Actions

Work Header

Rating:
Archive Warning:
Category:
Fandom:
Relationship:
Characters:
Additional Tags:
Language:
Deutsch
Stats:
Published:
2025-06-11
Updated:
2025-06-18
Words:
2,605
Chapters:
4/6
Comments:
6
Kudos:
20
Bookmarks:
2
Hits:
235

Alles, was ich in deinen Händen lasse

Summary:

Leo hat schon als Teenager gewusst, dass an Adams Händen etwas Besonderes ist. Nicht nur, was sie konnten. Sondern was sie nicht taten. Keine Gewalt gegen ihn. Kein Zwang.
Nur Halten. Berühren. Handeln.

Bis Adam ging. Ohne ein Wort. Und Leo blieb zurück.

Jetzt, 15 Jahre später, sind sie beide Kriminalhauptkommissare in Saarbrücken.
Und Adams Hände?
Die sind immer noch da.

Eine 5+1 Geschichte über Berührungen, die alles verändern.

Notes:

Das Rating ist zunächst Teen and Up Audiences,
wird sich aber im letzten Kapitel auf Explicit ändern.
Denn manchmal… ist Berührung eben nicht mehr nur Geste.

(See the end of the work for more notes.)

Chapter 1: #1 Salz auf offener Haut

Chapter Text

Das Baumhaus war wie eine Zeitkapsel aus rauem Holz, verschwitzten Sommern und alten Polsterkissen mit dunkelbraunem Blümchenmuster. Leo saß auf dem einen, die Beine angewinkelt, den Blick durch die Lichtstreifen schweifend, die durch die Ritzen zwischen den einzelnen Brettern fielen.

Neben ihm stand eine Flasche Apfelschorle. Bereits warm und halb leer, leicht klebrig an der Außenseite. Er hatte sie aus dem Keller geholt, bevor er hergekommen war. Adam mochte die. Süß, aber nicht zu süß. Etwas, das nach einer ausgelassenen Jugend schmeckte, wenn doch sonst alles so verkorkst war.

Adam hockte ihm gegenüber, der Rücken leicht gekrümmt und die Schultern fast bis zu den Ohren gezogen. Er sah aus, als versuchte er, sich unsichtbar zu machen. Seine Hände baumelten zwischen seinen Knien, und Leos Blick blieb daran hängen.

Groß. Kraftvoll. Lange, schmale Fingerglieder, die zupacken konnten. Dinge bewegen, jemanden wegziehen, im Notfall auch zuschlagen. Hände, die Leo schon immer fasziniert hatten. Nicht nur wegen ihrer Stärke, sondern wegen der Kontrolle darin.
Was sie bewirken konnten, wenn Adam sich für Gewalt entschied.
Und was sie bedeuteten, wenn er es nicht tat.
Gegen Leo hätten sie nie etwas getan. Niemals.
Er kannte jede Bewegung dieser Hände: Das angespannte Verharren, das fast zärtliche Ruhigwerden, wenn er nicht dazu gezwungen war, jemanden zu verteidigen.
Aber heute…
Heute waren sie anders.

Die Knöchel gerötet und aufgeschlagen. Blut, das in dünnen Linien eingetrocknet war, zog sich über die Sehnen. Und nicht nur da. Kleine, gleichmäßige Verletzungen auf den Handrücken. Risse, als hätte jemand mit Draht darübergekratzt. Oder mit Schleifpapier. Die Haut an den Seiten der Finger war an manchen Stellen aufgerissen. Nichts davon sah aus wie ein Unfall. Und auch nicht nach einer Schlägerei.

Leo erinnerte sich an den Morgen. An die zwei Typen aus der Parallelklasse, an deren Grinsen, als sie Leo gegen die Mauer neben der Sporthalle geschubst hatten. Und daran, wie Adam plötzlich da war. Wie schnell es ging. Wie die beiden geflüchtet waren, noch ehe sie richtig angefangen hatten. Und doch… dafür war das zu viel.

Zu gleichmäßig. Zu gezielt. Zu gründlich.

„Das war nicht von heute“, sagte Leo schließlich und deutete mit einem Kopfnicken auf Adams Hände.

Er antwortete nicht.

Leo lehnte sich ein Stück vor, stützte die Ellbogen auf den Knien ab. „Das war nicht auf dem Schulhof.“

Immer noch Stille. Nur draußen irgendwo ein Spätzchen. Das leise Gluckern der Apfelschorle, als Leo die Flasche hob, einen Schluck nahm, um Adam Zeit zu geben, sich vielleicht doch noch für eine Antwort zu entscheiden. Dann reichte er die Flasche an ihn weiter.

