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Language:
Deutsch
Stats:
Published:
2025-06-11
Completed:
2025-07-16
Words:
6,543
Chapters:
6/6
Comments:
23
Kudos:
67
Bookmarks:
5
Hits:
734

Alles, was ich in deinen Händen lasse

Summary:

Leo hat schon als Teenager gewusst, dass an Adams Händen etwas Besonderes ist. Daran hatte sich nie etwas geändert. Aber Adam ging. Ohne ein Wort. Und Leo blieb zurück. Jetzt, 15 Jahre später, sind sie beide Kriminalhauptkommissare in Saarbrücken. Und Adams Hände? Die sind immer noch da.

Eine 5+1 Geschichte über Berührungen, die so viel bedeuten.

Notes:

Das Rating ist zunächst Teen and Up Audiences, wird sich aber im letzten Kapitel zu Explicit ändern.
Denn manchmal… ist Berührung eben nicht mehr nur Geste.

Chapter 1: #1 Salz auf offener Haut

Chapter Text

Das Baumhaus war wie eine Zeitkapsel aus rauem Holz, verschwitzten Sommern und alten Polsterkissen mit dunkelbraunem Blümchenmuster. Leo saß auf dem einen, die Beine angewinkelt, den Blick durch die Lichtstreifen schweifend, die durch die Ritzen zwischen den einzelnen Brettern fielen.

Neben ihm stand eine Flasche Apfelschorle. Bereits warm und halb leer, leicht klebrig an der Außenseite. Er hatte sie aus dem Keller geholt, bevor er hergekommen war. Adam mochte die. Süß, aber nicht zu süß. Etwas, das nach einer ausgelassenen Jugend schmeckte, wenn doch sonst alles so verkorkst war.

Adam hockte ihm gegenüber, der Rücken leicht gekrümmt und die Schultern fast bis zu den Ohren gezogen. Er sah aus, als versuchte er, sich unsichtbar zu machen. Seine Hände baumelten zwischen seinen Knien, und Leos Blick blieb daran hängen.

Groß. Kraftvoll. Lange, schmale Fingerglieder, die zupacken konnten. Dinge bewegen, jemanden wegziehen, im Notfall auch zuschlagen. Hände, die Leo schon immer fasziniert hatten. Nicht nur wegen ihrer Stärke, sondern wegen der Kontrolle darin.
Was sie bewirken konnten, wenn Adam sich für Gewalt entschied.
Und was sie bedeuteten, wenn er es nicht tat.
Gegen Leo hätten sie nie etwas getan. Niemals.
Er kannte jede Bewegung dieser Hände: Das angespannte Verharren, das fast zärtliche Ruhigwerden, wenn er nicht dazu gezwungen war, jemanden zu verteidigen.
Aber heute…
Heute waren sie anders.

Die Knöchel gerötet und aufgeschlagen. Blut, das in dünnen Linien eingetrocknet war, zog sich über die Sehnen. Und nicht nur da. Kleine, gleichmäßige Verletzungen auf den Handrücken. Risse, als hätte jemand mit Draht darübergekratzt. Oder mit Schleifpapier. Die Haut an den Seiten der Finger war an manchen Stellen aufgerissen. Nichts davon sah aus wie ein Unfall. Und auch nicht nach einer Schlägerei.

Leo erinnerte sich an den Morgen. An die zwei Typen aus der Parallelklasse, an deren Grinsen, als sie Leo gegen die Mauer neben der Sporthalle geschubst hatten. Und daran, wie Adam plötzlich da war. Wie schnell es ging. Wie die beiden geflüchtet waren, noch ehe sie richtig angefangen hatten. Und doch… dafür war das zu viel.

Zu gleichmäßig. Zu gezielt. Zu gründlich.

„Das war nicht von heute“, sagte Leo schließlich und deutete mit einem Kopfnicken auf Adams Hände.

Er antwortete nicht.

Leo lehnte sich ein Stück vor, stützte die Ellbogen auf den Knien ab. „Das war nicht auf dem Schulhof.“

Immer noch Stille. Nur draußen irgendwo ein Spätzchen. Das leise Gluckern der Apfelschorle, als Leo die Flasche hob, einen Schluck nahm, um Adam Zeit zu geben, sich vielleicht doch noch für eine Antwort zu entscheiden. Dann reichte er die Flasche an ihn weiter.

Adam nahm sie entgegen. Mit beiden Händen. Und Leo sah, wie er die Finger vorsichtig um das Glas legte, obwohl es wehtun musste, sie so zu krümmen. Die Bewegungen waren langsamer als sonst. Und zitterten leicht.

„Willst du’s mir sagen?“

Adam hielt die Flasche fest, sah Leo nicht an, sondern hielt den Blick starr in seinen Schoß gesenkt.

Dann, leise: „Er… hat was ausprobiert.“

Leo wartete.

„Was Neues.“

Leo schluckte. Er kannte diesen Ton. Und er wusste, zu was Er fähig war.

„Er meint, meine Hände sind zu weich.“

Leo zog scharf die Luft ein. „Was hat er getan?“

Adam hob den Blick. Ein Moment lang war da etwas. Fast wie Trotz. Dann ließ er den Kopf wieder sinken.

„Er hat die Finger in Salzlauge gelegt. Vorher die Haut angeritzt.“

Leo wurde schlecht.

„Damit’s brennt. Damit ich lern, durchzuhalten. Ein Mann muss das aushalten.“

Leo hatte das Gefühl, er müsste aufstehen, schreien, irgendetwas tun. Stattdessen atmete er nur tief durch. Sah wieder auf Adams Hände.

„Die sind nicht zu weich“, sagte er leise.

Adam zuckte mit den Schultern.
Leo beugte sich ein Stück näher zu ihm.

„Ich mein’s ernst. Die sind stark. So…“, Leo haderte kurz mit sich selbst. Aber wen hatte Adam schon in seinem Leben, der ihm mal nette Worte schenkte. „So wie du.“

Adam sah ihn wieder an. Und Leo hielt dem Blick stand.
„Hm.", schnaubte er bitter, „Spannend, dass du das sagst. Er meint, es gibt nichts demütigenderes als einen schwachen Sohn.“
Adam lächelte traurig.

Dann, ganz vorsichtig, streckte Leo die Hand aus. Legte sie nicht einfach in Adams, sondern bot sie ihm an. Offen, flach. Wie man einem scheuen Pferd einen Apfel anbieten würde. Man musste eben warten, bis es auf einen zukam. Und hoffen, dass es nicht aus Unsicherheit zuschnappte. Aber Leo war unbesorgt. Nicht dafür gewappnet, zurückgewiesen zu werden. Aber diese Hände würden ihm niemals Schaden zufügen. Das stand nicht zur Diskussion.

