bilbo ihm auf die Schulter. Fili setzte sich auf und zog einen der Zöpfe über seine Schulter nach vorne, soweit er sehen konnte, war die Arbeit, die Bilbo an ihm geleistet hatte genauso gut wie das was er über Kili gesagt hatte.

„Danke“, murmelte Fili und stemmte sich hoch. Dann schlang er unvermittelt die Arme um den überraschten Hobbit, der die Umarmung nach einem Herzschlag erwiderte und den Kopf in seinem Nacken vergrub.

„Jederzeit“, murmelte er und Fili fühlte sich als würde er gleich zu schweben anfangen. Es war seltsam, wie viel ihm diese Versicherung bedeutete.

„Ist schon gut, Fili“, murmelte Bilbo wenig später und klopfte auf den Platz neben sich. Fili setzte sich hin und schmiegte sich wie sein Bruder an die Schulter des Hobbits. Der summte weiter und schließlich konnte sich auch Fili der hypnotischen Wirkung nicht länger entziehen.

Als er später am Abend die Augen aufschlug, war Bilbo in ein angeregtes Gespräch mit Dori vertieft, der irgendwann im Laufe der Zeit zu ihnen gestoßen sein musste. Eine dampfende Kanne Tee stand auf dem Beistelltisch neben dem Sofa an Kilis Ende, was Fili sagte, dass es noch nicht zu lange her sein konnte, dass der Weber aufgetaucht war. Dori schenkte ihm ein Lächeln, das Fili sehr an seine Mutter erinnerte, wann immer Dis ihn oder Kili bei etwas überraschte, dass die beiden als kleine Kinder getan hatten und was nun die Nostalgie in ihrem mütterlichen Herzen weckte.

Es war merkwürdig diesen Ausdruck auf dem Gesicht eines anderen Zwerges zu sehen, doch gleichzeitig fühlte sich Fili dadurch seltsam willkommen. Er hatte an sich nicht viele Berührungspunkte mit den Gebrüdern Ri. Hatte sie nicht einmal gut gekannt bis sie zusammen zu ihrem großen Abenteuer aufgebrochen waren. Über die Dauer der Reise hatte er sich zwar gut mit dem scheuen Ori angefreundet, der einfach ein herzensguter Zwerg war, den man einfach mögen musste, doch mit dem undurchschaubaren Nori, der seine Zeit lieber damit verbrachte andere zu beobachten statt sich zu unterhalten, oder Dwalin aufwiegelte bis der Krieger genug hatte und ihn auf den nächsten Baum jagte wie eine Katze, die einen Jagdhund nicht in Frieden lassen konnte und dem manierlichen und gesetzt wirkenden Dori, der trotz seiner enormen Stärke eher mit Bilbo auf einer Wellenlänge war was Etikette und Tee anging, war Fili nie so recht warm geworden. Etwas das ihm im Nachhinein als sehr bedauerlich erschien, da schließlich die gesamte Gemeinschaft von Thorin Eichenschild inzwischen ein Rudel waren und zusammenhalten sollte.

„Guten Tag“, grüßte er den älteren Beta respektvoll und erntete dafür ein wohlwollendes Lächeln.

„Eher schon Guten Abend. Auch ein Tässchen?“ Fili machte sich nicht allzu viel aus Tee, doch er nickte dennoch. Dori schenkte ihm eine Tasse ein und reichte sie ihm über Bilbo hinweg, der an seinem eigenen Tee nippte und es dabei weiterhin verstand Kili nicht aus seinem wohlverdienten Schlaf zu wecken.

„Ori hat mir erzählt, dass Thorin dich inzwischen Ratssitzungen leiten lässt?“ Fili lief rot an. Es war nicht so, dass das in Erebor im Moment eine große Aufgabe war, schließlich waren die meisten der schwierigeren Adeligen weiterhin in den blauen Bergen und weigerten sich die weite Reise auf sich zu nehmen, bevor Erebor nicht in der Lage war ihnen den Komfort zu bieten, den sie gewohnt waren und erwarteten, und dennoch hatte er sich gefreut wie ein Honigkuchenpferd, als Thorin ihm vorgeschlagen hatte einige der Sitzungen zu übernehmen. Das mochte nur ein Teil des Weges sein um aus ihm einen würdigen Thronfolger zu machen, doch Fili genoss das Vertrauen, das sein Onkel in ihn setzte, ohne dass der Druck, der auf ihm lastete zu groß geworden wäre, etwas das Kili nicht verstehen konnte so oft er auch versuchte es seinem kleinen Bruder zu erklären.

Dem lief es bei dem Gedanken eine Ratssitzung leiten zu müssen nur kalt den Rücken herunter. Was wiederum Fili nicht verstehen konnte, doch so war eben jeder Zwerg anders und es war offenbar gut, dass nicht Kili derjenige war, der lernen musste stundenlang diplomatisch zu bleiben, wobei auch Thorin da hin und wieder an seine Grenzen kam. So wie der große Steintisch im Ratssaal aussah, war er da allerdings nicht der erste Zwergenherrscher mit dieser speziellen Schwäche, denn die Dellen und Scharten in der Tischplatte sprachen von einem Leben voller Streithämmer und Schwerter schon bevor Smaug gekommen war, der an der schmucklosen Kammer wie es schien nicht das geringste Interesse gehabt hatte.

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Bilbo steckte die Nase in den Strauß Wildblumen, den Kili ihm gepflückt hatte, und den er selbst handverlesen hatte um alles beiseite zu legen, das Bedeutungen hatte, die dem jungen Jäger nicht gefallen hatten. Bilbo hätte den Strauß gerne für immer auf seinem Küchentisch stehen gehabt, doch leider würden die gepflückten Blumen auch mit bester Pflege nicht allzu lange in ihrer Blumenvase überleben. Dann hatte er überlegt eine Krone aus ihnen zu flechten, doch dafür war ein Großteil der Stiele einfach nicht geeignet. So begnügte der Hobbit sich damit, sich an dem frischen Grün zu erfreuen solange er konnte und bei jeder Gelegenheit die Nase in die Blüten zu stecken, auch wenn er deswegen von Nori schon aufgezogen worden war, weil er sich wie eine Hummel benahm, die wankend von Blume zu Blume flog und sich an den süßen Düften berauschte. Bilbo war nahe daran gewesen dem Zwerg die Zunge herauszustrecken, doch das war ihm dann doch zu albern erschienen.

Noch keiner der anderen Zwerge hatte ihm je Blumen geschenkt, es sei denn man zählte Bifurs eigentümliche Art seinen Salat mit Bilbo zu teilen. Kili war jedoch ganz fasziniert davon gewesen wie viele verschiedene Dinge Bilbo mit den wenigen Blumen ausdrücken konnte, die er auf seinem Bett gesammelt hatte. Das sich ihre Bedeutung änderte je nachdem von wem und für wen sie bestimmt waren und welche Farbe die Schleife hatte, die das Bouquet zusammenhielt, ganz abgesehen davon, dass gewisse Zahlen, wie etwa ein Dutzend Blüten etwas ganz anderes hießen, als nur eine einzelne derselben Art.

Nachdem Bilbo einige Zeit darüber referiert hatte, hatte Kili mit den ganz ähnlichen Bedeutungen von unzähligen Schmucksteinen geantwortet, die ebenfalls unglaublich viel auszudrücken in der Lage waren, wenn man sich nur ein bisschen darauf einließ.

Bilbo war fasziniert gewesen doch Kili behauptete steif und fest, dass er kein Experte war und Bilbo sich für eine richtige Lehrstunde besser an Thorin oder Gloin wandte. Das stand inzwischen auf Bilbos Liste, doch er bezweifelte, dass er in den nächsten Tagen dazu kommen würde, nicht jetzt wo er alle Hände voll damit hatte seine Zwerge so zu organisieren, dass sie den Boden für die erste Saat in Erebor seit knapp einem Jahrhundert bereiten konnten. Und das ganze unter der erschwerten Bedingung, dass keiner der Zwerge gerne sah, wenn Bilbo einen Fuß aus dem Berg setzte.

Abgesehen von der Mauer über dem Tor, von wo aus Bilbo beharrlich jeden Tag Luft und Sonne schnupperte und dem kleinen Garten, mit dem Thorin versuchte sein gesträubtes Nackenfell zu glätten. Doch die Felder zu Füßen des Berges waren nach Meinung sämtlicher Zwerge viel zu schlecht gesichert um einen schwangeren Omega dem Unbill des Wetters auszusetzen.

Bilbo hatte darüber nur die Augen verdreht, doch er fügte sich für den Moment. Sobald das Kleine auf der Welt war, würde er allerdings nicht mehr verhandeln. Junge Hobbits brauchten Erde unter den Füßen, Wind in den Locken und grünes um zu gedeihen. Dabei war ihm herzlich egal, dass junge Zwerge offenbar unter Tage geboren wurden und in den allermeisten Fällen den Himmel erst zu sehen bekamen, wenn sie bereits laufen konnten. Sein Baby war zumindest zum Teil ein Hobbit und wo es einem jungen Zwerg nicht schaden würde unter freiem Himmel zu leben, da würde ein Hobbitkind ohne frische Luft schlicht und ergreifend eingehen wie eine Pflanze ohne Licht.

Bilbo riss sich von seinen Blumen los und watschelte hinüber zu seinem Schreibtisch. Inzwischen behinderte ihn sein Bauch ein wenig bei den seltsamsten Dingen. Letztens hatte er sich zu tief in seinen Sessel gekuschelt und war beinahe nicht mehr hochgekommen, doch er wusste, dass es immer noch einige Zeit hin war, bis das Kleine den Weg nach draußen suchen würde. Sogar noch länger, wenn es eher Zwerg als Hobbit sein sollte, doch allein der Gedanke solange schwanger zu sein, wie es unter Zwergen üblich war, erschreckte Bilbo zutiefst.

Gleichermaßen war Oin erschrocken, als Bilbo ihn darauf hingewiesen hatte, dass Mehrlingsschwangerschaften unter Hobbits keine Seltenheit waren und Geschwisterkinder oft mit nur knapp einem Jahr Abstand zueinander geboren wurden. Der Zwergenheiler hatte ausgesehen als würde er gleich in Ohnmacht fallen, doch er hatte sich zusammengerissen und Bilbo angewiesen diese Information für sich zu behalten, solange sie nicht relevant war.

Bilbo schob seine Papiere zur Seite und zog das Buch hervor, das er für seinen nächsten Tagespunkt brauchen würde. Er wartete nur noch auf seinen Schüler, obwohl Gimli alles andere als begeistert davon war, dass er mit Bilbo zurückbleiben würde, während so viele der Zwerge sich auf den Weg in die Felder machten, doch die sanfte Bestechung, dass er schließlich Bilbos Leibwächter sein würde, hatte dann doch gezogen.

Bilbo selbst mochte den jungen Zwerg gern, obwohl er immer noch nicht ganz einschätzen konnte wie jung Gimli nun wirklich war. Er wusste zwar, dass er etwa ein Jahrzehnt jünger war als Fili und Kili, doch machte ihn das zu einem älteren Tweenager oder eher zu einem jungen Erwachsenen? Auch was die beiden Prinzen anging, hatte Bilbo da immer wieder das Gefühl im Dunkeln zu tappen, obwohl zumindest Fili sich bereits als Alpha präsentierte und damit zumindest in Hobbitaugen als Erwachsen galt. Bei Kili jedoch war sich Bilbo nach wie vor nicht ganz sicher in welche Richtung seine Biologie ihn kippen würde, und ob er mit dieser Entscheidung dann auch einverstanden wäre, stand ohnehin auf einem anderen Blatt, doch wie Bilbo aus seinen Gesprächen mit Ori wusste, waren Zwerge was das anging ein wenig anders gestrickt als Hobbits.

Die gestatteten zumindest nach außen hin jedem erwachsenen Hobbit sich selbst zu entscheiden, ob er sich nun als Alpha, Beta oder Omega betrachtete, auch wenn die Dinge hinter verschlossen Türen und vor allem bei Einzelkindern wie ihm ganz anders aussahen. Zwerge dagegen schienen allein schon das Konzept sich selbst zu entscheiden als was sie sich präsentieren wollten für völlig an den Haaren herbeigezogen zu sehen. Auch da würde Bilbo wohl noch eine Menge Diskussionen führen bis sein eigener Kiesel erwachsen sein würde.

Chapter 23: Kapitel 23

Chapter Text

Kapitel 23

Gimli war nicht unbedingt begeistert davon, dass er nicht wie alle anderen mitarbeiten durfte, auch wenn ihn unter normalen Umständen keine zehn Pferde auf ein Feld bekommen hätten, doch allein die Tatsache, dass alle anderen etwas taten, was allgemein als wichtig für das Überleben von Erebor anerkannt wurde, auch wenn es längst nicht so glamourös war wie das Erschlagen eines Drachen, während er zurückbleiben musste, machte Gimli ärgerlich.

So war es auch schon gewesen als sein Vater sich aufmachte Erebor zurückzuerobern, ihm aber befahl zu Hause bei seiner Mutter zu bleiben. Sicher Gimli hatte sich einreden können, dass sein Vater nur nicht wollte, dass seine Mutter allein zurückblieb und jemanden an ihrer Seite brauchte, der sie beschützte, doch da er seine Mutter kannte und ihm klar war, dass sie ihm Zweifelsfall ein ebenso würdiger Gegner wie Lady Dis selbst war, funktionierte diese Selbsttäuschung nur bedingt. Um nicht zu sagen gar nicht.

Dasselbe galt für die aktuelle Lage. Thorin und Gloin hatten ihm beide versichert, dass er zu Bilbos Schutz im Berg bleiben musste, auch wenn Gimli einfach nicht klar war, wovor der Hobbit beschützt werden musste. Soweit er das beurteilen konnte, war der Omega heißgeliebt und nicht in Gefahr es sei denn er stolperte über seine eigenen übergroßen Füße, doch es stand ihm nicht zu, seinen Vater, oder noch schlimmer seinen König, zu kritisieren. Auch wenn er es nur zu gerne getan hätte, ihm war doch klar, dass niemand ihn für voll nehmen würde, bevor er nicht endlich seinen fünfundsechzigsten Geburtstag gefeiert hatte, doch dieser Tag lag leider noch in unendlicher Ferne, zumindest kam es ihm so vor.

Normalerweise genoss er seine Geschichtsstunden mit Bilbo, der jedem Thema, das er sich in den Kopf setzte, Leben einhauchen konnte, auch wenn er natürlich weit hinter jeder Waffenlektion zurückstand, die Gimli je gehabt hatte, doch was heute auf seinem Stundenplan stand, war Elbisch und was das anging, hatte Gimli nun einmal gar keine Ambitionen. Nicht nur, dass er grundsätzlich nicht besonders sprachbegabt war, etwas das die wenigsten Zwerge von sich behaupten konnten, er sah auch nicht ein weswegen er ausgerechnet Elbisch lernen sollte. Er hatte bisher noch nie mit Elben zu tun gehabt und würde das vermutlich auch nie. Die Geschichten, die er über die hochnäsigen Erstgeborenen gehört hatte, reichten ihm vielmals, auch wenn sich der Ton, den die Gemeinschaft von Thorin Eichenschild anschlug, wenn es um die Hochelben von Bruchtal ging, verändert hatte.

Das war auch so etwas Merkwürdiges. Das Elben sich einteilten in verschiedene Klassen, so als sei ein Elbenvolk mehr wert als das andere. Sicher auch die Zwerge konnten stets rezitieren von welchem der sieben Stammväter ihre Linie herrührte, doch abgesehen von den Königen aus Durins Linie waren sie nicht besser oder schlechter als der nächste Zwerg.

Seufzend klopfte Gimli an Bilbos Tür und wartete darauf, dass der Omega ihn hereinbat. Normalerweise musste er nicht lange warten und Bilbo hatte ihm mehrfach die Erlaubnis erteilt einfach ohne zu klopfen hereinzukommen, doch seine Mutter bestand darauf, dass er sich nicht einfach selbst Zutritt zu einem Gemach verschaffte, in dem er ihrer Meinung nach ohnehin nichts verloren hatte.

Die stille Rivalität, die seine Mutter Bilbo gegenüber ausstrahlte, war für Gimli weiterhin ein Rätsel, vor allem da er ziemlich sicher war, dass der Hobbit keinerlei Ambitionen hegte die Beziehung seiner Eltern zu sabotieren. Bisher hatte er nicht einmal darauf bestanden, dass Gloin Zeit mit ihm verbrachte, wenn es sich nicht gerade ohnehin ergab und dann waren Gimli und Mila meist mit von der Partie und Gimli hätte nicht behaupten können, dass zu diesen Gelegenheiten irgendetwas vor sich gegangen wäre was nicht der Norm entsprach, doch seine Mutter führte sich weiterhin so auf als wäre die Welt untergegangen, weil Gloin sich Bilbos Rudel angeschlossen hatte, auch wenn sie selbst inzwischen das gleiche getan hatte. Gimli konnte darüber nur den Kopf schütteln und im Stillen den Entschluss treffen sich niemals auf derlei Unsinn einzulassen.