Adam nahm sie entgegen. Mit beiden Händen. Und Leo sah, wie er die Finger vorsichtig um das Glas legte, obwohl es wehtun musste, sie so zu krümmen. Die Bewegungen waren langsamer als sonst. Und zitterten leicht.

„Willst du’s mir sagen?“

Adam hielt die Flasche fest, sah Leo nicht an, sondern hielt den Blick starr in seinen Schoß gesenkt.

Dann, leise: „Er… hat was ausprobiert.“

Leo wartete.

„Was Neues.“

Leo schluckte. Er kannte diesen Ton. Und er wusste, zu was Er fähig war.

„Er meint, meine Hände sind zu weich.“

Leo zog scharf die Luft ein. „Was hat er getan?“

Adam hob den Blick. Ein Moment lang war da etwas. Fast wie Trotz. Dann ließ er den Kopf wieder sinken.

„Er hat die Finger in Salzlauge gelegt. Vorher die Haut angeritzt.“

Leo wurde schlecht.

„Damit’s brennt. Damit ich lern, durchzuhalten. Ein Mann muss das aushalten.“

Leo hatte das Gefühl, er müsste aufstehen, schreien, irgendetwas tun. Stattdessen atmete er nur tief durch. Sah wieder auf Adams Hände.

„Die sind nicht zu weich“, sagte er leise.

Adam zuckte mit den Schultern.
Leo beugte sich ein Stück näher zu ihm.

„Ich mein’s ernst. Die sind stark. So…“, Leo haderte kurz mit sich selbst. Aber wen hatte Adam schon in seinem Leben, der ihm mal nette Worte schenkte. „So wie du.“

Adam sah ihn wieder an. Und Leo hielt dem Blick stand.
„Hm.", schnaubte er bitter, „Spannend, dass du das sagst. Er meint, es gibt nichts demütigenderes als einen schwachen Sohn.“
Adam lächelte traurig.

Dann, ganz vorsichtig, streckte Leo die Hand aus. Legte sie nicht einfach in Adams, sondern bot sie ihm an. Offen, flach. Wie man einem scheuen Pferd einen Apfel anbieten würde. Man musste eben warten, bis es auf einen zukam. Und hoffen, dass es nicht aus Unsicherheit zuschnappte. Aber Leo war unbesorgt. Nicht dafür gewappnet, zurückgewiesen zu werden. Aber diese Hände würden ihm niemals Schaden zufügen. Das stand nicht zur Diskussion.

Und Adam?
Zögerte zwar, aber dann legte er seine rechte Hand in Leos.

Warm.
Präsent.
Und weich.
Aber niemals schwach.

Und Leo schloss leise die Finger darum. Nicht fest. Nur so, dass Adam wusste, dass er nicht losließ.

Chapter 2: #2 Schlag auf Schlag

Chapter Text

Leo hörte das bitterliche Flehen, ehe er die Garage betrat.
Dann das metallische Knallen eines aufprallenden Gürtels.
Und kurz darauf auch den trockenen, harten Schlag von Leder auf nackter Haut, der in seinem Kopf widerhallte.

„Papa! Nein! Bitte nicht!“
Adams Stimme riss durch die Schwummrigkeit.
„Ahhh—! Bitte, hör auf!“

Leo trat vorsichtig näher, fast automatisch.
Sein Herz klopfte so laut, dass er beinahe über das nächste Peitschen hinwegtaumelte.

Das Licht war unwirklich diffus und irgendwie leicht grünlich.
Es reichte gerade aus, um das Bild festzuhalten, das sich für immer in Leos Netzhaut brennen würde.

Roland Schürk. Stehend. Keuchend vor Anstrengung, gierig nach Luft, während er mit fast wahnhaftem Eifer auf seinen Sohn losging.
Sie hatten doch nur –
Aber er war immer so wütend.
Mit dem Gürtel in der erhobenen Hand, bereit zum nächsten Hieb.
Und Adam. In der Ecke. Kauernd. Die Arme vor dem Gesicht das Einzige, was ihn von der rohen Gewalt seines Vaters abschirmte.

Leo stockte der Atem.
Etwas in ihm schrie ihn an, sich endlich in Bewegung zu setzen und irgendetwas zu tun. Er war schon halb zwischen den Hantelbänken hindurch, als sein Blick ihn streifte: Der Spaten.