Und Adam?
Zögerte zwar, aber dann legte er seine rechte Hand in Leos.

Warm.
Präsent.
Und weich.
Aber niemals schwach.

Und Leo schloss leise die Finger darum. Nicht fest. Nur so, dass Adam wusste, dass er nicht losließ.

Chapter 2: #2 Schlag auf Schlag

Chapter Text

Leo hörte das bitterliche Flehen, ehe er die Garage betrat.
Dann das metallische Knallen eines aufprallenden Gürtels.
Und kurz darauf auch den trockenen, harten Schlag von Leder auf nackter Haut, der in seinem Kopf widerhallte.

„Papa! Nein! Bitte nicht!“
Adams Stimme riss durch die Schwummrigkeit.
„Ahhh—! Bitte, hör auf!“

Leo trat vorsichtig näher, fast automatisch.
Sein Herz klopfte so laut, dass er beinahe über das nächste Peitschen hinwegtaumelte.

Das Licht war unwirklich diffus und irgendwie leicht grünlich.
Es reichte gerade aus, um das Bild festzuhalten, das sich für immer in Leos Netzhaut brennen würde.

Roland Schürk. Stehend. Keuchend vor Anstrengung, gierig nach Luft, während er mit fast wahnhaftem Eifer auf seinen Sohn losging.
Sie hatten doch nur –
Aber er war immer so wütend.
Mit dem Gürtel in der erhobenen Hand, bereit zum nächsten Hieb.
Und Adam. In der Ecke. Kauernd. Die Arme vor dem Gesicht das Einzige, was ihn von der rohen Gewalt seines Vaters abschirmte.

Leo stockte der Atem.
Etwas in ihm schrie ihn an, sich endlich in Bewegung zu setzen und irgendetwas zu tun. Er war schon halb zwischen den Hantelbänken hindurch, als sein Blick ihn streifte: Der Spaten.

Er lehnte seltsam fehl am Platz an der Wand, zwischen Boxhandschuhen, Proteinpulverdosen und einem Fußball aus abgewetztem Leder.
Niemand in diesem Haus hatte je selbst einen Garten gepflegt. Die Schürks hatten Personal. Der Spaten war neu, strahlte einen metallischen Glanz aus im Dunkel seiner Umgebung.

Leo griff zu.

Ein Schritt.
Zwei.
Der Aufschlag.

Metall auf Schädel.
Dumpf. Blechern.
Roland sackte in sich zusammen wie ein leerer Sack Fleisch.

Leo stand da.
Atemlos. Der Spaten zitterte in seinen Händen. Die Finger viel zu fest verkrampft, als wäre der Griff Teil von ihm geworden. Er starrte auf den leblosen Körper zu seinen Füßen.
Auf das Blut, das stetig von Roland Schürks Hinterkopf auf den Betonfußboden sickerte.
Auf die Stille.

Dann überkam ihn etwas. Ekel, Panik, Abscheu vor dem, was er getan hatte.
Und vor dem Gedanken, dass er sich in keinem Universum anders entschieden hätte in dieser Situation.
Mit einem erstickten Laut schleuderte Leo den Spaten fort. Er krachte gegen einen Hantelständer und fiel klirrend zu Boden.

Und dann. Dann war Adam bei ihm.

Nicht zögerlich, nicht vorsichtig.
Er war aufgesprungen, hatte sich mit letzter Kraft aufgerichtet und sich Leo in die Arme geworfen.
Ohne Rücksicht auf eigene Schmerzen.
Ohne Abstand.

Sein Körper war wund, blutig und ausgezehrt. Aber seine Hände, diese geschundenen, viel zu großen Hände, krallten sich an Leo fest, als könnte nur er ihn noch am Leben halten.
Sie packten seinen Rücken, seine Schultern, sein Gesicht. Fast wie um sicherzugehen, dass Leo wirklich da war.

Leo spürte jeden einzelnen Druckpunkt.
Die rauen Handflächen.
Die Wärme, trotz allem.
Die Angst, die darin zitterte, und gleichzeitig eine Art… Dankbarkeit, die ihn beinahe zerriss.

„Leo.“

Nur sein Name, ins Schlüsselbein gehaucht.
Leo hielt Adam. Und ließ sich halten.
Und sagte nichts.

Es war Adam, der sich irgendwann löste.
Gerade so weit, dass seine Stirn noch Leos berührte.

Dann drehte er sich um.
Ging zu dem Spaten.
Eine neue Entschlossenheit und Zielstrebigkeit ging von Adams geschäftigem Treiben aus.

Leo wollte protestieren, doch etwas an Adams Haltung hielt ihn zurück.
Da war kein Zittern mehr. Nur Konzentration.

Langsam, mit merkbarer Mühe, bückte sich Adam.
Hob das Ding auf.
Und fuhr mit den Fingern darüber.

Nicht hastig.
Fast schon sorgfältig.

Fingerkuppen, die das Holz entlangglitten.
Er wischte präzise an der metallenen Kante entlang, um auch ja alles Blut restlos zu entfernen und wischte die Hand immer wieder am eigenen Hosenbein ab.
Zweckmäßig war das, aber mit einer unterschwelligen Zärtlichkeit, die in den Bewegungen lag.

Leo konnte nicht wegblicken.

Diese Hände.
Hatten ihn festgehalten.
Hatten ihn gerettet, als er vor noch ein paar Minuten kurz davor war sich hier und jetzt in Abgründen selbst zu verlieren.
Und jetzt?
Jetzt versuchten sie, die Konsequenzen in Schach zu halten, die Leos Handeln unweigerlich nach sich ziehen würden.

Mit jeder Bewegung sagte Adam:
Ich bin noch hier. Ich mach das schon. Ich hab dich.

Und Leo glaubte es.

Später. Draußen. Spiegelte sich der Schein des Feuers in Adams Augen.

Sie standen nebeneinander, während die Flammen die Garage langsam fraßen. Plastik zischte, Holz knackte. Der Rauch stieg dunkel und schwer in den wolkenbehangenen Himmel, wie ihr Geheimnis, das zu groß war, um es zu behalten und trotzdem nie entdeckt werden durfte.

Adam hatte den Kanister Benzin ausgekippt und das Streichholz hineingeworfen. Dann hatte er seinen Vater an beiden Fußgelenken aus der Tür geschleift. Allein. Mit einem Blick, der Leo vom Helfen abhielt.

