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With Tenderness and Nobleness

Chapter 5: Kapitel 5

Chapter Text

Aleksander hat keine Ahnung, wohin er gehen sollte, sobald die Tür zu der Wohnung der Mantikätzchen sich hinter ihm geschlossen hat. (Mantikätzchen - man kann sich auf Aiden verlassen, sich so einen Ausdruck einfallen zu lassen!)

Tatsächlich sollte er gehen und baden. Das hat er heute bisher noch nicht getan. 

„Welpe”, sagt Aiden sanft, während er sanft Aleksanders Schultern drückt. „Du siehst aus, als hättest du überhaupt keinen Schlaf bekommen.”

„Ich…” Aleksander schluckt. „Ich habe nicht gut geschlafen, nein.”

„Und du willst nicht darüber sprechen”, sagt Aiden und seufzt. „Ich werde nicht neugierig sein, Welpe. Aber wenn du weiterhin Probleme hast zu schlafen, solltest du Triss um irgendeinen Trank bitten.”

Aleksander zuckt zusammen, seine Hände ballen sich zu Fäusten, ohne dass er es will. Zu einer Magierin gehen? Nein - nein, er versteht vollkommen, warum Aren und die Mädchen so unglaublich zögerlich sind, irgendeinen Magier in ihre Nähe zu lassen. Er wurde nicht einmal einen Bruchteil so grausam behandelt wie sie und trotzdem denkt er nicht, dass er sich irgendeiner Magie mit Gleichmut stellen kann für … nun, für eine sehr lange Zeit. 

„Ah”, haucht Aiden und Aleksander sieht auf, um zu bemerken, dass die Katze ihn mit einem seltsam mitfühlenden Ausdruck beobachtet. „Ah, Welpe. Wir waren alle dort.”

„Was?”, sagt Aleksander verwirrt. 

„Magier”, sagt Aiden. „Keiner von uns hat irgendeinem von ihnen vertraut, bis zu Triss und Yennefer und selbst dann haben wir eine Weile gebraucht.”

„Das habt ihr nicht?”, fragt Aleksander. „Aber - ah - Ist es mir erlaubt, zu fragen, warum?”

Aiden schnaubt. „Weil Magier uns gemacht haben, Welpe. Haben uns auf Tischen festgebunden, genau wie der, auf dem Aren war, und Gift durch unsere Venen gepumpt und wir haben auf unserem Weg zum Tod oder um Monster zu werden geschrien.“

Aleksander zuckt zusammen bei den harten Worten, aber - „Ihr seid keine Monster“, wispert er. „Ich - Ich bin nach einem Monster benannt; ich habe sein Blut in meinen Venen. Du bist keines.”

Aiden blinzelt über ihn und dann … rollt er sich sozusagen um ihn zusammen, lässt seine Stirn gegen Aleksanders ruhen und schlingt seine Arme um ihn, schwer und warm. „Oh, wolfsherziger Welpe”, murmelt er. „Wolfsherzig und süß wie Honig. Wen kümmert dein Blut? Hexer beurteilen dich nach deinen Taten.”

Aleksander weiß nicht ganz, wie er darauf reagieren soll, aber Aidens Umarmung ist sehr tröstlich. Sehr zögerlich lässt er seine eigenen Hände auf Aidens Taille ruhen, fühlt die übermenschliche Hitze von ihm sogar durch Aidens dicke Tunik. 

„Richtig”, sagt Aiden nach einem langen Moment und richtet sich auf. Aleksander lässt ihn sofort los, aber Aiden lässt seinen Arm über seine Schultern liegen. „Also. Wohin, Welpe?”

Aleksander nimmt einen tiefen Atemzug. „Ich sollte wahrscheinlich baden gehen, damit ich nicht … ah … beleidigend bin für die Nasen meiner gütigen Gastgeber.“

Aiden kichert. „Die Quellen sind um diese Zeit am Nachmittag wahrscheinlich ziemlich leer, aye. Stört es dich, wenn ich mich dir anschließe?”

Aleksander schluckt. Aiden wäre wahrscheinlich weniger … überwältigend … als ein ganzes Becken voller Frauen. Und Aleksander muss sich irgendwann an kommunales Baden gewöhnen; er kann genauso gut jetzt anfangen, mit nur einem Begleiter, und das ist einer, der ihm zugeneigt zu sein scheint. „Sicherlich”, sagt er, während er hofft, dass seine Stimme nicht zittert und sein Geruch nichts Unglückliches macht. 

Aleksander gelingt es, auf dem ganzen Weg zurück zu seinen Räumen, um frische Kleidung zu holen, seine Fassung zu bewahren, und dann den ganzen Weg hinunter zu den heißen Quellen, die, den Göttern sei Dank, völlig leer sind, bis auf einen sehr alten Hexer, der am anderen Ende in einem der für Menschen zu heißen Becken döst. Und als Aiden sich ohne zu zögern auszieht, wirft Aleksander einen Blick auf die breiten Schultern der Katze, seinen schlanken, nackten Rücken, der mit silbernen Narben übersät ist, die Muskeln, die arbeiten, als Aiden seine Tunik beiseite wirft, und erkennt, wie absolut und demütigend schwach er im Vergleich dazu ist. Schwach und weich und –

Götter, was tut er da? Wie kann er es wagen, einen Hexer mit Begierde anzusehen? Aiden war freundlich, aber es ist nur Freundlichkeit, nur die Art von Großzügigkeit, die das Markenzeichen der Hexer zu sein scheint. Nur Mitleid für einen schwachen kleinen Sterblichen, der sich vor seinem eigenen verdammten Schatten fürchtet

„Aleksander?”, sagt Aiden, während er sich stirnrunzelnd zu ihm umdreht. „Bist du in Ordnung?”

Aleksander zuckt zusammen und sieht weg. „Es - Es geht mir gut.”

Aiden ist für einen Moment still und Aleksander sieht auf, um zu bemerken, dass der Hexer ihn mit einem unleserlichen Gesichtsausdruck beobachtet. „Das tut es nicht”, sagt Aiden sanft. „Aber ich werde nicht drängen. Sollte ich dich in Ruhe lassen?”