Er lehnte seltsam fehl am Platz an der Wand, zwischen Boxhandschuhen, Proteinpulverdosen und einem Fußball aus abgewetztem Leder.
Niemand in diesem Haus hatte je selbst einen Garten gepflegt. Die Schürks hatten Personal. Der Spaten war neu, strahlte einen metallischen Glanz aus im Dunkel seiner Umgebung.

Leo griff zu.

Ein Schritt.
Zwei.
Der Aufschlag.

Metall auf Schädel.
Dumpf. Blechern.
Roland sackte in sich zusammen wie ein leerer Sack Fleisch.

Leo stand da.
Atemlos. Der Spaten zitterte in seinen Händen. Die Finger viel zu fest verkrampft, als wäre der Griff Teil von ihm geworden. Er starrte auf den leblosen Körper zu seinen Füßen.
Auf das Blut, das stetig von Roland Schürks Hinterkopf auf den Betonfußboden sickerte.
Auf die Stille.

Dann überkam ihn etwas. Ekel, Panik, Abscheu vor dem, was er getan hatte.
Und vor dem Gedanken, dass er sich in keinem Universum anders entschieden hätte in dieser Situation.
Mit einem erstickten Laut schleuderte Leo den Spaten fort. Er krachte gegen einen Hantelständer und fiel klirrend zu Boden.

Und dann. Dann war Adam bei ihm.

Nicht zögerlich, nicht vorsichtig.
Er war aufgesprungen, hatte sich mit letzter Kraft aufgerichtet und sich Leo in die Arme geworfen.
Ohne Rücksicht auf eigene Schmerzen.
Ohne Abstand.

Sein Körper war wund, blutig und ausgezehrt. Aber seine Hände, diese geschundenen, viel zu großen Hände, krallten sich an Leo fest, als könnte nur er ihn noch am Leben halten.
Sie packten seinen Rücken, seine Schultern, sein Gesicht. Fast wie um sicherzugehen, dass Leo wirklich da war.

Leo spürte jeden einzelnen Druckpunkt.
Die rauen Handflächen.
Die Wärme, trotz allem.
Die Angst, die darin zitterte, und gleichzeitig eine Art… Dankbarkeit, die ihn beinahe zerriss.

„Leo.“

Nur sein Name, ins Schlüsselbein gehaucht.
Leo hielt Adam. Und ließ sich halten.
Und sagte nichts.

Es war Adam, der sich irgendwann löste.
Gerade so weit, dass seine Stirn noch Leos berührte.

Dann drehte er sich um.
Ging zu dem Spaten.
Eine neue Entschlossenheit und Zielstrebigkeit ging von Adams geschäftigem Treiben aus.

Leo wollte protestieren, doch etwas an Adams Haltung hielt ihn zurück.
Da war kein Zittern mehr. Nur Konzentration.

Langsam, mit merkbarer Mühe, bückte sich Adam.
Hob das Ding auf.
Und fuhr mit den Fingern darüber.

Nicht hastig.
Fast schon sorgfältig.

Fingerkuppen, die das Holz entlangglitten.
Er wischte präzise an der metallenen Kante entlang, um auch ja alles Blut restlos zu entfernen und wischte die Hand immer wieder am eigenen Hosenbein ab.
Zweckmäßig war das, aber mit einer unterschwelligen Zärtlichkeit, die in den Bewegungen lag.

Leo konnte nicht wegblicken.

Diese Hände.
Hatten ihn festgehalten.
Hatten ihn gerettet, als er vor noch ein paar Minuten kurz davor war sich hier und jetzt in Abgründen selbst zu verlieren.
Und jetzt?
Jetzt versuchten sie, die Konsequenzen in Schach zu halten, die Leos Handeln unweigerlich nach sich ziehen würden.

Mit jeder Bewegung sagte Adam:
Ich bin noch hier. Ich mach das schon. Ich hab dich.

Und Leo glaubte es.

Später. Draußen. Spiegelte sich der Schein des Feuers in Adams Augen.

Sie standen nebeneinander, während die Flammen die Garage langsam fraßen. Plastik zischte, Holz knackte. Der Rauch stieg dunkel und schwer in den wolkenbehangenen Himmel, wie ihr Geheimnis, das zu groß war, um es zu behalten und trotzdem nie entdeckt werden durfte.

Adam hatte den Kanister Benzin ausgekippt und das Streichholz hineingeworfen. Dann hatte er seinen Vater an beiden Fußgelenken aus der Tür geschleift. Allein. Mit einem Blick, der Leo vom Helfen abhielt.