Leo hatte einfach nur dagestanden. Still und ungläubig.

Und wieder waren es Adams Hände gewesen, die funktionierten. Die zupackten. Die routiniert handelten. Als hätte sein Körper schon längst entschieden, was getan werden musste, und er einfach nur noch ein Programm ablaufen ließ.

Als Leo die Sirenen hörte, legte Adam ihm eine Hand auf den Rücken. Ruhig. Fest.

„Wenn du gefragt wirst“, murmelte er, „warst du im Kino. Kamst dazu, als ich ihn rausgezogen habe. Ich hab dich angerufen. In Panik.“

Leo nickte. Wortlos. Was blieb ihm auch für eine andere Wahl?

Er schaute nicht zurück, als sie sich von der brennenden Garage entfernten.
Aber er erinnerte sich daran, wie Adams Hand seine Schulter nie losließ.
Nicht eine Sekunde lang.

Chapter 3: #3 Fingerstreifen über Papier

Chapter Text

Sie arbeiteten jetzt seit Monaten wieder zusammen.

Adam saß ihm gegenüber, an seinem angestammten Platz, wie es sich gehörte.
Die Schreibtischlampen warfen warmweißes Licht auf die ungeordneten Akten, auf Kaffeetassen und leere Energy Dosen, die immer früher zum Einsatz kamen, je mehr Dienstjahre Leo ansammelte. Auf den Rand von Leos ThinkPad.
Draußen war es längst dunkel, das Präsidium fast leer, nur ein paar gedämpfte Schritte auf dem Flur oder das leise Summen der Klimaanlage erinnerten daran, dass die Welt sich noch bewegte. An die über Tag so eindrucksvolle Aussicht hinter der großen Panoramascheibe erinnerte nur noch das sanft beleuchtete Staatstheater auf der anderen Flussseite. Alle paar Minuten rauschte ein Paar Scheinwerfer über die Stadtautobahn. Der Rest lag in schwarzer Dunkelheit.

Leo hatte geglaubt, er hätte sich daran gewöhnt.
Daran, dass Adam zurück war.
Daran, dass sie nun Kollegen waren.
Daran, dass Adam ihn ansah, wie früher. Ruhig, klar, durchdringend. Als könnte er hinter Leos Fassade blicken.

Daran, dass er beiläufige Dinge sagte wie: „Ich nehm die Befragung morgen. Der Pisser lügt doch und ich werd ihn schon dazu kriegen, dass er auspackt.“
Und Leo nickte dann nur, schrieb etwas in sein Notizbuch und tat so, als wäre das alles selbstverständlich.

War es nicht.

Nicht, wenn Adam ihm wortlos eine Akte reichte. So wie jetzt.

Die Bewegung war flüssig. Eine halbe Drehung aus dem Handgelenk, kein Zögern. Der Daumen lag auf der Papiermappe auf, die anderen Finger ruhten untendrunter.

Die Hand war erwachsen geworden.
Die Adern traten klarer hervor. Die Haut spannte sich etwas rauer über die Knöchel.
Er trug nicht mehr ständig Pflaster, aber Leo erinnerte sich an all die Narben. Feinere und tiefere und daran, dass er nie dahintergekommen war, von was die dünne am Ballen von Adams rechtem Daumen stammte.
Aber sie war da, und Leo bemerkte sie jedes Mal.

Er streckte die Hand aus, um die Akte zu nehmen. Und ihre Finger streiften sich.

Für eine Millisekunde fror Leo ein.
Die Hitze des Moments flackerte unter der Haut, so schnell, dass er nicht wusste, ob sie eingebildet war.
Ein elektrischer Schlag, der seinen Körper durchfuhr, und den er erst verarbeiten konnte, als alles schon wieder fast vorbei war.

Aber Adams Hand blieb einen Moment liegen.
Nicht allzu lange.
Nur lang genug, dass es sich nicht mehr zufällig anfühlte.

Dann zog er sie zurück. Ohne Kommentar. Ohne Blick, der Leo vielleicht eine Fährte hätte sein können.
Als hätte Adam garnichts bemerkt.
Oder es bewusst ignoriert.

Leo schluckte.
Er hatte die Akte. Aber seine Hand fühlte sich leerer an als davor.

Sie schwiegen.
Tippten weiter, lasen, verglichen Uhrzeiten und Alibis, machten Markierungen mit Neontextmarkern auf Auszügen der Funkzellenabfragen und Girokonten.

Irgendwann lehnte Adam sich zurück, schob sich die Ärmel hoch.
Und Leo sah zu, wie sich die Muskeln unter der Haut bewegten, wie sich die Sehnen spannten, wie Adams Finger kurz einen Riss im Papier glätteten.

Es war eine Kleinigkeit.
Aber Leo konnte nicht wegsehen.
Nicht von diesen Händen.
Nicht von dem, was sie konnten.
Halten, aber auch abhalten.
Wiederaufbauen und wieder zerstören.
Nicht von dem, was sie ihm früher schon bedeutet hatten. Nicht von dem, was sie ihm immer noch bedeuteten.

Er zwang sich, wieder auf den Bericht zu blicken.
Er tippte eine Notiz, schrieb zu viel. Verhaspelte sich in seinen Gedanken. Es war spät.
Aber er war hellwach.

Adam reichte ihm noch eine Seite. Diesmal berührten sich ihre Hände nicht.

Leo atmete ein. Langsam.

Aber in seinem Innersten wusste er längst: Er hatte sich nicht daran gewöhnt.
Nicht mal ansatzweise.

Chapter 4: #4 Was du brauchst

Chapter Text

Das Team saß beim Chinesen die Straße runter, an einem Tisch für Vier mit den speckigen Kunstlederstühlen und dem Dämmerlicht, das durch die Aquarien am Rand verstreut wurde. Der Raum roch nach Süßsauer und knuspriger Ente, ein bisschen nach zu lang warmgehaltener Sojasauce. Alles in allem der Geruch eines erfolgreich abgeschlossenen Falls.

Pia war laut und ausgelassen. Esther war leicht angetrunken und machte laufend anzügliche Bemerkungen, die wiederum Pia noch mehr zum Kichern brachten. Adam war...
Heute besonders wenig gesprächig.
Nicht ungewöhnlich eigentlich.

Bisher war es trotzdem ein schöner Abend, den sie sich nach den letzten zehn durchgearbeiteten Tagen auch redlich verdient hatten.

Der Glückskekse kamen nach dem Dessert, mit Esthers drittem Mangoshake.