Aleksander weigert sich, feige genug zu sein, um darauf zu bestehen, wieder alleine zu baden. Er muss stärker als das sein. Milena und Livi haben es geschafft, sich anzupassen, und sicherlich war es für sie härter, mit der Sittsamkeit, die von guten redanischen Edelfrauen erwartet wird. „Nein, in der Tat werde ich froh um deine Gesellschaft sein”, sagt er und dreht sich weg, um seine eigene Kleidung auszuziehen.

Er will nicht Aidens Ekel über seinen weichen Bauch, seine schwachen Gliedmaßen sehen.

Er gleitet ins Wasser, ohne Aiden anzusehen, und erst als er untergetaucht ist, wagt er einen Blick zu dem Hexer hinüber, der sich am Rand des Pools zurücklehnt, seine muskulöse Brust glänzt von Wassertropfen, sein Haar ist feucht und seine Augen strahlen, als wäre einer von Aleksanders erfreulicheren Träumen wahr geworden.

Zu Aleksanders völliger Überraschung sieht dieser ihn mit einem Blick an, der ... Zustimmung ausdrückt?

„Ziemlich sicher, dass die heißen Quellen es waren, die zumindest ein Drittel von uns überzeugt hat, sich Geralts verrückten Plan anzuhören”, sagt Aiden grinsend. „Es ist es wert, dafür zum verdammten Ende von Kaedwen zu kommen.”

„Sie sind nett”, stimmt Aleksander zu. Das warme Wasser ist unglaublich entspannend und mit nur einer Person, die das Becken teilt, ist es nicht zu schrecklich überwältigend. „Ich kann sehen, warum sie es für einen … einen angenehmen Anreiz halten.”

Aiden kichert. „Ein angenehmer Anreiz. Das gefällt mir.” Er sinkt etwas tiefer in das Wasser. „Ruhiger zu dieser Tageszeit. Ein paar hundert Hexer können laut werden.”

Aleksander schluckt. „Ich kann es mir nur vorstellen.” Ein paar hundert Hexer, sie alle so stark und gutaussehend wie Aiden es ist - Aleksander wird es definitiv vermeiden müssen, zur gleichen Zeit wie sie in den Bädern zu sein. Er würde wahrscheinlich vor Verlegenheit sterben. 

„Welpe”, sagt Aiden. „Ich will nicht drängen, wirklich, aber du riechst weiterhin wirklich… besorgniserregend gequält. Ich verspreche, dass ich dir nichts Schlechtes will.”

„Oh, Götter”, platzt Aleksander heraus. „Nein, nein, das war - Ich denke nicht, dass du das würdest! Du warst die Güte selbst!”

Aiden entspannt sich. „Nun, dann ist es in Ordnung.” Er beäugt Aleksander für einen Moment. „Möchtest du, dass ich gehe?”

Aleksander seufzt und findet sich mit seiner Demütigung ab. „Nein, bitte. Es ist nur, dass - dass ich nicht umhin kann, unsere jeweiligen ... Körper zu vergleichen, und mich dabei unzulänglich fühle.“

„Ach, Welpe“, sagt Aiden, und Aleksander wartet darauf, dass Aiden etwas sehr Nettes sagt, das dennoch völlig demütigend sein wird. Aber was Aiden sagt, ist: „Wenn ich einen Mann wie einen Bergfelsen ansehen wollte, hätte ich jede Menge Möglichkeiten, weißt du. Ich mag es sehr, dich anzusehen.“

Aleksander blinzelt zu ihm, vollkommen sprachlos. „Das … tust du?”

„Sehr sogar”, sagt Aiden und seufzt, während er mit einer Hand über sein Gesicht fährt. „Das Kätzchen sagte, ich sollte es langsam und locker angehen und ich schwöre dir, ich werde überhaupt nicht drängen, noch irgendetwas machen, wonach es dir nicht verlangt, aber Aleksander, Welpe, du bist … du bist zum Anbeißen attraktiv.”

Aleksander sitzt da und fragt sich, ob er gestürzt ist und sich den Kopf an den glatten Steinen gestoßen hat, denn es ist unmöglich, dass Aiden das tatsächlich gesagt hat. Es tatsächlich so meint. Aber Hexer lügen nicht, und Aiden lügt nicht, und –

„Ich?”, quietscht Aleksander. 

„Du”, sagt Aiden. „Ich weiß, das wird in Redanien nicht gemacht und ich schwöre dir, auf meine Schwerter und mein Medaillon, ich werde nicht mehr sagen, außer du willst es von mir, aber ja. Du bist sehr, sehr attraktiv.” Er lächelt, schief und süß. „Und auch wenn es vielleicht meine eigenen Chancen bei dir ruinieren wird - ich bin nicht der einzige Hexer, der das denkt.”

„Oh”, sagt Aleksander, so vollkommen verblüfft, dass er es nicht einmal schafft, Aiden für das Kompliment zu danken.

„Niemand wird irgendetwas machen, außer du bist interessiert”, fügt Aiden hinzu. „Und bei `interessiert´ meine ich, dass du etwas sagst, nicht nur… Du weißt schon. Lüstern riechst. Lust ist kein Einverständnis und uns allen ist das sehr klar.”

Aleksander denkt für eine Weile darüber nach, während er staunt. „Warte. Ist das - Ist das der Grund, warum Milena sagte, dass sie Lambert praktisch in ihr Bett zwingen musste?”

„Genau“, sagt Aiden, während er sehr zustimmend klingt. „Ich meine, ich war dafür nicht da, aber ich kenne meinen Lambert: er hätte nicht geglaubt, dass sie ihn wirklich wollte, bis sie es sehr deutlich gemacht hätte.” Er verdreht seine Augen. „Er ist immer noch besorgt, dass sie sich mit ihm begnügt. Als ob sie ihn nicht wahnsinnig lieben würde. Dummer Wolf. Sie geben etwas in ihre Mutagene, was ihr Selbstvertrauen durcheinander bringt, ich schwöre.”

„Oh”, sagt Aleksander schwach. 

„Obwohl die kleine Livi zugegebenermaßen sich tatsächlich auf Libelle setzen und Küsse verlangen musste”, sagt Aiden nachdenklich. „Also ist es vielleicht einfach eine Hexer-Sache.”

„Das ist sehr anders, als es in Dreiberg funktionierte”, sagt Aleksander langsam. In Dreiberg ist Verführung nur eine weitere Waffe und jemanden als einen Liebhaber zu nehmen, ist oft eine Sache von kalter Kalkulation anstelle von tatsächlicher Zuneigung. Ganz zu schweigen davon, dass die meisten Adligen jeden Diener mit ins Bett nehmen, den sie wollen, ohne Rücksicht auf die Wünsche der Diener zu nehmen.