„Herein“, ertönte Bilbos Stimme und Gimli öffnete die Tür, streifte seine Stiefel ab und betrat dann die große Wohnküche, in der Bilbo ihn mit einer Tasse Tee und selbstgebackenen Leckerbissen erwartete. Auch wenn der Unterrichtsstoff so gar nicht Gimlis Idealen entsprach, die Verpflegung war einwandfrei. Er setzte sich, nahm mit einem gemurmelten Dank die Tasse entgegen, auch wenn er sich nichts aus Tee machte und stürzte sich dann wie ein ausgehungerter Wolf auf die Gebäckstücke.

Bilbo lächelte ihm zu und nippte an seinem eigenen Tee, eine Hand auf seinem prallen Bauch, der aussah als wollte er jede Minute platzen. Gimli war nie zuvor einem schwangeren Wesen so nahe gewesen und es juckte ihn in den Fingern Bilbo zu fragen, ob er einmal fühlen dürfte, doch er wusste, dass seine Mutter auf der Stelle der Schlag treffen würde, wenn er sich solche Freizügigkeiten herausnahm und vermutlich würde er dann sein Zimmer nicht mehr verlassen bis er endlich in der Lage war eigene Entscheidungen zu treffen.

Wobei seine Mutter daran nicht alleine schuld war, auch Gloin war überbehütend was ihn anging. Erschwerend kam hinzu, dass Gimlis Interessen leider nicht mit Gloins übereinstimmten, er war nicht fürs Geld zählen gemacht, er wollte mit den Händen arbeiten, auch wenn er seine Kunst noch nicht gefunden hatte. Er hoffte sehr, dass sich das in Erebor ändern würde, wo es vielleicht mehr Gelegenheit geben würde etwas auszuprobieren, zu scheitern und etwas anderes zu versuchen, wenn nicht jeder Fehlschlag das Aus für seine Familie bedeuten konnte. Gimli leckte sich die Krümmel von den Fingern.

„Satt fürs erste?“, fragte Bilbo mit einem Funkeln in den Augen, das Gimli nicht so recht deuten konnte. Er nickte, wohlwissend, dass Bilbo seinen Unterricht nicht auf unbestimmte Zeit verschieben würde, auch wenn er stets für weitere Pausen zu haben war, wenn sie erst einmal ein wenig geleistet hatten.

„Wunderbar.“ Bilbo klatschte in die Hände, kam auf die Füße und begann das gebrauchte Geschirr abzuräumen. Nach einem Moment sprang GImli auf und ging ihm zur Hand, was ihm ein Schulterklopfen und einen gemurmelten Dank einbrachte, der es ihm ganz warm ums Herz werden ließ.

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Bilbo genoss es Zeit mit seinen neuesten Rudelgefährten zu verbringen. Besonders mit Gimli. Was allerdings eher daran lag, dass Mila hinter jeder seiner Gesten eine versteckte Bedeutung vermutete, die es schlicht nicht gab, was Bilbo auf die Palme trieb, was wiederum den Rest seines Rudels nervös machte, eine Kombination, die man besser vermeiden sollte.

Mit Gimli allein jedoch kam sich Bilbo vor, wie wenn seine jüngeren Cousins ihn überfielen und um eine Geschichte nach der anderen anbettelten, auch wenn der junge Zwerg natürlich niemals gebettelt hätte. Seine großen Augen jedoch, wenn Bilbo ins Erzählen kam, waren die gleichen, die er schon so oft gesehen hatte. Der einzige Unterschied bestand darin, dass Gimli große Taten, blutige Schlachten und heldenhafte Missionen bevorzugte, wo Bilbos Neffen auch mit einer schlauen Wendung, holden Prinzessinnen und einem Festmahl am Ende der Geschichte glücklich waren.

Balin hatte beschlossen, dass Bilbo aktiv an der Ausbildung der jüngeren Zwerge Teil haben sollte, konnte er ihnen doch eine ganz andere Kultur nahebringen als die, die sie gewöhnt waren und noch dazu eine mit der sie vertraut sein mussten, wenn sie mit Erebors Herrscherrudel im Einklang bleiben wollten. Auch so etwas, an das sich Bilbo nur schwer gewöhnen konnte. Mit einem Mal war er derjenige, der den Ton angab und die anderen hatten zu kuschen. Reputation hin oder her, so war es in Hobbingen nie gewesen. Zwar mochten die Beutlins von Beutelsend den gesellschaftlichen Ton angeben, doch alles in einem gewissen Rahmen, der schon durch Belladonna Tuk mehr als ein wenig gedehnt worden war und den man nicht überstrapazieren durfte es sei denn man wollte enden wie die Sackheim-Beutlins, die sich den Platz an der Seite ihrer Cousins mit jeder Generation mehr erkämpfen mussten, wobei Lobelia in dieser Richtung eher ein Schritt zurück als vorwärts war, doch das konnte auch durch Bilbos persönliche Meinung von ihr beeinflusst sein, die alles andere als positiv war.

„Wir wollen uns heute mit den Königen von Gondor befassen.“ Gimli stöhnte theatralisch. Bilbo runzelte die Stirn und wartete, bis sein Schüler sich in sein Schicksal gefügt hatte. Was allerdings länger dauerte als gewöhnlich, denn Gimli hakte nach.

„Wieso sollte ich mich für sowas interessieren. Ich bin sicher kein Zwerg in diesem Berg könnte die Linie der Könige der Menschen rezitieren. Das braucht doch keiner.“ Bilbo seufzte.

„Aber du könntest mir wahrscheinlich die Könige von Erebor, angefangen bei Durin selbst, aufzählen?“ Gimli öffnete schon den Mund um lauthals zuzustimmen, dann entschied er sich doch anders, runzelte die Stirn und legte den Kopf schief.

„Vielleicht. Aber wahrscheinlich nicht fehlerfrei und ich will dir nichts beibringen, was doch nicht stimmt, Balin würde mit das nicht verzeihen.“ Bilbo lächelte mild.

„Und sagen wir es gäbe einen diplomatischen Gesandten aus einem Reich der Menschen, der aus irgendeinem Grund Erebor besucht und er würde versuchen dich damit zu beeindrucken, dass er bereits wüsste welche Zwergenherrscher vor den Thoren Erebors Wache halten, wer vor ihnen kam, wer nach ihnen und wie sie alle untereinander verwandt waren, würde dich das beeindrucken, oder abschrecken.“ Wieder öffnete Gimli sofort den Mund, wahrscheinlich um zu bestreiten, dass es je einen Menschen gegeben hatte, der die Könige von Erebor fehlerfrei aufzählen konnte, doch wieder hielt er inne.

So war das nicht von Anfang an gewesen, zu Beginn ihrer gemeinsamen Lektionen hatte Gimli alles ausgesprochen, was ihm durch den Sinn kam, was Bilbo dazu veranlasst hatte seine schwächeren Argumente regelrecht in der Luft zu zerfetzen, was inzwischen dazu geführt hatte, dass Gimli nachdachte bevor er sprach. Ein großer Erfolg soweit es Bilbo betraf, denn die meisten Zwerge neigten seiner Erfahrung nach dazu bei jeder Kleinigkeit in die Luft zu gehen und an Dingen bis in alle Ewigkeit festzuhalten, die sie als Beleidigung empfanden.

„Wahrscheinlich wäre ich beeindruckt und ein wenig beschämt, dass ein Außenseiter mehr über meine Vorfahren weiß als ich.“ Bilbo nahm Gimlis Antwort nickend zur Kenntnis.

„Und sagen wir derselbe Mensch hätte nun ein Anliegen, würde etwas von dir wollen, hätte er bessere oder schlechtere Chancen als einer, dem die Kultur und Geschichte von Durins Volk gleich sind.“ Diesmal dachte Gimli gleich mit schief gelegtem Kopf nach.

„Ich weiß es nicht“, gestand er dann. Nun war es an Bilbo die Stirn zu runzeln.

„Was davon? Lass mich an deinen Gedanken teilhaben.“ Gimli biss sich auf die Lippe und lief ein wenig rot an.

„Wahrscheinlich käme es immer noch darauf an, was genau der Mensch von mir will und wie er sein Wissen mit mir teilt. Wenn er ein Angeber wäre, so wie Fili das manchmal ist, wenn es um Schwerter geht, dann würde ich ihm schon aus Prinzip nicht helfen wollen, doch das hat weniger mit dem zu tun, was du eigentlich gefragt hast.“

Bilbo nickte und machte ein aufmunterndes Geräusch. Gimli hatte einen klugen Kopf auf seinen Schultern und ihm fehlte noch weitestgehend der Hass auf fremde Völker den die Zwerge ab einem gewissen Alter alle zur Schau stellten.

„Andererseits wäre ich wahrscheinlich eher geneigt jemandem zu helfen, der sich für mich und meine Kultur interessiert als jemandem dem all das egal ist, aber auch das ist wiederum von der Situation abhängig und ich will jetzt nicht pauschal ja oder nein sagen.“

Bilbo grinste in sich hinein. Wenn das nicht der geborene Diplomat war. Nun musste er Gimli nur noch beibringen all das in hübschere Worte zu kleiden und die Sache war geritzt. Gleichzeitig Ja und Nein zu sagen, mochte eine Eigenschaft der Elben sein, doch sie war auch Bilbo immer wieder in seinem Leben von Nutzen gewesen und wenn er Gimli nur ein klein wenig von dem mitgeben konnte, was sein Leben geprägt hatte, dann war schon viel gewonnen.

„Jetzt sieh die Sache von der anderen Seite. Stell dir vor du bist der Gesandte an einem Hof der Menschen. Niemand würde von dir erwarten die Geschichte ihrer Häuser zu kennen, doch wenn einer von ihnen stolz darauf ist um sieben oder acht Ecken mit einem der alten Könige von Gondor verwandt zu sein, dann kann es kein Fehler sein, wenn du zumindest grob weißt von wem er spricht.“ Gimli runzelte die Stirn doch schließlich gab er nach und Bilbo kam dazu die lange Liste, die er fest zusammengerollt vor sich liegen hatte auszurollen und zu beginnen dem jungen Zwerg die Könige von Gondor einzubläuen.

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Als Gloins Füße ihn nach einem langen Tag voll ungewohnter Feldarbeit zurück in den Berg führten, empfing ihn und die anderen Zwerge von Thorins Rudel ein himmlischer Geruch aus Bilbos Küche. Gloin hatte eigentlich nur bei dem Hobbit Station machen wollen um Gimli zu sagen, dass er seine Pflicht erfüllt hatte und nach Hause gehen konnte, doch nun war er hin und hergerissen, denn das was da die Luft schwängerte, war einmalig wie er wusste. Man konnte über Hobbits sagen was man wollte doch vom Kochen verstand niemand in Mittelerde mehr und das galt doppelt für einen Hobbit, der für seine Liebsten kochte.

„Herein, herein“, rief Bilbo nur und Gloin wurde mit den anderen hineingeschwemmt in eine Küche, die vor Essen aus allen Nähten platzte. Gloin lief das Wasser im Mund zusammen, doch er fühlte auch einen Stich als ihm klar wurde, dass Mila bereits früher nach Hause gegangen war und sicher auf ihn wartete.

„Vater, sieh nur. Bilbo hat mir beigebracht Pasteten zu backen.“ Gloin wurde aus seinen Gedanken gerissen als Gimli vor ihm auftauchte und mit einem breiten Grinsen auf ein Tablett zeigte, das vor goldgelbgebackenen Gebäckstücken nur so strotzte. Gloin leckte sich die Lippen.

„Lauf und hol deine Mutter. Sie sollte das hier sehen.“ Gimli strahlte förmlich vor Glück und machte sich gleich daran die Anweisungen zu befolgen, nicht ohne jedoch Bilbo noch einmal zu bitten ein wachsames Auge auf seine Pasteten zu haben. Der Hobbit nickte nur und schlug Nori mit einem Kochlöffel auf die Finger als der sich gerade bedienen wollte. Der Zwerg japste vermutlich mehr vor Schreck als Schmerz, doch Bilbo hatte seinen Punkt klar gemacht.

Er scheuchte die versammelten Zwerge erst sich die Hände zu waschen, dann platzierte er sie rund um den großen Esstisch, der in seiner Küche Platz gefunden hatte. Strich hier über Haare, klopfte dort eine Schulter, erkundigte sich zwischendurch wie der Tag gewesen war und servierte wie nebenbei einen Teller seiner Köstlichkeiten nach dem anderen.

Gloin fand sich zwischen seinem Bruder und einem leeren Stuhl wieder. Bilbo schenkte ihm ein Lächeln gefolgt von einem Humpen Bier und einem Teller dicker Pilzsuppe, die noch dampfte und in der kleine Stücke von etwas schwammen, was eindeutig tierischen Ursprungs war. Ein Kompromiss, den Bilbo bei vielen Gerichten zu machen gelernt hatte, da Zwerge grundsätzlich Fleisch jedem Grünzeug vorzogen. Von Bifur einmal abgesehen, der gerne auch mal die grüne Tischdeko mitverspeiste, wenn niemand ihn im Auge behielt.

Zu der Suppe reichte Bilbo einen Korb voll kleiner duftiger Brötchen herum. Noch bevor der erste Zwerg seinen Löffel schwingen konnte, ging die Tür auf und Gimli zog seine Mutter hinter sich hinein in die Hobbitküche.

Mila sah ein wenig so aus als wäre sie lieber woanders, doch als Bilbo sie zu dem Stuhl neben Gloin führte und ihr ebenfalls eine Portion der köstlichen Suppe servierte, währenddessen er ununterbrochen darüber schwärmte was Gimli ihm für eine große Hilfe in der Küche gewesen war, wo doch seine Talente sonst eher an der Waffe und in der Diplomatie lagen, wurden ihre Gesichtszüge etwas entspannter.

Gloin konnte gar nicht anders als seinen Sohn voll Stolz anzulächeln. Nicht das Bilbo mit den Komplimenten gegeizt hätte doch es war durchaus etwas anderes, ob der Hobbit seinen Sohn lobte während nur sie beide sich unterhielten, oder ob er ihn vor aller Ohren einen meisterhaften Helfer in seiner Küche nannte, ein Titel den selbst Bombur sich erst hatte erarbeiten müssen und den viele der Zwerge nie erreichen würden.

So war Thorin zum Beispiel in Bilbos Küche nicht erlaubt, solange etwas Essbares vorhanden war, das der Monarch ruinieren konnte, da Bilbo offenbar zu dem Schluss gekommen war, dass Thorin sogar Wasser anbrennen lassen konnte. Eine Meisterleistung, für die er von seinen Neffen offen bewundert wurde, die ihm aber reichlich gut gemeinten Spott vom Rest seines Rudels eingebracht hatte, was erst aufgehört hatte, als Bilbo Dwalin ebenfalls aus seiner Küche verbannte, weil der große Krieger offenbar so viel genascht hatte, dass nichts mehr für das eigentliche Gericht übriggeblieben war.

Nachdem die Suppe gelöffelt und abgeräumt war, tischte Bilbo mit Gimlis Hilfe seinen Hauptgang auf, der eindeutig auf Kilis Jagdkonto ging. Mit den unzähligen Teilen des Rehs, die Bilbo allesamt verwertet hatte, hatte er eine Reihe von Braten, Eintöpfen und Pasteten gezaubert, die selbst die ausgehungerte Schar Zwerge befriedigen konnte.

Gloin verdrehte genießerisch die Augen als er in eine der Pasteten biss, die Gimli gebacken hatte. Sie waren perfekt, vermutlich hatte Bilbo geholfen, doch etwas daran schmeckte allein schon dadurch anders, dass Gloin wusste, dass sein Sohn sich alle Mühe gegeben hatte in einem Handwerk, das er nie zuvor ausprobiert hatte sein Bestes zu geben. Es war in seinen Augen nicht wichtig auf allen Gebieten gut zu sein, solange man immer sein Bestes gab und allem eine Chance einräumte, war es in Ordnung.

Er hoffte zwar inständig, dass Gimli seine Berufung nicht in der Küche fand, doch andererseits gab es schlimmere Künste, die ein Zwerg sein Eigen nennen konnte und diese hier brachte zumindest wohlschmeckende Pasteten auf den Tisch.