Pia angelte sich ihren direkt und riss ihn aus der Plastikverpackung, zerbrach ihn in zwei ordentliche Hälften und las vor:
„Du wirst bald eine unerwartete Nachricht erhalten.“
Sie grinste. „Heißt für euch alle: Ich krieg morgen frei.“

Esther verdrehte die Augen. Leo lachte. Adam sagte nichts.

Sein Keks lag noch unberührt neben seinem Wasserglas.
Die Verpackung glänzte im Licht der Lampe, golden, ein wenig zerknittert.
Adams linker Arm lag locker über der Rückenlehne von Esthers Stuhl. Lässig. Lang ausgestreckt.
Die Finger ruhig, die Adern kaum sichtbar. Entspannt, genau wie es sein sollte.

„Na los, Schürk.“, forderte Pia ihn auf, „Wir warten nur noch auf dich.“

Adam seufzte.
Sie wussten alle, dass er Pia nur wenig abschlagen konnte. Also hob er die Hand.

Nicht schnell. Nicht genervt.
Langsam. Zielgerichtet.
Er nahm den Keks in die Faust. Blickte Leo dabei direkt an.

Und dann: Peng.
Die Verpackung platzte. Nicht gerissen, sondern direkt zerdrückt. Ein leiser, kontrollierter Akt von Gewalt.
Einmal Faust, Packung samt Keks kaputt.

Leo blinzelte.
Sein Blick blieb hängen, wie immer, an Adams Händen.
An der Art, wie er die langen Finger spreizte, den bröselnden Keks abstreifte.
Wie er mit Daumen und Zeigefinger den schmalen Zettel herauszog, ihn entrollte, glattstrich. Und sich dabei keinen Moment von Leo abwandte.

Adams Stimme war ruhig.
Dunkel, amüsiert und ein wenig gefährlich. „Was du brauchst, wird dich finden.“ Dann hob er eine Braue. „Na dann.“

Pia grinste. Esther verdrehte die Augen. Leo... schluckte.

Denn Adam hatte den Satz nicht dem Tisch vorgelesen. Nicht dem Raum.
Nicht mal sich selbst.

Sondern Leo. Nur Leo.

Chapter 5: #5 Ein Spaltbreit Licht

Chapter Text

Die Pizza war kalt gewesen.
Der Fußball ein langweiliges Hin und Her ohne viel Aufregung.
Aber es war ein Abend gewesen, den Leo am liebsten irgendwo abspeichern wollte. Für die Ewigkeit festhalten.

Adam hatte nach dem zweiten alkoholfreien Bier, das Leo nur wegen ihm immer in seinem 
Kühlschrank auf Vorrat hatte, gemurmelt: „Ich mag nicht mehr heimfahren.“ Und hatte 
prompt herzhaft gegähnt.
Leo hatte nur genickt und sich demonstrativ nicht gefreut.
Die Decke lag schon auf dem Sofa bereit. Das Kissen roch nach Leo. Adam tat so, als merke 
er das nicht.

Und als Leo sich in sein Schlafzimmer zurückzog, nachdem er Adam noch eine Jogginghose und sein weichstes, verwaschenes Schlafshirt ins Wohnzimmer gebracht hatte, ließ er die Tür einen Spalt offen.
Als wäre das selbstverständlich.
Als wollte er den Abstand zwischen ihnen so gering wie möglich halten.
Sich nicht von Adam abschotten.

Adam starrte noch lange auf den dunklen Spalt im Türrahmen. Diese winzige Geste, mit unfassbar großer Tragweite. Wenn man zu viel hereininterpretieren wollte. Aber Leo vertraute ihm. Echt jetzt.

Später. Dunkler. Es war still. Zu still. Aber Adam hätte so oder so nicht schlafen können, da musste er niemandem was vormachen.
Seine Gedanken rasten nicht wie üblich, umgeben von der wohligen Vertrautheit dieser 
Wohnung, die aus allen Ecken Leo schrie. Aber der Schlaf wollte ihn trotzdem nicht so recht 
überkommen. Und Adam schreckte hoch, nachdem er doch ein wenig eingedöst war. Die digitale Anzeige auf Leos Receiver zeigte 03:48 Uhr an.

Ein Geräusch hatte ihn geweckt. Nicht laut, aber beunruhigend echt. Ein leises Wimmern. Eine gepresste Silbe. Ein Name vielleicht. Schwer zu sagen.

Er stand auf. Barfuß tappste er über Leos Laminat. Im Türrahmen blieb er stehen, ließ den Blick über Leo gleiten. Sein Körper wand sich in zerwühlten Laken. Angespannt. Unruhig. Der Atem schnell. Ohne nachzudenken, trat Adam näher an Leo heran. Intuitiv. Kauerte sich auf die Bettkante. Vorsichtig berührte er Leos Schulter mit zwei Fingern. „Leo.“

Nichts. Adam beugte sich näher. „Hey. Aufwachen. Es ist nur ein Traum.“ Leo zuckte.
Die Augen rissen sich auf, suchten wild. Und fanden schließlich. Und dann wurde sein Blick langsam immer klarer. Leo hing zwar noch halb in den klebrigen Fängen des Alptraums fest, aber er sah Adam. Und Adam blieb, wo er war.
Fasste Leos Hand. Mit beiden von seinen.
Warm. Fest. Schützend.

„Ich bin da,“ sagte er. Leo blinzelte. Noch kein Wort. Aber seine Finger schlossen sich langsam um Adams.

Und da war wieder dieses Gefühl. Nicht das Zittern. Nicht die Angst. Diese Hände. Stark. Sicher. Nie zögerlich. Nie falsch.
Hände, die einen Menschen aus einer Garage gezerrt hatten. Hände, die Akten reichten, ohne Worte. Hände, die einen Glückskeks zerquetschen konnten. Und Leo, mitten in der Nacht, mit so unendlicher Sanftheit hielten, als wäre er aus Glas.
Adam wollte schon loslassen. Aber Leo hielt fest. Nur einen Moment.
Aber das reichte.

„Danke“, murmelte er schließlich. Sein Atem hatte sich beruhigt. Adam lächelte mit nur einem hochgezogenen Mundwinkel. 
„Immer.“ Dann legte er Leos Hand zurück auf die Bettdecke, als würde er sie einbetten wie etwas Kostbares.

Er stand auf. Und ging. Aber Leo sah ihm nach, bis der Spalt in der Tür sich wieder schloss.
Nur ein wenig. Nicht ganz. Wie seine Fassade. Die langsam zu bröckeln begann.