„Ja”, stimmt Aiden zu. „Das Kätzchen hat ein wenig über Dreiberg gesprochen. Es klang wie eine verdammte Schlangengrube - die Art, die nicht einmal nahezu so angenehm ist wie die Schule. Sie hat mir ein paar Mal ihre Hofmaske gezeigt und ich sah Marikas während sie hier war, die sogar noch besser ist, und oh, verdammt, dass wäre verfickt schrecklich, von Leuten umgeben zu sein, die nur … lügen und planen und etwas mehr lügen, alles hinter diesen schrecklichen, bedeutungslosen Lächeln. Und Marika mag diese Art von Sache. Bäh. Ich weiß nicht, wie du, das Kätzchen und Livi das ertragen habt, Welpe, das tue ich wirklich nicht.”

Aleksander blinzelt. „Ich ertrug es, weil ich es musste”, sagt er. „Und… Nun… Viel von der Unterhaltung bei Hof ist … Es ist ein Skript. Jemand sagt etwas und es gibt eine passende Antwort, oder eine … eine Auswahl an passenden Antworten und sobald man das Skript gelernt hat, braucht es sehr wenig Gedanken. Man lernt, was die passenden Themen für eine Unterhaltung sind und welche man vermeiden sollte - oder nur mit bestimmten Menschen besprechen sollte - und solange man nicht versucht, ambitioniert zu sein, kann man durchkommen.” Er zuckt mit den Schultern. „Und ich war der Erbe eines Herzogs, also musste ich zum Großteil keinen sozialen Aufstieg versuchen.”

„Das klingt gleichzeitig unglaublich langweilig und unglaublich stressig”, sagt Aiden, während er etwas den Kopf schüttelt. „Igitt. Ich würde innerhalb von einer Woche jemanden niederstechen.“

Aleksander kann sich nicht helfen und lacht. „Es war gelegentlich verlockend, trotz meines Mangels an solchen Fähigkeiten”, gibt er zu. 

Aiden grinst zu ihm. „Nun, wenn du jemals für einen Besuch zurückgehen musst, nimm mich mit und ich kann jeden niederstechen, von dem du denkst, dass er es verdient.”

Aleksander bedeckt seinen Mund, um ein würdeloses, bellendes Lachen zu dämpfen. „Ich danke Euch für das Angebot, guter Herr”, sagt er, sobald er sich wieder unter Kontrolle gebracht hat, so formal er kann, während er nackt in einer heißen Quelle ist. 

Aiden wackelt mit seinen Augenbrauen und grinst. „Jederzeit, Welpe. Weis’ mir nur die richtige Richtung.”

Danach erscheint das gemeinsame Baden irgendwie viel weniger belastend, und Aleksander schafft es sogar, es zu genießen, anstatt es nur zu ertragen.

Das ist doch ein Fortschritt, oder?





 

 

Nachdem er Aleksander in seinem Zimmer abgesetzt hat, geht Aiden hinunter in die Trainingshalle – der Junge sieht erschöpft aus, sagt aber, dass er versuchen wird, am Lehrplan für die Unterweisung der Lehrlinge in höfischer Etikette zu arbeiten, anstatt wie ein vernünftiges Wesen ein Nickerchen zu machen – und lässt sich auf eine Bank fallen, um dem Kätzchen und Lambert beim Übungskampf zuzusehen. Sie sind wunderschön zusammen, wie immer. Kätzchen bewegt sich so anmutig wie eine Katze, und Lambert passt sich ihr perfekt an, Schritt für Schritt, und strahlt vor Stolz über die Fähigkeiten und den Mut seiner Dame.

Aiden wünscht sich sehr, er wäre dabei gewesen, als sie zuerst aufgetaucht ist. Er möchte wissen, wie Lambert sie davon überzeugen konnte, dass sie hier sicher ist, wie er ihr geholfen hat, sich zurechtzufinden. Wie sie sich von einer edlen Dame aus Redanien, höfisch, gelassen und zurückhaltend, zu der Geliebten eines Hexers gewandelt hat, wild und anmutig und völlig ungezwungen unter den rauen Sitten der Leute von Kaer Morhen.

„Aiden”, sagt Lambert, als der Kampf wirbelnd zu einem Ende kommt. „Was bedrückt dich?”

„Ich denke, ich habe es vielleicht vermasselt”, seufzt Aiden. 

Lambert und das Kätzchen kommen sofort zu ihm, setzen sich auf beiden Seiten von ihm. „Was ist passiert?”, fragt das Kätzchen besorgt. 

„Ich habe Aleksander gesagt, dass ich ihn attraktiv finde”, gibt Aiden zu. 

„Was, bereits?”, sagt Lambert. „Ich dachte, du würdest warten, bis Milena mit ihm gesprochen hat.”

„Wozu ich noch nicht die Chance hatte”, sagt Kätzchen, während sie etwas die Stirn runzelt. „Wie hat er reagiert?“

„Tatsächlich hat er es sehr gut aufgenommen”, gibt Aiden zu. „Überrascht und etwas ungläubig, aber… erfreut. Definitiv erfreut.”

Das Kätzchen entspannt sich. „Oh, dank sei Gott.”

„Und er ist danach in der Quelle geblieben”, fügt Aiden hinzu. 

„Das ist definitiv ein gutes Zeichen”, sagt das Kätzchen. „Denn er fand es gestern Morgen nicht… erträglich ein Bad mit uns zu teilen. Ich habe ihn selten so erschüttert gesehen.”

„Oh?”, fragt Aiden. 

„Offensichtlich waren ein halbes Dutzend nackter Frauen etwas überwältigend”, sagt das Kätzchen trocken. „Was fair ist.”

„Klingt wie eine gute Zeit für mich”, sagt Lambert, während er mit den Augenbrauen wackelt und das Kätzchen verdreht ihre Augen. 

„Ich werde Lady Yen nicht erzählen, dass du das gesagt hast.”

„...Danke”, sagt Lambert etwas verlegen. Aiden kichert über ihn. 

Warum hast du Sasha erzählt, dass du ihn attraktiv findest?”, fragt das Kätzchen.