Bilbo hob einmal mehr hervor, dass Gimli die Pasteten nach seinem Rezept ganz alleine bewerkstelligt hatte und der junge Zwerg schien vor Glück schier zu schweben. Gloin prostete ihm über den Tisch hinweg zu und nahm widerwillig eine Portion Gemüse auf seinen Teller, die Bilbo mit strenger Miene jedem einzelnen Zwerg verpasste, sogar Ori, der aussah als würde er gleich anfangen zu weinen, wenn nur eine weitere Erbse auf seinem Teller landete, doch Dori an seiner Seite hielt ihn im Zaum. Was gut so war, denn einen Moment später versprach Bilbo jedem Zwerg der sein Gemüse aufaß eine Portion von seine Fruchtauflauf. Gloin der den Nachtisch schon früher gekostet hatte, konnte gar nicht schnell genug damit sein seinen Teller zu leeren und dem Hobbit ein hoffnungsvolles Lächeln zukommen zu lassen.

Chapter 24: Kapitel 24

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Kapitel 24

Bilbo saß in seinem Nest und versuchte die Tränen unter Kontrolle zu bringen. Bisher ohne Erfolg. Das Kleine schien zu merken, dass seine Mutter völlig von der Rolle war und trat so heftig um sich wie selten zuvor. Bilbo tätschelte seinen eigenen Bauch halbherzig, murmelte: „Nana“, und weinte weiter.

Er hatte gewusst, dass man die Neuigkeiten aus seinem Leben im Auenland nicht gut aufnehmen würde, doch die Nachrichten, die Gandalf gebracht hatte, waren niederschmetternd selbst bei Bibos niedrig geschraubten Hoffnungen. Er war für tot erklärt worden, nachdem er nicht wieder aufgetaucht war und, soweit Gandalf das beurteilen konnte, auch für verrückt nachdem halb Hobbingen ihm dabei zugesehen hatte wie er einer Gruppe von Zwergen hinterhergerannt war wie eine läufige Hündin.

Dass es sich bei der Zwergengruppe um lauter Alphas und bei Bilbo um einen Omega handelte, hatte die Gerüchteküche offenbar nur noch mehr angeheizt. Gandalf hatte die meisten Dinge, die er gehört hatte nicht in Bilbos Hörweite wiederholen wollen, doch Bilbos Fantasie reichte aus um sich aus dem wenigen was Gandalf sagte den Rest zusammenzureimen. Er war ausgestoßen worden von den Leuten, die er als sein Volk bezeichnete. Seine Nachbarn hatten ihm den Rücken gekehrt und Lobelia Sackheim-Beutlin hatte ihren Lebenstraum erfüllt und Beutelsend bekommen.

Wieder brach ein frischer Schwall Tränen aus Bilbo hervor, diesmal von Schluchzen durchsetzt. Es war verrückt wie sehr er darauf reagierte, dass seine Vergangenheit ihn offenbar gestrichen hatte wie einen krummen Vers aus einem Gedicht, dass anscheinend niemand sich auf seine Seite geschlagen hatte, doch er konnte nicht anders als zu weinen. Er hatte sich zurückgezogen als er merkte, dass ein Dammbruch kurz bevorstand, doch jetzt sehnte er sich nach der Umarmung seiner Zwerge.

Er hatte das einzige Sicherheitsnetz verloren, das er je gehabt hatte, auch wenn der rationale Teil von ihm argumentierte, dass er ohnehin nicht ins Auenland hätte zurückkehren können. Nicht mit einem ledigen Kind unter dem Herzen und Abenteuern unter seinen Sohlen. Sein Leben war so oder so in Scherben gegangen von dem Moment an als er beschlossen hatte den Zwergen zu folgen, doch es so deutlich vor Augen geführt zu bekommen, war etwas anderes als es sich nur auszumalen.

„Bilbo?“ Der Hobbit rollte sich zusammen und versuchte das Schniefen zu unterdrücken. Erfolglos. Plötzlich waren da starke Arme und gemurmeltes Kuzhdul. Bilbo schmiegte sich an den Zwerg und sog seinen Geruch ein, als wäre er das Einzige was ihn noch hielt. Anstatt dass die Tränen versiegten, fing Bilbo nun erst richtig an zu heulen. Und fühlte sich furchtbar deswegen. Er wollte nicht, dass sein Rudel ihn für schwach hielt. Wollte auf keinen Fall, dass sie zu dem Schluss kamen, er sei kein guter Omega.

Natürlich wusste er, dass das Unsinn war, seine Zwerge liebten ihn und keiner von ihnen würde ihm jemals den Rücken kehren, doch es war gerade an den Grundpfeilern seiner Existenz gerüttelt worden und Bilbo konnte im Moment nicht klar genug denken um sich selbst mit logischen Argumenten zu überzeugen. Bifur schlang die Arme fest um ihn, legte sein Kinn auf Bilbos Scheitel und wiegte ihn sanft hin und her. Dabei murmelte er etwas, das vielleicht ein Wiegenlied war. Auf jeden Fall brachte es nach einiger Zeit den gewünschten Erfolg.

Bilbos Schluchzen nahm ab. Er atmete ein wenig freier, wenn auch durch den Mund, weil seine Nase heillos verstopft war. Bifur streichelte ihm über den Kopf, drückte einen Kuss auf seine Stirn und wiegte ihn dann weiter. Bilbo beruhigte sich etwas und schmiegte sich an den Zwerg. Er schloss die Augen und versuchte an gar nichts zu denken.

Wie lange er so vor sich hin döste, konnte er später nicht mehr sagen, doch mit einem Mal hörte er gedämpfte Stimmen. Bifur erwiderte etwas. Bilbo konnte nicht sagen, ob er es in einer Sprache sagte, die er nicht verstand, oder ob er schlicht gerade nicht in der Lage war irgendetwas zu verstehen, doch kurze Zeit später wechselte Bifur seinen Halt, so dass Bilbo eher seitlich auf seinem Schoß lag, statt wie zuvor wie ein Hobbit-Oktopus an ihm zu kleben.

Bilbo gab ein unwilliges Geräusch von sich, doch dann hielt ihm jemand einen Becher mit Wasser an die Lippen und er stellte mit einem Mal fest wie unglaublich durstig er war. Er konnte sich nicht daran erinnern je in seinem Leben so geweint zu haben, doch es erschien ihm recht einleuchtend, dass die ganze Flüssigkeit, die aus seinen Augen gekommen war, irgendwo fehlte.

Er nippte an dem Wasser und versuchte den salzigen Geschmack in seinem Mund loszuwerden. Am liebsten hätte er den ganzen Becher auf einmal heruntergestürzt, doch der Zwerg, der ihm das Wasser anbot, ließ ihn immer nur kleine Schlucke nehmen. Bilbos seufzte und versuchte die Augen zu öffnen nur um festzustellen, dass sie so verkrustet waren, dass allein der Versuch schon wehtat. Er winselte.

Jemand streichelte seinen Rücken und ein feuchtes Tuch wurde über seine Augen gepresst. Nach ein oder zwei Minuten konnte der Hobbit seine Lider wieder auseinanderbekommen und blinzelte verlegen den Zwerg an, der vor ihm kniete und genau wie Bifur vor sich hinmurmelte. Oin schenkte ihm ein seltenes Lächeln und hielt ihm erneut einen Becher hin, diesmal einen, in dem außer Wasser auch ein wenig Saft war.

Bilbo nahm den Becher mit einem gemurmelten Dank selbst in die Hand und trank wieder Schluck für Schluck, ohne auch nur einen Moment mit dem Gedanken zu spielen seine Position auf Bifurs Schoß aufzugeben. Es war gemütlich und sicher hier und das war genau das, was er gesucht hatte als er in sein Nest geflüchtet war, kaum dass Gandalf den Mund geschlossen hatte.

„Was hat der Zauberer gesagt um dich so aufzuwühlen?“, fragte Oin und tätschelte gleichzeitig beruhigend Bilbos Knie. Der Hobbit schluckte und versuchte Herr seiner Gefühle zu werden. „In deinem eigenen Tempo. Niemand verurteilt dich hier für irgendwas. Du bist unser Omega und wenn es sein muss, ziehen wir gegen den Zauberer in den Krieg, allerdings wäre es gut zu wissen wieso.“ Dieser absurde Vorschlag entlockte Bilbo ein winziges Lächeln und brachte seine Gedanken dazu sich auf den Grund seines Gefühlsausbruchs zu konzentrieren und zu versuchen die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.

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Bifur wusste nicht genau was Gandalf zu Bilbo gesagt hatte, doch er wusste und würde wahrscheinlich bis zu seinem Lebensende nicht vergessen, wie er den Hobbit gefunden hatte. Ein Häuflein Elend zusammengerollt zu einer zitternden Kugel. Für einen Moment war sein Herz stehen geblieben und er hatte geglaubt mit dem Baby sei etwas nicht in Ordnung. Die Tränen auf Bilbos Wangen waren auch nicht wirklich beruhigend gewesen. Er hatte nicht lange darüber nachgedacht, sondern den Omega in seine Arme gezogen.

Da es nicht nach Blut roch und er die Tritte des Babys spüren konnte, sobald Bilbo sicher an ihn geschmiegt war, beruhigte er sich etwas und versuchte das Gleiche dann auch für Bilbo zu erreichen. Der schluchzte weiterhin herzzerreißend doch er wehrte sich nicht gegen Bifurs Umarmung, sondern suchte vielmehr seine Nähe, was Bifur als gutes Zeichen wertete.

Eine Weile später war Oin dazugekommen und gemeinsam hatten sie den Omega erst zu einem Glas Wasser, dann zu einer Tasse Saft überreden können, doch nach wie vor war unklar was die Tränenflut ausgelöst hatte. Allerdings hatte Oin bestätigt, dass es dem Baby gut ging und Bifur war dazu übergegangen sinnloses Zeug in Bilbos Haar zu murmeln und den Hobbit in seinen Armen zu wiegen, so wie er es mit Bofur und Bombur gemacht hatte als sie noch klein waren und mit ihren zahllosen Wehwehchen zu ihm gekommen waren, weil er im Gegensatz zu ihren Eltern noch nicht rund um die Uhr damit beschäftigt war genug Geld zusammen zu bekommen um die kleine Familie über Wasser zu halten.

Bifur drückte einen Kuss auf Bilbos Stirn und der Hobbit kuschelte sich an ihn. Seine Atemzüge waren ruhiger geworden, sein Gesicht gewaschen und nicht mehr ganz so rot und voller Tränenspuren. Bifur konnte nicht sagen, ob er etwas falsch machte doch er ließ sich fürs erste von seinen Gefühlen leiten und Bilbo schien gut darauf anzusprechen.

Inzwischen hatten auch alle anderen Zwerge des Rudels den Kopf zur Tür hereingestreckt. Manche wie Fili und Kili hatten sich neben ihm und Bilbo auf dem Bett zusammengerollt, andere waren mit wütendem Gesicht wieder verschwunden und Bifur konnte nur mutmaßen, dass sie Gandalf die Hölle heiß machen würden, weil er ihren Omega so zum Weinen gebracht hatte. Mila war eine der letzten gewesen die hereingeschaut hatte. Bifur war sich noch immer nicht sicher, ob die Zwergenfrau Bilbo aus Prinzip nicht leiden konnte, oder ob mehr dahintersteckte, doch zumindest hatte sie bisher niemandem Anlass gegeben ihr den Kopf zurecht zu rücken.

Nun stand sie da und musterte den Hobbit, dem man den Weinkrampf noch deutlich ansah, dann schien sie zu einem Entschluss zu kommen und verschwand. Bifur seufzte. Gimli saß zu seinen Füßen und warf immer wieder besorgte Blicke auf Bilbo, der in Bifurs Armen inzwischen eingedöst war.

Der Junge hatte sich schnell in das Rudel integriert, schien regelrecht aufzublühen, wenn Bilbo ihm seine Zeit schenkte und soweit Bifur das beurteilen konnte, tat es ihm gut unter Bilbos Fittiche genommen zu werden. Irgendwie schien der Omega in der Lage zu sein die Kanten abzuschleifen, die Gloins Erziehung geschaffen hatte und an denen Mila offenbar nichts auszusetzen hatte.

Bifurs Gedanken drifteten ein wenig ab, bis Dwalin hereinkam. Der Krieger ließ die Knöchel knacken und ließ sich dann neben Bifur auf das Bett sinken. Bifur warf ihm einen fragenden Blick zu, sagte jedoch nichts, weil er Bilbo nicht aufwecken wollte. Auch wenn der Hobbit manchmal so fest schlief, dass ihn selbst ein Bergtroll nicht wachbekommen hätte, war sein Schlaf zu anderen Zeiten so leicht, dass selbst das Knarzen der Tür ihn weckte. Dwalin schien in dieser Richtung weniger besorgt.

„Gandalf hat ihm Nachricht von seiner sogenannten Familie gebracht.“ Bifur zog eine Augenbraue hoch und streichelte über Bilbos Rücken. „Offenbar haben seine Nachbarn sich sein Haus unter den Nagel gerissen, sein Großvater hat ihn für tot erklärt und der allgemeine Konsens ist wohl, dass er es nicht anders verdient hat, weil er wie eine läufige Hündin einem Haufen Zwerge ins Ungewisse gefolgt ist.“

Bifur gab ein Zischen von sich und bleckte die Zähne. Niemand sagte so etwas über seinen Omega und kam ungeschoren davon. Wenn er je wieder einen Fuß ins Auenland setzen sollte, dann würden diese Hobbits nicht wissen was über sie gekommen war, doch für den Moment war es wichtiger, dass Bilbo ohne den Hauch eines Zweifels wusste, dass sein Rudel nicht mal für eine Sekunde derlei Gedanken teilen würde.

„Ihr Verlust. Bilbo ist unser Omega und dabei bleibt es. Wer so über ihn denkt hat ihn nicht verdient“, knurrte Bifur in Kuzduhl. Obwohl er inzwischen wieder in der Lage war Westron zu sprechen, fiel es ihm doch leichter bei der Sprache zu bleiben, die so viele Jahre sein einziges Kommunikationsmittel gewesen war. Dwalin nickte und legte eine Hand auf Bilbos Rücken.

„Auf jeden Fall. Bilbo gehört zu uns und wir werden ihm hier ein Heim schaffen gegen das das Auenland nicht ankommen kann. Unserem Omega wird es an nichts mangeln und wir können froh und dankbar sein, dass er beschlossen hat uns zu helfen, anstatt weiterhin etwas auf das Geschwätz seiner Nachbarn zu geben. Wir könnten allerdings Dis fragen, ob sie einen kleinen Umweg einlegen könnte, wenn sie hierherkommt und Beutelsend zurückerobert. Ich denke diese Nachbarn von Bilbo würde schlicht der Schlag treffen, wenn unsere Kriegerprinzessin vor ihrer Tür auftaucht, nicht wahr?“

Bifur war für einen Moment verwirrt weshalb Dwalin diesen sanften Ton anschlug, wobei er sagen musste, die Vorstellung, dass Thorins Schwester das Auenland aufmischte, hatte seinen Reiz, doch dann hörte er das leise Schnauben von Bilbo an seiner Brust und spähte hinab. Der Hobbit hatte zwar die Augen geschlossen, doch er war offenbar wach geworden, während Dwalin gesprochen hatte und schien ebenso amüsiert zu sein, wenngleich Bifur wusste, dass ihm noch immer das Herz bluten musste. Ein zu Hause zu verlieren, war nie einfach. Wieder drückte er einen Kuss auf Bilbos Stirn.

„Dein Zuhause ist bei uns“, sagte er schlicht und Bilbo kuschelte sich an ihn.

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Es brauchte einige Tage bis Bilbo sein Gleichgewicht wiederfand, doch es half, dass sein gesamtes Rudel keine Gelegenheit ausließ um ihm zu versichern, dass das Auenland einen Fehler gemacht hatte, dass es keinen besseren Platz für ihn als Erebor gab und dass die Hobbits, die Beutelsend gestohlen hatten, sich warm anziehen sollten, wenn jemals einer seiner Zwerge wieder den Weg nach Hobbingen finden sollte.

Zwar waren manche dieser Drohungen zu grausam um ernst gemeint zu sein, doch Bilbo nahm sie wie sie gemeint waren. Als Bestätigung dafür, dass sein Rudel alles in seiner Macht Stehende tun würde um für ihn da zu sein. Was er allerdings noch mehr genoss, war, dass sein Rudel auch tatsächlich für ihn da war.

Bifur hatte ihn den ersten Abend nicht mehr aus den Augen gelassen und war erst zu dem Schluss gekommen, dass er Bilbo wieder allein lassen konnte, nachdem „allein“ bedeutete, dass Fili, Kili und Gimli wie ein Haufen Welpen um ihn herum drapiert waren und er keine Chance hatte einen Muskel zu rühren, ohne einen der drei zu wecken. Dasselbe galt für Oin, der in unregelmäßigen Abständen hereingeschneit war und kontrolliert hatte, ob Bilbo auch genug trank und ob es dem Baby gut ging, was Bilbo inzwischen für einen Vorwand hielt um seine Hände auf Bilbos Bauch pressen zu können, zumindest nach dem seligen Lächeln auf Oins Gesicht zu schließen.