Chapter 6: #+1 Sicher in deinen Händen

Notes:

Und hier ist er: Der Smut, für dessen Rechtfertigung ich fünf kleine Abschnitte über Adams wirklich schöne Hände geschrieben habe.
Viel Spaß damit!

(See the end of the chapter for more notes.)

Chapter Text

Sie saßen in Leos Wohnung zusammen beim Abendessen, in die Adam stumm eingezogen war. Keiner der beiden sprach es direkt an. Jeder von ihnen zufrieden mit der Wohnsituation so, wie sie war. Und zu ängstlich, dass drüber Reden alles verkomplizieren würde. Sie waren schließlich beide da, wo sie hingehörten. Zusammen.

Wochen waren vergangen nach dem Bunker-Einsatz und es funktionierte gut zwischen ihnen. Jetzt roch es nicht mehr nach Schmauch, Metall und Elend. Sondern nach Knoblauch, Rosmarin und dem herben Nachklang von Schmerzmitteln, die Leo immer noch zweimal täglich nehmen musste.

Adam hatte gekocht. Wieder mal Pasta mit etwas, das ursprünglich Gemüsebolognese gewesen sein könnte. Leo wusste es aber besser, als ihn gerade darauf anzusprechen, wo er sich doch sichtlich ins Zeug legte für ihn. Und tatsächlich Fortschritte machte. Die ersten Mikrowellengerichte waren – wie auch immer Adam das hinbekommen hatte – gefroren in der Mitte und trotzdem angebrannt gewesen („Röstaromen nennt man das, Hölzer!“). Es wurde kurz schlimmer als Adam begann, selbst zu kochen, bevor es stetig immer besser wurde.

Sie saßen am Esstisch. Der gleiche Tisch, an dem Leo Wochen zuvor mit schwitziger Stirn und zitternden Händen gelernt hatte, wie man sich mit nur einem funktionierenden Arm eine Gabel zum Mund führte, ohne aus Versehen das halbe Essen wieder in den Schoß zu schaufeln.

Und Adam war immer da gewesen. Für jeden Schritt, mit dem Leo sich verbissen sein altes Leben zurückeroberte. Schweigend und unaufdringlich. Er hatte Leo auch nie gefüttert, aber jeden Teller gehalten, wenn Leo die Kontrolle verlor. Er hatte nie kommentiert, wie langsam Leo war. Aber er hatte ihm still beigestanden, wenn die Wut auf den eigenen Körper zu viel wurde.

Und heute? Heute war alles fast normal. Leo schaffte es, das Besteck allein zu halten, trank aus dem Glas, ohne dass etwas tropfte. Adam hatte trotzdem aus Gewohnheit die Küchenrolle griffbereit gelegt. Einfach so. Und Leo ärgerte sich längst nicht mehr darüber. Wohlwissend, dass Adam sich aus nichts als Zuneigung zu ihm so umsichtig und hilfsbereit verhielt.

Sie redeten kaum. Das war auch nicht nötig, denn sie verstanden sich auch so. Hatten sie schon immer. Gemeinsam mit Adam zu schweigen war leicht. Sie hatten unbewusst eine angenehme Routine entwickelt für die Abendgestaltung. Adam kam irgendwann nach Dienstschluss zu Leo nachhause. Mal früher, mal später, jetzt wo einer – beziehungsweise zwei, Pia war zwar wieder im Dienst, aber durfte noch nicht wieder mit ins Feld – im Team fehlte.

Und Leo hatte den Tag über auch genug zu tun: Ergotherapie, Physiotherapie. Und weil einfach alles länger dauerte. Manchmal drehte er eine Runde um den See. Letztens hatte er sogar direkt eine zweite geschafft und Adam am Abend stolz davon berichtet. An anderen Tagen – wenn die Müdigkeit ihn übermannte – schlief er auch einfach. Zusammen schauten sie fern, saßen auf Leos Balkon und flüsterten Wahrheiten und Nichtigkeiten in die laue Sommerluft. Und aßen, wie jetzt, zusammen zu Abend.

Die Gabel fiel und landete mit einem ohrenbetäubenden Klirren auf dem Fußboden. Leo fluchte leise, aber Adam reagierte sofort. „Ich hab’s“, sagte er und war schon aufgestanden, bevor Leo protestieren konnte.

Er kniete sich routiniert hin. Wochenlange Pflege und Fürsorge tief im Muskelgedächtnis gespeichert. Aber diesmal war es anders. Denn er sah auf die Gabel. Und dann sah er zu Leo auf. Und blieb in der Hocke.

Kniete da vor Leo auf dem Fußboden. Eine Hand auf den Fliesen, die andere mit der Gabel, aber vergessen war, dass er die eigentlich nur für ihn aufheben wollte.

Leo spürte, wie die Luft um sie herum dichter wurde. Wie das Geräusch der Straße draußen verklang. Wie sein Brustkorb zu eng wurde für all das, was sich in ihm staute. Adams Hände ruhten jetzt auf seinen Oberschenkeln. Eins mit den Falten der grauen Jogginghose.

Und dann, ganz langsam, wanderte eine dieser Hände weiter nach oben. Über weichen Stoff. Als würde sie sich rückversichern, dass Leo es auch spürte.

„Du zitterst“, flüsterte Adam. Die Stimme belegt. Leo sah ihn an. „Ich weiß.“

Adams Finger spannten sich leicht. „Wenn du das nicht willst…“

„Ich will.“

Mehr war nicht nötig. In der nächsten Sekunde war Adams Mund an Leos. Weich und gleichzeitig fest. Die Gabel lag vergessen auf dem Boden. Starke Hände fanden Wege unter Leos T-Shirt, erkundeten warme Haut über angespannten Muskeln. Leo ließ sich in den Stuhl zurücksinken, zog Adam mit sich nach hinten, atmete ihn ein.

Adams Finger glitten über die sanften Linien von Leos Rippen, zärtlich, weil die Brüche ihm vor nicht allzu langer Zeit doch noch Schmerzen bereitet hatten. Entlang der feinen Narben, die Adam längst vom Sehen kannte, aber heute… heute ehrte er sie mit jedem Fingerzug.

Leo sog scharf die Luft ein, als Adams Daumen über eine besonders empfindliche Stelle direkt unter seinem Sternum strich. Nicht zu fest. Aber dennoch bestimmt.

„Hoch mit dem Ding“, murmelte er gegen Leos Hals während er sich schon an dessen Shirt zu schaffen machte, die Stimme rau vor Hitze. Leo, halb benommen vor Lust und Spannung, hob die Arme. Langsam, mit einer Lässigkeit, die fast wirkte, als hätte er sich längst dafür entschieden, sich Adam vollkommen hinzugeben. Ein beinahe dämliches Grinsen quer über sein Gesicht gepflastert. Adam zog das Shirt über Leos Kopf. Warf es achtlos zur Seite. Und vergaß für einen Moment das Atmen.