Aiden seufzt. „Weil - nun, ich wollte nichts sagen, bis du mir freie Fahrt gibst, ich schwöre, aber er sagte, es würde ihn nicht stören, mit mir zu baden und dann haben wir uns ausgezogen und er verstrickte sich in schrecklichen Gedankengängen aus Sorge, dass ich denken würde, dass er … Ich weiß es nicht einmal. Schwach ist vielleicht, oder - nun. Nicht ein Hexer.”

„Oh, armer Sasha”, seufzt das Kätzchen. 

„Wozu zum Fuck, muss er ein Hexer sein?”, fragt Lambert. „Wir haben jede Menge davon.”

Aiden zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung”, gibt er zu. „Aber er war - fuck, er war so verlegen. Es war schrecklich.” Er schüttelt seinen Kopf. „Zumindest ist er darüber hinweggekommen, ein wenig. Und er schien nicht schockiert zu sein, als ich sagte, dass er attraktiv ist.” Er fährt mit einer Hand durch sein Haar, verfängt seine Finger kurz in den Locken und arbeitet einen Knoten oder zwei heraus. „Was lehren sie am redanischen Hof über Männer, die Männer bevorzugen?“

„Dass es schrecklich unmännlich und peinlich ist, besonders für den Partner, der penetriert wird”, sagt das Kätzchen sofort. „Da solch eine Sache zu erlauben, einen… weibisch macht, nehme ich an. Feminin. Schwach.”

Aiden hebt eine Augenbraue über sie. „In Ordnung, das ist verfickt urkomisch.”

Das Kätzchen blinzelt über ihn. „Warum das?”

„Erstens, weil scheinbar keiner von ihnen jemals eine Frau getroffen hat. Und zweitens, weil es mir eine große Freude wäre, einigen dieser Idioten hysterische Anfälle zu verpassen.” Er lehnt sich gegen die Wand zurück und grinst. „Wie denkst du, würden sie auf einen Hexer reagieren, der gerne gefickt wird?”

Die Augen des Kätzchens werden riesig. „Schlecht“, sagt sie nach einem Moment. „Sehr, sehr schlecht.”

„Gut zu wissen. Dann werde ich mir das für das nächste Mal aufheben, wenn ich irgendeinen Idioten provozieren will, damit er mich beleidigt, damit ich ihn niederstechen kann.”

Das Kätzchen seufzt und legt eine Hand über ihre Augen. „Katzen.”

„Gemacht aus purem Chaos, jeder verfickte Einzelne von ihnen”, stimmt Lambert zu. 

„Und du hast einen als deinen besten Freund und eine adoptierte als deine Liebhaberin”, neckt Aiden. „Zu was macht das dich?”

„Das glücklichste verfickte Arschloch in Kaer Morhen”, sagt Lambert sofort. Das Kätzchen gurrt und lehnt sich über Aiden, um seine Wange zu küssen. Aiden grinst. 

„Du bist rührselig”, sagt er liebevoll, während er seine Schulter gegen Lamberts stößt. „Du bist weich geworden.”

„Nicht gewöhnlich”, murmelt das Kätzchen, so leise, dass Aiden es fast nicht hört, und dann wird sie blutrot, als Aiden ihr einen überraschten Blick zuwirft. Sie sieht außerdem erfreulich selbstzufrieden aus, trotz des Erröten. 

„Du bist ein schrecklicher Einfluss auf unser Kätzchen”, informiert Aiden Lambert. 

„Das ist er nicht!”, sagt das Kätzchen sofort, während sie sanft gegen Aidens Schulter schlägt. „Das nimmst du zurück, du Flegel.” Aber sie grinst und ihr Geruch ist voller Schalk und Freude. 

„Oder was?”, fragt Aiden während er zu ihr grinst. „Wirst du dich mit mir um die Ehre deines Liebhabers duellieren?”

„Vielleicht sollte ich das”, sagt Milena nachdenklich. Lambert macht ein leises, gestammeltes Geräusch und riecht entzückt und sehr, sehr verliebt. „Es ist eine Weile her, seitdem wir einen Übungskampf hatten.”

Aiden lacht und steht auf, bietet ihr seine Hand an, um ihr aufzuhelfen. „Nun, ich würde es niemals wagen, einer Dame einen Tanz zu verweigern!“

Das Kätzchen grinst ihn an und zieht einen Dolch hervor. Aiden blinzelt ihn an. „Ich weiß ganz genau, dass du den vor einer Sekunde noch nicht bei dir hattest.“

„Habe ich das nicht?“, fragt Milena und sieht dabei ganz unschuldig aus. Lamberts unverständliche Laute verwandeln sich in Kichern, und Aiden wirft ihm einen bösen Blick zu. Der Bastard ist viel zu selbstgefällig.

„Ich werde das früher oder später herausfinden“, sagt Aiden, zieht eines seiner eigenen Messer und fordert das Kätzchen auf, sich zu bewegen.

Der Übungskampf mit dem Kätzchen ist viel langsamer als der Kampf mit Lambert, aber auf seine Weise angenehm; sie lernt schnell und ist unglaublich anmutig, und außerdem macht es viel zu viel Spaß, sie zu eleganten, tödlichen Bewegungen zu verleiten, die ihr Können zeigen und Lamberts Geruch vor Lust geradezu verdichten.

Aiden beendet den Kampf, als das Kätzchen langsam etwas müde wird, und kichert vor sich hin, als Lambert gerade so lange wartet, bis sie ihren Dolch verschwinden lässt, bevor er sie in seine Arme nimmt und küsst. Das Kätzchen kichert, schlingt ihre Arme um seinen Hals und küsst ihn glücklich zurück, offensichtlich unbeeindruckt davon, dass ihre Füße den Boden nicht mehr berühren.

Als Lambert sie absetzt, wendet sie sich an Aiden und sagt: „Ich werde heute Abend nach dem Essen mit Sasha sprechen. Schwierige Gespräche aufzuschieben bedeutet eindeutig nur, dass sie zu ungünstigen Zeiten stattfinden!“

Aiden nickt. „In Ordnung“, stimmt er zu. „Danke, Kätzchen.”

Das Kätzchen grinst und stellt sich auf ihre Zehenspitzen, um seine Wange zu küssen. „Sehr gerne geschehen, mein Freund.”