Dann waren da Dwalin und Thorin, die ihm beide angeboten hatten Gandalf in hohem Bogen aus dem Berg zu werfen, was Bilbo natürlich sofort unterbunden hatte, schließlich war der graue Zauberer nicht mehr als der Überbringer schlechter Nachrichten und es half niemandem den Boten zu erschießen. Dennoch rührte ihn allein das Angebot auf eine Weise, die er nicht ganz erklären konnte.

Heute jedoch war ihm bei der ganzen Überfürsorge der Kragen geplatzt. Metaphorisch gesprochen natürlich, doch Bilbo hatte darauf bestanden, dass es ihm wieder gut ging und er durchaus in der Lage war seine eigenen Mahlzeiten zu kochen, Danke schön. Auch wenn er zugeben musste, dass es ganz schön war von Bombur bekocht zu werden, so juckte es ihn doch in den Fingern die angestaute Energie, die er nicht mehr in Tränen gesteckt hatte in der Küche loszuwerden.

Außerdem hatte er das untrügliche Gefühl, dass Fili und Kili in naher Zukunft etwas Dummes anstellen würden, wenn sie nicht bald wieder etwas anderes zu tun bekamen als ihm Gesellschaft zu leisten. Als Bilbo seine Küche erreichte, frisch gewaschen und neu eingekleidet, wohlgemerkt, blieb er für einen Moment verblüfft im Türrahmen stehen.

Mila war der letzte Zwerg, den er in seiner Küche vermutet hätte, doch wie es aussah war die Zwergenfrau dabei Frühstück zu machen. Porridge dem Geruch nach zu urteilen. Gimli und Gloin saßen am Tisch und unterhielten sich leise.

„Guten Morgen“, grüßte Bilbo. Gloin sah auf und schenkte ihm ein Lächeln. Gimli zog den Stuhl neben sich unter dem Tisch hervor.

„Setz dich. Mum ist gleich fertig. Wir dachten du würdest dich über ein wenig Gesellschaft freuen.“ Bilbo hatte zwar ein wenig allein sein wollen, doch er war gerührt von seinen Zwergen und setzte sich ohne Aufheben. Mila servierte den Porridge mit Honig und eingemachten Äpfeln. Bilbo bedankte sich und langte zu. Er schloss die Augen und seufzte als er den ersten Löffel auf der Zunge zergehen ließ. Zwar war Porridge nun wirklich nicht sein Lieblingsessen, doch es war genau das Richtige nach seinem emotionalen Auf und Ab, das dieses seltsam pelzige Gefühl in seinem Mund hinterlassen hatte. Mila legte ihm für den Bruchteil einer Sekunde die Hand auf die Schulter und ließ sich dann ihm gegenüber neben ihrem Mann nieder.

„Nur um das klar zu stellen, diese Verwandten von dir haben es verdient, dass ihnen eine dahergelaufene Truppe von Zwergen ihren Omega gestohlen hat und falls jemals einer von denen sich hier blicken lässt, bekommt er es mit mir zu tun.“ Bilbo blieb der Mund offenstehen, er hatte nun wirklich nicht damit gerechnet, dass Mila ihre eigene Drohung denen der anderen hinzufügen würde, doch sie schenkte ihm nur ein Lächeln, das eine ganze Reihe Zähne zeigte, während Gloin sie von der Seite umarmte und einen dicken Kuss auf ihre Wange drückte, was Gimli dazu brachte zu würgen und sich lauthals darüber zu beschweren, dass seine Eltern am Frühstückstisch schmusten.

Bilbo lächelte und aß seinen Porridge, dann machte er sich auf die Suche nach etwas, das ihn den Tag über beschäftigen würde, ohne dass dauernd einer seiner Zwerge neben ihm auftauchte und ihm Dinge aus der Hand nahm, die viel zu schwer für ihn waren, oder anbot ihm den schmerzenden Rücken zu massieren. Auch wenn Bilbo zugeben musste, dass die Massagen von Nori Gold wert waren.

Er entschied sich schließlich für die Bibliothek, wo er dabei war eines der dicken in Elbisch geschriebenen Bücher in die gemeine Sprache zu übersetzen, so dass Ori sich anschließend damit befassen konnte das ganze wiederum auf Zwergisch festzuhalten. Eine Aufgabe, die hauptsächlich darin bestand verschiedene Konjugationen in diversen Lexika nachzuschlagen und sich zu erinnern wie man welchen Wortstamm deklinierte, doch es machte Bilbo Spaß und bisher hatte ihn in der Bibliothek niemand vom Arbeiten abgehalten, abgesehen davon, dass Ori darauf bestand für ihn auf die Leitern zu steigen, doch Bilbo sah selbst ein, dass es keine gute Idee war sein verschobenes Gleichgewicht auf eine Leiter zu stellen, wo er doch schon unter normalen Umständen ein gewisses Problem mit Höhen hatte.

Bilbo zog sich an einen der Schreibtische im hinteren Teil des Raumes zurück. Inzwischen glänzte die Bibliothek regelrecht, nachdem Ori fast den ganzen Winter damit verbracht hatte Staub zu wischen, Bücher neu zu ordnen, Regale neu zu streichen, oder gleich abzureißen und neu zu bauen und das nur mit einem oder zwei Helfern die gerade nirgendwo anders gebraucht wurden. Bilbo musste schon sagen, dass es sehr schön geworden war. Die polierten Marmorregale, die vermutlich als erstes in der Bibliothek gewesen waren, bildeten einen hübschen Kontrast zu dem dunkel gebeizten Holz der neueren Modelle und die Bücher darin sahen allesamt gut erhalten aus, auch wenn Bilbo wusste, dass fast ein Jahrhundert Vernachlässigung ihnen einigen Schaden zugefügt hatte.

Chapter 25: Kapitel 25

Chapter Text

Kapitel 25

Bilbo war offiziell beunruhigt. Das Datum, das er sich ausgerechnet hatte, war gekommen und gegangen und noch immer machte sein Körper keine Anstalten die kostbare Fracht, die er trug auf die Welt zu bringen. Oin hatte die Stirn gerunzelt, Bilbo einmal mehr versichert, dass es dem Kleinen gut ging, und dass ein Großteil der Kugel, die der Hobbit vor sich herschob ohnehin Wasser war, doch Bilbo war beunruhigt. Der Gedanke an die Geburt selbst erfüllte ihn mit einer Art stillen Panik wie er sie nie zuvor gefühlt hatte und alle Versicherungen, dass sein Körper schon wusste was er tat und es nicht schlimmer sein konnte als ein Schlachtfeld, liefen leider komplett ins Leere.

Zum einen wusste niemand so recht was von einem Baby wie Bilbos zu erwarten war, zum anderen war Bilbo genau einmal auf einem Schlachtfeld gewesen und hatte keinerlei Ambitionen diese Erfahrung zu wiederholen. Abgesehen davon hatten seine Rudelgefährten herzlich wenig Erfahrung mit Geburten, von Oin einmal abgesehen, der als Heiler auch in diesem Bereich versiert zu sein schien, was wahrscheinlich daran lag, dass Heiler im Zwergenvolk in etwa so selten waren wie Schreiber und auch ähnlich angesehen.

Mila hatte zumindest die Geburt ihres Sohnes Gimli vorzuweisen, doch als Bilbo endlich den Mut zusammengekratzt hatte um sie nach der Erfahrung zu fragen, hatte sie nur das Gesicht verzogen und ihm gestanden, dass was auch immer er sich vorstellte nicht mal annähernd mit dem zu vergleichen war was er durchmachen würde und dass sie um keinen Preis der Welt mit ihm tauschen würde, was nebenbei auch der Grund war, dass Gimli definitiv ein Einzelkind bleiben würde, wenn es nach ihr ging.

Das war nicht gerade beruhigend gewesen, aber wohl immer noch besser als eine gnädige Lüge, doch Bilbo wusste, dass er noch wahnsinnig würde, wenn er nicht bald etwas fand um seine rastlosen Gedanken in andere Bahnen zu leiten.

„Bilbo?“ Thorin Stimme glitt durch Bilbos Gedanken wie ein Messer durch warme Butter. Er sah auf und versuchte sich zu erinnern wo er eigentlich war. Thorin stand vor ihm, das Kaminfeuer hinter ihm prasselte und warf den Zwergenkönig in ein Spiel aus Licht und Schatten, das in Bilbo wieder einmal die Frage aufkommen ließ, ob Thorin von Natur aus in der Lage war sich stets ins rechte Licht zu rücken, oder ob das eine Fähigkeit war, die junge Prinzen mühsam erlernen mussten und von deren Meisterschaft Fili und Kili noch weit entfernt waren.

„Ja?“, erwiderte er in der Hoffnung, dass er nicht allzu viel von Thorins Frage verpasst hatte, so er denn eine gestellt hatte. Thorin runzelte die Stirn, dann ließ er sich neben Bilbo auf das Sofa sinken, hob das Buch vom Boden auf, in dem Bilbo geblättert hatte und das ihm wohl aus den Fingern gerutscht war als er abdriftete.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte er und legte das Buch sorgfältig geschlossen auf den Beistelltisch, der auch Bilbos kalt gewordenen Tee trug. Der Hobbit schluckte, setzte zu einer Antwort an, brach ab und zuckte dann die Achseln. Er konnte beim besten Willen nicht ehrlich sagen, dass alles in Ordnung war doch er wusste auch nicht wie er Thorin begreiflich machen könnte was genau gerade in ihm vorging. Diese einzigartige Mischung aus Panik, Furcht, Erwartung, Langeweile und Ungeduld ließ sich kaum in Worte fassen.

„Ist es wegen des Babys?“ Bilbo nickte stumm. Thorin legte vorsichtig, fast schon fragend einen Arm um Bilbos Schulter und der sackte praktisch zusammen wie eine Marionette deren Fäden durchtrennt worden waren. Er schmiegte sich an Thorin und atmete dessen warmen, sauberen Alphageruch ein, der in ihm das Gefühl aufsteigen ließ, dass er sicher war und alles gut werden würde. Er mochte dieses Gefühl. Für einen Moment erschien Thorin wie erstarrt so als hätte er nicht ernsthaft damit gerechnet, dass Bilbo sein Angebot von Nähe und Wärme annehmen würde, dann jedoch schlang er den Arm fester um Bilbo und drückte ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Thorin wieder und irgendwie war Bilbo klar, dass die Frage dieses Mal dem Kleinen galt. Er nickte wieder und legte eine Hand auf seinen Bauch. Zumindest darin war er sich mit Oin vollkommen einig. Thorin nickte ebenfalls. Für einen Moment herrschte Schweigen und Bilbo war sich nicht ganz sicher, ob er die richtigen Worte finden würde um es zu brechen. Vor allem war er nicht sicher, ob er dem Alpha begreiflich machen könnte was gerade in ihm vorging und schlimmer noch, was wenn Thorin seine Sorgen als unbegründet abtun würde? Bilbo schüttelte über sich selbst den Kopf. Nie hatte einer seiner Alphas sich auf diese Art benommen und ganz sicher würde Thorin nicht ausgerechnet jetzt damit anfangen. Dennoch brauchte er noch eine ganze Weile um den Mut zu finden den Mund aufzumachen.

„Wenn das hier eine reine Hobbitschwangerschaft wäre, wäre ich drei Wochen drüber“, sagte er schließlich. Die Worte hingen für einen Moment im Raum so als müsste Thorin sie erst einmal verarbeiten bevor er auch nur daran denken konnte etwas zu erwidern.
„Bei Zwergen dauern diese Dinge länger“, sagte er schließlich. Bilbo nickte. Das hatte er bereits von Oin gehört und von Gloin und von Mila. Jeder schien darauf zu bauen, dass es einfach daran lag, dass das Baby mehr Zwerg als Hobbit war, ohne daran zu denken was das für Bilbo bedeutete, der ganz entschieden Hobbit und nicht Zwerg war und der sich langsam aber sicher Sorgen darüber machte, ob die Dinge so zusammenpassen würden wie Mutter Natur das vorgesehen hatte, oder ob ein Zwergenbaby für einen Hobbit schlicht zu groß war um geboren zu werden.

„Als Dis mit Kili schwanger war, ist so ziemlich alles schief gegangen was schief gehen kann, ohne dass sie das Baby verloren hat.“ Bilbo horchte auf. Das letzte Mal, dass Thorin über seine Schwester und ihre Schwangerschaften gesprochen hatte war ihm noch deutlich in Erinnerung.

„Vili ist gestorben noch bevor Dis sicher war, dass sie wieder schwanger war und von da an wurde es nur immer schwieriger. Sie hat geblutet und fast jeden Monat war Oin der Meinung sie würde das Baby verlieren. Sie durfte nicht heben, sich nicht strecken, oder bücken wir waren alle in Angst. Dann lag Kili falsch herum und Oin und Dis planten schon was passieren sollte, wenn er in die Lage käme sich zwischen ihr und dem Baby entscheiden zu müssen. Es war furchtbar. Und dann die Geburt selbst.“ Thorin stockte für einen Moment und schluckte.

„Bei Fili war es schon schlimm genug. Wir waren mitten im Nirgendwo als Dis‘ Wehen anfingen, wir dachten wir schaffen es noch rechtzeitig in eine der Siedlungen, aber das war ein Irrtum. Ich habe sie nie zuvor so schreien gehört, zum Glück war Vili halbwegs sicher, dass er wusste was er tat. Oin war nicht dabei, er war mit Bomburs Frau gereist, weil sie viel weiter war als Dis zu der Zeit. Fili kam zu früh und ohne einen Heiler, doch alles ging gut. Kili dagegen…“ Thorin verzog das Gesicht.

„Oin musste ihn in Dis Körper drehen. Ich dachte sie würde ohnmächtig werden so sehr hat sie geschrien. Ich hoffte ich würde ohnmächtig, damit ich nicht länger tatenlos zusehen musste wie sie leidet. Dann ging alles so unglaublich schnell, Kilis Schreie und so viel Blut. Oin drückte mir das Baby in die Hand und fing an ihr Leben zu retten bevor ich überhaupt begriff was eigentlich vor sich ging. Wenn ich darüber nachdenke, ist es ein Wunder, dass sie es überlebt hat.“ Thorin schluckte einmal mehr.

„Wahrscheinlich sollte ich dir so etwas nicht ausgerechnet jetzt erzählen, aber…“ Thorin driftete ab anscheinend nicht sicher wie er den Satz beenden sollte. Seltsamerweise jedoch fühlte Bilbo sich von der grauenhaften Erzählung nicht eingeschüchtert. Eher ruhig. Fast so als wären die Erwartungen gesunken.

Er kuschelte sich enger an Thorin, der ganz offensichtlich tief in Gedanken versunken war.

„Hobbits sind eigentlich für diese Dinge gemacht“, murmelte er irgendwann. Thorin warf ihm einen fragenden Blick zu und Bilbo zuckte die Achseln. „Mein Großvater hatte zwölf Kinder. Ich denke Großmama wäre ihm irgendwann aufs Dach gestiegen, wenn es für sie so schlimm gewesen wäre wie es für Zwerge anscheinend ist. Allerdings hat meine Mutter immer gesagt, dass man vergisst wie es war, weil man sonst nie ein zweites Kind in die Welt setzen würde.“ Thorin schnaubte.

„Das hat Dis auch gesagt. Allerdings bin ich ziemlich sicher, dass die Erinnerung beim zweiten Mal nicht mehr so lückenhaft war.“ Thorin streichelte weiterhin Bilbos Arm und der konnte regelrecht fühlen wie die Anspannung und die Ungewissheit, die an ihm genagt hatten wichen.

„Ich bin froh hier zu sein“, murmelte er irgendwann. Wieder warf Thorin ihm einen dieser Blicke zu, die mehr sagten als ganze Sätze. „Ich meine hier in Erebor. Statt im Auenland. Ich hatte mit dem Gedanken gespielt als es noch so aussah als würdest du mich nicht als deinen Omega wollen.“ Bilbo schluckte. Thorins Arm um ihn zog ihn noch ein Stückchen näher an ihn heran, dann drückte Thorin ihm einen Kuss auf die Stirn.

„Ich habe dich immer als meinen Omega gewollt. Ich war stur und eigensinnig und zu verbohrt um zu sehen was direkt vor meiner Nase war, aber ich habe dich immer gewollt. Und wenn es den Rest meines Lebens dauert dir zu beweisen, dass du hier willkommen bist, dass mein Rudel dein Rudel ist und dass alles was du hier siehst ebenso sehr dir wie mir gehört, dann soll es so sein.“ Bilbo stockte für einen Moment der Atem. Es war immer wieder eine Überraschung für ihn, wenn Thorin solche Dinge sagte.