Weil Leo vor ihm saß. Halbnackt, verletzlich, aber nicht schwach. Nie schwach. Vergessen war, dass Leo noch nicht wieder vollständig auf dem Damm war. Er hatte in den letzten Monaten nichts als Stärke bewiesen. Mental, auch. Klar. Aber dieser Körper: Nicht mehr so muskulös und definiert, was dem fehlenden Training geschuldet war. Aber nicht weniger schön. Einfach Leo.

In dieser verwaschenen grauen Jogginghose, die viel zu tief auf seinen Hüften hing. Weil Leo sich nie direkt die Mühe machte, die Schnüre wieder reinzufriemeln, wenn die sich beim Waschen aus dem Bund gelöst hatten. Stattdessen lagen die ordentlich aufgerollt in seiner Sockenschublade. Eine Aufgabe für regnerische Tage. Für wenn er mal die Zeit fand. Als ob. Stattdessen raubten die blöden Dinger Adam jetzt den Atem. Sein Brustkorb hob und senkte sich erratisch, weil Leo sich lasziv auf dem Küchenstuhl räkelte. Und das wahrscheinlich nicht mal mit Absicht. Mühelos noch dazu.

Der Pisser.

Und Adam kniete noch immer vor ihm, auf den kalten Fliesen. Die Unterarme und Ellenbogen auf Leos Oberschenkel gestützt, um ihm so nah wie möglich zu kommen. Seine Augen hatten wahrscheinlich den letzten Rest Blau verloren, die Pupillen vor Lust geweitet.

„Wow.“, flüsterte Adam. Und weil Worte nicht reichten, um seine Gefühle für seinen Partner akkurat auszudrücken, glitten seine Hände weiter. Finger, die Leos Hüfte fanden, sie umschlossen, und dann langsam über den unteren Bauch strichen, als wollte Adam sich jeden Zentimeter Haut mit Gedächtnisfarbe einbrennen.

Leo spannte sich an unter der Berührung, Gänsehaut breitete sich auf seiner zarten Haut aus. Nicht, weil es zu viel war. Nur zu schön. Weil sie so lange gewartet hatten und jetzt tun und lassen konnten, was sie wollten. Was sich gut anfühlte. Und Adams lange Finger, die sich um Leos Rippen legten und dessen Daumen seine Nippel streiften, waren ein sehr guter Anfang.

Er sah zu Adam runter. In dessen Blick so viel Sehnsucht lag, der aber abseits federleichter Berührungen nichts weiter unternahm. „Wenn du jetzt aufhörst, schmeiß ich dich raus.“, murmelte Leo heiser.

Adam lachte leise, tief in der Kehle. Und dann kam er hoch. Nicht abrupt. Sondern wie eine Welle, die sich über Leo legte. Knie zwischen Leos Beinen.

Er senkte seinen Kopf. Sein Mund fand Leos Schlüsselbein. Dann seinen Hals. Dann seine Lippen. Wieder. Und wieder.

Unaufhörlich küsste Adam Leo, als wolle er sich vergewissern, dass das hier kein Traum war. Leos Hände glitten seinerseits über Adams Rücken, fanden Halt unter dem Stoff von dessen T-Shirt, zogen ihn näher. Näher, als körperlich eigentlich möglich war.

Zwischen ihnen war Hitze und keinerlei Platz mehr für Unsicherheit.

„Wir sollten...“, begann Leo, die Stimme kaum mehr als ein Krächzen. „Ins Schlafzimmer?“, murmelte Adam gegen seine Haut. Leo nickte. „Weil ich sonst in dieser Hose sterbe.“

Adam grinste, löste sich widerwillig und zog ihn mit sich hoch. Die Jogginghose verriet zu viel, aber Leo störte sich nicht. Nicht jetzt. Er war hart, sichtbar, unübersehbar, aber Adam war es auch. Die Jeans spannte sich deutlich über seiner Hüfte, und als sie sich Richtung Flur bewegten, ließ Adam seine Hand nicht los.

Im Schlafzimmer war es still. Nicht wie Schweigen, sondern wie... Atemholen. Das Bett stand da. Unberührt, bis auf das leicht zerknitterte Laken und die Kuhle auf der Seite, in der Adam seit Wochen schlief. Seit sie die stumme Übereinkunft getroffen hatten, dass das Gästezimmer für Gäste war. Und Adam kein Gast in Leos Wohnung. Oder seinem Leben.

Leo drehte sich um, nur einen Schritt von der Matratze entfernt, und sah ihn an. „Zieh mich aus.“, sagte er. Rau. Voll rohem Verlangen.

Adam kam näher, bis nur noch ein Fingerbreit Luft zwischen ihnen lag. Dann legte er die Hände an Leos Hüften, streifte die Jogginghose langsam ab. Und enthüllte alles, was sich darunter aufgestaut hatte.

Leo zuckte leicht zusammen, als die kühle Luft ihn traf. Aber da war sofort Adams Blick. So unfassbar dunkel und verschwommen vor Lust. „Verdammt, Leo.“, hauchte er.

Leo presste die Lippen aufeinander. Nicht aus Unsicherheit oder Scham. Sondern weil das Verlangen ihm den Verstand raubte. Und weil er es unfassbar aufregend fand, wie Adam hier vor ihm stand. Komplett bekleidet.

Aber Leo wollte mehr, griff nach dem Bund von Adams Jeans, öffnete erst die Gürtelschnalle, dann den Knopf. Langsam ließ er den Reißverschluss nach unten gleiten. Der Stoff spannte, Adam stöhnte leise, als Leo die Hose zusammen mit den schwarzen Boxerbriefs über seine Hüfte zog und die angespannte Erektion endlich Luft bekam. Sein Shirt folgte. Die Socken verloren sie auch noch irgendwie. Und dann standen sie voreinander. Keine Hüllen mehr.

„Bist du sicher?“, fragte Adam. Letztes Mal der Rettungsanker, bevor sie untergingen.

Leo antwortete nicht mit Worten. Sondern indem er Adam rückwärts aufs Bett zog. Und ihm signalisierte, dass er ihn über sich haben wollte. Über, an, in sich. Eigentlich völlig egal, was davon zuerst. „So sicher wie noch nie.“

Adam behielt eine Hand an Leos Taille. Mit der anderen stütze er sich neben Leos Kopf auf dem Bett ab. Und Adam ließ sich komplett über ihn sinken.