 

 

Aleksander rechnet nicht damit, dass sowohl Aiden als auch Milena nach dem Abendessen an den Tisch der Manitkore kommen, um ihn abzuholen, aber er hat auch nichts dagegen – Aiden, weil die Anwesenheit der Katze wirklich sehr unvernünftig beruhigend ist, und Milena, weil es immer eine Freude ist, Zeit mit ihr zu verbringen. Aiden begleitet sie zu Aleksanders Zimmer und verabschiedet sich mit einem fröhlichen Augenzwinkern, während Milena leise sagt: „Darf ich hereinkommen? Es gibt einige Dinge, die wir besprechen sollten. Nichts Schlimmes!“, fügt sie hastig hinzu. „Nur ... Wichtiges.“

„Natürlich“, sagt Aleksander und bittet sie herein. „Du bist in meinen Räumen immer willkommen.“

„Danke“, sagt Milena und lächelt ihn warm an. „Und du in meinen, falls du sie besuchen möchtest.“ Ihr Lächeln bekommt einen deutlich schelmischen Unterton. „Oft ist eine Katze darin.“

Aleksander spürt, wie ihm die Ohren heiß werden. Milena tätschelt ihm sanft den Arm und setzt sich auf einen der Stühle neben seinem Kamin, wobei sie ihren Rock anmutig ausbreitet. Aleksander nimmt den anderen Stuhl.

„Das ist tatsächlich eines der Dinge, die ich ansprechen will”, sagt Milena. „Aiden erzählte mir, dass er dir bereits erzählt hat, dass er daran interessiert ist, dich zu umwerben. Es ist hier nicht skandalös, wenn zwei Männer Liebhaber sind - noch zwei Frauen, auch wenn das seltener ist, einfach weil es weniger Frauen gibt.”

Aleksander nickt, während seine Wangen brennen. Das ist eine Unterhaltung, die in Dreiberg einfach nicht passiert, und er ist nicht ganz sicher, was er sagen soll. Gott sei Dank redet Milena weiter, ohne auf eine Antwort zu warten. 

„Was ich sagen wollte, ist, dass es dir sehr erlaubt ist, nicht interessiert zu sein, oder noch nicht interessiert zu sein. Ich verehrte Aiden wie einen Bruder, aber das bedeutet nicht, dass er dich zu etwas drängen kann, zu dem du noch nicht bereit bist, oder überhaupt nicht willst. Du musst seine Werbung nicht akzeptieren. Es wird niemanden beleidigen, wenn du das nicht tust und es wird dein Willkommen hier nicht beeinträchtigen.”

Aleksander schluckt und versucht herauszufinden, was er sagen soll. Zuzugeben, dass er Aidens Interesse erwidert, wäre in Dreiberg absolut skandalös. Schlimmer als skandalös. Ein solches Geständnis würde dazu führen, dass er enterbt würde.

Aber er ist bereits fast enterbt, und hier in Kaer Morhen ist das überhaupt nicht skandalös, und –

„Ich weiß es nicht”, sagt er in einem klagenden Tonfall. „Wirklich, das tue ich nicht. Ich -” Er zögert, dann erinnert er sich an seinen Entschluss, weniger feige zu sein und stürzt sich vor. „Ich finde Aiden sehr gutaussehend und ich mag seine Gesellschaft, aber ich tue nicht - Ich kann nicht - noch nicht.”

Und dieses Noch wäre genug, um ihm vor Dreibergs Hof zu entehren, aber Milena nickt nur sanft und lächelt und sagt: „Dann werde ich ihm das erzählen. Er wird nicht drängen.”

Aleksander spürt, wie die Anspannung von seinen Schultern fällt. „Danke. Ich - würdest du ihm bitte erzählen, dass ich - Dass ich seine Gesellschaft genieße und sogar seine … seine taktile Natur, aber ich bin… ich passe mich noch an die Gewohnheiten dieses neuen Hofes an.”

„Ich werde es ihm erzählen”, sagt Milena und nickt wieder. „Ich bin sicher, es wird ihn überhaupt nicht stören.” Sie neigt ihren Kopf. „Ich hatte niemals angenommen, dass du vielleicht Männer bevorzugst; ich muss deine höfische Fassade loben.”

Aleksander zuckt unbehaglich mit den Schultern. „Ich… bevorzuge beides, denke ich. Aber es ist viel sicherer, in Dreiberg, nur Frauen zu bewundern. Nicht einmal über irgendwelche anderen Optionen nachzudenken.”

„Ah.” Milena nickt. „Sehr verständlich.” Sie schenkt ihm ein sehr beruhigendes Lächeln. „Ich werde Aiden erzählen, dass er dir Zeit geben soll, dich einzuleben, und dich nicht umwerben soll, solange du nicht deutlich machst, dass du dafür offen bist.“ Sie nickt, als würde sie etwas von einer mentalen Liste streichen, und fährt fort: „Das zweite Thema, das ich ansprechen wollte, ist der Unterricht in Etikette, den du zugestimmt hast, zu lehren. Ich erwarte nicht, dass du schon einen Lehrplan hast! Aber ich wollte dir sagen, dass Livi, Jaskier und ich dir gerne helfen werden, wo wir können, und Lambert hat sich natürlich freiwillig als dein erster Schüler gemeldet. Ich sage nicht, dass es einfach sein wird, ihn zu unterrichten, aber er ist sehr klug und lernt schnell.“ Sie grinst. „Möglicherweise sogar noch schneller, wenn du betonst, wie sehr es bei höfischer Etikette darum geht, Menschen auf sehr höfliche Weise zu beleidigen.“

Aleksander lacht überrascht auf. „Sollte ich es so all meinen Schülern präsentieren?”

„Das ist gut möglich!”, sagt Milena, während sie fröhlich kichert. „Jaskier erzählte mir, dass er Ciri auf diese Weise für höfische Manieren begeistert hat.“

Aleksander lacht. „Nun, das ist sehr ermutigend.“ Er ist eigentlich ziemlich erleichtert, dass er nun einen Ansatzpunkt hat, an dem er ansetzen kann. Er hat bereits Ideen für einen Lehrplan notiert, aber da er so wenig über Hexer weiß, war es für ihn ein Rätsel, wie er ihnen Höflichkeit beibringen sollte. Höflichkeit jedoch als die vielen Möglichkeiten zu betrachten, unhöflich zu sein – und wie man es nicht ist, wenn man sich dafür entscheidet –, damit kann er arbeiten. Ihm fallen bereits mehrere Möglichkeiten ein, wie er die notwendigen Lektionen präsentieren kann, die das Potenzial betonen, sehr höflich unhöflich zu sein.