„Ich liebe dich auch“, erwiderte er und Thorin schenkte ihm dieses Lächeln, das er nur zu Gesicht bekam, wenn Thorin den König hinter sich ließ und ganz er selbst war mit ihm -Bilbo- an seiner Seite und ohne Gedanken an Morgen oder gestern. Thorins Lippen legten sich auf Bilbos und der Hobbit ergab sich mit einem wohligen Seufzer in den Kuss, der längst überfällig war. Seine Finger fanden wie von selbst den Weg in Thorins Mähne und zogen den Zwerg noch näher an sich heran. Thorin grollte tief in seiner Kehle und beugte sich halb über den Hobbit, der nun zwischen ihm und dem Sofa gefangen war.

Die ganze Sache wäre deutlich einfacher gewesen, hätten sie nicht um den riesigen Bauch herummanövrieren müssen, doch Bilbo fand, dass das Gelächter und die zärtlichen Berührungen alles nur noch besser machten. Aber das konnte auch daran liegen, dass er anfing Thorin zu glauben. Das hier war sein Zuhause und nichts und niemand würde daran etwas ändern.

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Bofur pfiff vor sich hin. Es war ein wunderschöner Tag, Bilbos Frühstück war sensationell gewesen, die Blicke, die der Hobbit Thorin zuwarf, waren es ebenfalls und Bofur hatte eine wunderbare Zeit mit Nori gehabt darüber zu spekulieren, was ihr Omega wohl mit ihrem Oberalpha getrieben hatte um Pfannkuchen zum Frühstück zu rechtfertigen.

Nun war er auf den Weg in seinen eigenen Bergwerksstollen, um einen Tag lang das zu tun was er am liebsten tat, nach Schätzen zu suchen, die der Berg hergab, wenn man nur mit dem richtigen Werkzeug und der richtigen Einstellung danach fragte und das, ohne dass irgendjemand ihm erklärte, dass er woanders suchen sollte, dass sein Sinn für den Stein falsch lag, oder dass er schneller arbeiten musste um seinen Lohn zu verdienen.

Es war noch immer seltsam für Bofur, dass er sich keine Sorgen mehr um seinen Lohn machen musste. Er hatte genug Gold um den Rest seines Lebens auf der faulen Haut zu liegen, aber das war nicht sein Stil. Nicht dass er es nicht genossen hätte mit seinen Freunden ein kühles Ale zu trinken, zu singen und zu tanzen, doch er hatte festgestellt, dass diese Art der Entspannung nur dann richtig funktionierte, wenn ihr ein langer, harter Arbeitstag vorausging und er hatte außerdem festgestellt, dass ihm die Arbeit fehlte. Sicher es machte ihm Spaß Bifur dabei zu helfen sein Spielzeug zu bauen, doch sein Herz war das eines Bergarbeiters und würde es auch immer bleiben.

Erebor war ein wunderbarer Ort um im Stein nach Verborgenem zu suchen. Der Berg war zwar gut erschlossen, doch es gab immer noch Winkel und Schächte, die nie ein Zwerg zuvor betreten hatte und genau das waren die Orte, die Bofur geradezu magisch anzogen. In den Blauen Bergen kannte er jeden Stollen beim Vornamen, weil auch schon sein Vater und sein Großvater darin gelebt und gearbeitet hatten, doch Erebor war anders.

Auch wenn der Berg weit länger bevölkert gewesen war, so war das Reich doch auch weit größer und um einiges geheimnisvoller als Ered Luin. Natürlich nicht zu vergleichen mit Moria, von der man Dinge hörte, die selbst jemand mit einem Träumerherz wie Bofur ins Reich der Legenden schieben musste, doch Erebor war eine Art wahr gewordener Traum für ihn.

Als Thorin ihn für verantwortlich, für alles was den Bergbau in Erebor betraf, erklärte, hatte Bofur keine Vorstellung davon gehabt, was das bedeuten konnte, doch inzwischen konnte er sich nicht mehr daran erinnern wie er jemals ohne diesen Berg gelebt hatte, der ihm zuflüsterte was immer es Neues gab, der seine Schritte wie von selbst in die richtigen Stollen lenkte, wann immer er etwas suchte und der zu wissen schien, wo und was einem Zwerg gefährlich werden konnte und Bofur davor warnte.

Bofur hatte vor langer Zeit gelernt auf die Musik des Berges zu vertrauen und er musste sagen, dass ihm das Lied gefiel, das Erbor für in spielte.

Pfeifend ließ Bofur eine seiner Hände über die Wand des Stollens gleiten. Er suchte heute nach nichts Bestimmten, doch er hatte das Gefühl, dass er fündig werden würde. Der Stollen in dem er sich gerade befand, hatte, wenn er es noch richtig im Kopf hatte, einmal Kupfer geliefert und war dementsprechend zwar weitgehend abgebaut worden, aber keine der Minen, die bei den meisten Zwergen Freudentänze hervorriefen. Keine Diamanten kein Mithril nicht einmal gutes altes Eisenerz, dennoch wanderte Bofur nun schon seit einiger Zeit darin herum mit diesem Gefühl, das er nicht deuten konnte in der Magengrube, das er aber auf keinen Fall ignorieren würde.

Das letzte Mal, dass er seinen Steinsinn ignoriert hatte, war im Nebelgebirge gewesen und hatte dazu geführt, dass sie beinahe alle von Orks gefressen worden wären. Etwas das Bofur niemals zu wiederholen gedachte, auch wenn sie alle mit heiler Haut davongekommen waren. Dieses Mal fühlte es sich anders an. Nicht so drängend wie es die Warnung gewesen war, die scheinbar verlassene Höhle zu meiden, sondern eher so als könnte er sich eine Menge Ärger ersparen, wenn er nur auf sein Gefühl vertraute.

Bofur pfiff weiter vor sich hin und plötzlich blieb er stehen. Seine Hand ruhte auf der Wand zu seiner linken und schien regelrecht zu vibrieren. Er betrachtete die Wand für einige Zeit. Streckte seine Sinne so weit er es vermochte und legte die andere Hand ebenfalls an die Wand. Schlug dann sanft mit der flachen Hand dagegen so als wollte er eine Glocke zum Klingen bringen und lauschte mit schief gelegtem Kopf auf das was der Berg ihm zu erzählen hatte.

Vorsichtig und sorgfältig machte Bofur sich daran den Schatz aus der Wand zu holen, den er erspürt hatte. Es dauerte seine Zeit, doch Bofur wusste, dass Geduld zu den Tugenden zählte, die man sich als Bergmann nun einmal aneignen musste, oder man lebte nicht besonders lange. Sicher in diesem Fall war es sehr unwahrscheinlich, dass er den Stollen über sich zum Einsturz bringen würde, doch er hatte schon verrückteres gesehen, wenn Spannungslinien nicht bedacht wurden, der Stein von Wasser unterhöhlt wurde, oder, wie hier, wer weiß wie viele Ebenen bewohnte Stadt über ihm lagen.

Es war gut, dass Bofur wusste was er tat und für alle Fälle einen Teil seines Werkzeuges dabeihatte. Der Stein war nicht gerade erpicht darauf preiszugeben was er in sich eingeschlossen hatte, doch Erebor an sich summte geradezu vor Begeisterung, dass Bofur verstanden hatte, was sie ihm zeigen wollte.

Bofur stimmte eine neue Melodie an, während er arbeitete, auch wenn er immer noch nicht sicher wusste was es war, das er da gefunden hatte. Dennoch grub er sich Stück für Stück in die Wand nach einem System, das niemand außer ihm verstanden hätte, doch es dauerte lange Stunden bevor er etwas zu sehen bekam.

Ein Breites Grinsen machte sich auf Bofurs Gesicht breit, als er entdeckte was Erebor für ihn versteckt hatte. Noch um einiges vorsichtiger als bisher, setzte er seine Arbeit fort und brach schließlich einen Stein aus der Wand, der noch nach nicht besonders viel aussah, der ihm aber dennoch ein dankbares Lächeln entlockte.

Er legte eine Hand auf die Wand bedankte sich bei Erebor und machte sich mit seinem Fund auf den Rückweg. Er wusste schon wen er fragen würde um den Stein so zu bearbeiten, dass seine Strahlkraft voll zur Geltung kam, wusste schon welche Form er ihm geben würde, wenn er konnte, wusste auch, dass Bilbo kein Wort von dem verstehen würde, was er darüber zu sagen hatte und doch würde der Omega ihn anlächeln und das Geschenk so annehmen wie es gemeint war.

Bofur pfiff vor sich hin und fragte sich, ob Oin einer der Heiler war, die etwas von Malachit und Mondstein hielten, oder ob er ihn nur ansehen würde als hätte er den Verstand verloren, wenn er diese Frage stellte. Bofur jedoch war es im Endeffekt egal, was der alte Heiler darüber dachte.

Es würde Bilbo zumindest nicht schaden. Und wenn Erebor darauf bedacht war, ihn an diese Stelle zu locken, wo er diesen Stein finden konnte, dann würde er sich hüten dieses Geschenk als etwas anderes zu sehen als den Versuch des Berges ein gesundes Baby in ihren Hallen willkommen zu heißen. Und was das anging, gab es nur einen Kandidaten, der schon bald das Licht der Welt erblicken würde. Zumindest soweit Bofur wusste und er war sich ziemlich sicher, dass es niemanden außer Bilbo in Erebor gab, der guter Hoffnung war. Was für ein Zwergenreich nicht weiter ungewöhnlich war. Das Erebor ihn auf diesen Stein gestoßen hatte war doch sehr bezeichnend.

Chapter 26: Kapitel 26

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Kapitel 26

Bilbo drehte den grünen Stein in seinen Händen wieder und wieder. Er war fasziniert von der Genauigkeit mit der Bofur Beutelsend aus dem Stein herausgearbeitet hatte, dabei hatte er Bilbos Hobbithöhle doch nur ein einziges Mal von außen gesehen und das auch noch bei Nacht.

Der Stein hieß Malachit, so hatte Bofur ihn genannt und Oin hatte bei der Erwähnung des Namens die Hände gen Himmel geworfen, doch auf Bilbos Nachfrage hatte er nicht geantwortet. Es sei denn man bezeichnete mürrisches Nuscheln in seinen Bart als eine Antwort.

Bilbo gefiel das kleine Abbild seines ehemaligen Zuhauses ungemein und dass Bofur es aus dem Gedächtnis geschnitzt hatte, berührte sein Herz nur noch mehr.

Wieder drehte Bilbo die Figur in seinen Händen und wieder entdeckte er ein neues Detail. Kleine Blumenkästen vor den winzigen Fenstern. Er seufzte und überlegte angestrengt wo er die kleine Kostbarkeit aufstellen könnte, so dass er sie immer im Auge hatte.

Bofur schenkte ihm ein verträumtes Lächeln als Bilbo sich schließlich für das Regal über seinem Nest entschied, das Nori und Bifur gemeinsam angebracht hatten und das bisher nur Stich, einen kleinen Topf mit Wasser, in dem wechselnde Blumen standen, die Kili mitbrachte und ein buntes Sammelsurium an verschiedenen Haarperlen, ihr zu Hause gefunden hatten.

Bilbo fand dass das kleine grüne Stück Auenland sich dort sehr gut machte und Bofur nickte ihm anerkennend zu, so als hätte er selbst keinen besseren Platz wählen können, was ein wenig merkwürdig war, doch da keiner der Zwerge bereit schien Bilbo etwas über den Stein zu erzählen, würde er wohl selbst ein paar Nachforschungen anstellen müssen, Ori schien ihm dafür wie üblich die geeignetste Quelle auch wenn der junge Schreiber stets betonte, dass er selbst kein Experte sei, bevor er sich in eine Erklärung stürzte, die sicher Seiten über Seiten gefüllt hätte, wenn Bilbo Wort für Wort mitschreiben würde.

Der Hobbit verließ sein Nest eher ungern. Das wurde in letzter Zeit auch von Abend zu Abend schwieriger, doch er weigerte sich dennoch im Bett zu bleiben und sich bedienen zu lassen. Er war schwanger kein Invalide und er würde all seine Stärke brauchen, wenn das Kleine erst auf der Welt war.

Langsam aber bestimmt machte sich Bilbo auf den Weg in die Bibliothek und wieder einmal fiel ihm auf wie viele Treppen es in Erebor zu bewältigen gab. Er machte eine kleine Pause auf einem Treppenabsatz und schöpfte wieder Atem. Das Baby strampelte wild und knuffte Bilbo dabei höchst unangenehm in die Rippen.

Der Hobbit verzog das Gesicht, er hatte eigentlich angenommen, dass das Kitz ständig auf seine Blase drückte, sei das unbequemste doch diese ständigen Tritte in die Rippen machte ihn inzwischen wahnsinnig, so sehr, dass er inzwischen fast den Tag herbeisehnte, an dem er das Kleine endlich auf die Welt bringen würde und sich zur Abwechslung mal jemand anderer von ihm treten lassen konnte.

Bilbo tätschelte seinen Bauch und machte sich wieder auf den Weg. Oin und er waren sich einig, dass er das Baby immer noch zu hoch trug, als dass die Geburt schon kurz bevor stehen konnte, doch auch das war für Bilbo kein Trost mehr.

Als er endlich die Bibliothek erreichte, war er mehr als dankbar, dass Ori ihm sofort einen Stuhl organisierte und einen Becher Zitronenlimonade servierte. Ein Rezept, das er selbst den Zwergen vorgeschlagen hatte als die ersten Händler aus dem Süden aufgetaucht waren und die köstlich sauren Zitrusfrüchte feilgeboten hatten. Es war erstaunlich wie schnell sich die Zwerge auf das neue Getränk umgestellt hatten und Bilbo war ziemlich sicher, dass die Händler im nächsten Jahr eine größere Fuhre Zitronen liefern würden.

Insgeheim plante er natürlich auch zu ergründen, ob es nicht möglich war die südlichen Früchte hier in Erebor zu ziehen, doch dafür fehlte ihm ein Raum, in dem er den klirrend kalten Winter aussperren konnte. Dennoch war es ein Projekt, das ihm die Langeweile vertrieb, nachdem er das Kinderzimmer inzwischen sicher zehn Mal neu eingeräumt hatte und jede erdenkliche Gefahrenquelle, soweit er es vermochte, entschärft hatte.

Zusammen mit Dori, der erstaunlich versiert darin war Gefahren zu erkennen, die sonst nur einem kleinen Kind ins Auge fallen würden, doch das lag vermutlich daran, dass er maßgeblich daran beteiligt gewesen war seine kleinen Brüder groß zu ziehen und Bilbo war sich ziemlich sicher, dass Nori mindestens so schwer zu hüten war wie ein Sack Flöhe. Dennoch fehlte ihm noch immer ein wenig der Sonnenschein in seinem Zuhause.

Das Kinderzimmer hatte kein Fenster, was in Bilbos Augen ein echtes Manko darstellte, doch zumindest hatte er mit Oin darüber diskutieren können, dass junge Hobbits Licht und frische Luft brauchten genauso wie wachsendes Grün. Der alte Heiler war daraufhin zu Thorin gegangen und nun war auch Bilbos Garten kindersicher. Außerdem wurde es bewacht, wie sonst nur die Schatzkammer, wann immer Bilbo seine Zeit dort verbrachte, doch das konnte Bilbo seinen Zwergen nun wirklich nicht übelnehmen.

Er nahm einen tiefen Schluck von seiner Limonade und genoss das frische Gefühl auf seiner Zunge. Die saure Note wurde von einem Minzblatt das obenauf schwamm nur wenig gemildert, doch Bilbo genoss allein den Anblick des vertrauten Krautes als hätte er seit Jahren keines mehr zu Gesicht bekommen.

„Was führt dich zu mir?“, fragte Ori, der das Buch an dem er gerade gearbeitet hatte zugeschlagen und zurück in sein Regal befördert hatte. Etwas das Bilbo immer wieder neidisch beobachten musste. Er selbst musste sich mit den schweren Folianten abmühen, wenn er sie auch nur von der Stelle bewegen wollte, nicht dass Ori zugelassen hätte, dass er eines davon allein bewegte seit seine Schwangerschaft so weit fortgeschritten war aber dennoch.

Die Leichtigkeit mit der der junge Zwerg die schweren Dinger bewegte, brachte etwas in Bilbo zum Klingen, was er lieber nicht zu genau unter die Lupe nehmen wollte, oder er würde unweigerlich so rot anlaufen wie die Tomaten, die er mit etwas Glück diesen Sommer in seinem Garten würde ernten können, auch wenn sie sich sicher nicht mit seinen alten Preisträgern in Beutelsend messen können würden.