Leo wusste nicht, wann genau er den Fokus verloren hatte. Irgendwo zwischen dem Moment, als Adam über ihn hinweggekrochen war, und dem, als seine Hände plötzlich wieder auf Wanderschaft gingen. Er lag auf dem Rücken, die Beine leicht gespreizt, Adams Körper über seinem, schwer und warm, und alles an ihm war zu viel und zu wenig zugleich. Aber Leo konnte nur noch auf eines achten:

Adams Hände.

Zuerst waren sie an seiner Taille. Dann glitten sie seitlich an seinen Rippen entlang, unter dem Brustkorb vorbei. So zärtlich, dass Leo kurz die Luft anhielt. Die Fingerkuppen machten winzige Kreise, erkundeten, was sie längst kannten, aber nie so.

Und dann... zogen sie sich zurück.

Kamen Sekunden später wieder.

Hatten sich neu formiert. Adam stützte sich mit einem Arm wieder neben Leos Kopf ab. Und Leo sah, wie sich der Unterarm spannte. Die Haut blass, durchzogen von Adern, die sich unter der Oberfläche wie Wege über eine Landkarte zogen. Leo konnte nicht anders, als eine Hand zu heben und über sie zu fahren. Er spürte Sehnen und Muskeln und warme Haut.

Adam hielt kurz inne. Dann legte er die freie Hand flach auf Leos Brustbein. Und ließ sie langsam tiefer sinken. Über den Bauch. Bis hinunter zur Hüftlinie. Und dann noch weiter.

Er benutzte nicht gleich die ganze Hand. Nur die Finger. Diese langen, sehnigen, geübten Finger, die immer zu wissen schienen, was zu viel war – und was genau richtig.

Ein Streichen über Leos Länge. Sanft, fast prüfend. Leo stöhnte auf, warf den Kopf zurück. Noch ein Strich. Dann schloss sich endlich die Hand ganz um ihn. Sicher und fest.

Adam bewegte sie langsam. Rhythmisch. Und Leo verlor die Kontrolle. Seine Hüften hoben sich leicht, ohne dass er es wollte. Seine Finger krallten sich in das Laken. Aber Adam hielt ihn genau da, wo er sein sollte. „Schhh“, flüsterte Adam. „Ich hab‘ dich.“

Leo öffnete die Augen wieder. Und sah sie. Diese Hände. Eine stützte ihn. Trug ihn. Die andere... brachte ihn um den Verstand.

Die Bewegung war nicht hastig. Sie war präzise und kontrolliert. Dann nahm Adam mit dem Daumen ein wenig Flüssigkeit von der Spitze auf. Leo keuchte.

Adam sah ihn ruhig an mit dem Blick, von dem Leo sicher war, dass er nur für ihn war. „Du bist so schön, Leo“, murmelte er, ohne die Bewegung zu stoppen. „Schon immer gewesen.“

Leo antwortete nicht. Konnte nicht. Hielt sich mit dem letzten Rest Selbstkontrolle davon ab, hemmungslos in Adams Faust zu ficken. Adam beugte sich vor. Seine Lippen an Leos Hals. Seine Hand nirgends mehr wegzudenken. Und Leo spürte alles auf einmal: Die physische Wärme und die Reibung. Aber auch die Sicherheit.

Adams Hände hielten ihn. Und er würde nie wieder irgendjemand anderen an sich lassen. Denn nur Adam hatte Leo in der Hand. Im wahrsten Sinne. Und Leo… war nicht mehr ganz hier.

Sein Körper war eine einzige Reaktion, jedes Muskelzucken unter Adams Fingern ein stummes Mehr. Seine Beine akkommodierten Adams Körper zwischen ihnen, seine Atmung ging flach und unregelmäßig, und er ließ ihn machen. „Ist das gut?“, fragte Adam leise, obwohl er die Antwort längst spürte.

Leo nickte. Seine Finger krallten sich in Adams Schulter, fanden dann den Weg an seinen Hinterkopf, als müsste er sich festhalten, um nicht zu zerfallen. „Du machst mich fertig“, keuchte er. „Scheiße, Adam, ich—“

Adam küsste ihn, um ihn zu beruhigen. Langsam und tief. Dann ließ er Leos Erektion aus der Hand gleiten, nur um mit beiden Händen an seine Schenkel zu wandern. „Lass mich dich sehen.“

Leo hätte vor jedem Richter dieser Welt geschworen, dass er längst schon mehr als bereit war. Aber Adam bestand darauf, sicherzugehen. Er rutschte nach hinten auf der Matratze, nur ein kleines Stück. Aber weit genug, dass Leo seine Nähe schon vermisste. Aber Adam unterbrach nicht vollständig den Kontakt zwischen ihnen, streichelte seine Oberschenkel, bevor er seine Finger wieder ansetzte. Diesmal tiefer und ganz behutsam.

„Hast du was da?“, fragte er dann. Leo nickte. „Mittlere Nachttischschublade.“ Adam beugte sich von ihm weg. Nicht weit. Mit einem langen Arm öffnete er den Nachttisch und kam mit einer Tube Gleitgel und einem Kondom ausgestattet wieder.

Er gab etwas von dem Gel auf den Zeige- und Mittelfinger seiner rechten Hand. Dann glitt ein erster, einzelner Finger in Leo. Langsam, aber Leo zuckte leicht. Es war kalt, aber nicht unangenehm. Das letzte Mal war eben schon einige Zeit her. Doch gleichzeitig fühlte es sich so vertraut an mit Adam.

Der hielt still und wartete, atmete leise. „Geht’s?“, murmelte er.

Leo warf den Kopf zurück und stieß ein raues, bestätigendes „Fuck, ja“ aus. Adam lächelte. Und bewegte sich.

Der zweite Finger kam dazu. Vorsichtig, aber nicht zögerlich. Er bereitete Leo vor, als wäre es das Wichtigste auf der Welt. Und vielleicht war es das gerade.

Leo bog sich ihm entgegen, öffnete sich, stöhnte leise jedes Mal, wenn Adam den Winkel traf, bei dem Lust seine Wirbelsäule entlang zuckte wie tausend Blitze. „Bitte“, flüsterte Leo irgendwann. „Adam… ich halt’s nicht aus. Ich brauch‘ mehr.“

Aber Adam hielt ihn fest. Ein dritter Finger kam dazu. Langsam eingeführt, begleitet von einem Kuss an Leos Oberschenkel, einer Hand auf seinem Bauch, die ihn verankerte.