„Zauberhaft”, sagt Milena. „Und bitte, bitte, frag uns um Hilfe, wenn du es brauchst; du musst nicht alles alleine machen.”

„Ich werde es versuchen.”  Vielleicht wird er, sobald er einen Entwurf für einen Lehrplan hat, Milena und Livi bitten, ihn durchzusehen und zu prüfen, was ihm noch fehlt, bevor er überhaupt versucht, Lambert etwas beizubringen. Das wäre schließlich nur eine Bitte um Rat und kein Eingeständnis irgendeiner beschämenden Schwäche.

„Sehr gut”, sagt Milena. „Eine letzte Sache und dann werde ich dich verlassen, damit du etwas Ruhe finden kannst.” Sie zieht eine kleine flache Kiste aus ihrer Tasche - eine sehr bekannte Kiste. Der Zwilling zu der, die Aleksander bei Mikolaj gelassen hat. 

„Das ist meine Hälfte von dem Set, das ich dir gab”, sagte Milena. „Dein Bruder hat dir einen Brief geschrieben und ich dachte, es wäre besser, wenn du die passende Kiste hast, anstatt dass deine ganze Korrespondenz durch mich geht.” Sie stellt die Kiste und ein gefaltetes Pergament auf den Tisch neben ihren Stuhl. „Ich habe es nicht gelesen.”

Aleksander starrt sie an. „Gibt es nicht - Wird Lord Eskel nicht wünschen, dass meine Korrespondenz gelesen wird, damit ich nicht die Hofgeheimnisse verrate?”

„Sasha”, sagt Milena sehr sanft, „du hast alles aufgegeben, was du hattest, um Aren und sein Rudel zu retten. Wir vertrauen dir. Wenn du besorgt darum bist, kannst du mich oder Livi bitten, um sicherzustellen, dass du nichts offenbart hast, dass du nicht solltest, aber… abgesehen von der Tatsache, dass Jaskier sowohl den Wolf als auch seine Rechte Hand als Liebhaber hat, gibt es keine Geheimnisse, die du kennst, die du nicht verbreiten solltest, denke ich.”

Was andeutet, dass es andere Geheimnisse gibt, aber Aleksander hat das erwartet. Jeder Hof hat sie. Irgendwie denkt er nicht, dass Kaer Morhens etwas so Schreckliches sein wird, wie die seines Großvaters. 

„Ich bin geehrt durch das Vertrauen des Hofes”, sagt er vorsichtig. „Und ich werde mein Bestes geben, nichts … Unpassendes zu offenbaren.”

„Ich weiß, dass du das wirst”, sagt Milena und steht auf. „Nebenbei bemerkt, Marika schickt ihre Grüße und sagt, sie ist sehr beeindruckt von deinem Mut.”

Aleksander spürt, wie er errötet. „Meine Komplimente an Ihre Majestät und meinen Dank für ihre freundlichen Worte.” Er erinnert sich an Marika als eine sehr gefasste Frau, aber freundlich, insoweit ein Hof Freundlichkeit erlaubt, und laut dem wenigen Klatsch, den er gehört hat, macht sie sich sehr gut als Königin von Temerien. 

„Ich werde es weitergeben. Grüße Mikolaj von mir, wenn es dich nicht stört.”

„Das werde ich”, sagt Aleksander und erhebt sich, um sie aus dem Raum zu begleiten, und dann dreht er sich um und sieht auf das unschuldige, kleine gefaltete Pergament mit wachsender Besorgnis. 

Was hat sein Bruder sich entschieden zu ihm zu sagen? Was denkt Mikoloaj von ihm - der Mann, der der Grund war, warum Redanien schließlich erobert wurde. 

Er versucht, kein Feigling zu sein. 

Aleksander schluckt schwer und tritt vor, um den Brief hochzunehmen. 




 

 

Es sind zwei Stücke Pergament, eines um das andere geschlungen. Das Erste hat Mikolajs saubere Handschrift auf der Außenseite. 

Lady Milena, wärt Ihr so freundlich den beiliegenden Brief an meinen Bruder Aleksander weiterzugeben? Ich wäre immens dankbar - Mikolaj von Velen

Aleksander legt den Brief beiseite und faltet das zweite Pergament auf. Oberhalb des ersten Falte, wo jemand, der es beiläufig aufschlägt, das Datum sehen würde, steht in Mikolajs förmlicher Handschrift,

An Lord Aleksander von Velen, von seinem Bruder Mikolaj, Herzog von Velen, Grüße -

Und dann, unterhalb der Falte,

Sasha, das ist das erste Mal seit zwei Tagen, dass ich eine Stunde Ruhe habe, um dir zu schreiben; bitte verzeih mir, dass ich es nicht früher getan habe! Der Hof ist ein einziges Chaos, wie du dir sicher vorstellen kannst. König Dawid hat mich in seinen Rat aufgenommen, in der Annahme, dass ich jetzt ein Herzog bin und nichts mit Großvaters bösartigem Wahnsinn zu tun habe, und wir haben fast jede wache Minute damit verbracht, das Chaos in Wisimirs Aufzeichnungen zu entwirren. Königin Lady Adelina war uns dabei eine große Hilfe; sie weiß, wo all die wichtigen Papiere sind. Es wird Monate dauern, bis wir alle Steuern in Ordnung gebracht haben - offenbar hat Wisimir jedem, der gerade in seiner Gunst stand, die Steuern erlassen und sie dann wieder erhoben, wenn derjenige in Ungnade gefallen war, neben vielen anderen unangenehmen kleinen Angewohnheiten. Den Göttern sei Dank, dass Seine Majestät nicht will, dass ich die Buchhaltung für dieses Chaos übernehme!

Ich habe bereits drei Heiratsanträge erhalten, und ich glaube, du hast stark untertrieben, wie sehr dieser Hof eine absolute Schlangengrube ist, selbst nachdem die schlimmsten von ihnen so endgültig entfernt wurden! Als ich jünger war, war ich eifersüchtig, dass du Zeit in der Hauptstadt verbringen durftest, aber ich bereue jeden Anflug von Neid, den ich in dieser Hinsicht jemals empfunden habe. Der Hof in Rinde ist weit weniger bösartig. Ich bin fast froh, Dreiberg zu verlassen, außer natürlich, dass ich nach Velen gehe.