Bilbo lächelte Ori an und bedeutete dem jungen Schreiber sich zu ihm zu setzen. Ori zog die Augenbrauen hoch und brachte einen Stapel Papier und mehrere Federkiele mit. Bilbo lächelte versonnen. Ori wusste inzwischen einfach zu gut, womit er zu rechnen hatte, wenn Bilbo ihn überraschend besuchte.

„Es geht um ein Geschenk, das ich bekommen habe.“ Ori horchte auf. Bilbo hatte noch gut im Gedächtnis wie sehr er herumgedruckst hatte als es um Thorins Geschenk gegangen war doch die Früchte, die Bilbo hatte ernten dürfen nachdem er dieses Gespräch hinter sich gebracht hatte, waren all den Stress wert gewesen und er war zuversichtlich, dass es sich dieses Mal genauso verhalten würde.

„Was für ein Geschenk?“, fragte Ori. Bilbo bedauerte kurz, dass er die kleine Kostbarkeit nicht mitgebracht hatte doch er war sich ziemlich sicher, dass er die Figur nicht an einem Stück bis hierher und wieder zurückgetragen hätte. Dafür kannte er sein Gleichgewicht im Moment nicht gut genug. Was hauptsächlich daran lag, dass er sich kaum mehr erinnerte wie seine Füße eigentlich aussahen. Wobei Oin ihm versicherte, dass er schon viel schlimmer geschwollene Knöchel gesehen hatte und Bilbos breite Hobbitsohlen offenbar noch für mehr nutze waren als barfuß quer durch Mittelerde zu stolpern.

„Bofur hat mit etwas aus einem Stein geschnitzt, den er gefunden hat.“ Ori runzelte die Stirn.

„Was für ein Stein?“, fragte er nach.

„Ein Malachit“, antwortete Bilbo und hoffte, dass er sich den Namen richtig gemerkt hatte. Oris Augen wurden groß.

„Gefunden sagst du? Wohl eher aus dem Berg geschlagen. Was für ein Motiv?“

Bilbo stutzte kurz und antwortete dann: „Beutelsend. Was meinst du mit aus dem Berg geschlagen?“ Oris Gesichtsausdruck war in Bewunderung übergegangen.

„Gute Wahl. Beutelsend war dein Zuhause das steht für Geborgenheit und sich Wohlfühlen. Sehr gut durchdacht, das muss man Bofur schon lassen.“ Bilbo lächelte und wartete ab bis Ori seine Gedanken sortiert hatte.

„Malachit liegt nicht einfach auf dem Boden. Das heißt schon, wenn er als Druse wächst, aber an sich ist das ein Stein, den man im Fels verborgen findet kein wirklich wertvoller Stein im Sinne von Diamanten, aber wenn man an solche Dinge glaubt, dann einer, der Glück für die Geburt bringt. Ich wette, dass Bofur ganz genau weiß, was er dir da geschenkt hat. Das ist wirklich nett.“ Bilbo lächelte. Auch er fand das Geschenk sehr schön und je mehr er darüber herausfand desto besser wurde es.

„So ähnlich als würde man mir weiße Rosen und Haselzweige bringen, wobei das je nachdem wer den Strauß bringt auch ganz schnell etwas anderes heißen kann, als viel Glück für den Neuanfang und ein gesundes Baby.“ Ori runzelte die Stirn. Bilbo zuckte die Achseln „Weiße Rosen stehen immer für etwas Neues und Reines, aber im Normalfall eher für Freundschaft als für Liebe. Wenn man weiße und rote Rosen mischt, kann es aber auch als Feindschaft gesehen werden, so ziemlich alles an unserer Blumensprache ist fließend, aber wenn mir einer von euch ein Bouquet aus weißen Rosen mit Haselzweigen bringen würde, dann würde ich es als Glückswünsche für die Geburt ansehen und keine tiefere Bedeutung suchen.“ Nun war es an Ori die Stirn zu runzeln.

„Mit unseren Edelsteinen ist es ganz ähnlich, es gibt unendliche Möglichkeiten in diverse Fettnäpfchen zu treten, deswegen bleiben so viele Zwerge lieber auf den gut bekannten Wegen. Niemand hat etwas gegen Diamanten oder Smaragde. Bei Rubinen wird es schon schwieriger, aber die meisten Leute würden sie dennoch annehmen. Was hältst du davon, wenn wir lieber dabei bleiben, dass du jeden Strauß, den wir dir schenken wollen erstmal übersetzt bevor wir uns ganz sicher sind, dass wir auch das richtige sagen und Bofur, Kili oder ich dir übersetzen was ein Stein bedeutet bevor du etwas annimmst, das damit geschmückt ist?“

Bilbo nickte. Das klang tatsächlich vernünftig vor allem wenn es in der Sprache der Steine so viele Möglichkeiten gab eine Bedeutung ins Negative zu verkehren, wie das in der Blumensprache der Fall war. Er war immer wieder fasziniert davon wie viele Blumen sich auch dafür eigneten subtil zu beleidigen oder dem beschenkten genau das zu sagen, was derjenige hören wollte, statt eine tatsächlich allgemeingültige Bedeutung zu haben, doch das war es vielleicht auch, was die ganze Sache so faszinierend machte. Es gab nicht die eine richtige Antwort und auch wenn sich jeder über einen Strauß rote Rosen freute, war es doch etwas anderes, wenn man eine Rose bekam, die nicht der Norm entsprach.

Bilbo erinnerte sich noch gut an die orangenen Rosen, die seine Mutter gezogen hatten und die sie nur allein Bilbos Vater geschenkt hatte, weil die Blumen für sie etwas anderes bedeuteten. Es steckte auch die Arbeit darin, die es sie gekostet hatte genau die Schattierung zu bekommen, die sie sich eingebildet hatte und die manchmal am Rand diesen pinken Saum bekamen, der bedeutete, dass die Rose bald getrocknet von der Schlafzimmerdecke hängen würde, weil sie gar so selten und wunderschön waren.

„Was hältst du davon deinen Garten zu besuchen und du bringst mir ein paar mehr Bedeutungen bei?“ Bilbo nickte begeistert. Ori durch seinen Garten zu führen, der fleißig protokollierte, was wie aussah, welches Kraut wofür verwendet werden konnte und welche Blüte welche Bedeutung hatte, gehörte zu Bilbos liebsten Beschäftigungen, wobei Kili mit Versuch und Irrtum inzwischen vermutlich mehr Blumenwissen sein Eigen nannte als Ori mit seiner akribischen Methode. Dafür würde Ori ein Nachschlagewerk zu Stande bringen, mit dem auch andere Zwerge etwas anfangen konnten, während Kili sich für gewöhnlich mit Sätzen behalf wie: „Diese roten Blumen, die du lieber magst als die kleinen gelben, aber so ähnlich heißen wie die blauen, die dieses und jenes bedeutet haben.“

Bilbo brauchte manchmal eine ganze Weile um so etwas zu entschlüsseln doch inzwischen hatte er sich auch an Kilis eigenwillige Beschreibungen gewöhnt und schätzte sie fast ebenso sehr wie Oris Enthusiasmus. Außerdem war Kili unübertroffen darin Vergissmeinnicht aufzustöbern, auch wenn Bilbo sich nicht ganz sicher war, ob er überhaupt wissen wollte wie er die seltenen blauen Blümchen fand, oder ob es irgendwo einen Gärtner gab, der Gift und Galle spuckte, weil sie immer wieder verschwanden.

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Den Nachmittag in Bilbos Garten zu verbringen, war ein Vergnügen für Ori und in letzter Zeit auch nicht mehr so selten. Bilbos grüner Daumen hatte scheinbar auch in Erebor seine Wirkung nicht verloren. Überall sprossen die Pflanzen, Blumen erblühten und jede Menge Insekten summten zwischen ihnen herum. Ori konnte kaum hoffen auch nur die Hälfte davon zu benennen und er war fast sicher, dass er schon mal eine der riesigen Bienen gesehen hatte, die Beorns Garten bevölkerten, was natürlich Unsinn war, doch er hätte geschworen, dass er sich das Tier nicht nur eingebildet hatte.

Bilbo führte ihn durch seine sorgfältig angeordneten Beete, wo Gemüse in sauberen Reihen wuchs, ohne dass auch nur ein Unkraut dazwischen zu sehen gewesen wäre, was wie Ori wusste daran lag, dass Bilbo eine ganze Schar von freiwilligen Helfern hatte, die unter seiner Aufsicht die Beete in Schuss hielten, solange er nicht in der Lage war sich zu bücken, oder auch nur Oins Erlaubnis hatte im Garten mehr zu tun als zu flanieren und Ori zu unterrichten.

Gimli hatte sich wohl als außerordentlich geschicktes Helferlein entpuppt, auch wenn er stets murrte wie nur was, wenn Bilbo ihn darum bat dieses oder jenes für ihn zu erledigen.

Das Gemüse war für Ori nicht allzu interessant, auch wenn er zugeben musste, dass es ihn faszinierte das Bilbo in der Lage war, aus praktisch nichts, etwas zu machen, das tatsächlich Essen auf den Tisch brachte, auch wenn die kleinen Salatköpfe noch eine ganze Weile wachsen mussten bevor man sie ernten konnte.

Überschattet wurde der eine Teil des Gartens von einer Steinmauer, an der sich Efeu und Kletterrosen emporwanden, oder sie würden es in naher Zukunft tun. Noch sah es für Ori so aus als sei Bilbo ein wenig arg optimistisch, was die wenigen Pflanzen am Fuß der Mauer anging, doch der Hobbit hatte nur den Kopf geschüttelt und Ori einen Vortrag darüber gehalten, dass man Rosen nicht allzu nah aufeinander pflanzen konnte, weil sie sehr eifersüchtig waren und einander ohne Rücksicht auf Verluste an die Gurgel gingen, wenn man sie ließ.

Das hatte in Oris Kopf ein wenig Durcheinander geschaffen und ihm einen Alptraum mit meterhohen Rosenmonstern beschert, den er niemandem erzählen würde, auch wenn sein Leben davon abhing.

Die Blumenbeete waren weniger auf Linie gezogen, eher malerisch und hübsch anzusehen als nützlich, doch irgendwie war es Bilbo gelungen ein harmonisches Gesamtbild zu schaffen, in das auch irgendwann die Bäume hineinpassen würden, die er hier und da gepflanzt hatte.

Ein junger Apfelbaum an jedem Ende des Gartens, mehrere andere Setzlinge, die Ori noch nicht sicher erkannte und nicht zu vergessen der kleine Eichensprössling, den Bilbo aus Beorns Garten als Eichel mitgenommen hatte und der nun in seinem eigenen Beet das erste Grün zeigte und von Bilbo umsorgt wurde wie kein zweiter Baum in seinem Garten.

Ori mochte Bilbos Garten sehr. Gemeinsam ließen sie sich auf der Bank nieder, die Bofur für Bilbo gezimmert hatte und die zwar kein Schmuckstück war, dafür aber praktisch und einzigartig, was Bilbo grundsätzlich wichtiger zu sein schien, wenn es um Geschenke ging. Ori zog seine lose Blattsammlung heraus, auf der er schon diverse Pflanzen skizziert und sich Notizen dazu gemacht hatte, was sie konnten, wofür man sie benutzte und welche Bedeutung ihnen in Bilbos Blumensprache zukam.

Nicht immer war der Hobbit dabei nach einem erkennbaren Schema vorgegangen und so war sich Ori ziemlich sicher, dass er inzwischen genug Material zusammenhatte um stundenlang über Rosen zu diskutieren, wobei sie vermutlich erst an der Oberfläche gekratzt hatten, dafür aber nur wenig über die blauen stacheligen Blumen, die Bilbo naserümpfend Disteln nannte, die er aber aus irgendeinem Grund dennoch in seinem Garten duldete, auch wenn er sie als Beikraut bezeichnete, was soweit Ori das verstanden hatte eine Stufe besser war als Unkraut, aber nicht wirklich nützlich.

Die Blumen gefielen ihm dennoch ausnehmend gut und es juckte ihn in den Fingern sie zu zeichnen, doch dafür bot Bilbos Garten im Moment leider nicht die passende Gelegenheit und auch sein Klemmbrett half ihm nur bis zu einem bestimmten Punkt weiter. Bilbo hielt sein Gesicht in die Sonne und war anscheinend völlig damit zufrieden für den Moment zu schweigen. Ori konnte es ihm nachfühlen, auch er genoss das Licht, nachdem er mehrere Tage in seiner Bibliothek verbracht hatte.

Dori schüttelte darüber den Kopf und lamentierte, dass das nur daran lag, dass Ori über Tage geboren war und kein echter Zwerg wie es sie früher gegeben hatte, die wohl manchmal ihr ganzes Leben gelebt hatten ohne einmal in den Genuss eines Sonnenstrahles gekommen zu sein. Bilbo seufzte wohlig.

„Ich möchte hier draußen eine Ecke für unser Baby einrichten. Junge Hobbits brauchen Licht und Luft und Grünzeug. Ich weiß Zwerge brauchend das nicht, aber mir wäre es lieber, wenn das Kleine alles hat, was ein gesundes Hobbitkind braucht.“

Ori nickte, das machte Sinn auch wenn er sich nicht recht vorstellen konnte, was ein Baby im Garten machen sollte. Vielleicht in einer Wiege liegen und den Schmetterlingen zusehen, die sich auf der Wiese tummelten? Bei diesem Gedanken schlich sich sofort ein Design in Oris Kopf, wie eine solche Wiege aussehen müsste, damit sie zum einen ungefährlich für ein Baby wäre und zum anderen Wetterfest genug, damit man sie nicht jedes Mal hineinholen musste, wenn es nach Regen aussah.

Er kritzelte eifrig auf einer seiner Seiten herum und beschloss die Idee später mit Nori zu besprechen, der trotz seiner klebrigen Finger sehr geschickt mit den meisten Metallen war und sicher wusste, welches Material sich für Oris Idee am besten eignen würde. Außerdem würde Dori sicher gerne Bettzeug für das Kleine nähen, wenn er nur einen Vorwand bekommen könnte, da Bilbo ihm Einhalt geboten hatte, sobald der Kleiderschrank im Kinderzimmer aus den Nähten geplatzt war noch bevor das Baby auch nur auf der Welt war.

Ori musste sich ebenfalls zurückhalten um nicht alles, was er gerne stricken wollte auf Babygröße zu reduzieren und Bilbo war regelrecht wütend geworden als er gefragt hatte in welcher Farbe er denn seine Babysöckchen haben wollte.

Anscheinend war selbst die Erwähnung, dass ein Baby Socken brauchen könnte eine Beleidung für einen Hobbit. Es gab noch so viele Dinge, die Ori Bilbo fragen wollte und doch schienen sie nie genug Zeit zu haben. Ori bezweifelte sehr, dass sich das ändern würde, wenn das Baby erst einmal da war. Er hatte keine Erfahrung mit Kindern, aber nach dem was Dori und Nori so erzählten, waren sie ein Vollzeitjob und einer den Bilbo kaum alleine würde stemmen können, oder müssen.

Das ganze Rudel freute sich schon wie verrückt auf das Baby, auch wenn Ori zugeben musste, dass sich zumindest bei ihm auch eine gehörige Portion Angst in die Aufregung mischte. Er hatte noch nie ein Baby gehalten, oder eine Windel gewechselt, er kannte diese Dinge nur aus Geschichten und fragte sich ernsthaft, ob er so etwas überhaupt konnte.

Chapter 27: Kapitel 27

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Kapitel 27

Es war ein Tag wie jeder andere, bis Bilbo plötzlich etwas spürte, was ihn innehalten ließ. Es war als würde ihm etwas in den unteren Rücken fahren, so als hätte er zu schwer gehoben, was unmöglich war, da seine Zwerge ihn schon seit Monaten nicht mehr schwer heben ließen.

Er legte eine Hand auf seinen Rücken und massierte vorsichtig doch der Schmerz blieb erst einmal verschwunden. Ob das eine Wehe gewesen sein könnte? Dieser Gedanke war Bilbo inzwischen vertraut. Völlig egal welches Zipperlein sein Körper im Moment ausbrütete seine Gedanken schossen immer sofort zu: Wehe?!? Aber nach allem was er gehört hatte, war das viel zu mild gewesen um irgendetwas zu sein.

Bilbo beschloss das Gefühl erst einmal zu ignorieren, doch es war als hätte sich eine gewisse Anspannung über ihn gelegt, die er nicht abzuschütteln vermochte. Einige Minuten später atmete er erneut zischend ein und versuchte sich davon zu überzeugen, dass er sich den Schmerz, der gerade durch ihn hindurchglitt nur einbildete.