Leo hatte einfach nur dagestanden. Still und ungläubig.

Und wieder waren es Adams Hände gewesen, die funktionierten. Die zupackten. Die routiniert handelten. Als hätte sein Körper schon längst entschieden, was getan werden musste, und er einfach nur noch ein Programm ablaufen ließ.

Als Leo die Sirenen hörte, legte Adam ihm eine Hand auf den Rücken. Ruhig. Fest.

„Wenn du gefragt wirst“, murmelte er, „warst du im Kino. Kamst dazu, als ich ihn rausgezogen habe. Ich hab dich angerufen. In Panik.“

Leo nickte. Wortlos. Was blieb ihm auch für eine andere Wahl?

Er schaute nicht zurück, als sie sich von der brennenden Garage entfernten.
Aber er erinnerte sich daran, wie Adams Hand seine Schulter nie losließ.
Nicht eine Sekunde lang.

Chapter 3: #3 Fingerstreifen über Papier

Chapter Text

Sie arbeiteten jetzt seit Monaten wieder zusammen.

Adam saß ihm gegenüber, an seinem angestammten Platz, wie es sich gehörte.
Die Schreibtischlampen warfen warmweißes Licht auf die ungeordneten Akten, auf Kaffeetassen und leere Energy Dosen, die immer früher zum Einsatz kamen, je mehr Dienstjahre Leo ansammelte. Auf den Rand von Leos ThinkPad.
Draußen war es längst dunkel, das Präsidium fast leer, nur ein paar gedämpfte Schritte auf dem Flur oder das leise Summen der Klimaanlage erinnerten daran, dass die Welt sich noch bewegte. An die über Tag so eindrucksvolle Aussicht hinter der großen Panoramascheibe erinnerte nur noch das sanft beleuchtete Staatstheater auf der anderen Flussseite. Alle paar Minuten rauschte ein Paar Scheinwerfer über die Stadtautobahn. Der Rest lag in schwarzer Dunkelheit.

Leo hatte geglaubt, er hätte sich daran gewöhnt.
Daran, dass Adam zurück war.
Daran, dass sie nun Kollegen waren.
Daran, dass Adam ihn ansah, wie früher. Ruhig, klar, durchdringend. Als könnte er hinter Leos Fassade blicken.

Daran, dass er beiläufige Dinge sagte wie: „Ich nehm die Befragung morgen. Der Pisser lügt doch und ich werd ihn schon dazu kriegen, dass er auspackt.“
Und Leo nickte dann nur, schrieb etwas in sein Notizbuch und tat so, als wäre das alles selbstverständlich.

War es nicht.

Nicht, wenn Adam ihm wortlos eine Akte reichte. So wie jetzt.

Die Bewegung war flüssig. Eine halbe Drehung aus dem Handgelenk, kein Zögern. Der Daumen lag auf der Papiermappe auf, die anderen Finger ruhten untendrunter.

Die Hand war erwachsen geworden.
Die Adern traten klarer hervor. Die Haut spannte sich etwas rauer über die Knöchel.
Er trug nicht mehr ständig Pflaster, aber Leo erinnerte sich an all die Narben. Feinere und tiefere und daran, dass er nie dahintergekommen war, von was die dünne am Ballen von Adams rechtem Daumen stammte.
Aber sie war da, und Leo bemerkte sie jedes Mal.

Er streckte die Hand aus, um die Akte zu nehmen. Und ihre Finger streiften sich.

Für eine Millisekunde fror Leo ein.
Die Hitze des Moments flackerte unter der Haut, so schnell, dass er nicht wusste, ob sie eingebildet war.
Ein elektrischer Schlag, der seinen Körper durchfuhr, und den er erst verarbeiten konnte, als alles schon wieder fast vorbei war.

Aber Adams Hand blieb einen Moment liegen.
Nicht allzu lange.
Nur lang genug, dass es sich nicht mehr zufällig anfühlte.

Dann zog er sie zurück. Ohne Kommentar. Ohne Blick, der Leo vielleicht eine Fährte hätte sein können.
Als hätte Adam garnichts bemerkt.
Oder es bewusst ignoriert.

Leo schluckte.
Er hatte die Akte. Aber seine Hand fühlte sich leerer an als davor.

Sie schwiegen.
Tippten weiter, lasen, verglichen Uhrzeiten und Alibis, machten Markierungen mit Neontextmarkern auf Auszügen der Funkzellenabfragen und Girokonten.