Ich weiß nicht, was ich dort vorfinden werde. Patryks Bericht über die Menschen im Herzogtum und wie Großvater sie missbraucht hat, hat mich mit erwartungsvollen Entsetzen erfüllt. Und natürlich werde ich mir einen neuen Herzogssitz suchen müssen, denn Großvaters Herrenhaus ist nur noch ein Haufen Asche. Und das ist auch gut so, wenn man bedenkt, welche Schrecken es verbarg!

Ich muss dir danken, dass du Patryk bei mir gelassen habt. Er hat sich bereits als unschätzbar erwiesen - sein Wissen über den Hof ist unbezahlbar.

Er und ich und Mutter sind alle sehr besorgt um dich. Bitte schreibe so bald wie möglich zurück und versichere uns, dass du in Kaer Morhen nicht misshandelt wirst. Seine Majestät hat mir versichert, dass Lady Milena sagt, die Gerüchte über die Grausamkeit und den raubtierhaften Hunger der Hexer seien nur Gerüchte, und man werde dich willkommen heißen und freundlich behandeln, aber ich kann nicht anders als mir Sorgen zu machen.

Ich muss allerdings zugeben, dass die Hexer, die hier geblieben sind, um König Dawid zu helfen, alles zu regeln, sehr höflich waren. Ein Paar von ihnen wird mich zurück nach Velen begleiten - Marius und Wilek heißen sie. Ich weiß ihre Hilfe zu schätzen, muss aber zugeben, dass sie ziemlich einschüchternd sind.

Ich würde dir ja den Klatsch aus Rinde schicken, aber der ist inzwischen ziemlich veraltet und durch die Ankunft des Warlords sehr in den Schatten gestellt.

Bitte schreib mir bald.

-Miki

Ein eiliges Postskriptum: Ich frage mich immer wieder, was in der Götter Namen Vater an unserer Stelle getan hätte, und ich kann mir beim besten Willen keine Antwort vorstellen. Aber ich denke, vielleicht ist es ein Segen der Götter, dass du und nicht er der Erbe unseres Großvaters geworden bist.

Aleksander setzt sich schwer auf den nächstgelegenen Stuhl und beißt sich auf die Lippe, um nicht zu weinen.

Mikolaj hasst ihn nicht.

Eine Last, von der er nicht einmal wusste, dass er sie trug, fällt von seinen Schultern.

Er und Mikolaj sind schon so lange Verbündete und Brüder, selbst nachdem Aleksander nach Dreiberg gegangen ist und Mikolaj in Rinde zurückgelassen hat. Sie schrieben sich jede Woche, schickten sich Geschenke, Klatsch und Tratsch und versicherten sich gegenseitig; Mikolaj scherzte gern, dass es zwischen Dreiberg und Rinde wahrscheinlich einen eigenen Kurier gab, der nichts anderes tat, als ihre Post zu befördern. Aleksander verbrachte so viel Zeit in Rinde, wie er konnte, und stahl sich im Frühjahr und Herbst ganze Wochen fort, wenn der Hof in Dreiberg fast leer war und der König in einem seiner anderen Häuser weilte, und diese Wochen waren immer die beste Zeit des Jahres - die Zeit, in der Aleksander einfach er selbst sein konnte, ohne sich ständig über höfische Manieren und Politik zu sorgen, und in der er die Gesellschaft seines Bruders und die sanfte Fürsorge seiner Mutter genießen konnte. Mikolaj ist klug und freundlich und kann gut mit Menschen umgehen, was Aleksander selbst nicht kann, und seine Briefe zu lesen, zu wissen, dass Mikolaj in Rinde sicher und glücklich war, war Balsam für Aleksanders Seele während seiner Jahre in der Kloake von Wisimirs Hof.

Wenn ihn die Befreiung von Aren und den Mantikätzchen Mikolaj gekostet hätte ... nun, Aleksander hofft, dass er es nicht bereuen würde, selbst um diesen Preis, aber es hätte ihn gebrochen.

Aber Mikolaj hat ihm nicht einmal Vorwürfe gemacht.

Den Göttern sei Dank.

Er findet so schnell wie möglich eine Feder, Tinte und Pergament.

Miki,

es geht mir gut, ich schwöre es beim Grab unseres Vaters. Die Hexer sind die Seele der Freundlichkeit gewesen. Lady Milenas Geliebter Lambert und sein Freund Aiden haben mich unter ihre Fittiche genommen, und das Oberhaupt der Mantikor-Schule hat mich wegen meiner Dienste für die gesamte Schule zum Verwandten erklärt. (Der gefangene Hexer war ein Mantikor.) Man hat mir sehr bequeme Zimmer und die Kleidung gegeben, die notwendig ist, um die Kälte der Berge zu ertragen. Niemand hat mir auch nur die geringste Unhöflichkeit entgegengebracht, nach den Standards der Hexer.

Bitte versichere Mutter in all diesen Punkten, denn ich bin sicher, dass sie sich Sorgen macht. Sagt ihr, dass ich mich so gut einlebe, wie es angesichts der Umwälzungen zu erwarten ist.

Ich gebe gerne zu, dass Kaer Morhen sehr seltsam ist, aber das ist nur zu erwarten.

Bisher habe ich erfahren, dass Hexer nicht lügen und es auch nicht schätzen, belogen zu werden; dass sie sowohl Lügen als auch Gefühle riechen können; dass ihr übliches Getränk ein Alkohol ist, der so stark ist, dass selbst der Geruch einen Menschen betrunken machen könnte; und dass sie sehr offen damit umgehen, sich Liebhaber zu nehmen, und dass es für niemanden eine Schande ist, dies zu tun. Lady Milena und Lady Oliwia haben beide einen Hexer-Liebhaber, und niemand zuckt auch nur mit der Wimper, wenn sie ihre Zuneigung öffentlich bekunden.

Er wird weder das gemeinsame Baden noch die Schlägereien erwähnen - nicht, dass er so etwas bisher schon gesehen hätte. Er wird auch nicht die Tatsache erwähnen, dass Livis Geliebte weiblich ist. Und er wird ganz sicher nicht die ungewöhnliche Beziehung des Consort Jaskier mit dem Warlord und seiner Rechten Hand erwähnen.