Es war kein scharfer Schmerz, wie wenn man mit dem Messer abrutschte und es im ersten Moment nicht einmal wehtat, während das Blut schon aus der Hand strömte. Es war auch nicht dieser Schmerz, wenn man den ganzen Tag gelaufen war und man am nächsten Tag nicht in der Lage war auch nur einen Muskel zu bewegen ohne zu stöhnen. Nein, der einzige Schmerz mit dem Bilbo diesen hier vergleichen konnte, war der, der ihn überkam, wenn er aus seiner Hitze heraus war und blutete, weil sein Körper es offenbar nicht ertragen konnte, dass er einmal mehr keinen Partner gefunden hatte um ein Baby zu machen.

Das hier fühlte sich so ähnlich an nur schlimmer. Viel schlimmer. Eine Minute später war das dumme Gefühl weg und Bilbo konnte wieder freier atmen, nur jetzt kam die Angst dazu. Er wusste von absolut jedem mit dem er je gesprochen hatte, dass eine Geburt sich über Stunden, manchmal Tage hinzog und er sah beim besten Willen keine Chance, dass er diese Tortur für eine so lange Zeit würde ertragen können. Panik drohte ihn zu überwältigen.

Bilbo stemmte sich von der Bank in seinem Garten hoch und schalt sich einen Narren, weil er ganz alleine draußen war. Er setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Der Schmerz blieb weg und er betete schon fast, dass er sich geirrt hatte und es gar keine Wehen waren, sondern vielleicht nur ein verstimmter Magen.

Auf halber Höhe der ersten Treppe hinunter zu Oins Krankenstation übermannte ihn der Schmerz erneut. Bilbo krümmte sich zusammen, auch wenn er wusste, dass das nicht helfen würde und eher kontraproduktiv war doch sein Instinkt hatte die Kontrolle übernommen und der sagte nun mal, dass er ein so kleines Ziel wie irgend möglich abgeben musste, auch wenn ihm vom Verstand her klar war, dass es in Erebor niemanden gab, der ihn fressen wollte.

„Meister Beutlin.“ Der Hobbit hörte den Wachmann kaum, an dem er wohl irgendwie vorbeigeschlüpft sein musste. Sicher Thorin bestand ja darauf, dass er stets eine Wache dabeihatte, wenn er es sich im Garten gemütlich machte, doch er hatte ganz vergessen, dass der Zwerg da war. Er gab sich redlich Mühe zu antworten, doch er hatte schon Probleme damit zu atmen. Der Zwerg schien nicht zu wissen wohin mit seinen Händen. Bilbo biss die Zähne zusammen. War es etwa nicht offensichtlich was mit ihm los war? Zwerge.

„Das Baby kommt“, presste er hervor und konnte nicht verhindern, dass seine Stimme die Schmerzen, die er gerade erlebte, verriet. Der Zwerg schluckte und Bilbo sah seine eigene Panik in dessen Augen reflektiert, was ihm paradoxerweise half sich wieder in den Griff zu bekommen. Das waren Wehen. Und wenn schon. Das machten Hobbits seit hunderten von Jahren. Seine Großmutter hatte zwölf Kindern das Leben geschenkt. So schwer konnte das doch nicht sein. Bilbo kam aus eigener Kraft wieder auf die Füße.

„Ich muss zu Oin. Wir haben ein Zimmer vorbereitet genau für diesen Fall. Lauf voraus und sag Bescheid, dass ich komme und wenn du jemanden von meinem Rudel siehst, schick ihn her.“ Der Zwerg schien mehr als erleichtert eindeutige Anweisungen bekommen zu haben, auch wenn es ihm anscheinend schwer fiel Bilbo allein zu lassen. Bilbo hatte selten einen Zwerg so schnell rennen sehen, doch der Anblick brachte zumindest für einen Moment ein Lächeln auf sein Gesicht.

Der Hobbit legte eine Hand auf seinen Bauch und machte sich mit langsamen Schritten wieder auf den Weg. Wenn sich das Muster wiederholte, würde es eine ganze Weile dauern bis ihn die nächste Wehe überrollte und solange konnte er ebenso gut in Bewegung bleiben. Sein natürlicher Optimismus hatte für den Moment wieder die Oberhand gewonnen, doch Bilbo befürchtete, dass das nicht allzu lange so bleiben würde.

„Bilbo.“ Das war Kilis Stimme, der plötzlich neben ihm auftauchte. Im Gegensatz zu seiner Wache hatte der Prinz keine Probleme damit einen Arm um Bilbos Hüften zu schlingen und einen Teil seines Gewichtes für ihn zu tragen. Wahrscheinlich hätte er ihn sogar auf den Arm genommen, hätte Bilbo nicht mehr als einmal deutlich gemacht, was er von solchen Gesten hielt.

„Es geht los“, murmelte Bilbo. Kili schluckte schwer, dann jedoch stählten sich seine Gesichtszüge und er nickte als würden er und Bilbo in den Kampf ziehen.

„Na dann mal los.“

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Dwalin, Thorin, Nori, Ori, Fili, Kili, Bifur und Bofur, standen zusammen mit Gloin, Mila und Gimli vor der geschlossenen Türe dessen, was Oin seinen Kreissaal nannte. Balin, Bombur, Dori und Oin selbst waren an Bilbos Seite. Im Moment wechselten sich die Zwerge alle zwanzig Minuten ab, so dass jeder die Gelegenheit hatte an Bilbos Seite zu sein und danach die Möglichkeit das Gefühl zurück in seine Finger zu schütteln, oder wie Kili zu beschließen, dass er nie im Leben ein Baby bekommen wollte und sich in die nächste Ecke zu übergeben.

Die Schweinerei hatte Dwalin und Dori zumindest eine Weile lang beschäftigt, während Fili seinem Bruder den Rücken tätschelte. Das einzige Gute war, dass er sich erst übergeben hatte als er nicht mehr in Bilbos Blickfeld gewesen war.

Dwalin selbst war noch nicht drin gewesen. Hatte nur gehört was Kili und Ori berichteten, die als erste an Bilbos Bett gestanden und hilflos zugesehen hatten wie der Hobbit sich vor Schmerzen wand, während Oin ihnen zu vermitteln versuchte, dass er sich auf seinen Patienten konzentrieren musste und wenn einer von ihnen ohnmächtig werden wollte dann bitte draußen.

Bisher drangen Bilbos Schreie noch nicht durch die Tür, doch Dwalin wusste aus Erfahrung, die er mit Thorin teilte, dass es nur eine Frage der Zeit war. Dis‘ Schreie als sie Fili und Kili auf die Welt gebracht hatte, hörte er noch immer manchmal in seinen Alpträumen und er war nicht allzu erpicht darauf Bilbos in dieselbe Kategorie einzuordnen.

Die Tür öffnete sich und Balin trat heraus. Er war ein wenig blass um die Nase, doch er bestätigte, dass alles in Ordnung war und die Dinge ihren Lauf nahmen so wie sie sollten. Dwalin erwiderte das Nicken und drängte sich an den anderen vorbei ins Zimmer.
Bilbo wanderte von Dori gestützt auf und ab, während Bombur nach Oins Anweisungen das Bett aufschüttelte.

„Dwalin.“ Bilbo hörte sich eigentlich noch recht normal an. Dwalin trat zu ihm und nahm den Hobbit nach einem kurzen Zögern in die Arme. Bilbo schmolz regelrecht zusammen und kuschelte sich an ihn, auch wenn ihm die schweißnassen Haare an der Stirn klebten und er alles in allem so aussah als hätte er gerade ein Wettrennen hinter sich.

„Wie geht es dir?“, fragte Dwalin und hätte sich einen Moment später selbst ohrfeigen können. Bilbo schnaubte und zuckte die Achseln.

„Es muss. Teilweise ist es schlimmer als ich es mir vorgestellt habe, teils einfach nur schmerzhaft. Ich weiß, dass diese Dinge Zeit brauchen, aber das Warten macht mich noch wahnsinnig. Oin sagt…“ Bilbo brach ab und atmete zischend ein. Dwalin spürte wie sich seine Finger um seine Arme krallten, während Bilbo vergeblich versuchte weiter zu atmen. Hilflosigkeit war kein Gefühl das Dwalin schätzte, doch jetzt fühlte er sich genau so. Es gab absolut nichts was er tun konnte um Bilbo wirklich zu helfen. Also hielt er den Hobbit einfach nur fest und zählte die Sekunden. Schließlich ging es vorbei und Bilbo atmete lang und schaudernd aus.

„Die kam schneller“, presste er hervor, woraufhin Oin bestätigend murmelte.

„Geh weiter Bilbo, das Baby liegt noch nicht tief genug, wenn die nächste vorbei ist kann ich nochmal nachsehen wie weit wir sind.“ Bilbo nickte und machte sich wieder auf den Weg, diesmal von Dwalin gestützt. Der war sich nicht ganz sicher, ob er auf die nächste Wehe wartete, oder hoffte, dass sie nie kommen würde doch er tat brav seine Pflicht und hielt Bilbos Hände, wenn der sich für einen Moment ausruhen wollte. Bilbo grinste ihn an.

„Keine Sorge. Hobbits sind für das hier gemacht. Das wird schon, auch wenn ich denke, dass das schlimmste erst noch kommt.“ Dwalin nickte, auch wenn er sich nicht vorstellen wollte, was das schlimmste wohl sein würde, wenn Bilbo jetzt schon aussah als würde er jeden Moment umkippen.

„Trink“, befahl Oin plötzlich und reichte Bilbo einen Becher Wasser. Der verzog das Gesicht nippte aber brav daran. Dwalin nahm einen Lumpen entgegen und tupfte dem Omega den Schweiß von der Stirn. Der lächelte, obwohl ihnen beiden klar war, dass diese Geste in wenigen Minuten wieder umsonst gewesen sein würde.

Bombur war inzwischen verschwunden und Dori eroberte eine von Bilbos Händen zurück, während sie einen weiteren Kreis zogen. Inzwischen hatte Dwalin eine Vermutung, wieso Oin das Zimmer Kreissaal nannte doch er konnte nicht wirklich die Worte finden um dieses Gefühl auszudrücken.

„Wie geht es Kili?“, fragte Bilbo. „Er sah ziemlich grün aus, als er gegangen ist.“ Dwalin verzog das Gesicht. Nichts hier drin rechtfertigte Kilis Reaktion. Es floss kein Blut es roch zwar nach Schweiß, aber nicht nach schlimmerem und alle Beteiligten waren vollständig bekleidet.

„Er hat sich übergeben, aber ich denke er wird wieder.“ Bilbo machte mitleidende Geräusche dann blieb er wieder stehen, schien in sich hineinzuhorchen und biss dann die Zähne zusammen. Dwalin konnte beinahe sehen wie die Welle des Schmerzes ihn überrollte und er konnte spüren mit welcher Kraft Bilbo seine Finger drückte. Doch er würde den Teufel tun und Bilbo alleine lassen.

„Komm hier herüber“, befahl Oin. Dwalin spürte wie Bilbo sich nach unendlich langer Zeit, und doch waren es nur dreißig Sekunden, wieder entspannte. Dann wanderten sie gemeinsam hinüber zum Bett. Bilbo setzte sich hin und lehnte sich zurück, während Oin sich unter dem langen Nachthemd, das der Hobbit trug zu schaffen machte. Dwalin verzog das Gesicht und blieb lieber am Kopfende des Bettes. Was auch immer Oin anstellte, brachte Bilbo dazu die Nase zu rümpfen.

„Alles in Ordnung?“, fragte Dwalin. Bilbo zuckte halbherzig die Achseln.

„Es tut nicht weh, wenn du das meinst, aber es fühlt sich seltsam an. Wobei sich im Moment alles da unten seltsam anfühlt.“ Dwalin war froh, dass Bilbo seinen Humor nicht verloren hatte.

„Zehn zu eins, dass Kili wieder anfängt zu kotzen, wenn er her nochmal rein soll“, meldete sich da Nori zu Wort, der offenbar die Ablösung für Bombur war. Bilbo kicherte leise und hielt Nori die Hand zum Einschlagen hin.

„Der Junge muss noch viel lernen“, gab Dwalin seinen Senf dazu. Auch wenn er sicher war, dass er keinen Blick dahin riskieren wollte, wo Oin gerade herumfuhrwerkte. Manche Dinge musste man nicht sehen.

„Zwei Finger. Sehr gut Bilbo, wir machen Fortschritte.“ Bilbo blies sich eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn.

„Das will ich aber auch hoffen“, knurrte er und ließ sich von Dwalin und Nori wieder auf die Füße ziehen.

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Bilbo drehte einen weiteren Kreis. Er konnte sich nicht erinnern jemals in seinem Leben so erschöpft gewesen zu sein, doch er wusste gleichzeitig, dass er noch nicht annähernd am Ende seiner Kräfte war. Das durfte er nicht sein. Dennoch sehnte er sich danach sich hinzulegen und zu schlafen, obwohl er gleichzeitig wusste, dass er kein Auge zu bekommen würde.

Oin war grimmig zufrieden mit den Fortschritten, die sein Körper machte und das Baby lag richtig herum, alles Dinge über die es sich zu freuen galt, doch Bilbo konnte dennoch nicht anders als sich zu wünschen, dass die ganze Sache bereits hinter ihm liegen möge.

„Trink.“ Wieder einmal reichte Oin ihm einen Becher, diesmal mit Milch gefüllt. Bilbo verzog das Gesicht. Ihm war klar, dass der Heiler versuchte ihn am Austrocknen zu hindern, doch er bekam langsam einen Widerwillen gegen Flüssigkeit, obwohl er durstig war. Jedes Mal, wenn er zur Toilette musste, hatte er das Gefühl, dass alle um ihn herum die Luft anhielten, als ob er das Baby auspupsen würde, wenn sie einmal nicht an seiner Seite waren.

Gehorsam nahm Bilbo den Becher und nippte daran, die Wehen kamen inzwischen in kürzeren Abständen und Oin schien darauf zu warten, dass Bilbos Fruchtblase platze, doch noch war es nicht so weit.

Fili strich Bilbo das Haar aus der Stirn und massierte ihm für einen Moment den Nacken. Bilbo lächelte. Im Gegensatz zu seinem Bruder kam Fili gut mit dem ganzen Zirkus zurecht, den eine Geburt mit sich brachte. Bilbo war sich nicht ganz sicher was davon zu viel für Kilis Magen gewesen war, doch vielleicht hatte es mehr mit der Aufregung zu tun als mit irgendetwas anderem.

„Wie geht es Kili?“, fragte Bilbo. Fili verzog das Gesicht.

„Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube fast er hat sich irgendetwas eingefangen. Jedenfalls wird er immer grün im Gesicht, wenn er sich der Tür nähert.“ Bilbo runzelte die Stirn. Das klang merkwürdig. Dann drängte sich ihm eine Vermutung auf. Entschlossen seine Theorie zu testen, bevor ihn die nächste Wehe überrollte, wanderte Bilbo zur Tür hinüber und steckte kurzerhand den Kopf hinaus.

„Kili?“ Der junge Zwerg stand soweit es der Raum ermöglichte entfernt und atmete flach durch den Mund. Sein Blick richtete sich auf Bilbo und etwas wie Panik war darin zu lesen. „Kili, es ist in Ordnung. Du darfst hier sein. Du gehörst zum Rudel, und dass hier ist nicht nur mein Baby, sondern genauso gut auch deins.“ Bilbo legte so viel Überzeugung wie er vermochte in seine Stimme. Etwas veränderte sich im Raum. Kili nahm einen vorsichtigen Atemzug, dann schien er die Luft anzuhalten. Einen Moment später atmete er tief durch, erschauderte und war dann in drei schnellen Schritten an Bilbos Seite. Als hätten sie sich abgesprochen, schlang Bilbo die Arme um Kilis Hals, der seine Nase an Bilbos Kehle vergrub und zitternd einatmete, während er ein Schluchzen unterdrückte.

„Shhh, ist ja gut“, murmelte Bilbo und streichelte Kili durchs Haar. Dann biss er einmal mehr die Zähne zusammen und Kili gab einen klagenden Laut von sich. Sofort war Fili bei ihnen, stütze Bilbo an den Hüften ab und warf panische Blicke an jeden im Zimmer. „Atmen“, stieß Bilbo hervor und Kili schien zu gehorchen.

„Was geht hier vor?“, fragte Thorin, der ebenfalls herbeigeilt war und zwischen seinem Neffen und Bilbo hin und her schaute.