Leo vergrub die Finger in Adams Haar. „Du machst mich fertig. Du machst mich—“

Adam drehte leicht mit der Hand, schob die Finger tiefer, und Leo stöhnte. Laut, gebrochen, als hätte Adam ihn an genau der Stelle getroffen, an der Worte ihren Dienst quittieren. „Ich will, dass du kommst“, sagte Adam heiser. „In meiner Hand.“

Und dann, nur mit diesen Fingern tief in ihm, der anderen Hand wieder auf Leos Erektion, jetzt fester, schneller, im perfekten Rhythmus mit dem, was in ihm pulsierte, wurde Leo unhaltbar. Sein Körper verkrampfte sich. Ein Laut – halb Schrei, halb Fluch – riss aus seiner Kehle. Er kam in Adams Hand. Hart. Heftig. Alles in ihm zog sich zusammen, wurde zu Licht und Hitze, bis nichts mehr übrig blieb als das Zittern danach.

Adam hielt ihn. Die Finger noch immer tief, seinen Körper noch immer über ihm und den Blick auf ihn gerichtet wie auf etwas, das ihm heilig war.

Und Leo – keuchend, verschwitzt, offen – sah ihn an. „Du bist so verdammt gut mit deinen Händen“, murmelte er erschöpft. „Das ist fast nicht fair.“

Adam grinste schief, küsste ihn auf die verschwitzte Stirn, dann auf den Mund. „Ich bin noch nicht fertig.“

Leo lachte rau. „Dann hilf mir, mich umzudrehen.“

Leo drehte sich unter Adams Führung auf den Bauch. Langsam. Schwer atmend, noch zuckend von der Entladung, aber bereit. So verdammt bereit.

Seine Hände griffen nach dem Kopfkissen, seine Stirn sank darauf. Und sein Rücken – so stark und schmal – lag offen vor Adam, als Einladung, als Versprechen.

Adam kniete hinter ihm. Betrachtete ihn für einen Moment. Den Bogen der Wirbelsäule. Die leichte Röte noch auf Leos Nacken. Die Art, wie sein Körper sich vertrauensvoll geöffnet hatte, wie er nicht einmal zurückblickte. Weil er wusste, dass er gehalten wurde. „Sag mir, wenn ich zu schnell bin“, murmelte Adam.

Leo brummte nur. „Wenn du nicht bald anfängst, reiche ich Beschwerde ein.“ Adam kicherte leise, schüttelte den Kopf und griff erneut zu. „Wo? Du bist doch der Chef. Oder willst du damit allen Ernstes zum Hartwig gehen?“ Leo genoss es, dass sie hier genauso miteinander umspringen konnten, wie sonst überall auch. Er verzog kurz den Mund beim Gedanken an Polizeioberrat Gerd Hartwig. Und um nochmal ein bisschen ernster zu werden, fügte er hinzu: „Ich sag dir schon, wenn mir etwas nicht gefällt.“

Von Adam kam nichts mehr. Vielleicht nickte er, vielleicht nicht. Eine seiner Hände landete jedenfalls wieder auf Leos Hüfte. Positionierte Leo so, wie er ihn haben wollte.

Dann verschwand er kurz. Das leise, unverkennbare Klicken des Gleitgelfläschchens füllte den Raum, gefolgt von einer aufgerissenen Kondompackung. Adam musste gerade das Gummi angezogen und ein wenig Gel auf sich verteilt haben. Er stöhnte leise als er an sich selbst ein paar Mal auf und ab rieb.

Dann kehrte seine rechte Hand an Leos Hüfte zurück. Hielt ihn fest. Führte ihn. Mit der anderen nahm er sich selbst in die Hand und positionierte sich an Leos Eingang.

Dann ging alles sehr langsam. Zentimeterweise. Ein leiser Laut entwich beiden, als Adam in ihn eindrang. Leo spannte sich unter ihm, aber nicht aus Schmerz – Adam hatte ihn vorbildlich vorbereitet – aber Adam war auch viel. Zu viel. Und gleichzeitig alles, was er gebraucht hatte.

Adam flüsterte seinen Namen, einmal, zweimal, ließ ihn nicht los. Und Leo atmete sich durch den Moment. Ganz sachte zog Adam sich fast gänzlich zurück, nur um wieder in ihn hineinzustoßen. Er wiederholte die Bewegung, tiefer diesmal, und Leo stöhnte auf. Verwundert über das, was sein Körper alles fühlen konnte.

Die Bewegungen wurden rhythmischer und fester. Aber nie rücksichtslos. Adam achtete auf jedes Geräusch, jede Reaktion Leos.

Und seine Hände blieben an Leos Körper. An seiner Taille. Seinen Schultern. Eine streichelte seine Seite.

Und Leo… Leo ließ sich ficken mit allem, was er hatte. Sein Körper bewegte sich Adam entgegen, immer wieder. Seine Hände umklammerten das Kissen, als müsste er sich festhalten, um nicht zu verglühen. „Verdammt, Adam...“ Er keuchte. „Fick mich. Hör nicht auf.“

Adam tat, was er verlangte. Nahm ihn tiefer, härter. Aber nie grob. Immer mit diesen Händen, die alles konnten. Die ihn hielten, führten und auffingen. Hände, die Leo mehr bedeuteten als jedes Versprechen.

Als Adam kam, mit einem tiefen, rauen Laut direkt an Leos Nacken, bebte sein ganzer Körper. Er drückte sich gegen Leo, umschlang ihn von hinten, noch immer in ihm, schwitzend und zitternd.

Und Leo? Leo fühlte sich, als hätte Adam ihn neu zusammengesetzt. Stück für Stück. Mit seinen Händen. Mit seiner Liebe. Mit seinem ganzen verdammten Körper.

Sekunden später lagen sie nebeneinander. Verschwitzt und schwer atmend schauten sie sich unter schweren Lidern in die Augen.

Und eine dieser Hände – Adams rechte – streichelte langsam Leos Rücken. Vom Nacken bis zur Hüfte. Immer wieder. Als würde sie sich nicht entscheiden können, ob sie gerade berührt oder bedankt.

Leo lächelte. Er war wund. Und müde. Und voll mit so vielen Gefühlen.

„Ich glaub, ich hab einen Hand-Fetisch entwickelt“, murmelte er in die Laken.

Adam grinste. Küsste seine Schulter.

Er musste ihm ja nicht in Worten mitteilen, wie lange er schon was für seine Hände übrig hatte.

Notes:

Über Kudos & Kommentare freu' ich mich wie Adam über Spargel aus dem Glas <3