Irgendwann lehnte Adam sich zurück, schob sich die Ärmel hoch.
Und Leo sah zu, wie sich die Muskeln unter der Haut bewegten, wie sich die Sehnen spannten, wie Adams Finger kurz einen Riss im Papier glätteten.

Es war eine Kleinigkeit.
Aber Leo konnte nicht wegsehen.
Nicht von diesen Händen.
Nicht von dem, was sie konnten.
Halten, aber auch abhalten.
Wiederaufbauen und wieder zerstören.
Nicht von dem, was sie ihm früher schon bedeutet hatten. Nicht von dem, was sie ihm immer noch bedeuteten.

Er zwang sich, wieder auf den Bericht zu blicken.
Er tippte eine Notiz, schrieb zu viel. Verhaspelte sich in seinen Gedanken. Es war spät.
Aber er war hellwach.

Adam reichte ihm noch eine Seite. Diesmal berührten sich ihre Hände nicht.

Leo atmete ein. Langsam.

Aber in seinem Innersten wusste er längst: Er hatte sich nicht daran gewöhnt.
Nicht mal ansatzweise.

Chapter 4: #4 Was du brauchst

Chapter Text

Das Team saß beim Chinesen die Straße runter, an einem Tisch für Vier mit den speckigen Kunstlederstühlen und dem Dämmerlicht, das durch die Aquarien am Rand verstreut wurde. Der Raum roch nach Süßsauer und knuspriger Ente, ein bisschen nach zu lang warmgehaltener Sojasauce. Alles in allem der Geruch eines erfolgreich abgeschlossenen Falls.

Pia war laut und ausgelassen. Esther war leicht angetrunken und machte laufend anzügliche Bemerkungen, die wiederum Pia noch mehr zum Kichern brachten. Adam war...
Heute besonders wenig gesprächig.
Nicht ungewöhnlich eigentlich.

Bisher war es trotzdem ein schöner Abend, den sie sich nach den letzten zehn durchgearbeiteten Tagen auch redlich verdient hatten.

Der Glückskekse kamen nach dem Dessert, mit Esthers drittem Mangoshake.

Pia angelte sich ihren direkt und riss ihn aus der Plastikverpackung, zerbrach ihn in zwei ordentliche Hälften und las vor:
„Du wirst bald eine unerwartete Nachricht erhalten.“
Sie grinste. „Heißt für euch alle: Ich krieg morgen frei.“

Esther verdrehte die Augen. Leo lachte. Adam sagte nichts.

Sein Keks lag noch unberührt neben seinem Wasserglas.
Die Verpackung glänzte im Licht der Lampe, golden, ein wenig zerknittert.
Adams linker Arm lag locker über der Rückenlehne von Esthers Stuhl. Lässig. Lang ausgestreckt.
Die Finger ruhig, die Adern kaum sichtbar. Entspannt, genau wie es sein sollte.

„Na los, Schürk.“, forderte Pia ihn auf, „Wir warten nur noch auf dich.“

Adam seufzte.
Sie wussten alle, dass er Pia nur wenig abschlagen konnte. Also hob er die Hand.

Nicht schnell. Nicht genervt.
Langsam. Zielgerichtet.
Er nahm den Keks in die Faust. Blickte Leo dabei direkt an.

Und dann: Peng.
Die Verpackung platzte. Nicht gerissen, sondern direkt zerdrückt. Ein leiser, kontrollierter Akt von Gewalt.
Einmal Faust, Packung samt Keks kaputt.

Leo blinzelte.
Sein Blick blieb hängen, wie immer, an Adams Händen.
An der Art, wie er die langen Finger spreizte, den bröselnden Keks abstreifte.
Wie er mit Daumen und Zeigefinger den schmalen Zettel herauszog, ihn entrollte, glattstrich. Und sich dabei keinen Moment von Leo abwandte.

Adams Stimme war ruhig.
Dunkel, amüsiert und ein wenig gefährlich. „Was du brauchst, wird dich finden.“ Dann hob er eine Braue. „Na dann.“

Pia grinste. Esther verdrehte die Augen. Leo... schluckte.

Denn Adam hatte den Satz nicht dem Tisch vorgelesen. Nicht dem Raum.
Nicht mal sich selbst.

Sondern Leo. Nur Leo.

Notes:

Neue Uploads jeden Mittwoch Abend.

#5 am 09.07.
#+1 am 16.07.