„Kili hatte allen Grund sich zu übergeben“, presste Bilbo hervor und streichelte dem jungen Zwerg über den Rücken. „Wenn mich nicht alles täuscht dann ist Kili ein Omega.“ Ein kollektives Japsen ging durch den Raum und Bilbo schalt sich dafür, dass er nicht damit gerechnet hatte wie diese Nachricht einschlagen würde. Omegas waren unter Zwergen schließlich wahnsinnig selten. Im Auenland dagegen waren sie die Regel und was Kili gerade durchmachte, war durchaus normal für einen Omega in einem Rudel, während einer Geburt. Bilbo selbst hatte es zwar nie erlebt, doch er kannte genug Geschichten von Schwestern und Brüdern von entfernten Cousins, dass er sich sicher war.

„Kili teilt den Schmerz mit mir, weil er nicht weiß wie er sich dagegen abschirmen kann“, stellte fest als sich das Gemurmel gelegt hatte.

„Wie bitte?“, schallte es aus mehreren Richtungen in diversen Abstufungen der Höflichkeit. Bilbo verdrehte die Augen.

„Einer der Gründe, warum Hobbits so viele Kinder haben, denke ich, aber es passiert nur in engen Familienrudeln, wenn ein junger Omega gerade präsentiert wenn ein Baby auf die Welt kommt.“ Ori sah aus als würde er sich nach seinem Notizbuch sehnen und auch Oin schien aufmerksam zu lauschen als würde Bilbo einen spannenden medizinischen Vortrag halten.

„Das Band, das uns alle verbindet reagiert zwischen Omegas manchmal anders. Weil es normalerweise immer nur einen Omega in einem Rudel gibt.“ Kili zuckte zusammen. Bilbo streichelte ihm über das Haar. „Du gehörst zu meinem Rudel. Denk ja nicht, ich lasse dich gehen.“ Kili entspannte sich wieder, während Balin leise lachte. Bilbo lächelte ebenfalls, er klang fast so besitzergreifend wie ein Zwerg.

„Jedenfalls teilen Omegas extreme Gefühle miteinander und das hier“, er gestikulierte in Richtung seines Bauches, „ist wohl die extremste Gefühlslage, die es geben kann. Und Kili spürt jede Wehe mit mir.“ Oin stieß einen Fluch aus, der sich gewaschen hatte, packte Bilbo am Arm und zog ihn ohne viel Federlesen zurück in den Kreissaal. Kili folgte zwangsläufig, weil Bilbo sich weigerte ihn loszulassen. Wenn er recht hatte, dann brauchte der junge Omega alle Unterstützung, die er bekommen konnte und Bilbo war der einzige in Erebor, der wusste was genau das bedeutete.

„Kili, setz dich bevor du umfällst. Hier trink das.“ Oin drückte Kili einen Becher in die Hand und der verzog das Gesicht genau wie Bilbo vor wenigen Minuten. Der lächelte aufmunternd, oder versuchte es zumindest doch die nächste Wehe unterbrach ihn dabei.

Chapter 28: Kapitel 28

Notes:

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Chapter Text

Kapitel 28

Ori wurde langsam müde. Er fühlte sich schlecht deswegen, war er doch nur Zuschauer, während Bilbo die ganze Arbeit machte, doch es war eben so. Vor einiger Zeit schon hatte Bombur es nicht mehr ausgehalten und war in die Küche gestapft um für die Wartenden eine Art Buffett aufzubauen, doch mit vollem Magen war für Ori die Müdigkeit nur noch deutlicher. Er wollte sich gar nicht ausmalen wie es Bilbo erging, der in all der Zeit, die sie hier warteten und sich an seiner Seite ablösten, unermüdlich auf und ab gewandert war, bis Oin schließlich festgestellt hatte, dass es jetzt jeden Moment richtig losgehen konnte.

Das war gewesen kurz nachdem Bilbos Fruchtblase endlich geplatzt war und Ori hatte festgestellt, dass der Kampf den Bilbo führte um neues Leben in die Welt zu setzen einer echten Schlacht an widerlichen Details in nichts nachstand. Immerhin sah Kili nicht mehr aus als würde er sich jeden Moment übergeben seit Bilbo ihn an seine Seite geholt hatte, doch auch das war etwas, das Ori nicht aus dem Kopf wollte.

Wie war es möglich, dass Kili ein Omega war? Es hatte seit einer Ewigkeit keine Omegas mehr unter Durins Volk gegeben, und jetzt gab es plötzlich zwei in einem Rudel? Er arbeitete schon zusammen mit Balin daran, wie sie diese Geschichte spinnen konnten um es so zu erklären, dass Erebor der Schlüssel zu einer endlich wieder wachsenden Bevölkerung war, oder dass es ein Zeichen von oben war, dass es richtig gewesen war den einsamen Berg zurückzuerobern, doch irgendwie konnte Ori den Gedanken nicht abschütteln, dass es etwas mit Bilbo zu tun hatte, doch jetzt war gewiss nicht der richtige Zeitpunkt um ihn danach zu fragen.

Das Schreien vor dem Thorin und Dwalin gewarnt hatten und zu dem Mila und Gloin nur düster genickt hatten, hatte begonnen. Seit einiger Zeit ertrug Bilbo die Wehen nicht mehr stoisch, sondern schrie den Schmerz in den Berg hinaus und Ori lief es eiskalt den Rücken herunter wann immer er das Geräusch hörte. Oin nannte es Austreibungsphase als würde ein medizinischer Begriff die Sache besser machen, doch wahrscheinlich flüchtete sich der alte Heiler auf diese Art genauso wie Ori es tat indem er hier draußen blieb und keinen Fuß mehr in den Kreissaal setzte, doch er kam sich wie ein Feigling vor.

Seit Bilbo schrie, waren Thorin, Dwalin, Fili, Nori, Gloin und Bifur nicht mehr von seiner Seite zu lösen, doch Ori kämpfte noch mit seinem Instinkt. Wahrscheinlich war es ein Alpha Ding, das ihn dazu drängte an die Seite seines gebärenden Omegas zu eilen, doch er konnte nicht riskieren, dass sein Geheimnis heute ebenfalls gelüftet wurde. Schlimm genug, dass es Kili so ergangen war, wobei Ori sich ziemlich sicher war, dass der die Tatsache feiern würde, sobald er wieder ganz bei sich war, doch Ori hatte keine Lust sich selbst als Alpha zu outen.

Mila warf ihm immer wieder fragende Blicke zu, doch auch Balin und Bombur waren noch hier draußen und würden erst einmal abwarten. Dann jedoch drang ein weiterer Schrei durch die geschossene Tür und Bombur schien den Kampf mit sich selbst zu verlieren, öffnete die Tür und stürmte an Bilbos Seite. Der Raum sah aus als könnte er nicht mehr viele Zwerge fassen, doch wie in Trance fühlte sich Ori ebenfalls angezogen von den Geschehnissen, seine Müdigkeit komplett vergessen.

Sein Blick tunnelte sich auf Bilbo ein und er spürte erst, dass sich seine Beine bewegten als er schon mitten drin war in seinem Rudel. Bilbo keuchte und versuchte tapfer zu lächeln, während Thorin ihm den Schweiß abwischte. Dwalin kniete hinter ihm auf dem Bett und schien den Großteil seines Gewichtes zu tragen. Ori konnte seine Oberschenkel zittern sehen, was wohl hieß, dass Dwalin dieses Gewicht schon eine ganze Weile trug.

Gloin und Nori hielten je eine Hand des Omegas und beide bissen die Zähne zusammen als Bilbo erneut zu schreien begann. Auch wenn er zwischendurch versuchte zu atmen um den Schmerz loszuwerden, er schien doch nicht allzu erfolgreich damit.

Oin kniete zwischen Bilbos Beinen und Ori wandte schnell den Blick ab. Blut und was es sonst noch so auf einem Schlachtfeld an Körperflüssigkeiten zu sehen gab. Der Geruch war genauso unangenehm wie er sich an die Schlacht der fünf Heere erinnerte, doch die Stimmung war anders. Erwartung lag ebenso dick in der Luft wie Angst und Schmerz, doch Ori wollte lieber nicht zu genau nachschnüffeln, nicht dass er doch noch in Kilis Fußstapfen trat und sich übergab.

Kili lag zusammengerollt an Bilbos Seite, einen Arm um seine Taille geschlungen. Fili hatte eine Hand auf seinem Rücken und hielt in davon ab Oin in die Quere zu kommen, doch Ori war sich nicht einmal sicher, ob Bilbo den anderen Omega noch bemerkte, so beschäftigt schien der Hobbit damit zu schreien und dazwischen nach Luft zu schnappen wie ein Fisch auf dem Trockenen.

„Bei der nächsten Wehe, musst du pressen.“ Bilbo biss sich auf die Unterlippe als wollte er sich einen harschen Kommentar verkneifen. Ori quetschte sich neben Nori. Der warf ihm einen kurzen Blick zu und lehnte sich ein wenig an ihn. Ori legte eine Hand auf Noris und Bilbos verschränkte Hände und lehnte den Kopf an Dwalins Schulter. Es war nicht gerade bequem, doch er war Teil des Ganzen und darauf kam es an.

Inzwischen war das ganze Rudel versammelt auch wenn Mila und Gimli weiterhin vor der Tür Wache standen, fast so als wollten sie das Rudel vor jedem verteidigen, der sich die emotionale Stimmung für einen Angriff zunutze machen könnte.

„Ich kann schon das Köpfchen sehen. Nicht mehr lange. Die nächste Wehe nicht pressen, sondern abwarten.“ Bilbo sah aus als würde er den Kampf gegen die Schimpftirade verlieren, doch die nächste Wehe schüttelte ihn und Ori konnte nicht anders als die Luft anzuhalten und zu beten, dass alles gut gehen würde.

„In Ordnung. Wieder pressen.“ Ori wollte gar nicht wissen von was Oin seine Anweisungen abhängig machte, für ihn klang es zumindest ziemlich abstrus, doch Bilbo schien den Sinn dahinter zu erkennen und nur darauf kam es an.

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Bilbo schwor sich, nicht zum ersten Mal, dass er nie wieder einen seiner Zwerge an sich heranlassen würde. Das hier war die schlimmste Tortur, die er je in seinem Leben durchgemacht hatte und wie er je vergessen sollte wie weh es tat und wie sehr er sich wünschte es wäre endlich vorüber, ging über seinen Verstand.

„Pressen.“ Bilbo biss die Zähne zusammen, Oin hatte leicht reden. Dennoch versuchte er dem Befehl Folge zu leisten, seinem Körper dabei zu helfen etwas zu tun, was, wie alle ihm immer wieder versicherten, völlig natürlich und die schönste Sache der Welt war, doch es half nichts. Er spürte, dass seine Kräfte nachließen, dass er sich überhaupt nur noch aufrecht halten konnte, weil Dwalin ihn stützte, doch er spürte auch, dass sein ganzes Rudel bei ihm war. Niemand hatte sich gedrückt, sie alle standen ihm bei, auch wenn sie effektiv kaum etwas tun konnten, so war es doch der Gedanke und die Absicht, die für Bilbo zählten.

Er atmete zischend aus und versuchte sich daran zu erinnern wie es war, wenn einem nichts weh tat, wenn sich der Körper einfach nur normal und zufrieden anfühlte, doch es war als sei die Erinnerung daran blockiert. Längst hatte Bilbo jedes Zeitgefühl verloren, er lebte nur noch in diesem ewigen hin und her zwischen Kräfte sammeln und atmen dann wieder schreien und pressen, seine Stimme war inzwischen vermutlich nicht mehr als ein Krächzen, doch er fand nicht die Energie um nach einem Glas Wasser zu fragen. Nicht jetzt. Zu Beginn des Ganzen hatte er sich sogar noch Sorgen um das Bett gemacht auf dem er kniete, nun interessierte ihn nichts mehr, als dass er wollte, dass es endlich vorbei war.

„Pressen.“ Wieder tat Bilbo wie ihm geheißen und diesmal spürte er wie sich etwas bewegte. Tränen traten ihm in die Augen, während er nach Luft schnappte. Das war fast noch schlimmer als das Gefühl zuvor, doch Oins müdem Lobgemurmel nach zu schließen, war etwas Gutes passiert.

„Bilbo, ich möchte, dass du in die nächste Wehe alles legst was du noch hast. Ich kann den Kleinen praktisch schon schreien hören. Nur noch einmal. Komm schon.“ Bilbo biss erneut die Zähne zusammen, doch er klammerte sich verzweifelt an das Versprechen. Nur noch einmal. Er konnte das ein weiteres Mal durchstehen, wenn es danach vorbei war, wenn er dann endlich schlafen durfte und erst wieder aufstehen, wenn sich seine Gliedmaßen nicht mehr anfühlten wie Tomatenstängel, die zu lange in der Sonne gewesen waren.

„Pressen.“ Bilbo presste und wieder konnte er spüren, dass etwas geschah. Als würde es ihn zerreißen, doch gleichzeitig ließ der Druck plötzlich nach. Ein gellender Schrei ging durch den Raum und Oin erhob sich. Triumphierend hielt er ein rosa Bündel in den Händen, das aus vollem Halse kreischte. Bilbo liefen die Tränen übers Gesicht. Er sackte in Dwalins Halt zusammen, der ihm nach einem gemurmelten Wort von Oin half sich hinzulegen.

Bilbo wusste, dass er auf dem besten Weg in einen hysterischen Anfall war. Doch er war gleichzeitig so unglaublich froh, dass das Baby nun endlich da war und so fertig mit der Welt, dass er sich am liebsten umgedreht hätte und alles und jedes ignoriert bis er sich wieder wie ein lebendiges Wesen fühlte.

„Gut gemacht“ Bilbo spürte wie ihm jemand auf die Schulter klopfte, doch er konnte beim besten Willen nicht sagen wer es gewesen war. Seine Augen hingen an dem kleinen rosa Baby, das nach wie vor herzerweichend brüllte und offenbar alles was Oin mit ihm anstellte äußerst zweifelhaft fand. Bilbo wollte gerade die Augen schließen, als er spürte wie sich sein Körper erneut anspannte.

„Oin.“ Die Panik in seiner Stimme war vermutlich nicht zu überhören. Er sah wie Oin das Baby an Gloin weitergab, der leise gurrte und das Kleine hielt, während Oin mit flinken Fingern die Nabelschnur erst abband dann kappte und Gloin aus dem Weg scheuchte. Der machte zwei Schritte am Bett entlang und Bilbos Blick wurde erneut von dem kleinen Wesen angezogen, das er auf die Welt gebracht hatte.

„Das ist die Nachgeburt Bilbo, kein Grund zur Sorge, nach dem was du grade geleistet hast, ist das kaum der Rede wert.“ Bilbo war sich nicht sicher, ob er über diesen Teil einer Geburt je nachgedacht hatte, doch er beschloss, dass er sich später Sorgen darum machen konnte. Sein Körper schien im Moment ganz gut ohne seinen Input klar zu kommen und etwas in ihm drängte ihn dazu die Arme auszustrecken und das Baby in Empfang zu nehmen auf das er all die Monate gewartet hatte.

„Es ist ein Mädchen“, sagte Gloin stolz. Ein Raunen ging durch den Raum. Bilbo lächelte. Ein Mädchen. Er hob die Hände und Gloin verstand ihn auch ohne Worte. Vorsichtig bettete der Zwerg das kleine Wesen in Bilbos Arme. Große blaue Augen blinzelten den Hobbit an und ein kleiner Mund verzog sich zu einer Grimasse. Bilbo lächelte und tippte auf die winzige Stupsnase. Seine Tochter zog die Nase kraus und schnüffelte. Seit Bilbo sie berührt hatte, hatte sie aufgehört zu schreien.

Bilbo kuschelt die Kleine so nah er konnte an sich und sog den Geruch nach Baby ein, der noch ein wenig von Blut überdeckt wurde, doch das störte ihn im Moment nicht weiter. Wahrscheinlich würde er später ein gewisses Schaudern nicht unterdrücken können, doch für den Moment war alles in Ordnung.

„Darf ich vorstellen. Belladonna Beutlin, die zweite ihres Namens.“ Er hauchte einen Kuss auf die Stirn der kleinen Prinzessin von Erebor. „Bella.“ Umgeben von seinen Zwergen konnte Bilbo sich keinen Ort vorstellen an dem er lieber wäre. Niemanden mit dem er dieses Geschenk lieber teilen wollte und keine Welt in der er nicht genau hier mit genau diesem Rudel war, um seine perfekte kleine Tochter in der Welt willkommen zu heißen. Mochte sie nun Zwerg oder Hobbit sein. Alpha oder Omega. Es machte keinen Unterschied darin, dass Bilbo in diesem Moment sein Herz ein weiteres Mal verlor und wieder waren es Durinblaue Augen, auch wenn man sicher argumentieren konnte, dass die allermeisten Babys blaue Augen hatten.

Bilbo war glücklich. Genauso sollte es sein.

Notes:

Vielen Dank fürs Lesen
Bis zum nächsten Mal
lg Jam