Stattdessen schreibt er: Ich wurde gebeten, die jungen Hexer in höfischen Umgangsformen zu unterrichten. Sie sehen sich selbst nicht als Lords oder Ritter und mögen es nicht, wenn man ihnen die Ehre erweist, die ihnen als auserwählten Kriegern des Warlords zusteht. Sei ehrlich zu Marius und Wilek und nenn sie `Meister Hexer´, wenn du ihre Namen nicht verwenden kannst; das wird ihnen besser gefallen als `Sir´ oder `mein Lord´.

Beachte Patryks Rat bezüglich Velen. Es ist... schrecklich. Schlimmer, als wir es uns vorgestellt haben. Die Menschen sind allesamt verängstigt, und ich kann es ihnen nicht verdenken, nicht nachdem ich das Schlachthaus im Keller gefunden und die Aussagen der vier Überlebenden der schrecklichen Experimente unseres Großvaters und des Hexers, den er so lange gefangen hielt, gehört habe.

Ich weiß, dass du ein guter Mensch bist, Miki, und viel besser mit Menschen umgehen kannst, als ich es je konnte. Ich bin sicher, du wirst die Menschen in Velen von dir begeistern können. Ich glaube nicht, dass du diese Warnung wirklich brauchst, aber ich wäre nachlässig, wenn ich sie nicht geben würde: Flirte unter keinen Umständen mit einer Frau des Herzogtums. Sie tragen ihre Narben in der Hoffnung, den hungrigen Blick unseres Großvaters abzuwehren; ich fürchte, dass jedes Anzeichen von Aufmerksamkeit seitens eines Lords ihnen nur weitere Qualen des Schreckens bereiten würde.

Vielleicht kannst du Mutter bitten, sich dir im Herzogtum anzuschließen; ihre Freundlichkeit - und in der Tat auch ihre bloße Anwesenheit - könnte das einfache Volk so beruhigen, wie es nichts anderes könnte.

Darüber hinaus habe ich keinen Rat für dich, wie du Velen regieren sollst. Ich war kaum lange genug dort, um etwas anderes zu erfahren, als dass unser Großvater ein größeres Ungeheuer war, als wir uns erträumt hatten. Ich weiß, dass die Hexer einen Großteil der Unterlagen aus dem Arbeitszimmer unseres Großvaters entfernt haben, bevor sie das Herrenhaus niederbrannten; ich bin mir sicher, dass du das bereits erfahren hast, denn ich glaube, sie haben alles König Dawid hinterlassen.

Lady Milena hat mir die Kiste gegeben, die zu der gehört, die ich bei dir gelassen habe; du kannst mir ungehindert schreiben, ohne befürchten zu müssen, dass deine Briefe von anderen Augen gelesen werden. Lady Milena bittet auch darum, dass ich dir ihre Grüße übermittle.

Lass es mich wissen, wenn ich dir in irgendeiner Weise helfen kann.

Mit all meiner Liebe,

Sasha

(Ich weiß auch nicht, was Vater getan hätte, selbst wenn er nicht wie ich magisch zum Schweigen verpflichtet gewesen wäre. Ich will nicht glauben, dass er die Experimente unseres Großvaters fortgesetzt hätte, aber er war nicht Lady Milenas Freund und konnte sich vielleicht nicht vorstellen, wie man die Experimente beenden könnte, ohne Redanien in die Hände des Warlords zu geben. Was ich natürlich getan habe. Ich glaube nicht, dass ich es bereue.)

Er faltet den Brief, schreibt Mikolajs Namen auf die Außenseite und legt ihn beiseite, bevor er ein anderes Blatt Pergament zur Hand nimmt.

Lieber Patryk, schreibt er langsam.

Es freut mich zu hören, dass du und Mikolaj euch als angenehme Gesellschaft empfindet und dass er deinen weisen Rat in Fragen des Hofes und des Herzogtums beherzigt. Ich muss dir für mein Gepäck danken, das mir direkt gebracht wurde; meine eigene Kleidung zu haben, ist ein großer Trost an diesem fremden Ort.

Bitte fürchte dich nicht um mich; ich werde von allen Hexern mit großer Freundlichkeit behandelt und vom Consort und den Hofdamen herzlich willkommen geheißen. Ich bin von der Mantikor-Schule als Cousin adoptiert worden und stehe unter dem Schutz von Milenas Geliebten Lambert und seinem Busenfreund Aiden.

Wahrlich, es ist gut, dass du in Redanien geblieben bist, denn hier wird von mir nicht erwartet, dass ich mich für ein Abendessen kleide, stundenlang höfische Konversation betreibe, irgendjemandem mit meiner Anwesenheit beehre oder mich um die Kriecherei anderer kümmere. Du wärst hier überflüssig, mein Freund.

Ich bitte dich, meinem Bruder so treu und geschickt zu dienen, wie du mir gedient hast, und mir zu schreiben, wenn es dir gefällt, um mich deiner Gesundheit zu versichern und mich über Neuigkeiten zu informieren.

Mit größter Zuneigung,

Aleksander

Er faltet beide Briefe, notiert kurz, dass Mikolaj den zweiten Brief an Patryk weitergeben soll, und steckt das Ganze in die Kiste, die ihm mit einem leisen Läuten mitteilt, dass sie in Mikolajs Kiste gelangt sind. Aleksander ist sich nicht sicher, wie die Magier von Kaer Morhen auf diese cleveren kleinen Kisten gekommen sind, aber sie sind einfach wunderbar.

Sie ermöglichen es ihm, mit Mikolaj in Kontakt zu bleiben.

Der ihn nicht verleugnet hat. Der sich nicht völlig von dem Bruder abgewandt hat, der die Eroberung ihres Königreichs bewirkt hat. Der ihn nicht für seine Entscheidung hasst.

Den Göttern sei Dank. Aleksander hat so viel verloren - dass er seinen Bruder nicht verloren hat, erscheint ihm wie ein Geschenk des Himmels.

Er legt Mikolajs Brief sorgfältig auf ein Regal in seinem Kleiderschrank und macht sich bettfertig, denn er fühlt sich wirklich sehr erschöpft.

Kaer Morhen ist so ganz anders als Dreiberg. Viele der Unterschiede sind gut, das kann er nicht leugnen, aber er kennt die Skripte nicht, versteht die Muster nicht, weiß nicht, wo er hinpasst. Wenn er überhaupt irgendwo hineinpasst.